Häufige Fragen im Öffentlichen Recht Flashcards
Beschreiben Sie die wesentlichen Charakteristika des deutschen Wahlsystems auf Bundesebene!
In Deutschland findet das sog. personalisierte Verhältniswahlrecht Anwendung. Dieses System enthält Elemente der Mehrheitswahl und der Verhältniswahl. Bei einer Verhältniswahl bildet die Zusammensetzung des Parlaments den jeweiligen Stimmenanteil ab. Der Wähler kann dabei regelmäßig nur für eine bestimmte Liste/Partei stimmen, die dann so viele Sitze erhält, wie es ihrem Anteil an den Gesamtstimmen entspricht. Dieser Aspekt wird in Deutschland bei der Bundestagswahl durch die Zweitstimme realisiert. Die Zweitstimme ist also eigentlich „wichtiger“ als die Erststimme.
Den Gegenbegriff zur Verhältniswahl bildet das System der Mehrheitswahl, welches etwa in England gilt. Dort wählt man nach Wahlkreisen einen Direktkandidaten. Es gilt also das Prinzip „the winner takes it all“, denn der zweitplatzierte Kandidat zieht nicht ins Parlament ein. Das deutsche Wahlrecht enthält mit der Erststimme einen Aspekt der Direktwahl/Mehrheitswahl.
Was sind sog. Überhang- und Ausgleichsmandate? Was versteht man unter dem Effekt des negativen Stimmgewichts?
Sofern eine Partei über die Direktwahl (Erststimmen) mehr Wahlkreise „zieht“ und damit mehr Sitze erhält als ihr eigentlich nach der Verhältniswahl (d. h. ihrem prozentualen Anteil an Zweitstimmen) zustünden, werden Überhangmandate gebildet. Somit können die Erststimmen im Einzelfall durchaus ausschlaggebend sein. Die bisherige Ausgestaltung der Regelungen des Bundeswahlgesetzes zu den Überhangmandaten war insofern verfassungswidrig, als in bestimmten Sonderkonstellationen der „Effekt des negativen Stimmgewichts“ aufkommen kann. S. hierzu BVerfG, JuS 2008, 1112: „§ 7 Abs. 3 S. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 4 und 5 des Bundeswahlgesetzes verletzt die Grundsätze der Gleichheit und der Unmittelbarkeit der Wahl, soweit hierdurch ermöglicht wird, dass ein Zuwachs an Zweitstimmen zu einem Verlust an Sitzen der Landeslisten oder ein Verlust an Zweitstimmen zu einem Zuwachs an Sitzen der Landeslisten führen kann.“ Im September 2011 hat der Bundestag daher eine Reform des Wahlrechts verabschiedet, aber auch gegen diese Neufassung wurde bereits erfolgreich Verfassungsbeschwerde eingelegt (hierzu BVerfG, NVwZ 2012, 1101). Im Oktober 2012 haben sich daraufhin die Bundesparteien auf eine erneute Reform geeinigt, die nun seit Mai 2013 in Kraft ist (Stand: Mai 2020). Die Reform kann u. a. zu einer erheblichen Vergrößerung des Bundestages durch sog. Ausgleichsmandate (vgl. § 6 BWahlG n. F.) führen. Durch die Ausgleichsmandate werden die durch Überhangmandate bewirkten Verzerrungen entsprechend dem Zweitstimmenanteil ausgeglichen. Der aktuelle 20. Bundestag (seit Oktober 2021) hat 736 Abgeordnete
Was sind die Voraussetzungen dafür, ein Staat zu sein?
Nach der Drei-Elemente-Lehre Georg Jellineks bedarf es dazu eines Staatsgebiets, eines Staatsvolks und einer effektiven Staatsgewalt (Souveränität).
Wie ist die Landesverwaltung aufgebaut?
Zunächst ist zwischen mittelbarer und unmittelbarer Staatsverwaltung zu differenzieren: Um mittelbare Staatsverwaltung handelt es sich, wenn der Staat Verwaltungsaufgaben nicht selbst durch seine Behörden, sondern durch Dritte wahrnehmen lässt (beispielsweise durch Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts) und diese mit Selbstverwaltung ausstattet. Ebenfalls ein Fall der mittelbaren Staatsverwaltung ist die Beleihung.
Wenn der Staat hingegen selbst durch seine Behörden handelt, spricht man von unmittelbarer Staatsverwaltung. Die Behörden gliedern sich (in hierarchischer Reihenfolge) auf in (s. etwa §§ 2 ff. LOG NRW):
- Oberste Landesbehörden, z. B. die Ministerien (bzw. genauer: der/die Minister/in)
- Landesoberbehörden, z. B. das LKA
- Landesmittelbehörden, z. B. die Bezirksregierung
- Untere Landesbehörden, z. B. Kreispolizeibehörden, Landrat „als untere Landesbehörde“.
Steht dem Bundespräsidenten bei der Ausfertigung von Gesetzen ein formelles Prüfungsrecht zu?
Da Art. 82 GG den Präsidenten dazu verpflichtet, die „nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen“ Gesetze auszufertigen, wird ihm allgemein ein formelles Prüfungsrecht zugebilligt.
Hat der Präsident die Kompetenz, die materielle Rechtmäßigkeit eines Gesetzes zu prüfen?
Die Antwort kann sich nur aus den Vorschriften der Verfassung ergeben. Art. 82 GG bezieht sich systematisch und auch dem Wortlaut nach nur auf das Verfahren und gibt damit keine Antwort. Auch die historisch schwächere Position im Gegensatz zum Reichspräsidenten nach der WRV und der Amtseid nach Art. 56 GG sind letztlich Zirkelschlussargumente. Für ein Prüfungsrecht spricht die Bindung des Präsidenten an das GG über Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG. Die wohl h. M. sieht das materielle Prüfungsrecht des Bundespräsidenten allerdings auf evidente Verfassungsverstöße beschränkt.
Woraus setzt sich der Rat der Europäischen Union zusammen?
Aus den Regierungen der Mitgliedstaaten. Daher wird er auch Ministerrat genannt.
Wo ist der Sitz der Kommission, des Europäischen Parlaments, des Rates der EU/Mindisterrates und der Europäischen Zentralbank?
- Kommission: Brüssel
- Europäisches Parlament: Strasbourg (Hauptsitz), Brüssel und Luxemburg
- Rat der EU/Ministerrat: Brüssel und Luxemburg
- Europäische Zentralbank: Frankfurt a. M.
Was sind Bundesoberbehörden?
Bundesoberbehörden sind solche Behörden, die einem Bundesministerium unmittelbar nachgeordnet sind, selbst aber in der Regel keine unter ihnen stehenden Behörden haben. Beispiele sind das Bundeskriminalamt, die Bundesnetzagentur, das Bundesversicherungsamt und der Bundesnachrichtendienst. Im Kontext der Corona-Pandemie ist ferner das Robert-Koch-Institut zu nennen.
Was ist die Bundesversammlung?
Die Bundesversammlung ist ein Verfassungsorgan, dessen einzige Aufgabe es ist, den Bundespräsidenten zu wählen. Die Wahl regeln Art. 54 GG und das Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung. Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern des Bundestages (als sog. geborene Mitglieder) und einer gleichen Zahl von gekorenen Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder (Landtag, Abgeordnetenhaus, Bürgerschaft) gewählt werden. Die Bundesversammlung ist damit die größte parlamentarische Versammlung der Bundesrepublik Deutschland.
Was ist eine Republik? Ist jede Republik notwendig demokratisch?
Eine Republik (von lat. res publica = „öffentliche Angelegenheit“) ist eine Staatsform, bei der das Staatsvolk höchste Gewalt des Staates und oberste Quelle der Legitimität ist. Sie wird heute regelmäßig als Gegenbegriff zur Monarchie verwandt. In der Antike aber schlossen sich Republik und Monarchie noch nicht aus, sondern nur Republik und Tyrannis. Erst im Zuge der französischen Revolution hat sich unser heutiges Verständnis des Begriffs herauskristallisiert. Die Staatsform der Republik zieht nicht zwingend eine bestimmte Regierungsform oder demokratische Strukturen mit sich. So gibt es etwa auch die Volksrepublik (häufig Diktatur des Proletariats), die Räterepublik, die aristokratische Republik oder die diktatorische Republik. Der Begriff Republik bezeichnet also - als Gegensatz zur Monarchie - lediglich eine Staatsform, in der das Staatsoberhaupt nicht dynastisch, sondern über das Staatsvolk legitimiert ist; dagegen bezeichnet eine Demokratie als Gegensatz zur Diktatur ein System, in dem auch die tatsächliche Staatsgewalt vom Volk ausgeht und politische Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip getroffen werden.
Was ist ein Staatenbund?
Beim Staatenbund besitzen nur die einzelnen Staaten Staatsqualität, nicht aber der Staatenbund selbst. Ein Beispiel ist etwa der Zusammenschluss der Vereinten Nationen (UN).
Enthält des Grundgesetz eine Entscheidung zugunsten der sozialen Marktwirtschaft?
Nach wohl h. M. und Ansicht des BVerfG ist das Grundgesetz (anders als z. B. noch die WRV) wirtschaftspolitisch neutral. Nach Ansicht des BVerfG ist die soziale Marktwirtschaft zwar eine mit dem GG konforme Wirtschaftsordnung, keineswegs aber die einzig mögliche. Die Einzelbestimmungen des GG dürften allerdings die Extrempositionen reiner Zentralverwaltungswirtschaft wie etwa in der DDR einerseits (wegen Art. 2, 9, 11, 12 und vor allem Art. 14 Abs. 1 GG) und völlig schrankenlose, reine Marktwirtschaft andererseits (insb. wegen des Sozialstaatsgebots, Art. 20, 28 GG) ausschließen. Nach Art. 15 GG, der bisher noch nie angewendet wurde, besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit einer Verstaatlichung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln.
Was versteht man unter dem sog. Parteienprivileg?
Parteien genießen im Gegensatz zu sonstigen Vereinigungen gemäß Art. 21 GG besondere Rechte. Insbesondere kann gemäß Art. 21 Abs. 2 S. 2 GG nur das BVerfG über die Verfassungswidrigkeit einer Partei entscheiden. Bei sonstigen Vereinigungen kann dies auch ein Innenminister.
Welche Verfassungsprinzipien bilden die Grundlage der Bundesrepublik Deutschland?
Bundesstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG); Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 GG); Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG); Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG); Republikanische Verfassung (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG).
Handelt es sich bei Auflagen i. S. d. § 15 VersG um Auflagen und damit Nebenbestimmungen i. S. d. § 36 VwVfG?
Nein, es handelt sich bei Auflagen nach § 15 VersG um eigenständige Verwaltungsakte. Da eine Versammlung nicht genehmigungs-, sondern nur anmeldepflichtig ist, ergeht kein genehmigender Verwaltungsakt, so dass folglich auch keine Genehmigung unter Auflage erteilt werden könnte.
Wie grenzt man eine Zusicherung von einer bloßen Auskunft ab?
Eine Zusicherung nach § 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG liegt dann vor, wenn sich eine Behörde verbindlich verpflichtet hat, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen oder zu unterlassen. Ob ein hinreichender Rechtsbindungswille vorliegt, ermittelt sich analog §§ 133, 157 BGB. Abzugrenzen ist eine Zusicherung von einer bloßen Auskunft ohne verbindlichen Inhalt. Einer solchen Erklärung fehlt der behördliche Wille zur Selbstverpflichtung und sie stellt damit nur eine informative Mitteilung über bestimmte Umstände oder rechtliche Verhältnisse dar.
Woraus leitet sich der allgemeine öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch dogmatisch ab?
Das Rechtsinstitut ist gewohnheitsrechtlich anerkannt. Zur Begründung herangezogen werden der Rechtsgedanke der §§ 1004, 12, 862 BGB analog, Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip) oder die Abwehrfunktion der Grundrechte.