Leistungsstörungen Flashcards
Erfüllungszwang
Wenn der Schuldner bei Fälligkeit nicht leistet, obwohl er könnte, kann der Gläubiger beim Gericht auf Erfüllung klagen. Dabei hat er grundsätzlich die Leistung in natura zu fordern.
Beim Erfüllungszwang gibt es 2 Phasen:
- Erkenntnisverfahren
- Vollstreckungsverfahren
- Die Zwangsvollstreckung erfolgt bei Geldleistungspflichten nach den Regeln des SchKG. Bei Nicht-Geldleistungspflichten sind die Vorschriften der ZPO anwendbar.
Vollstreckungsregeln
- 97 II OR:
Für die Vollstreckung wird auf die Bestimmungen des SchKG und der ZPO verwiesen. - 98 I OR (= Ersatzvornahme)
Wenn die Leistung des Schuldners in einem Tun besteht und dieser ein Leistungsurteil des Gerichts nicht befolgt kann der Gläubiger von der zuständigen Behörde die Ermächtigung holen, die geschuldete Leistung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen oder durch einen Dritten vornehmen zu lassen. - 98 III OR ( Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes)
Wenn der Schuldner eine Unterlassungspflicht verletzt, kann der Gläubiger die Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes verlangen und sich ermächtigen lassen, diesen auf Kosten des Schuldners zu beseitigen. Ausserdem hat er Anspruch auf Schadenersatz
Art. 97 I OR: Voraussetzungen
- nachträgliche objektive Leistungsunmöglichkeit
- Schaden des Gläubigers
- Kausalzusammenhang
- Verantwortung des Schuldners (meist Verschulden)
Art. 119 OR: Voraussetzungen
- nachträgliche objektive Leistungsunmöglichkeit:
- keine Verantwortung des Schuldners !
objektive Unmöglichkeit
gegeben, wenn die Leistung nicht nur für den konkreten Schuldner, sondern für jedermann unmöglich ist, d.h. auch ein beliebiger Schuldner kann sie nicht mehr erbringen.
subjektive Unmöglichkeit
Die Leistung kann bloss vom konkreten Schuldner nicht mehr erbracht werden, d.h. die Leistung ist nicht schlechthin unmöglich, sondern hat ihren Grund in den persönlichen Verhältnissen des Schuldners
objektive Unmöglichkeit: Fallgruppen
- tatsächliche und rechtliche Unmöglichkeit
- Zweckerreichung und Zweckfortfall
- Gefährdung übergeordneter Rechtsgüter des Schuldners
vorübergehende Unmöglichkeit
Es handelt sich um Verzugsfälle, auch wenn im Moment objektive Unmöglichkeit gegeben ist.
Ausnahme, wo es trotzdem objektiv unmöglich ist:
- Ende der Dauer der Unmöglichkeit ist nicht absehabr
- Parteivereinbarung ist entsprechend ausgestaltet
- die geschuldete Leistung eines Dauervertrages ist nicht vor Vertragsende wieder möglich
- es handelt sich um einen einseitigen Vertrag und dem Gläubiger ist die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht zumutbar.
subjektive Unmöglichkeit
gegeben bei….
- Unmöglichkeit von Arbeits- und Dienstleistungen:
sofern es sich nicht um höchstpersönliche Leistung des Schuldners handelt. - nachträglich abgeschlossenem und vollzogenem Doppelverkauf
- unbekanntem Lageort des Gegenstandes einer Sachleistung:
Leistung kann von einem Dritten erbracht werden, dieser ist aber unbekannt oder unerreichbar.
keine subjektive Unmöglichkeit bei …
- höchstpersönlichen Leistungen:
Kein Dritter vermag diese Leistung zu erfüllen, weshalb objektive Unmöglichkeit vorliegt. - Geldleistungen:
Geldmangel führt nie zu Leistungsunmöglichkeit.
Behandlung der subjektiven Leistungsunmöglichkeit
- nachträgliche Unmöglichkeit:
wird behandelt wie die objektive, d.h. 97 I OR bei Verantwortlichkeit des Schuldners und 119 OR wenn der Schuldner die Unmöglichkeit nicht zu verantworten hat.
(–> Ansicht des BGer und der h.L.) - ursprüngliche Unmöglichkeit:
fällt nicht unter 20 OR.
Nach der neueren Lehre soll 97 I OR analog angewendet werden, wenn der Schuldner ein Übernahmeverschulden trifft, ansonsten findet 119 OR Anwendung.
Rücktrittsrecht von 97 I OR
die h.L. ist der Ansicht, dass es dem Gläubiger im Rahmen von 97 I OR möglich ist, die Gegenleistung zu verweigern und vom Vertrag zurückzutreten (107 II und 109 OR analog)
–> gilt sowohl für die nachträglich verschuldete Unmöglichkeit als auch für die Schlechterfüllung
vom Gläubiger zu verantwortende Unmöglichkeit
119 I OR kommt zur Anwendung. d.h. die Forderung erlischt ohne Schadensersatzpflicht des Schuldners.
Betreffend der Gegenforderung:
(MERKE)
Gemäss BGer besteht im Gesetz eine Lücke, denn 119 II OR ist nur anwendbar, wenn keine der Parteien die Unmöglichkeit verschuldet hat. Diese Lücke wird mit verschiedenen Normen (bspw. 324, 378) gefüllt, welche zum Ergebnis kommen, dass der Schuldner seinen Anspruch auf die Gegenleistung behält.
stellvertretender Commodum
= Der Schuldner erhält infolge der nachträglichen Leistungsunmöglichkeit eine Ersatzleistung (bspw. Versicherungsleistung), welche er anstelle der unmöglich gewordenen Leistung des Gläubigers auf dessen Verlangen ausbezahlen muss.
- wenn der Gläubiger das stellvertretende Commodum annimmt (wozu er nicht verpflichtet ist), bleibt auch seine eigene Leistungspflicht bestehen, d.h. 119 II OR findet keine Anwendung.
° Hat die Ersatzleistung geringeren Wert als die ursprünglich geschuldete Leistung, reduziert sich die Gegenleistungspflicht.
° Ist die Ersatzleistung mehr wert als die ursprüngliche Leistung, so muss diese dennoch in vollem Umfang herausgegeben werden.
Teilunmöglichkeit
liegt vor, wenn die Unmöglichkeit nur ein Teil der Leistung betrifft. Dieser Teil kann ein Bruchteil der geschuldeten Leistung oder eine Teilhandlung im Rahmen einer Schuldpflicht sein.
–> Gemäss BGer auch dann gegeben, wenn bei einer Gattungsschuld die Ware nicht in der vereinbarten Qualität geliefert werden kann.
119 (bei unverschuldeter Teilunmöglichkeit) und 97 OR (bei verschuldeter Teilunmöglichkeit) analog anwendbar.
In beiden Fällen muss der Schuldner aber die mögliche Restleistung erbringen.
Beweislast bei 97 I OR
Gläubiger muss - Unmöglichkeit (=Vertragsverletzung) - Schaden - Kausalität beweisen
Das Verschulden des Schuldners wird vermutet.
positives Interesse
- Dadurch soll jener Vermögensstand herbeigeführt werden, indem sich die geschädigte Person befände, wenn der Vertrag richtig erfüllt worden wäre.
- Zum positiven Interesse gehören der Wert der versprochenen Leistung, die mit der Nichterfüllung direkt verbundenen Kosten, sowie weitere Kosten wie bspw. der entgangene Gewinn.
negatives Interesse
Dadurch soll jener Vermögensstand erreicht werden, der bestehen würde, wenn der Vertrag nicht abgeschlossen worden wäre.
Es betrifft den Schaden, der aus dem Dahinfallen des Vertrages entsteht.
Umfang des Schadenersatzes
Die Grösse des geschuldeten Ersatzes wird grundsätzlich nach dem Recht der unerlaubten Handlung (42 ff. OR) bestimmt. siehe 99 III OR
Verjährung vertraglicher Schadenersatzforderungen
gemäss 127 OR nach 10 Jahren
bzgl. Fristbeginn muss differenziert werden:
- bei Schadenersatzanspruch wegen nachträglicher Unmöglichkeit beginnt die Frist mit der Fälligkeit der Erfüllungsforderung (weil Schadenersatzforderung die Erfüllungsforderung fortsetzt)
- beim Schadenersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung fängt die Frist mit der Vertragsverletzung zu laufen an.
Beweislast für Verschulden
- 97 I OR: Beweislastumkehr
- der Beweis des Verschuldens liegt nicht beim Gläubiger, sondern der Schuldner muss beweisen, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
- -> Schuldner trägt die Folgen der Beweislosigkeit
objektive Kriterien für Sorgfaltsbemessung:
Konsequenzen bei Dienstleistungsverträgen
BGer: Die Sorgfalt wird unter der Vertragsverletzung geprüft.
Die Vertragsverletzung indiziert das Verschulden.
Wenn die Unsorgfalt bei der Vertragsverletzung feststeht, wird dem urteilsfähigen Schuldner eine Exkulpation selten gelingen.
Schuldnerverzug
= objektiv pflichtwidrige Verspätung der Erfüllung
TB-Merkmale, die kumulativ erfüllt sein müssen:
- Nichtleistung trotz Leistungsmöglichkeit
- Forderung ist fällig (102 I OR)
- Schuldner wurde vom Gläubiger gemahnt (102 OR)
- Pflichtwidrigkeit der Nichtleistung
Rechtsfolgen des Schuldnerverzugs
- ändert an Inhalt und Erfüllbarkeit der Forderung nichts.
Konkret ergeben sich folgende Rechtsfolgen:
- Ersatz des Verspätungsschadens (103, 106)
- Haftung für Zufall (103)
- Bei Geldschulden: Verzugszinsen (104)
- bei synallagmatischen Verträgen hat der Gläubiger die Wahlrechte von 107 II OR
Ersatz des Verspätungsschadens
Wenn sich der Schuldner verschuldeterweise im Verzug befindet, muss er dem Gläubiger jenen Schaden ersetzen, der diesem durch die Verspätung kausal entstanden ist. (103 I, 106 OR)
Zum Verspätungsschaden gehören, der wegen der Verspätung entgangene Gewinn und Nutzen, die Wertverminderung der geschuldeten Leistung während des Verzugs und die Auslagen und Kosten des Gläubigers wegen des Verzugs.
–> bspw. Ertragsausfall, weil die Maschine zu spät geliefert wurde.
Höhe der Ersatzpflicht bestimmt sich nach 99 II und III OR. Der Gläubiger ist so zu stellen, wie wenn der Schuldner rechtzeitig erfüllt hätte (= posit§ives Interesse)