Sitzung 6: Epidemiologie Flashcards
Definition Epidemiologie
Gr.: epi = über, demos = Volk, logos = Lehre
- die quantitative Erforschung der Verteilung und der Determinanten (Risikofaktoren) von Krankheiten (oder auch Gesundheitszuständen) in der Bevölkerung und die Anwendung der Erkenntnisse auf die Kontrolle (Prävention und Behandlung) von Krankheiten
Repräsentative Befragungen (Bevölkerungssurvey, Bevölkerungspanel)
- SOEP: Sozio-oekonomische Panel
- GEDA: Gesundheit in Deutschland aktuell
- DEGS: Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland
- KiGGS: Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland
- EHIS: European Health Interview Survey, Europäische Gesundheitsumfrage
Beispiel Querschnittsstudie DEGS1 - MH: Ziel und Methoden
-> Bundesweiter Gesundheitssurvey
1. Ziel: Umfassende Gesundheitsberichterstattung:
a) Prävalenz
b) Risiken
c) Korrelate
2. Methoden
a) Repräsentative bundesweite Querschnittsstuide N = 5.317 (4.483) Personen (18-79 Jahre, sozialdemographisch gewichtet)
b) Diagnostische Basis: DIA-X/CIDI -> DSM-IV-TR-Kriterien, neurophychologische Daten, Psychosesymptome, Fatigue- und Lebensqualitätsscreenings
c) Auswertung: Nach Geschlecht & Störung getrennt und auf die Bevölkerungszahl hochgerechnet (in Mio.)
12-Monats-Prävanelenz - Geschlecht
Irgendeine der genannten Störungen bzw. Störungsgruppen ( ICD-10-Code):
Frauen: 33,3%
Männer: 22,0%
Gesamt: 27.7% (ca. 17,8 Mio.)
s. F. 7
12-Monats-Prävalenz - Substanzgebrauch
Störungen durch Substanzgebrauch:
Frauen: 3,5%
Männer: 7,9%
Gesamt: 5.7% (3,7 Mio.)
s. F. 8
12-Monats-Prävalenz- Affektive Störung
ICD-10 F3
Frauen: 12.4%
Männer: 6.1%
Gesamt: 9.3 % (6 Mio.)
s. F.9
12 Monats-Prävalenz- Angststörungen
ICD-10 F40, F41
Frauen: 21.3 %
Männer: 9.3%
Gesamt: 15,3% (9,8 Mio.)
s. F.10
Gegenstandsbereich der Epidemiologie: spezifische Aufgaben der Epidemiologie
- Häufigkeit: Die Bestimmung der Häufigkeit und der Verteilung der Krankheiten in der Bevölkerung
- Risikofaktoren: Das Erkennen der Krankheitsätiologie und deren Risikofaktoren, um damit zur besseren Definition beizutragen
- Natürlicher Verlauf: Die Untersuchung des natürlichen Verlaufs und der Prognose von Krankheiten
- Maßnahmen: Das Bewerten von präventiven und therapeutischen Maßnahmen
- Entscheidungshilfen: Die Entwicklung von Entscheidungshilfen für Fragen der Gesundheits- und Umweltpolitik
Gegenstandsbereich der Epidemiologie: 1. Deskriptive Epidemiologie
Differenziert und beschriebt die Krankheitshäufigkeiten und Krankheitsverläufe -> Darstellung der Verteilung von Krankheiten gegenüber der gesunden Bevölkerung, Untersuchung der Entstehung, Verlauf und Ausgang von Erkrankungen (vervollständigen des klinischen Bildes)
Gegenstandsbereich der Epidemiologie: 2. Analytische Epidemiologie
Deckt die Ursache- Wirkungsbeziehungen bei der Entstehung oder Verhütung von Erkrankungen auf (Prüfung “kausaler” Beziehungen zw. Umweltfaktoren und Krankheiten)
-> Analyse der Ursachen der Verteilung von Krankheiten, Ermittlung von individuellen Krankheitsrisiken
Gegenstandsbereich der Epidemiologie: 3. Experimentelle Epidemiologie
Widmen sich der Implementation epidemiologischer Erkenntnisse in Form von Interventionsmaßnahmen und der Evaluation der Wirksamkeit dieser Interventionen
Relevanz der Epidemiologie für die Klinische Psychologie
- Ausmaß &Behandlungsplan: Die Beschäftigung mit dem Ausmaß psychischer Störungen und der Behandlungsplanung
- Prävention & Gesundheitsförderung: Die Häufigkeit von konkreten Störungen (übersetzt in ver. Messzahlen) dienen als Basis für vielfältige (gesundheitspolitische) Überlegungen (Prävention & Gesundheitsförderung)
- Die Studien liefern Hinweise auf die Risikofaktoren, die wiederum für das Verstehen individueller Zustände nützlich sind
- Risikofaktoren: Erlaubt verallgemeinerbare Aussagen über den Stellenwert von Risikofaktoren
- Versorgung: Erlaubt Aussagen über den bedarf an Versorgungseinrichtungen, ihre Inanspruchnahme und Qualität
- Natürlicher Verlauf: Durch Untersuchung nichtklinischer Gruppen werden Untersuchungen des „natürlichen Verlaufs“ von psychischen Störungen ermöglicht –> lenkt den Blick auf Komorbiditäten, Manifestationsformen psychischer Störungen, die durch die Kriterien der vorliegenden Klassifikationssysteme nicht erfasst werden –> Ausdifferenzierung und Verbesserung von Diagnostik und Klassifikation
Historischer Exkurs: Geschichte und die Grundlagen epidemiologischer Forschung
war schon ein fühes Forschungsfeld, das sich besonders auf die Ausbreitung von Infektionskrankheiten bezog
z.B.: Dr. John Snow & William Farr untersuchten die Ausbreitung von Cholera Epidemie in London 1848
Grundbegriffe der Epidemiologie: 1. Falldefinition
- Die exakte Zuordnung einer Person zu einem Krankheitsfall
- Die Falldefinition bezeichnet diagnostisch greifbare Störungsmerkmale, die eine Person aufweisen muss, um als “Fall” identifiziert zu werden:
a) eine oder mehrere spezifische Diagnosen
b) ein oder mehre Symptome
c) oder einzelne diagnostische Merkmale
-> Ermöglicht konkrete Angaben zum Krankheitsbild: z.B.: Falldefinition Cholera:
Plötzlicher Todesfall
Vorangegangener, heftiger Durchfall
Grundbegriffe der Epidemiologie: 1. Falldefinition - methodische Ansätze
- der dimensionale Ansatz: stützt sich auf Merkmale oder Symptome als Analyseeinheit und untersucht, unter Annahme gradueller Unterschiede, ihr Ausmaß und ihre Häufigkeit
- Kategorialer Ansatz: nimmt kategoriale Unterschiede zw. Fällen und Nicht-Fällen an und analysiert die jeweiligen Fallhäufigkeiten
Grundbegriffe der Epidemiologie: 2. Exposition, Morbidität und Mortalität
- Die Faktoren, denen eine Bevölkerung ausgesetzt ist und die einen Einfluss auf den gesundheitlichen Zustand haben können
- Mögliche (aber nicht kausale) Folgen einer Exposition:
a) Morbidität: das Auftreten von Krankheitsfällen
b) Mortalität: die Häufigkeit der Sterbefälle, bezogen auf eine Bevölkerung
Grundbegriffe der Epidemiologie: 3. Fallindex
Der Fallindex ist der erste bekannte Fall in einem Krankheitsausbruch
z.B.: Fallindex: Cholera Ausbruch in London, 1848:
Der englische Seemann, John Harnold, der in einem Seemannhaus in Horslexdown an der Themse übernachtete
Grundfragestellungen der Epidemiologie
- Wer erkrankt (Falldefinition/Fallindizies) -> Welche Personengruppe (Geschlecht, Alter, Familienstand, Bildung, Einkommen etc.)
- Wo tritt die Krankheit auf (Exposition) -> bestimmte Stadtteile, Regionen, …
- Wann tritt die Krankheit auf -> akute Fälle, einzelne Tage, saisonal auftretende Krankheiten, ..
Epidemiologische Maße: 1. Prävalenz
Häufigkeit einer Erkrankung: Erkrankung einer zufällig ausgewählten Person zu einem konkreten Zeitpunkt an der entsprechenden Krankheit
Die Prävalenzrate ist der Anteil der Erkrankungen in der Bevölkerung (z.B.: in %)
Epidemiologische Maße: 1. Prävalenz - Berechnung
P = M : N
P -> Prävalenz
M-> Anzahl der Personen mit Krankheit in einer bestimmten Population während eines bestimmten Zeitraums
N -> Anteil aller Personen mit Erkrankungsrisiko während eines bestimmten Zeitraums
Prävalenzrate: P * 100 -> Prozentuale Anteil
Epidemiologische Maße: 1. Prävalenz: Wahre Prävalenz (Population)
Repräsentative Erfassung der Häufigkeit von Erkrankungen für die interessierende Population
Epidemiologische Maße: 1. Prävalenz: Behandlungsprävalenz (Population)
Zahl der Personen mit einer Erkrankung, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in Behandlung befinden oder versorgt werden
Epidemiologische Maße: 1. Prävalenz: Administrative Prävalenz (Population) oder Behandlungsprävalenz
Zahlen auf der Basis von administrativen Routinestatistiken (z.B.: in Kliniken)
Epidemiologische Maße: 1. Prävalenz: Punktprävalenz (Zeit)
Die Gesamtzahl aller Krankheitsfälle, die in einer definierten Population zu einem bestimmten Zeitpunkt auftreten
Epidemiologische Maße: 1. Prävalenz: Periodenprävalenz (Zeit)
Die Prävalenz bezieht sich auf eine konkrete zeitliche Periode (z.b.: 12 Monate)
Epidemiologische Maße: 1. Prävalenz: Lebenszeitprävalenz (Zeit)
Prävalenzrate beschreibt den %-Anteil der Erkrankungen über die Lebensspanne
Epidemiologische Maße: 1. Prävalenz: Einflussfaktoren
- Zahl der Neuerkrankungen (Epidemie/Pandemie)
- Krankheitsdauer
- Falldefinition (diagnostische Möglichkeiten)
- Migration
- Krankheitsgünde (Risikogruppen,..)