Willensmängel und Übervorteilung Flashcards
Irrtum
liegt vor, wenn Vorstellung und Wirklichkeit auseinandergehen. Wer irrt, befindet sich in einer falschen Vorstellung über den Sachverhalt, das Vorgestellte entspricht nicht der Wirklichkeit.
Motivirrtum
ist gegeben, wenn sich eine Person bei der Willensbildung irrt (=Irrtum im Beweggrund)
- grundsätzlich unwesentlich (Art. 24 Abs. 2 OR)
- -> Vertrag bleibt verbindlich trotz Irrtum
- Ausnahmsweise ist der Irrtum wesentlich, wenn die qualifizierenden Merkmale eines Grundlagenirrtums vorliegen.
Grundlagenirrtum
= quliafizierter Motivirrtum (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR)
gegeben, wenn der Motivirrtum einen bestimmten Sachverhalt betrifft, der vom Irrenden nach Treu und Glauben als eine nötige Grundlage des Vertrages angeschaut wird.
Bsp. Käufer irrt sich über die Überbaubarkeit eines Grundstücks oder die Echtheit eines Bildes.
Mieter irrt über die tatsächliche Fläche der Mietwohnung.
qualifizierende Merkmale des Grundlagenirrtums
subjektiver Merkmal:
Der Irrende hat den irrtümlich vorgestellten Sachverhalt beim Abschluss des Vertrages als eine notwendige Vertragsgrundlage angesehen.
–> Für den Irrenden ist der vorgestellte Sachverhalt eine conditio sine qua non und damit eine unerlässliche Voraussetzung, dass er den Vertrag überhaupt oder mit diesem Inhalt eingeht.
Objektives Merkmal:
Der Irrende darf den vorgestellten Sachverhalt nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als notwendige Vertragsgrundlage ansehen.
–> diese zwei qualifizierenden Merkmale müssen kumulativ erfüllt sein, um einen Grundlagenirrtum zu bejahen.
Verhältnis zwischen clausula rebus sic stantibus und dem Grundlagenirrtum
Ist der Grundlagenirrtum auf gegenwärtige und vergangene Sachverhalte begrenzt, dann ist klar: Veränderte Verhältnisse, die sich nach Vertragsabschluss zutragen, können zu einer Vertragsanpassung führen, geben aber kein Recht auf die Berufung auf Grundlagenirrtum.
Wird der Gegenstand des Grundlagenirrtums auch auf künftige Sachverhalte ausgeweitet, kommen die Irrtumsregeln auch bei Verhältnisänderungen zur Anwendung.
–> Dies führt zu Komplikationen, da sie dann in Konkurrenz zu den gesetzlichen Anpassungsregeln stehen.
Erklärungsirrtum
es liegt eine falsche oder fehlende Vorstellung des Irrenden über die Ausdruckskraft seines eigenen Erklärungsverhaltens vor. Der Erklärende gibt unbewusst etwas kund, das nicht mit seinem wirklichen Willen übereinstimmt.
- Wille wird fehlerfrei gebildet aber Kundgabe ist mangelhaft
- Anwendung des Vertrauensprinzips, denn es handelt sich nur dann um einen Erklärungsirrtum, wenn der Empfänger das Erklärte nach Treu und Glauben abweichend vom wirklichen Willen des Erklärenden verstehen darf.
- Frage ob Erklärungsirrtum gegeben ist, stellt sich nur bei einem rechtlichen Konsens
Tatbestände des wesentlichen Erklärungsirrtums
- Error in negotio (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 1 OR)
Irrende wollte einen anderen Vertrag eingehen, als denjenigen für welchen er seine Zustimmung gegeben hat - Error in copore oder error in persona (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 2 OR)
Wille des Irrenden ist auf eine andere Sache oder auf eine andere Person gerichtet, als er erklärt hat. - Error in quantitate (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 3 OR)
irrende Person hat eine Leistung von wesentlich grösserem Umfang versprochen oder sich eine Gegenleistung von wesentlich geringerem Umfang versprechen lassen, als es ihr Wille war.
wesentlicher Erklärungsirrtum
wenn nicht angenommen werden kann, die irrende Person hätte den Vertrag mit dem vom Partner vorgestellten Inhalt ebenfalls zugestimmt. (subjektive Wesentlichkeit)
wenn die Diskrepanz zwischen dem objektiven Sinn der Erklärung und dem tatsächlichen Willen der irrenden Person wirklich von Bedeutung ist (objektive Wesentlichkeit)
–> wenn die Diskrepanz objektiv nur unbedeutend ist, dann bleibt es ein unwesentlicher Irrtum
Falscherklärung
eine Partei täuscht eine bestimmte Erklärung nur vor ohne entsprechenden Geschäfts- und Erklärungswillen.
zu unterscheiden sind:
- Mentalreservation: Erklärungsempfänger wird getäuscht
- Simulation: Täuschung eines Dritten (Art. 18 Abs. 1 OR)
blosse Rechnungsfehler nach Art. 24 Abs. 3 OR
hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen (Art. 24 Abs. 3 OR)
Vorausgesetzt ist aber, dass neben dem Preis auch die einzelnen Berechnungselemente Gegenstand der Vereinbarung sind. Ist dies nicht der Fall so ist 24 III nicht anwendbar!
Rechtsfolge bei einem wesentlichen Irrtum
Grundregel von Art. 23 OR:
einseitige Unverbindlichkeit des Vertrages, für diejenige Partei, die sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat.
Jedoch: !!!!
unstatthaft sich auf Irrtum zu berufen, wenn dies Treu und Glauben widerspricht (Art. 25 OR)
Art. 26 OR:
Wenn der Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben ist, muss der Irrende den aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schaden ersetzen (= negatives Interesse); Ausser der andere hat den Irrtum gekannt oder hätte ihn kennen sollen (Abs. 1 )
Art. 20 Abs. 2 OR:
Regeln der modifizierten Teilnichtigkeit können auf den Grundlagenirrtum übertragen werden, wenn der Irrende sagt, dass er den Vertrag ohne den Irrtum nicht zu diesen Bedingungen geschlossen hätte.
–> Bei Erklärungsirrtum ist Art. 20 Abs. 2 OR nicht anwendbar!!!!
absichtliche Täuschung
Art. 28 OR
= Betrug
-Vertrag wird aufgrund eines Motivirrtums geschossen, welcher auf einer absichtlichen Täuschung beruht. Ohne diesen Irrtum hätte die betr. Partei den Vertrag überhaupt nicht oder nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen.
Es gibt:
- Haupttatbestand (Art. 28 Abs. 1 OR):
absichtliche Täuschung durch den Vertragsgegner
- Nebentatbestand (Art. 28 Abs. 2 OR);
absichtliche Täuschung durch einen Dritten
Rechtsfolgen einer Täuschung
- für den Getäuschten ist der Vertrag unverbindlich (Art. 28 OR) => einseitige Unverbindlichkeit
- der Getäuschte hat sich innerhalb der Frist von Art. 31 OR auf die Unverbindlichkeit zu berufen
- Täuschende muss dem Getäuschten Schadenersatz leisten (negatives Interesse), wenn sich eine solche Schadensersatzpflicht aus Art. 41 ff. oder den Grundsätzen der c.i.c. ergibt.
–> Wenn die Unverbindlichkeit nicht oder nicht fristgerecht geltend gemacht wird, kommt Art. 31 Abs. 3 OR zur Anwendung –> d.h. Genehmigung schliesst Schadensersatzanspruch nicht aus
Furchterregung
eine vertragsschliessende Person wird vom anderen oder einem Dritten widerrechtlich durch Erregung gegründeter Furcht zur Eingehung eines Vertrages bestimmt.
Siehe Art. 31 Abs. 1 OR
Rechtsfolgen bei einer Furchterregung
- Vertrag ist für den Bedrohten gemäss Art. 29 OR unverbindlich (= einseitige Unverbindlichkeit)
Dies gilt auch, wenn ein Dritter gedroht hat, und der Partner des Bedrohten davon nichts gewusst hat und es auch nicht wissen konnte.
Bei Schadensersatzpflicht muss unterschieden werden:
- Ersatzpflicht des Drohenden gegenüber Bedrohtem:
einseitige Unverbindlichkeit
Schadenersatz (negatives Interesse) - Ersatzpflicht des Bedrohten gegenüber Vertragspartner:
wenn der Bedrohte den Vertrag nicht einhalten will, muss er dem Vertragspartner, sofern es sich um eine Drittdrohung handelt, welche dieser nicht gekannt hat, Schadenersatz leisten.