Häufige Fragen im Zivilrecht Flashcards

1
Q

Wozu dienen die §§ 987 ff BGB/das EBV?

A

Sie stellen eine Sonderregelung zu den allgemeinen Grundsätzen dar, um den redlichen Besitzer zu privilegieren.

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2
Q

Wie viele Bücher hat das BGB?

A

Das BGB ist in fünf Bücher eingeteilt: den allgemeinen Teil, das Recht der Schuldverhältnisse, das Sachenrecht, das Familienrecht und das Erbrecht.

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3
Q

Was versteht man unter dem Klammerprinzip?

A

Hierunter versteht man eine gesetzgeberische Methode zur Strukturierung von Gesetzen. Dabei werden generelle, allgemeingültige Vorschriften in einem allgemeinen Teil vorangestellt; sodann folgen spezielle Vorschriften. Das BGB macht z. B. ausführlich von dieser Klammertechnik Gebrauch. So gibt es im BGB nicht nur „einen allgemeinen Teil“, sondern die Klammertechnik wird beispielsweise auch innerhalb des Mietrechtsteils verwendet.

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4
Q

Was ist ein Dissens?

A

Dissens meint die fehlende Übereinstimmung des objektiven Erklärungswertes der Willenserklärungen beim Vertragsschluss. Bezüglich der essentialia negotii sind nach h. M. nicht §§ 154, 155 BGB anwendbar, sondern es liegt schlicht keine Einigung vor (sog. Totaldissens). §§ 154, 155 BGB gelten also nur bzgl. der accidentialia negotii.

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5
Q

Was ist eine Anwartschaft?

A

Ein Anwartschaftsrecht entsteht, wenn von einem mehraktigen Erwerbstatbestand schon so viele Teilakte verwirklicht sind, dass die Rechtsposition des Erwerbers nicht (mehr) einseitig vom Veräußerer zerstört werden kann. Eine Anwartschaft oder ein Anwartschaftsrecht ist ein wesensgleiches Minus zum Vollrecht, welches denselben Regeln folgt wie das Vollrecht. Für die Übertragung der Eigentumsanwartschaft gelten somit etwa die §§ 929 ff. BGB.

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6
Q

Was versteht man unter Obliegenheiten?

A

Eine Obliegenheit ist keine echte Rechtspflicht, sie kann also nicht vom Gläubiger gerichtlich eingeklagt werden. Ein Verstoß gegen diese Obliegenheit bringt jedoch rechtlich nachteilige Folgen mit sich. Sie wird häufig auch als „Pflicht gegen sich selbst“ bezeichnet. Ein Beispiel stellen etwa die §§ 293 ff. BGB, also die Regelungen über den Annahmeverzug, dar.

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7
Q

Was versteht man unter Naturalobligationen?

A

Naturalobligationen sind unvollkommene Verbindlichkeiten. Sie können freiwillig erfüllt werden, können aber nicht eingeklagt werden. Wurde die Verbindlichkeit jedoch freiwillig beglichen, kann sie nicht wieder gemäß §§ 812 ff. BGB kondiziert werden. Ein Beispiel hierfür sind etwa Spiel- und Wettschulden nach § 762 BGB (zutreffend daher das Sprichwort: „Wettschulden sind Ehrenschulden.“).

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8
Q

Was versteht man unter einem Schuldverhältnis?

A

Das Schuldverhältnis (im engeren Sinne) ist die Beziehung zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner einer schuldrechtlichen Forderung. Dies ergibt sich aus § 241 Abs. 1 BGB, wonach das Schuldverhältnis dadurch gekennzeichnet ist, dass kraft seiner der Gläubiger berechtigt ist, vom Schuldner eine Leistung zu fordern. In einem weiteren Sinne bedeutet Schuldverhältnis das gesamte Rechtsverhältnis zwischen einem Schuldner und einem Gläubiger, aus dem einzelne Forderungen, also einzelne Schuldverhältnisse i. e. S. fließen. Beispiel: Das Arbeitsverhältnis ist ein Schuldverhältnis i. w. S., der Anspruch auf Lohnzahlung ein Schuldverhältnis i. e. S.

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9
Q

Was ist ein Anspruch?

A

S. hierzu die Legaldefinition in § 194 Abs. 1 BGB: „Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch), unterliegt der Verjährung.“

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10
Q

Was versteht man unter diatonischen bzw. peremptorischen Einreden/Einwendungen?

A

Unter einer dilatorischen Einrede versteht man alle Einreden und Einwendungen, durch die die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs vorübergehend gehemmt wird. Durch die Erhebung der Einwendung wird die Durchsetzung des Gläubigeranspruchs also nur gehemmt, solange die Voraussetzungen für die dilatorische Einwendung vorliegen. Beispiele: §§ 273, 320 BGB. Das Gegenstück hierzu stellt die peremptorische Einrede dar. Hier wird bei erhobener Einrede der Anspruch dauerhaft gehemmt, z. B. bei der Verjährungseinrede, § 214 BGB.

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11
Q

Was ist das Arrestatorium, was ist das Inhibitorium?

A

Diese beiden Begriffe beschreiben die Wirkungen einer Forderungspfändung gemäß § 829 ZPO. Das Arrestatorium ist das an den Drittschuldner gerichtete Verbot, an seinen Gläubiger (also den Vollstreckungsschuldner) auf die Forderung zu leisten. Den Drittschuldner treffen auf diese Weise die Folgen des § 407 BGB. Inhibitorium bezeichnet das Gebot für den Schuldner, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten.

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12
Q

Nenne das Mahngericht in Baden-Würrtemberg!

A

AG Stuttgart

§ 689 ZPO

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13
Q

Definieren Sie den Begriff des Privat- bzw. Zivilrechts!

A

Mit Zivilrecht wird der Zweig des Rechts bezeichnet, der sich mit den Rechtsbeziehungen zwischen den gleichgeordneten Privatpersonen (also den Rechtssubjekten des Privatrechts) beschäftigt. Ein Hoheitsträger kann zwar auch privatrechtlich tätig werden, wenn er bspw. im Rahmen eines Kaufvertrages mit einem privaten Unternehmer dem Vertragspartner auf der Ebene der Gleichordnung begegnet; dann wird der Hoheitsträger aber nicht als solcher tätig. Vgl. auch schon Ulpian: „[…] publicum ius est quod ad statum rei Romanae spectat, privatum quod ad singulorum utilitatem […].“ Frei übersetzt: „Öffentliches Recht ist, was den Zustand des Staates (Rom), Privatrecht, was die Interessen Einzelner betrifft.“

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14
Q

Was versteht man unter “Schlüsselgewalt”?

A

Hierunter versteht man im Familienrecht die durch § 1357 Abs. 1 BGB dem Ehegatten verliehene Rechtsmacht, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Familienbedarfs auch mit Wirkung für den Partner vornehmen zu können. Historisch entstammt der Begriff der Schlüsselgewalt dem Mittelalter. Damals trugen verheiratete Frauen nämlich einen Schlüsselbund um ihren Hals, um zu demonstrieren, dass sie Geschäfte des Alltags verbindlich für ihren Ehegatten abschließen durften.

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15
Q

Was ist der nondum conceptus?

A

Als nondum conceptus bezeichnet man den menschlichen Embryo in der Phase vor der Nidation, also der Einnistung der befruchteten Eizelle in der Gebärmutterschleimhaut. Bereits der nondum conceptus ist partiell rechtsfähig, insbesondere wird er bereits deliktsrechtlich geschützt.

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16
Q

Was ist der nasciturus? Ist dieser erbfähig?

A

Als nasciturus bezeichnet man die Leibesfrucht. Das gezeugte, aber noch ungeborene Kind ist erbfähig, § 1923 Abs. 2 BGB. Die Vorschrift bildet eine Ausnahme zu § 1 BGB.

17
Q

Wie unterscheiden sich “Grundsatz” und “Dogma”?

A

Ein Grundsatz kennt immer Ausnahmen. Keine Ausnahmen kennt das Dogma (z. B. das Dogma der Unantastbarkeit der Menschenwürde).

18
Q

Was ist der Unterschied zwischen einem gerichtlichen Beschluss und einem Urteil?

A

Bei einem Urteil ist eine mündliche Verhandlung regelmäßig vorgesehen. Nur durch besondere Ausnahmeregelungen kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden (z. B. das schriftliche Verfahren im Zivilprozess, vgl. § 128 Abs. 2 ZPO). Bei einem Beschluss verhält es sich genau umgekehrt. Grundsätzlich gibt es keine mündliche Verhandlung. Sofern gesetzlich vorgesehen, kann allerdings eine mündliche Verhandlung auch als Basis für einen Beschluss dienen (vgl. etwa § 926 Abs. 1 ZPO für das Arrestverfahren).

19
Q

Welche Möglichkeiten sieht die ZPO vor um auch in Pandemiezeiten eine Verhandlung ohne Anwesenheit der Beteiligten zu ermöglichen?

A

Nach § 128a ZPO besteht die Möglichkeit, auf Antrag oder vom Amtswegen Verhandlungen im Wege der Bild- und Tonübertragung zu führen. Die Verwaltungsgerichtsordnung sieht mit § 102a VwGO eine deckungsleiche Vorschrift vor.

20
Q

Wo ist der Bundespräsident als Zeuge zu vernehmen?

A

Im Zivilprozess erfolgt die Zeugenvernehmung des Bundespräsidenten gemäß § 375 Abs. 2 ZPO in seiner Wohnung. Diese Vorgabe findet entsprechend gem. § 173 S. 1 VwGO auch im Verwaltungsprozess Anwendung. Das gleiche gilt gemäß § 49 StPO auch im Strafprozess.

21
Q

Welchen Funktionen dient das Schmerzensgeld?

A

Nach dem BGH verfolgt das Schmerzensgeld i. S. d. § 253 Abs. 2 BGB eine doppelte Zielsetzung: es soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden bieten, die nicht vermögensrechtlicher Art sind, und zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung schuldet für das, was er ihm angetan hat. Eine Straffunktion, wie sie im anglo-amerikanischen Recht üblich ist, verfolgt § 253 Abs.2 BGB dagegen nicht.

22
Q

Was ist Interessenjurisprudenz in Abgrenzung zur Begriffsjurisprudenz?

A

Begriffsjurisprudenz meint eine methodenrechtliche Vorgehensweise des 19. Jahrhunderts. Der Begriff als solcher wurde abwertend von Rudolph von Jhering geprägt. Grundlage eines Vorgehens nach der Begriffsjurisprudenz ist die Anwendung vermeintlich logischer Subsumtionsmethoden. Der Wortlaut des Gesetzes stellt demnach ein lückenloses und widerspruchsfreies System dar, welches durch den Rechtsanwender nicht verbogen werden darf. Für eine richterliche Rechtsfortbildung lässt die Begriffsjurisprudenz - auch bei Vorliegen von Wertungswidersprüchen - keinen Raum. Ein solches Vorgehen wurde weitgehend von Georg Friedrich Puchta gefordert. Schlagwortartig fasste dessen Lehrer Savigny die Begriffsjurisprudenz deshalb als ein „Rechnen mit Begriffen“ zusammen.

Im Gegensatz dazu verstehen Verfechter der Interessenjurisprudenz (insbesondere Philipp Heck) jede Rechtsnorm als Wertentscheidung des Gesetzgebers. Um Interessenkonflikte zu beheben, müssen die jeweiligen Wertentscheidungen im Einzelfall miteinander in Ausgleich gebracht werden. Der Rechtsanwender soll somit zunächst ermitteln, welche Interessen sich im jeweiligen Sachverhalt gegenüberstehen. Im Anschluss ist zu erörtern, wie dieser Interessenkonflikt gelöst werden kann. Ein stures Festhalten am Gesetzeswortlaut ist nicht gewollt. Eine richterliche Rechtsfortbildung, Analogien und teleologische Erwägungen sind mithin zulässig.

23
Q

Welche Formen des Notariats gibt es in Deutschland?

A

In etwa zwei Dritteln des Bundesgebietes werden Notare zur hauptberuflichen Notartätigkeit auf Lebenszeit bestellt (sog. Nur-Notariat). Insbesondere im Norden von Deutschland werden hingegen Rechtsanwälte mit mehrjähriger Berufserfahrung und Nachweis einer erforderlichen notarspezifischen Qualifikation zu Notaren bestellt (sog. Anwaltsnotariat). Sie üben diesen Beruf neben dem Anwaltsberuf aus. In Baden-Württemberg bestand die Besonderheit, dass neben hauptberuflichen Notaren und Anwaltsnotaren bis zum Jahr 2018 sog. Staatsnotare im Landesdienst tätig waren.

24
Q

Welcher wichtige Grundsatz gilt im Schuldrecht, nicht hingegen im Sachenrecht?

A

Die Rechte und Pflichten, die sich aus einem Schuldverhältnis ergeben, gelten nur zwischen den Parteien, also relativ (inter partes). Man spricht vom Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse. Im Sachenrecht gilt hingegen das Prinzip der Absolutheit: Die dinglichen Rechte wirken gegenüber jedermann (erga omnes).

25
Q

Gilt der Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse uneingeschränkt?

A

Das Wort „Grundsatz“ impliziert bereits, dass es Ausnahmen gibt. Dies sind insbesondere:

  • der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bzw. der Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB),
  • die Drittschadensliquidation,
  • die Sachwalterhaftung (§ 311 Abs. 3 S. 2 BGB).
26
Q

Nennen Sie die Grundprinzipien des Sachenrechts!

A
  1. Publizität: Wegen ihrer absoluten Wirkung müssen dingliche Rechte an Sachen und vor allem Änderungen der dinglichen Rechtslage - im Interesse der Rechtsklarheit und des Verkehrsschutzes - für jedermann sichtbar, also offenkundig sein. Publizitätsträger sind der Besitz und das Grundbuch.
  2. Absolutheit: Die dinglichen Rechte wirken gegenüber jedermann. Im Gegensatz dazu wirken Schuldverhältnisse relativ.
  3. Spezialitätsgrundsatz: Nach diesem Grundsatz sind dingliche Rechte und Verfügungen nur in Bezug auf individuell bestimmte Sachen möglich.
  4. Typenzwang: Das Gesetz bestimmt die möglichen dinglichen Rechte abschließend und schreibt den Inhalt dieser Rechte zwingend vor. Weil Sachenrechte absolut wirken, gebietet dies die Rechtssicherheit und die Praktikabilität. Abweichungen vom Typenzwang sind nur durch schuldrechtliche Modifikationen bestehender Sachenrechte möglich, wie etwa bei den Rechtsinstituten des Sicherungseigentums, der Anwartschaft und der Sicherungsgrundschuld.
  5. Abstraktions- und Trennungsprinzip: Das dingliche Rechtsgeschäft (z. B. die Übereignung nach § 929 ff. BGB) dient der Erfüllung des zugrunde liegenden schuldrechtlichen Geschäfts (z. B. des Kaufvertrags nach § 433 BGB) und ist ein gesondertes Rechtsgeschäft (Trennungsprinzip) und in seiner Geltung von dem schuldrechtlichen Rechtsgeschäft unabhängig (Abstraktionsprinzip).
27
Q

Was ist der Unterschied zwischen petitorischen und possessorischem Besitzschutz?

A

Der possessorische Besitzschutz nach § 861 BGB i. V. m. §§ 862 und 867 BGB stellt ausschließlich auf den faktischen Besitz ab, er ist also von einem Besitzrecht unabhängig. Der petitorische Besitzschutz nach § 1007 Abs. 1, Abs. 2 BGB leitet sich hingegen aus dem Recht zum Besitz ab (lat. petitio = Forderung, Ersuchen).

28
Q

Warum ist die praktische Bedeutung des Sachpfands nach §§ 1204 ff BGB gering?

A

Für die Bestellung eines Sachpfandes nach § 1205 BGB ist eine Übergabe der zu pfändenden Sache erforderlich. Dies setzt eine völlige Besitzaufgabe auf Verpfänderseite voraus. Wenn aber der Verpfänder die Sache, die verpfändet werden soll, selbst benötigt, um Umsatz/Gewinn zu generieren (z. B. Maschinen in einem Produktionsbetrieb), kommt eine Verpfändung nicht in Betracht. Eine Sicherungsübereignung nach §§ 929, 930 BGB ist in derartigen Fällen zielführender, da der Sicherungsgeber die Sache behalten und weiterhin wirtschaftlich nutzen kann.

29
Q

Können Forderungen gutgläubig erworben werden?

A

Der gutgläubige Erwerb einer Forderung ist grundsätzlich nicht möglich. Anders als beim gutgläubigen Eigentumserwerb an einer Sache fehlt es an einem Rechtsscheinträger und damit an einem Anknüpfungspunkt für den Gutglaubensschutz. Beim gutgläubigen Erwerb im Mobiliarsachenrecht nach den §§ 932 ff. BGB liegt der Rechtsscheinträger im Besitz, beim gutgläubigen Erwerb im Immobiliarsachenrecht nach § 892 BGB im Grundbuch.

Es gibt jedoch eine Ausnahme von diesem Grundsatz: Wenn eine Urkunde über eine Forderung ausgestellt wurde, besteht ein Rechtsscheinträger, sodass sie gutgläubig im Rahmen der engen Grenzen des § 405 BGB erworben werden kann.

30
Q

Grundsätzlich wirkt die Anfechtung nach § 142 Abs. 1 BGB „von Anfang an“, also rückwirkend (ex tunc). Gibt es Fälle, bei denen von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht wird?

A

Die Anfechtung kann ausnahmsweise ex nunc, also nur für die Zukunft wirken, wenn ein Dauerschuldverhältnis bereits in Vollzug gesetzt wurde, so insbesondere bei Arbeits- und Gesellschaftsverträgen (Lehre vom fehlerhaften Arbeits- bzw. Gesellschaftsverhältnis). Diese Ausnahme wird damit begründet, dass bei einer Rückwirkung der Anfechtung die Interessen Dritter unbillig beeinträchtigt würden und es zu Rückabwicklungsschwierigkeiten käme. Jedoch kann hieraus nicht abgeleitet werden, dass bei allen in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen eine ex nunc-Wirkung anzunehmen wäre. So gilt dies z. B. nicht bei der Anfechtung von Mietverträgen. Auch in Fällen der arglistigen Täuschung und zulasten Minderjähriger findet die Ausnahme keine Anwendung.

31
Q

Muss eine Mietminderung durch eine Erklärung herbeigeführt werden?

A

Anders als im Kauf- und Werkvertragsrecht (§ 437 Nr. 2 Var. 2 BGB und § 634 Nr. 3 Var. 2 BGB) erfolgt die Minderung im Mietrecht nach § 536 Abs. 1 BGB nicht durch Willenserklärung sondern kraft Gesetzes (ipso iure). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift („ist der Mieter […] von der Entrichtung der Miete befreit“). Die Minderung im Mietrecht stellt damit kein Gestaltungsrecht, sondern eine rechtsvernichtende Einwendung dar.

32
Q

Welche Elemente dienen bei der Störung der Geschäftsgrundlage zu der Bestimmung, ob eine Vertragsanpassung verlangt werden kann? Von welchem Grundsatz wird eine Ausnahme gemacht?

A

Als Geschäftsgrundlage werden Umstände bezeichnet, von deren Vorliegen die Parteien bei Vertragsschluss ausgegangen sind, die aber nicht Vertragsbestandteil geworden sind. § 313 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass diese Umstände sich schwerwiegend verändert haben (reales Element), dass die Parteien bei Kenntnis davon den Vertrag nicht (so) geschlossen hätten (hypothetisches Element) und dass ein Festhalten am unveränderten Vertrag einer Partei nicht zugemutet werden kann (normatives Element). Im Rahmen des normativen Elementes ist dann insbesondere zu berücksichtigen, wie die Risikoverteilung des Vertrages im konkreten Fall ausgestaltet ist, ob bspw. ein gewerblicher Mieter das Risiko tragen muss während einer Pandemie sein Geschäft nicht betreiben zu können.

Unter den besonderen Voraussetzungen des § 313 BGB wird damit eine Ausnahme vom Grundsatz pacta sunt servanda gemacht. Als gesetzliche Manifestation allgemeiner Billigkeitserwägungen ist die Störung der Geschäftsgrundlage subsidiär zu speziellen Regelungen zu behandeln.