Grundlagen der Emotionspsychologie Flashcards
Was sind Emotionen nach Reisenzein & Horstmann (2018)?
- bewusste, episodische Zustände
- ausgelöst durch Wahrnehmung von oder Gedanken an bestimmte Objekte und Ereignisse
- charakteristische Erlebnisqualität und Objektgerichtetheit
- emotionsspezifischen peripher-physiologischen Veränderungen, Ausdrucksreaktionen und Handlungen begleitet
- Zustände, die Ausdruck auf subjektiver, physiologischer und behavioraler Ebene finden
Was sind Emotionen nach Levenson (1994)?
Emotionen sind kurzlebige, psychologisch-physiologische Phänomene, die einen effizienten Weg der Anpassung an sich verändernde Umgebungsbedingungen darstellen
Wie grenzt Levenson (1994) Emtotionen von Stimmungen ab?
- ausgedehnt vs. kurzlebig
- Stimmungen weniger intensiv
- Emotion auf konkretes Objekt oder Ereignis bezogen
Wie hängen Motivation und Emotionen zusammen?
- Emotion als Art Motiv, das Verhalten antreibt, ausrichtet und aufrechterhält
- Emotion als Ausdruck oder Resultat eines motivationalen Zustands sowie als mögliches Warnsignal im Handlungsverlauf
Wie lassen sich verschiedene Emotionen untereinander einordnen?
- dimensional
- kategorial
Beschreibe die diemensionale Einordnung von Emotionen
Emotionen lassen sich bezüglich quantitativer Ausprägung auf Dimensionen einordnen
Beschreibe die diemensionale Einordnung von Emotionen
inhaltliche Abgrenzung qualitativ unterschiedlicher Emotionen
Dimensionale Emotionskonzeption: Erkläre das Modell von Wundt (1905)
- Drei bipolare Gefühlsdimensionen postuliert:
– Lust-Unlust
– Erregung-Beruhigung
– Spannung-Lösung - Zusätzlich: Zeitdimension (Gefühle können sich entlang der drei Dimensionen über die Zeit hinweg ändern)
Dimensionale Emotionskonzeption: Erkläre das Circumplex-Modell des Affekts (Russel, 1980)
Kategoriale Emotionskonzeption: Was ist mit Basisemotionen gemeint?
Basisemotionen (Primäremotionen): Emotionen, die hinsichtlich des mimischen Ausdrucks universell sind und daher kulturübergreifend gezeigt und verstanden werden
Wodurch werden Emotionen ausgelöst?
- Außergewöhnliche, aber auch alltägliche Ereignisse: Interaktion mit anderen Menschen besonders bedeutsam
- Emotionen durch Gedanken, Substanzen (Nahrungsmittel, Drogen) oder Tätigkeiten (Sport) herbeiführbar
- Emotionen insbesondere durch Substanzen ausgelöst, die in Dopaminstoffwechsel eingreifen
Beschreibe die Komponenten von Emotionen und deren Messbarkeit
- Subjektive Erlebniskomponente (nicht objektiv messbar)
- Physiologische Komponente (objektiv messbar)
- Verhaltenskomponente, inkl. Bewegung und Gesichtsausdruck
- nicht zwingend zusammen auftretend („Pokerface“)
Nenne Experimentelle Methoden zur Emotionsinduktion
- Filmausschnitte
- Bilder
- Musik
- Imagination oder Erinnerung eigener emotionaler Erlebnisse
- Nachstellen von Gesichtsausdrücken
- Experimentelle Situationen (z.B. Provokation, Geschenk)
Wie lässt sich bei Emotionen das subjektive Erleben messen?
- Fragebogenverfahren im Selbstbericht
- Dimensionaler Ansatz: z.B.
– positiver vs. negativer Affekt (PANAS)
– semantisches Differential (emotionale Bewertung von Begriffen/Sachverhalten)
– Self-Assessment Manikin (sprachfreie Erfassung von Valenz, Erregung, Dominanz) - Kategoriale Messung: Erfassung spezifischer Emotionen, z.B.
– Differential Emotions Scale
Nenne Problem von Fragebögen bei der Erfassung von subjektivem Erleben bei Emotionen
- soziale Erwünschtheit (schlecht fühlen?)
- evtl. begrenzte Fähigkeit, eigenen Zustand wahrzunehmen/zuzuordnen
Wie lassen sich bei der Messung von Emotionen Verhaltensmaße (Ausdrucksmaße) messen?
- Stimmlicher Ausdruck (z.B. Lautstärke, Tonhöhe)
- Mimik
– standardisierte Auswertung im „facial coding system“ (Ekman)
– Elektromyographie (EMG)
Wie lassen sich bei der Messung von Emotionen die Physiologische Maße messen?
- Autonomes Nervensystem (z.B. Herzrate, Hautleitfähigkeit)
- Zentrales Nervensystem (Hirnaktivität -> EEG, fMRT, PET)
- Schreckreflex
Was wäre, wenn wir keine Emotionen hätten?
- Unfähigkeit, Emotionen bei anderen zu erkennen -> antisoziales Verhalten
- Ohne Emotion, Verhaltensregulation und Entscheidungsverhalten stark beeinträchtigt
- Gegenstück: emotionale Intelligenz
– mit Erfolg in verschiedensten Lebensbereichen assoziiert
Welche Funktionen haben Emotionen?
- Überlebensfunktion (Coping)
- Soziale Funktion (Kommunikation)
- Soziale Koordination
Beschreibe Überlebensfunktion (Coping) von Emotionen
- Leiten motiviertes Verhalten („positive“ Emotion erreichen,
„negative“ Emotion vermeiden) - Physiologische Emotionskomponente bereitet schnell auf Anpassungsreaktion vor („fight-or-flight“) -> Verhaltensvorbereitung
- Emotionen regulieren Handlungen und Ziele, bewirken als Rückmeldung über aktuellen Zustand Handlungsanpassung
- „Positive“ Emotionen (z.B. Freude) erweitern Gedanken und Aufmerksamkeit, ermöglichen so Aufbau von Fähigkeiten
Beschreibe Soziale Funktion (Kommunikation) von Emotionen
- Kommunikation des eigenen emotionalen/motivationalen Zustands
an andere
-> Anzeige von Verhaltensintentionen
-> Förderung sozialer Interaktionen - Anderen die eigene Situationsbewertung mitteilen
- Anzeige von Beziehungen (anstreben vs. beenden)
Beschriebe die Funktion Soziale Koordination von Emotionen
- Emotionen können Gruppenkohäsion bewirken
- Grenzen akzeptablen Verhaltens definieren
- Emotionen strukturieren Gruppen und ermöglichen kollektives Handeln
Soziale Funktionen von Emotionen erfordern wahrnehmbaren Emotionsausdruck
Wie beschäftigte man sich in der Antike mit Emotionen?
Leib-Seele-Problem (moderne Emotionspsychologie: „kognitives vs. biologisches“ System)
Wie beschäftigten sich Stoiker mit Emotionen?
Affekte laufen Vernunft zuwider und müssen unterdrückt werden (Ausnahmen: Freude, Vorsicht)
Wie beschäftigten sich Descartes/Kant mit Emotionen?
Affekte beeinflussen Handlungsplanung und – steuerung
Nenne Ansätze der Emotionsforschung
- Evolutionstheoretisch
- Lerntheoretisch
- Biologisch
- Einschätzungs-/Bewertungstheoretisch
- Konstruktivistisch
- Sozio-kulturell
Beschreibe den Evolutionstheoretischen Ansatz der Emotionsforschung
Welchen Wert haben Emotionen für das Überleben?
* Darwin:
- mimischer Emotionsausdruck phylogenetisch entwickelt
und verschafft Spezies Überlebensvorteil
- positive und negative Emotionen an Verhaltensweisen
- gekoppelt, die Überleben fördern bzw. gefährden
Folglich sollten bestimmte Emotionen bei allen Menschen vorhanden sein
Beschreibe den Evolutionstheoretischen Ansatz: Basisemotionen
- Universalität verschiedener Emotionen: Ekman (1972) postuliert Basisemotionen
– angeborene, körperliche Zustände, die durch Signalreize automatisch ausgelöst werden
– Begrenzte Anzahl kulturübergreifender, im Ausdruck gleichartiger Emotionen
Nenne Kriterien für Basisemotionen
- universeller Ausdruck
- diskrete physiologische Signatur
- vorhanden bei anderen Primaten
- automatische Umgebungsbewertung
Nenne die Sechs Basisemotionen nach Ekman
Trauer, Freude, Ekel, Ärger, Furcht, Überraschung
Beschreibe den Evolutionstheoretischen Ansatz: Affektprogramm der Emotionsforschung
- Affektprogramm: angeborene, neuronale Reaktion auf bestimmte Reize
- Affektprogramm triggert alle Emotionskomponenten
- Affektprogramm distinkt für jede Basisemotion
Beschreibe den Behavioristische-lerntheoretischen Ansatz der Emotionsforschung
- Angenommen, dass Emotionen durch klassische und instrumentelle Konditionierungsprozesse erworben werden
- Siehe z.B. Studie mit „little Albert“, Furchtkonditionierung, Zweifaktorentheorie
Nenne Kritik zum Behavioristisch-lerntheoretischen Ansatz der Emotionsforschung
- Assoziation mit Stimulus, nicht Emotion selbst gelernt!
- Konditionierung setzt voraus, dass Emotion bereits
besteht (z.B. als UCR)
Nenne Neuro- und psychophysiologische Ansätze zur Emotionsforschung
- Biologische Aspekte von Emotionen sind insbesondere:
– Aktivierung des autonomen und endokrinen Systems
– Aktivierung subkortikaler (und kortikaler) Hirnstrukturen
– Muster der Gesichtsmuskulatur (facial feedback)
Beschriebe die James-Lange-Theorie
- Physiologische Reaktionen (Zittern, Schwitzen etc.) nicht Folge, sondern Ursache von Emotionen
- Annahme, dass Körper auf Emotions-auslösende Reize jeweils einzigartige Reaktion zeigt („Emotionsspezifität“)
- Bewusste Empfindung = körperliche Reaktion
- Körperliche Reaktion hinreichend und notwendig für Emotion
Nenne Kritik an der James-Lange-Theorie
- Worcester (1893): zwischen Reiz und Emotion sei Bewertungsprozess anzunehmen
- Cannon (1927)
– körperliche Reaktion nicht notwendig, denn wenn Cranialnerven durchtrennt, trotzdem Emotion
– periphere Reaktion dauert zu lange, um notwendig für Emotionen zu sein
– nicht jeder spezifischen Reaktion ein spezifisches Reaktionsmuster zuordenbar
– evozierte körperliche Reaktionen (z.B. durch Adrenalin) führen nicht zu spezifischer Emotion
Beschreibe die heutige Bewertung der James-Lange-Theorie
- Hinweise für emotionsspezifische physiologische Reaktionsmuster (Ekel, Ärger, Furcht, Trauer), aber nicht für alle Emotionen belegt
- Physiologische Reaktion wohl nicht als direkte Ursache der Emotion, stützt und verstärkt jedoch adaptive Reaktionen (z.B. Kampf-Flucht)
- Physiologische Reaktion stützt emotionales Erleben
Beschreibe Cannons Theorie zur Emotionsforschung
- physiologische Reaktion eher emotionsunspezifisch
- Emotionen nicht peripherphysiologischen, sondern zentralnervösen
Prozessen (Thalamus) zugeordnet - Unterscheidung subkortikaler (rudimentär) und kortikaler (bewusst) Pfade der Emotionserkennung
Nenne Kritik an Cannons Theorie
identifizierte neuronale Loki überholt
Beschreibe die Facial Feedback Hypothese der Emotionsforschung
- Emotionen als propriozeptives Feedback von der Gesichtsmuskulatur
- Starke Version: Aktivierung einer Emotion durch Manipulation der
Gesichtsmuskulatur (Ursache!) -> empirische Evidenz gemischt - Abgeschwächte Version: Rückmeldung von Gesichtsmuskulatur moduliert die Intensität einer Emotion -> empirisch eher gestützt
Beschreibe die Strudie von Strack et al. (1988)
- VPN schauten Cartoons während sie einen Stift hielten (neutral), einen Stift zwischen den Lippen (hemmend) oder den Zähnen (aktivierend) hielten
- Replizierbarkeit des Effekts kürzlich in Frage gestellt!
Beschreibe die Emotionstheorie (Furchttheorie) von LeDoux
- Schlüsselstruktur für Furcht nicht Thalamus, sondern Amygdala
- Ebenfalls subkortikalen („quick&dirty“) und kortikalen Pfad unterschieden
- Für bewusstes Emotionserleben, dorsolateraler Präfrontalcortex zentral
Beschreibe Schachters kognitiv-physiologische Emotionstheorie (1964)
- Emotion entsteht durch physiologische Erregung, die kausal auf bestimmte Situation zurückgeführt wird (-> kognitive Komponente)
– Bindeglied zwischen biologischen und kognitiven Emotionstheorien - Körperliche Erregung notwendig für Emotion, jedoch unspezifisch
- Zwei Arten von Kognitionen:
(i) Situation emotionsrelevant?
(ii) Körperempfindung durch Situation
verursacht?
Beschreibe das Experiment von Schachter & Singer (1962)
- 4 Gruppen:
– Placebo
– Adrenalin – informiert (Erregung durch Injektion erklärt)
– Adrenalin – keine Information
– Adrenalin – Fehlinformation - Wartephase mit vermeintlicher anderer Versuchsperson: „andere Versuchsperson“ verhielt sich euphorisch oder verärgert
Beschreibe das Ergebnis des Experiments von Schachter & Singer (1962)
- Personen, die keine andere Erklärung für körperliche Erregung (durch Adrenalin) hatten, berichteten auch häufiger Gefühle der Euphorie, wenn sie mit euphorischer Person warteten
- Beachten!:
– Effekt nicht für Ärgersituation gefunden Vergleich zur Placebo-Gruppe nicht signifikant!
Beschreibe dir Kognitiven Bewertungstheorien
- Einschätzung/Bewertung (appraisal) der Situation für Emotion entscheidend
- Appraisal: Prozesse der Bewertung der Bedeutsamkeit von Ereignissen bzgl. eigener Bedürfnisse, Ziele und Bewältigungsmöglichkeiten
- Appraisal ist veränderbar (wichtig für Psychotherapie!)
Welche zentralen Annahmen haben die kognitiven Bewertungstheorien?
- Keine Emotion ohne vorhergehende Bewertung der Situation
- Die Bewertung, nicht die Situation selbst, löst die Emotion aus
- Emotion als Prozess
- Wenn sich die Bewertung ändert, ändert sich die Emotion (auch bei gleichbleibender Situation)
Beschreibe dei Einschätzungstheorie der Emotion (Arnold, 1960)
- Wahrnehmung -> Einschätzung (Appraisal)
– Ereignisse und Objekte sehr schnell als bedrohlich oder förderlich
eingeschätzt - Einschätzung (Appraisal) -> Emotion
– Nach Einschätzung folgt unmittelbar und automatisch liking vs. disliking des Objekts (= Emotion) - Emotion -> Handlung
– Liking generiert Annäherungstendenz, disliking generiert Vermeidungstendenz
Beschreibe die Bewertungstheorie von Lazarus (1968)
- Primäre Bewertung (primary appraisal):
Ist die Situation für mich relevant (bezogen u.a. auf Gesundheit,
Selbstwert, Wohlbefinden wichtiger Anderer, eigene Ziele und Güter)?
– irrelevant vs. positiv vs. negativ
– motivationaler Charakter -> Relevanz ergibt sich aus eigenen Motiven - Sekundäre Bewertung (secondary appraisal):
Habe ich Ressourcen zur Bewältigung der Situation (coping)?
– ja vs. nein vs. unsiche
Was können kognitive Bewertungstheorien erklären?
Bewertungstheorien können erklären, wie in einer Situation unterschiedliche Emotionen entstehen können (inkl. interindividuellen Unterschieden) -> können rein peripherphysiologische Ansätze nicht
Warum können kognitive Bewertungstheorien Emotionen nicht hinreichend erklären?
- neben Bewertung andere Beiträge zu Emotion (z.B. Arousal)
- Bewertungen modulieren Emotionen eher (keine Ursache)
- Bewertungsmuster für verschiedene Emotionen teilweise überlappend
- Bewertungs-spezifische Emotionen abhängig von Entwicklungsstand
- Emotionswissen und Kausalattributionen bedeutsam
Nenne weitere Faktoren, die über die Bewertung von Emotionen hinausgehen und diese Beeinflussen
- Emotionswissen
– Fähigkeit, emotionales Empfinden in diskrete Kategorien und
Schattierungen aufzuteilen (Ärger -> Zorn, Rache, Feindseligkeit)
– Abhängig vom Entwicklungsstand (Kinder unterscheiden nur Basisemotionen) - Attributionen
– Ursachenzuschreibung für Ergebnis neben Valenz entscheidend
Nenne Kritik an den Kognitiven Bewertungstheorien
- affektive Prozesse häufig deutlich schneller als kognitive Prozesse
- Emotionen auch durch unbewusste Reize ausgelöst
Arnold/Lazarus: Bewertungen können sowohl bewusst als auch unbewusst (automatisch) sein
- siehe subkortikale vs. kortikale Verarbeitung im Modell von LeDoux