7 - Gedächtnis Flashcards
Was ist Gedächtnis?
- ermöglicht, Informationen zu entschlüsseln, zu speichern und abzurufen
- Gedächtnis als Form der Informationsverarbeitung
Funktionen des Gedächtnisses
- Eine der wichtigsten: Ermöglichung des Zugangs zur eigenen und zur kollektiven Vergangenheit
- Herstellung von Kontinuität der Erfahrungen
Expliziter Zugriff auf Gedächtnis
bei bewusster Anstrengung, um Information abzurufen
Impliziter Zugriff auf Gedächtnis
Abrufen von Info ohne bewusstes Bemühen
Erstmalige Aneignung von Gedächtnisinhalten: implizit oder explizit?
sowohl implizit (unbewusst wahrnehmen) als auch explizit (bewusst einprägen)
Auf welche Form der Aneignung bezieht sich die Gedächtnisfoschung?
- Frühe Gedächtnisforschung bezog sich meist auf explizite Aneignung von Informationen
- Mittlerweile auch Methoden um implizites Gedächtnis zu erforschen
Wird das Gedächtnis öfter implizit oder explizit gebraucht?
Meist Mischung aus implizitem und explizitem Gebrauch des Gedächtnisses
Deklaratives Gedächtnis
Erinnern von Fakten und Ereignissen (implizit und explizit)
Prozedurales Gedächtnis
Erinnern, wie Dinge getan werden
Beispiel Telefonnummer
- Durch Liste deklarativer Fakten durcharbeiten (erst 2, dann 7, …)
- Production compilation: mentale Anweisungen, aus denen eine Handlung hervorgeht, werden zusammengefügt (schnelle Folge von Handlungen auf Nummernblock des Telefons)
a. Ausführen längerer Handlungssequenzen, ohne das Bewusstsein eingreift oder sich anstrengen muss
b. Inhalte nicht bewusst verfügbar (um sich an Nummer zu erinnern, wählen nachahmen)
c. Trade-off zwischen Effizienz und potenziellen Fehlern
production compilation
mentale Anweisungen, aus denen eine Handlung hervorgeht, werden zusammengefügt (schnelle Folge von Handlungen auf Nummernblock des Telefons)
- Ausführen längerer Handlungssequenzen, ohne das Bewusstsein eingreift oder sich anstrengen muss
- Inhalte nicht bewusst verfügbar (um sich an Nummer zu erinnern, wählen nachahmen)
- Trade-off zwischen Effizienz und potenziellen Fehlern
Enkodierung
erster Informationsverarbeitungsprozess, führt zu mentaler Repräsentation im Gedächtnis
Speicherung
Aufrechterhalten von enkodierter Information über gewisse Zeitspanne hinweg
o Erfordert kurzzeitige wie auch langzeitige Veränderungen in Gehirnstrukturen
Abruf
Wiedergewinnung abgespeicherter Informationen zu einem späteren Zeitpunkt
Gedächtnisprozesse
Enkodierung, Speicherung, Abruf
-> - Sehr komplexe Interaktion der drei Prozesse
Informationsfluss in und aus dem Langzeitgedächtnis
Enkodierung im sensorischen Gedächtnis -> Enkodierung im Arbeitsgedächtnis (enthält KZG) -> Speicherung im LZG
Abruf: LZG -> Arbeitsgedächtnis
Ikonisches Gedächtnis
- Gedächtnissystem im visuellen Bereich, das große Informationsmengen für sehr kurze Zeiträume speichern kann (im auditiven Bereich = echoisches Gedächtnis)
- Gutes Beispiel für sensorische Erinnerungen: jedes Sinnessystem verfügt über Gedächtnisspeicher, der Repräsentationen physischer Merkmale von Stimuli für einen sehr kurzen Zeitraum (höchstens einige Sekunden) abspeichert
o Visueller Gedächtnisinhalt: halbe Sekunde
Ikonisches Gedächtnis und fotografisches Gedächtnis
Ikonisches Gedächtnis ist nicht fotografisches Gedächtnis = eidetische Vorstellungskraft -> Nimmt mit Lebensalter ab
Sperling, 1960/63: 3 Zeilen mit Buchstaben und Ziffern
- Gruppe: Ganzbericht = so viele Items wie möglich -> etwa 4 Items
- Gruppe: Teilbericht = eine Zeile, nach der Präsentation erklang Ton (hoch, mittel, tief), der anzeigte, welche Zeile
Erinnerungsleistung unabhängig von Zeile sehr hoch, wenn Ton bestimmte Zeile kennzeichnete
-> alle Informationen aus Anordnung mussten in ikonisches Gedächtnis gelangt sein: Beleg für große Kapazität des ikonischen Gedächtnisses
Forschung: Identifikationssignal für Teilbericht wurde verzögert dargeboten
o Von 0 zu 1 Sekunde fällt Anzahl korrekt berichteter Items stetig ab
o Um von „Extrablick“ profitieren zu können, müssen Gedächtnisprozesse sehr schnell Informationen in haltbarere Speicher übertragen
Kurzzeitgedächtnis
Eingebauter Mechanismus, der kognitive Ressourcen auf kleine Menge mentaler Repräsentationen hin bündelt
Kapazitätsbeschränkungen des Kurzzeitgedächtnisses
Um Kapazität zu schätzen, zunächst Bestimmung der Gedächtnisspanne
o Zufallsliste von Zahlen bzw. Buchstaben -> Erinnerung an 5 bis 9 Items
o Überschätzen wahre Gedächtnisspanne, weil Probanden andere Informationsquellen für Aufgabe nutzen können -> korrigierte Zahl für KZG: 3 bis 5 Items
- George Miller (1956): 7 plus minus 2 als „magische Zahl“ für Gedächtnisleistung
- Enkodieren von Info im KZG kann durch Rehearsal und Chunking verbessert werden
- Dauer: einige Sekunden bis max. einige Minuten (Cave: Alltagsgebrauch)
Rehearsal
- Erhaltende Wiederholung (maintenance rehearsal)
- Forschung: Peterson & Peterson (1959)
o 3 Konsonanten nach 3 bis 18 Sekunden wiedergeben
o dazwischen Distraktionsaufgabe, um Wiederholen zu verhindern
o Abrufleistung sank mit zunehmender Zeitspanne
-> Wiederholen hilft, Informationen vor Verblassen im KZG zu bewahren
Chunking
- Chunk = bedeutungsvolle Informationseinheit
- Chunking: Prozess der Rekonfiguration von Items, indem sie auf Basis von Ähnlichkeit oder anderen Organisationsprinzipien gruppiert werden (oder werden zu größeren Mustern kombiniert auf Basis von Informationen aus dem Langzeitgedächtnis)
- S. F. (begeisterter Marathonläufer) konnte sich 84 zufällige Ziffern merken, indem er ihm bekannte Zeitergebnisse von Wettläufen nutzte, um sie zu Chunks zu organisieren
- Bsp.: persönliche Bedeutung zuordnen, mit unterschiedlichen Codes aus LZG verbinden, rhythmisches Muster oder zeitliche Gruppierung
Arbeitsgedächtnis
- Gedächtnisressource, die wir für Aufgaben wie Schlussfolgern und Sprachverstehen nutzen
- Arbeitsgedächtnis als kurzfristige, spezifische Fokussierung auf benötigte Elemente
Vier Komponenten des Arbeitsgedächtnisses: Alan Baddeley (2002/03)
- Phonologische Schleife (phonological loop)
- Visuell räumlicher Notizblock (visuospatial sketchpad)
- Zentrale Exekutive (central executive)
- Episodischer Puffer
Phonologische Schleife
= phonological loop
- speichert und manipuliert sprachbasierte Informationen
- große Überschneidungen mit KZG
Visuell räumlicher Notizblock
= visuospatial sketchpad
- speichert und manipuliert visuelle und räumliche Informationen
Zentrale Exekutive
= central executive
- Kontrolle der Aufmerksamkeit
- Koordination von Informationen aus der phonologischen Schleife und dem visuell räumlichen Notizblock
Episodischer Puffer
- Von zentraler Exekutive kontrolliertes Subsystem mit begrenzter Kapazität
- Abrufen von Informationen aus dem LZG und Kombination mit Informationen aus gegenwärtiger Situation
- Stellt Ressourcen zur Verfügung, verschiedene Arten perzeptueller Stimulierung mit zurückliegenden Erfahrungen abzugleichen und so zu integrierter Interpretation der Situation zu gelangen
Forschung, Ramirez & Beilock, 2011:
Hypothese: Ängstliche Gedanken überbeanspruchen häufig Kapazität des AG
o Prüfungssituation: Kontrollgruppe wartet 10min, Versuchsgruppe schreibt Gedanken und Gefühle nieder
o Studierende in Schreibgruppe schnitten etwa 20% besser ab
o Begründung: Durch Niederschrift keine Belastung des Arbeitsgedächtnisses mehr
Messung der Kapazität des Arbeitsgedächtnisses
Menschen unterschieden sich im Hinblick auf Kapazität des AG
o Verschiedene Verfahren, um Unterschiede zu messen: z.B. Operationsspanne -> Menschen führen Aufgabe aus und gehen gleichzeitig 2. Aufgabe nach
o Maße der Arbeitsgedächtniskapazität (working memory capacity -> WMC)
Auswirkung der höhe des WMC auf Leistung: Sörqvist et. al. 2010
Probanden versuchen kurzen Text zu verstehen, während sie gleichzeitig über Kopfhörer Sprachgebrabbel ausgesetzt waren
o Textverständnis von Menschen mit höherer WMC wurde weniger stark gestört
Kleider et. al., 2010
Polizisten sehen Serie von Diabildern von un-/bewaffneten Männern und sahen ein verstörendes Video -> negative Emotionen:
o Niedrigere WMC: schossen anschließend eher auf Unbewaffnete -> negative Emotionen gehen auf Kosten der Arbeitsgedächtnisressourcen
Funktionen des Arbeitsgedächtnisses
- Arbeitsgedächtnis hilft, psychologische Gegenwart aufrecht zu erhalten
o Gibt Kontext für neue Ereignisse vor und verbindet getrennte Episoden zu zusammenhängender Geschichte
o Ermöglicht Repräsentationen einer wechselnden Situation aufrechtzuerhalten und ständig zu aktualisieren
o Ermöglicht Verlauf des Gesprächs zu folgen - AG als Pipeline für Informationen von und zum LZG
Hinweisreize beim Abruf
= retrieval cues
- Stimuli, die bei der Suche nach einem bestimmten Gedächtnisinhalt verfügbar sind
- Extern („Worin liegt der Unterschied zwischen der Definition des KZG in der Wissenschaft und der Definition des KZG in der Allgemeinbevölkerung“)
- Intern („Wo habe ich die Person schon einmal getroffen?“)
Behaltensintervall
Zeitspanne, über die die Informationen im Gedächtnis behalten werden müssen
Abruf
= recall
Reproduktion einer bereits bekannten Information
Wiedererkennen
= recognition
Beurteilung etwas zuvor Gesehenem/Gehörtem
Welche Gemeinsamkeit haben Abruf und Wiedererkennen?
Bei welchem ist die Leistung höher?
- Erfordern beide eine Suche anhand von Hinweisreizen
- Leistung beim Wiedererkennen in der Regel höher als beim Abruf -> da mehr Hinweisreize
- Meistens Kombination aus beidem
Endel Tulving (1972)
führte als Erster Unterscheidung in episodische und semantische Formen des deklarativen Wissens ein
Episodische Gedächtnisinhalte
bewahren individuelle und spezifische Ereignisse auf, die persönlich erlebt wurden (-> Sammlung persönlicher Erfahrung)
o Um Gedächtnisinhalte wiederzufinden: Benötigung von Hinweisreizen, die etwas über Zeitpunkt und Inhalt des gesuchten Ereignisses aussagen
-> Hinweisreize mit Aussagen über Zeit, Ort und Inhalt des Gelernten
Semantische Gedächtnisinhalte
Generische kategoriale Gedächtnisinhalte wie bspw. Die Bedeutung von Wörtern und Konzepten (-> (Allgemein-)Wissen)
-> Hinweisreize mit Aussage über den Inhalt des Gelernten (Zeit- oder Ortinformationen unwichtig bzw. nicht vorhanden)
Dimensionen des LZG
LZG teilt sich in Deklaratives und Prozedurales Gedächtnis
Deklaratives Gedächtnis teilt sich in Episodisches und Semantisches Gedächtnis