Praxisfragen aus Sicht einer Rechtsanwältin Flashcards
Um was für einen Vertrag handelt es sich bei einer Mandatsvereinbarung?
Es handelt sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB.
Was sind wesentliche vertragliche Pflichten des Rechtsanwalts?
Aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Mandanten ergibt sich die Pflicht, mittels geeigneter Fragen den Sachverhalt aufzubereiten, um so eine Beurteilung der ihm vorliegenden Rechtslage zu ermöglichen. Sofern der Mandant den Sachverhalt widersprüchlich schildert, muss der Rechtsanwalt durch Nachfragen versuchen, die Widersprüche auszuräumen. Im Übrigen ist der Mandant über seine Handlungsoptionen und rechtlichen Chancen und Risiken aufzuklären. Bei mehreren Handlungsoptionen ist der Rechtsanwalt gehalten, den für den Mandanten sichersten Weg zu gehen, es sei denn, der Mandant möchte bewusst ein bestimmtes Risiko eingehen.
Was sollten Sie vor der Übernahme eines Mandats klären?
Es sollte zunächst geklärt werden, ob ein Interessenkonflikt besteht, § 3 Abs. 2 BORA. Ein Anwalt darf keine widerstreitenden Interessen vertreten. Sofern ein Anwalt Partner einer größeren Sozietät ist, muss geprüft werden, ob nicht auch einer der übrigen Partner die Gegenseite vertritt. Vor Übernahme eines Mandats ist ferner zu berücksichtigen, wie sich ein Mandat entwickeln kann. Das abstrakte Prüfen einer Rechtsfrage kann z. B. schnell zur - ggf. gerichtlichen - Durchsetzung einer Forderung führen. Weiterhin sollte die Bezahlung des Honorars geklärt werden (wie soll abgerechnet werden, nach Stunden oder auf Basis der Sätze des RVG?). Zu fragen ist in diesem Zusammenhang unter Umständen auch, ob der potenzielle Mandant über eine Rechtsschutzversicherung verfügt.
Ist es möglich, ein Erfolgshonorar zu vereinbaren?
Nach § 4 a RVG darf ein Erfolgshonorar nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Mandant aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. Ist die Vereinbarung des Erfolgshonorars zulässig, darf für den Fall des Misserfolgs vereinbart werden, dass keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird.
Was sollten Sie nach der Übernahme eines Mandats veranlassen?
Es sollte eine Vollmacht des Mandanten eingeholt werden. Beim Erstellen der Vollmacht ist darauf zu achten, dass alle für das Mandat erforderlichen Erklärungen mit abgedeckt sind (z. B. Klageerhebung, Vertretung in einem Zivil- oder Strafprozess, Vertragsverhandlungen, Abgabe von Gestaltungserklärungen etc.).
Worauf ist bei der Abgabe von Gestaltungserklärungen (z. B. einer Kündigung) zu achten?
Zum einen sind Formerfordernisse zu beachten, etwa die Schriftform einer Kündigung eines Arbeitsvertrages nach § 623 BGB. Ferner ist es ratsam, wegen § 174 BGB eine Vollmacht beizufügen. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass der Zugang einer Gestaltungserklärung im Falle einer streitigen Auseinandersetzung bewiesen werden kann. Aus diesem Grunde bietet es sich an, wichtige Gestaltungserklärungen per Einschreiben mit Rückschein zuzustellen.
Was ist der sicherste Weg, um dem Gegner eine Erklärung zukommen zu lassen?
Die sicherste Art, um den Zugang einer Erklärung sicherzustellen, dürfte die Zustellung per Gerichtsvollzieher sein, vgl. § 52 GVGA (Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung), wo es heißt: „Der Gerichtsvollzieher ist zuständig, auch außerhalb einer anhängigen Rechtsangelegenheit die Zustellung von schriftlichen Willenserklärungen jeder Art (Schriftstücke jeder Art) zu bewirken, die ihm von einem Beteiligten aufgetragen wird. Die Zustellung von Schriftstücken mit unsittlichem, beleidigendem oder sonst strafbarem Inhalt sowie die Zustellung von verschlossenen Sendungen im Parteiauftrag lehnt der Gerichtsvollzieher ab.“
Worüber ist der Mandant aufzuklären, wenn eine Forderung im Wege der Klage durchgesetzt werden soll?
Der Mandant ist auf das Kostenrisiko beim Beschreiten des Klageweges hinzuweisen. Selbst wenn ein Anspruch des klagenden Mandanten in voller Höhe besteht, können ihm die Gerichtskosten nach § 93 ZPO auferlegt werden, wenn der Beklagte nach Zustellung der Klage ein sofortiges Anerkenntnis erklärt. Der Beklagte trägt in diesem Fall nur dann die Kosten, wenn er durch sein Verhalten einen Anlass zur Erhebung der Klage gegeben hat. Dies ist etwa der Fall, wenn trotz einer wirksamen Mahnung mit Fristsetzung nicht gezahlt wurde.
Was ist im Hinblick auf Einreden wie etwa der Verjährung zu beachten?
Damit Einreden Rechtswirkung entfalten, müssen diese auch wirksam erhoben werden. Es genügt also nicht, einen Mandanten über das Vorliegen der Verjährung aufzuklären, die Einrede der Verjährung muss weiterhin (am besten im Wege eines Schreibens) erklärt werden.
Was ist eine beglaubigte, was ist eine einfache Kopie?
Bei der Einreichung von Schriftsätzen bei Gericht werden neben dem vom Rechtsanwalt als Prozessvertreter unterschriebenen Original meist auch beglaubigte und einfache Kopien beigefügt. Die beglaubigte Kopie wird - wie auch das Original - vom Rechtsanwalt unterschrieben, um zu bescheinigen, dass die Kopie mit dem Original übereinstimmt. Die einfache Kopie wird hingegen nicht unterschrieben.
Wie viele Kopien legt ein Rechtsanwalt dem unterschriebenen Originalschriftsatz an das Gericht bei?
Das unterschriebene Original eines Schriftsatzes ist für die Gerichtsakte gedacht. Daneben werden beglaubigte Kopien für die Zustellung an den oder die jeweiligen Gegner (und ggf. Beigeladenen) beigefügt. Sofern der/die Gegner (und ggf. Beigeladenen) anwaltlich vertreten sind, wird der beglaubigten Kopie noch eine einfache Kopie beigefügt (die beglaubigte Kopie erhält dann der Prozessvertreter, die einfache Kopie kann er an seinen Mandanten weiterleiten). Bei einem gerichtlichen Verfahren mit einem anwaltlich vertretenen Beklagten werden neben dem unterschriebenen Original also zwei Abschriften beigefügt, davon wäre eine beglaubigt und eine nicht beglaubigt.
Welche Akteneinsichtsrechte kennen Sie?
Akteneinsichtsrechte sind je nach Materie entweder in Verfahrensgesetzen oder in Prozessordnungen geregelt. Bedeutsam ist z. B. das Akteneinsichtsrecht gem. § 29 VwVfG für Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens. Im Verwaltungsprozess richtet sich die Akteneinsicht der Beteiligten nach § 100 VwGO.
Im Strafverfahren gibt es ein Akteneinsichtsrecht des Verteidigers gemäß § 147 Abs. 1 StPO sowie auch einen Anspruch des nicht verteidigten Beschuldigten auf Erteilung von Auskünften und Abschriften gemäß § 147 Abs. 7 StPO, wobei letzterer keine Einsicht in die Akten zulässt. Das Akteneinsichtsrecht konkretisiert den Anspruch auf rechtliches Gehör, was gerade im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ein äußerst bedeutsames Verfahrensgrundrecht darstellt. Im Strafverfahren gibt es ferner Akteneinsichtsrechte für den Rechtsanwalt eines Verletzten gemäß § 406 e StPO oder für Strafgefangene nach § 185 StVollzG.
Wichtig sind zudem das Akteneinsichtsrecht des Betroffenen nach § 49 OWiG im Ordnungswidrigkeitenverfahren und das Akteneinsichtsrecht der Parteien nach § 299 ZPO im Zivilprozess.
Was ist ein Syndikus?
Ein Syndikus ist ein Unternehmensanwalt, also jemand, der dauerhaft (aber nicht zwingend ausschließlich) für einen „Auftraggeber“ tätig ist. Eine klassische Ausprägung des Berufs eines Syndikusanwalts ist die Arbeit in einer Rechtsabteilung eines Unternehmens.
Anders als ein sog. Justitiar, der seine Tätigkeit auch ohne Anwaltszulassung ausüben kann, ist ein Syndikusanwalt stets bei einer Rechtsanwaltskammer zugelassen.
Sind Unternehmensjuristen weisungsgebunden?
Nein. Zumindest in Rechtssachen muss der Unternehmensjurist weisungsfrei arbeiten können, da eine sinnvolle Rechtsberatung nur bei entsprechender Unabhängigkeit möglich ist.