Europarecht Flashcards
Wann sind Richtlinien unmittelbar anwendbar?
Unmittelbar anwendbar sind solche Vorschriften einer Richtlinie, die klar und genau formuliert, bedingungsunabhängig und ihrem Wesen nach geeignet sind, unmittelbare Wirkungen zu entfalten und zu ihrer Ausführung keiner weiteren Rechtsvorschriften bedarf
Wem gegenüber kann sich ein Bürger unmittelbar auf eine Richtlinie berufen?
Falls eine solche Vorschrift nicht ordnungsgemäß (also nicht der Richtlinie entsprechend, und das beeinhaltet auch die Einhaltung der Umsetzungsfrist) umgesetzt ist, kann sich ein Bürger gegenüber seinem Staat auf diese Vorschrift berufen.
–> Er kann sich jedoch nicht vor einem Gericht gegenüber einem anderen Bürger auf die Wirkung dieser Vorschrift berufen (keine horizontale Direktwirkung)
WEIL: aus Sicht des Bürgers ein Gerechtigkeitsproblem entsteht, da Unterscheidung uneinsichtig ist und es teilweise rein zufällig ist, ob ein Anspruch gegen den Staat oder gegen einen anderen Bürger vorliegt
Wann ist EU-Primärrecht unmittelbar anwendbar?
Voraussetzung dafür ist, dass die primärrechtliche Norm unbedingt formuliert ist, außerdem muss sie in sich vollständig sein, so dass zu ihrer Erfüllung keine weitere Handlung eines Unionsorgans oder Mitgliedstaates erforderlich ist.
Voraussetzungen des Amtshaftungsan- spruchs nach § 839 I 1 i.V.m. Art. 34 1 GG
I. Handlung in Ausübung eines öffentlichen Amtes
II. Verletzung einer Amtspflicht
III. Drittbezogenheit der Amtspflicht IV. Verschulden
V. Schaden
VI. Kausalität (zwischen II. und V.)
VSS Unmittelbare Anwendbarkeit der RL
Eine Richtlinie kann dann unmittelbar anwendbar sein, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
1. Verstoß gegen die Umsetzungsverpflichtung (+)
(Mitgliedstaat hat nicht rechtzeitig oder fehlerhaft umgesetzt)
2. Hinreichende inhaltliche Bestimmtheit der RL-Bestimmung (+)
3. Inhaltliche Unbedingtheit der Vorschrift (+)
(Die Richtlinie räumt dem nationalen Gesetzgeber hinsichtlich der konkreten Bestimmung keinen Ermessensspielraum ein)
Was sind die Argumente für eine unmittelbare Anwendbarkeit der RL?
Argumente für die unmittelbare Anwendbarkeit
• Praktische Wirksamkeit des Unionsrechts (effet utile)
• Sanktion von Vertragsverletzungen
• Effektiver Rechtsschutz
Fraglich ist, ob die Ausnahme vom Grundsatz der fehlenden unmittelbaren Wirkung von Richtlinien auch die Rechtsfolge haben kann, dass eine nicht oder nur fehlerhaft umgesetzte Richtlinienbestimmung zu Lasten des Bürgers unmittelbar angewandt werden kann (umgekehrt vertikale unmittelbare Wirkung)
Dafür würde das Argument der praktischen Wirksamkeit sprechen
• Der effet utile findet seine Grenzen jedoch in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen,
insbesondere im Grundsatz der Rechtssicherheit und des Rückwirkungsverbot
• Da es sich vorliegend um Strafvorschriften handelt, kommt dem Rückwirkungsverbot besondere Bedeutung zu
• Zudem entfalten hier die beiden anderen Argumente, die für eine unmittelbare Wirkung zu Gunsten des Bürgers sprechen, keine Wirkung.
• Eine Sanktion des säumigen oder fehlerhaft umsetzenden Mitgliedstaats darf diesen nicht begünstigen
• Die unmittelbare Wirkung zu Lasten des Bürgers führt gerade nicht zu effektivem Rechtsschutz
Wann ist eine richtlinienkonforme Auslegung möglich?
Richtlinienkonforme Auslegung nur innerhalb der Auslegungsmöglichkeiten des nationalen Rechts, ABER: Nationale Vorschriften, die in den Regelungsbereich einer Richtlinie fallen, sind bei der Auslegung soweit wie möglich an Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten.
Was bedeutet unmittelbare Anwendbarkeit?
Was unmittelbare Geltung?
Unmittelbare Anwendbarkeit meint, ob der Rechtsakt ohne weitere gesetzliche Konkretisierung Rechte und Pflichten für Private begründen und ob er unmittelbar von Verwaltungsbehörden und Gerichten angewendet werden kann. Davon ist die unmittelbare Geltung zu unterscheiden. Diese betrifft die Eigenschaft eines Rechts- akts, ohne weitere Transformation Bestandteil der nationalen Rechtsordnung zu werden. Der EuGH trennt hier nicht scharf, weshalb in der Folge nur noch von der unmittelbaren Anwendbarkeit gesprochen wird.
Was ist die VSS für die unmittelbare Anwendung von Primärrecht?
- Verbot ist klar und uneingeschränkt (sichert einheitliche Anwendung des Unionsrechts )
- Pflicht zu einem Unterlassen (Problem andernfalls: demokratietheoretisches Verhältnis von
Judikative zu Legislative; aufgeweicht in der Folgerechtsprechung zu Lütticke: jetzt keine
weitere Ermessensausübung) - Verpflichtung ist durch keinen Vorbehalt der Staaten eingeschränkt und daher inhaltlich unbedingt.
Was sind die fünf Dimensionen des europarechtlichen Vorrangs?
- Normenhierarchie zwischen nationalem und europäischem Recht • EuGH: absoluter Vorrang des Unionsrechts1
- Zeitliche Dimension
• EuGH: keine Anwendbarkeit des lex posterior Grundsatzes2 - Kontroll- und Verwerfungskompetenz (Welcher Richter entscheidet über die Frage des Vorrangs?)
• Dezentral hinsichtlich unionsrechtswidrigem nationalem Recht3 - Rechtsfolgen einer Normenkollision
• EuGH: Anwendungs- und kein Geltungsvorrang; nationales Recht
bleibt bestehen und wird lediglich nicht angewendet - Kompetenz-Kompetenz (wer stellt einen ultra-vires-Verstoß fest?)
• Problematisch, da in Konkurrenz zu nationalen Höchstgerichten
Welche Prinzipien sind bei der Umsetzung von Richtlinien und Vollzug von
sonstigem EU-Recht durch nationale Instanzen zu beachten?
- Äquivalenzprinzip (Diskriminierungsverbot)
• EU-Recht nicht schlechter stellen als entsprechendes nationales Recht - Effektivitätsprinzip („effet utile“)
• EU-Recht seinem Bewirkungsziel entsprechend wirksam umsetzen