VL Schuldfähigkeit Flashcards

1
Q

Aristoteles

A

= psychisch
Kranke sollten nicht bestraft
werden, wenn der Täter aufgrund
eines Wahns oder Desorientiertheit
handelte
• „Furiosi“ (die Rasenden)
• „Mente capti“ (die Verblödeten)
• „Dementes“ (die Toren)
• Zusätzlich: Affekt und Trunkenheit
strafmildernd im römischen Recht

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2
Q

Cesare Lombrosos

A

= Der Verbrecher in anthropologischer und juristischer Beziehung
- „Entartunglehre“: Geistenskrankheiten = Kriminalität (heute Widerlegt)
• Annahme einer Prädisposition für
Verbrechen aufgrund anatomischer
Merkmale

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3
Q

Gustav Aschaffenburg

A

= kritisierte das „Fehlen von juristischen Grauzonen“
• 1933: Strafrechtsreform Ergänzung
um Abs. 2 (verminderte Zurechnungsfähigkeit)
• „Bewusstseinsstörung“
• „Geistesschwäche“
• „Krankhafte Störung der
Geistestätigkeit

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4
Q

„Schuldfähigkeit“ ersetzt
„Zurechnungsfähigkeit“. Definition der Eingangsmerkmale
• Krankhafte seelische Störung
• Tiefgreifende Bewusstseinsstörung
• Schwachsinn („seelische Abartigkeit“)
• Schwere andere seelische Abartigkeit

A

= Strafrechtsform 1975

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5
Q

Was besagt das §20 StGB Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen?

A

= „Ohne Schuld handelt, wer bei
Begehung einer Tat wegen einer…
• Krankhaften seelischen Störung
• Tiefgreifenden Bewusstseinsstörung
• Intelligenzminderung
• Schweren anderen seelischen Störung
unfähig ist, das Unrecht einer Tat einzusehen, oder nach dieser Einsicht zu handeln.“

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6
Q

Abartigkeit wurde durch was ersetzt in der Moderniseirung ?

A

= Störung

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7
Q

Schwachsinn wurde durch was ersetzt in der Moderniseirung ?

A

= Intelligenzminderung

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8
Q

Schwachsinn wurde durch was ersetzt in der Moderniseirung ?

A

= Intelligenzminderung

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9
Q
  1. Vorwerfbarkeit: Der Beschuldigte muss gegen bestehende Gesetze
    gehandelt haben
  2. Zumutbarkeit von normgemäßen Verhalten: Der Beschuldigte muss in der
    Lage sein, sich gemäß den Regeln des gesellschaftlichen Miteinanders zu
    verhalten.
  3. Bewusstsein der Rechtswidrigkeit: Der Beschuldigte muss wissen können,
    dass er mit seinem vorwerfbaren Verhalten zur Verantwortung gezogen
    wird.
  4. Entscheidung, die schuldhafte Handlung zu verwirklichen: Der Beschuldigte
    muss zu einem anderen als dem strafbaren Handeln in der Lage gewesen
    sein
A

= Vier Kriterien des juristischen Schuldbegriffs

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10
Q

Was ist die zentrale Frage die man sich in der Schuldbeurteilung stellt ?

A

= Ist einem Angeklagten das Verhalten persönlich
vorzuwerfen, hätte er auch überhaupt anders handeln können?
- > Schuld ist Grundlage für die Zumessung der Strafe!

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11
Q

Ist die Fähigkeit des Täters, das
Unrecht der Tat einzusehen oder
nach dieser Einsicht zu handeln, aus
einem der in § 20 bezeichneten
Gründe bei Begehung der Tat
erheblich vermindert, so kann die
Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert
werden.

A

= §21 StGB Verminderte Schuldfähigkeit

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12
Q

Ausprägungsgrad einer Störung im
Sinne eines Überschreitens einer bestimmten, normativ gesetzten
Schwelle

A

= Juristischer Krankheitsbegriff

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13
Q

Ursache, Symptomatik, Verlauf,
Therapierbarkeit einer Krankheit; Definition mittels diagnostischer
Klassifikationssysteme

A

= Medizinischer Krankheitsbegriff

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14
Q

Was sind die Eingangsmerkmale ?

A

• Krankhaften seelischen Störung
• Tiefgreifenden
Bewusstseinsstörung
• Intelligenzminderung
• Schweren anderen seelischen
Störung
- > Eine MUSS erfüllt sein um von Schuldunfähigkeit zu sprechen
- Keine eindeutigen psychatrisch-psychologie / Jurisstische Begriffe

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15
Q
  1. Eingangsmerkmal: Krankhafte seelische Störung
A

= Krankheiten und Störungen mit organischer Ursache
• Körperlich begründbare Psychosen
• Exogene Psychosen
• Endogene Psychosen (z.B. aus dem
schizophrenen Formkreis)
• Degenerative Hirnerkrankungen
• Alkohol- und Substanzmittelintoxikationen
• Körperliche Abhängigkeiten
• Epileptische Erkrankungen
• Genetisch bedingte Erkrankungen (z.B.
Trisomie)

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16
Q
  1. Eingangsmerkmal: Tiefgreifende Bewusstseinsstörung
A

= Bewusstseinsveränderungen mit erheblicher Einengung der psychischen Funktionsfähigkeit
• Extreme Belastungssituationen
• Massive affektive Belastungen wie Angst oder Wut; extremer Erregungszustand
• “Seelische Gefüge erheblich erschüttert oder zerstört”
- > Nur bei psychisch gesunden Menschen zu diskutieren

17
Q
  1. Eingangsmerkmal: Intelligenzminderung
A

= Störungen der Intelligenz oder nachweisbare organische Grundlage
• IQ-Wert <70 (mind. 2 Standardabweichungen unter
dem Mittelwert)
• Täterpersönlichkeit
• Sozialisation
• Situation
- > IQ Wert nicht ausreichend!

18
Q
  1. Eingangsmerkmal: Schwere andere seelische Störung
A

= Sammelbegriff für alle die nicht unter die ersten 3. Eingangmerkmale fallen
• Persönlichkeitsstörungen
• Paraphile Störungen (Sexuelle)
• Abhängigkeiten (nicht körperlich)
• Impulskontrollstörungen
• Es muss eine Spezifität zur inkriminierten Tat
entscheidend!
- > Es muss immer einen ZSmH geben zwischen der diagnostizierten Störung und dem Delikt

19
Q

Beurteilung der Schwere wird nach… beuteilt

A

• Und zwar zum konkreten Tatzeitpunkt!!!
• Störung muss sich gravierend auswirken
• Störung muss die soziale Anpassungsfähigkeit deutlich beeinträchtigen
• Vor dem Hintergrund der Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit
• Referenzkategorie: Psychotische Störung
• Aber: wenig evidenz-basierte Operationalisierung der Schwere-Beurteilung (befinden uns im Subjektiven berreich vom Begutachter und seiner beurteilung der schwere)

20
Q

• Erhebliche Auffälligkeiten der affektiven Ansprechbarkeit bzw. der Affektregulation
• Einengung der Lebensführung bzw. Stereotypisierung des Verhaltens
• Durchgängige oder wiederholte Beeinträchtigung der Beziehungsgestaltung und psychosozialen Leistungsfähigkeit durch affektive Auffälligkeiten,
Verhaltensprobleme sowie unflexible, unangepasste Denkstile
• Durchgehende Störung des Selbstwertgefüges
• Deutliche Schwäche von Abwehr- und Realitätsprüfungsmechanismen

A

= Hinweise auf eine schwere Persönlichkeitsstörung (SASS)

21
Q

• Erheblichkeit sowie Ausschließlichkeit paraphiler sexueller Interessen
• Sexuelle Überbeschäftigung/Dranghaftigkeit oder unflexible sexuelle
Überkontrolliertheit
• Sex als Copingstrategie
• Defizite in der Bindungs- und Beziehungsfähigkeit (z.B. allgemeine soziale
Zurückweisung)

A

= Hinweise auf eine schwere paraphile Störung (SASS)

22
Q

Normative Einschätzung

A

= Zweite Stufe der Schuldfähigkeitsbegutachtung
• Normative Einschätzung hinsichtlich
- > der Grenze, bis zu welchem Ausmaß Einsicht in das Unrecht einer Handlung erwartet und ich welchem Umfang Selbststeuerung von einem
Menschen erwarten werden kann
- > Außerdem: Es ist empirisch nicht möglich, eindeutige Aussagen zum Ausmaß psychischer Beeinträchtigungen über einen meist lange
vergangenen Zeitpunkt zu machen

23
Q

Schritt 1: Prüfung der Einsichtsfähigkeit

A

= Kognitive Funktionen reichen nicht aus, eine Einsicht in das Unrecht eines Handeln zu ermöglichen
• Erhebliche intellektuelle Einbußen
• Psychotische Realitätsverkennungen
- > In der Regel vorhanden
• Bei Einsichtsunfähigkeit erübrigt sich jede weitere Prüfung

24
Q

Schritt 2: Prüfung der Steuerungsfähigkei

A

= Hätte der Beschuldigte in der konkreten Tatsituation aufgrund der diagnostizierten Störung überhaupt anders handeln können?
= > Fähigkeit, nach der vorhandenen Einsichtsfähigkeit zu handeln
• Gestörte Handlungsmöglichkeiten
• Die „potenziell-dispositionelle Fähigkeit oder Unfähigkeit“ der Täterpersönlichkeit
• Detaillierte Analyse der Tatumstände
• Leider kaum Standardisierung in der Bewertung!

25
Q

• Konflikthafte Zuspitzung und emotionale Labilisierung in der Zeit vor dem Delikt
• Abrupter impulshafter Tatablauf
• Relevante konstellative Faktoren
(z. B. Alkoholintoxikation)
• Enger Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsproblemen und Tat

A

= Pro Funktionsbeeinträchtigungen Steuerungsfähigkeit (Persönlichkeitsstörungen)

26
Q

• Tatvorbereitung
• Hervorgehen des Deliktes aus
dissozialen Verhaltensbereitschaften
• Planmäßiges Vorgehen bei der Tat
• Fähigkeit, zu warten, lang
hingezogenes Tatgeschehen
• Komplexer Handlungsablauf in
Etappen
• Vorsorge gegen Entdeckung
• Möglichkeit anderen Verhaltens unter
vergleichbaren Umständen

A

= Contra Funktionsbeeinträchtigungen Steuerungsfähigkeit (Persönlichkeitsstörungen)

27
Q

Mehrstufiges Vorgehen der Schuldfähigkeitsbegutachtung

A
  1. Diagnosestellung
  2. Beurteilung der Schwere
  3. Zuordnung zu den Eingangsmerkmalen
  4. Beurteilung der Einsichtsfähigkeit
  5. Beurteilung der Steuerungsfähigkeit (nach Einsicht zu handeln)
    - > Konstellative Faktoren, wie persönlickeit,Umfeld und Tatvogang geprüft werden
    - > Nach der Einschätzung als Vermindert/Unfähig gilt folgt die Risikoeinschätzung
28
Q
  • > Die Voraussetzungen von aufgehobener oder verminderter Schuldfähigkeit
    müssen nicht sicher festgestellt werden, es genügt, wenn sie nicht
    ausgeschlossen werden können!
    • Funktionsbeeinträchtigung „Intakt“, „Eingeschränkt“, „Aufgehoben„
    • Schuldfähigkeit ist ein Rechtsbegriff!
    • Erheblichkeit ist Rechtsfrage!
    • Entscheidung über „Schuldfähigkeit“ trifft das Gericht
A

= In dubio pro reo
= > Im Zweifel für den Angklagten

29
Q

Actio libera in causa

A

= Spezialfall der Schuldfähigkeitsbeurteilung
• Tat wurde im Zustand einer verminderten oder aufgehobenen Steuerungsfähigkeit begangen
• Aber: Der Entschluss zur Begehung der Straftat wurde gefasst, als keine Einschränkung oder Aufhebung vorlag!
• Beispiel: „Mut antrinken”

30
Q

Fazit

A

= Die Begutachtung der Schuldfähigkeit im Spannungsfeld zwischen
medizinischen und juristischen Krankheitsbegriffen ist für Rechtspsychologen eine Herausforderung
• Aber: Grundsätzlich können und sollten Rechtspsycholog*innen Begutachtungen zur Schuldfähigkeit durchführen (ggf. Ausnahme: schwere
seelische Störung)
• Es braucht noch mehr Standardisierung
• Begriffe wie Einsichts- und Steuerungsfähigkeit sind zu wenig operationalisiert