10 - Entwicklung Flashcards
Phasen und zugehörige Altersabschnitte
Pränatal: Empfängnis bis Geburt Säuglingsalter: Geburt bis 12 Monate Frühe Kindheit: 12 Monate - 3 Jahre Mittlere Kindheit: 3 - 6 Jahre Späte Kindheit: 6 - 11 Jahre Adoleszenz: 11-20 Jahre Frühes Erwachsenenalter: 20 - 40 Jahre Mittleres Erwachsenenalter: 40-65 Jahre Hohes Erwachsenenalter: Ab 65 Jahren
Was erfordert Entwicklung und was birgt sie?
- Jede Entwicklungsphase birgt Zugewinne und Verluste
- Entwicklung erfordert aktive Auseinandersetzung einer Person mit ihrer Umwelt
Normative Untersuchungen
Versuchen das jeweils Charakteristische eines bestimmten Alters oder einer Entwicklungsstufe zu beschreiben
-> Liefern Normen, Standardmuster der Entwicklung oder der Leistungsfähigkeit -> diese erlauben Unterscheidung zwischen Lebens- und Entwicklungsalter
Längsschnittplan
- Mehrmalige Untersuchung derselben Person im Laufe der Zeit
- Einfluss der frühen Umgebungen auf die Entwicklung von Kindern
- Untersuchung von individuellen Unterschieden
Vorteil:
- Altersbedingte Veränderungen können nicht mit Schwankungen in sich verändernden sozialen Umständen vermischt werden
Nachteil:
- Verallgemeinerungen können nur in Bezug auf dieselbe Kohorte (=Gruppe von Personen aus derselben historischen Zeitspanne) getroffen werden
- kostenintensiv
- Daten gehen verloren (wenn Leute aussteigen)
Querschnittsplan
- Untersuchung von Gruppen von Personen unterschiedlichen chronologischen Alters zur gleichen Zeit
- Schlussfolgerungen über Verhaltensunterschiede, die mit Altersunterschieden in Zusammenhang stehen
Vorteil:
- Schnell und kostengünstig
Nachteil:
- Unterschiedliche Geburtsjahre
- Unterschiedliches Alter
- Wechselnde soziale Umstände
Zygote
Befruchtete Eizelle (mit 46 Chromosomen)
Stadien der körperlichen Entwicklung im Mutterleib
- Germinales Stadium: erste zwei Wochen nach Bildung der Zygote
- Embryonisches Stadium: dritte bis achte Woche
- Fetales Stadium: Ende 8. Woche bis Geburt
Germinales Stadium
Erste zwei Wochen nach Bildung der Zygote
- Zellen beginnen, sich sehr schnell zu teilen
- Nach einer Woche bindet sich Ansammlung mikroskopischer Zellen an Gebärmutter
Embryonisches Stadium
Dritte bis achte Woche
- Rasante Zellteilung hält an -> Zellen sind so spezialisiert, dass daraus verschiedene Organe hervorgehen können -> Entwicklung der Organe -> erster Herzschlag
- Reaktionen auf Stimulation schon ab 6. Woche (Embryo unter 2,5cm)
- Spontane Bewegung ab 7. bis 8. Woche
Fetales Stadium
Ende 8. Woche bis Geburt
- Spüren der Bewegungen des Fötus ab etwa 16. Woche (Fötus=18cm)
- Die meisten der 100 Milliarden Neurone eines Erwachsenen sind bereits im Mutterleib entstanden -> bei Mensch und Säugetier: Großteil der Zellvermehrung und Wanderung von Neuronen an korrekten Platz = vor der Geburt
- Entwicklung des Verzweigungsvorgangs der Axone und Dendriten hptsl. nach Geburt
Teratogene
Umweltfaktoren, die zu strukturellen Anomalitäten des Fötus führen
Fetales Alkoholsyndrom
Kleine Köpfe und Körper und Gesichtsanomalitäten
- Störungen des ZNS -> kognitive und verhaltensbezogene Schwierigkeiten
Folgen von Rauchen in der Schwangerschaft
Fehlgeburten, Frühgeburten, geringes Geburtsgewicht
Neugeborene und Reflexe
Neugeborene verfügen über Repertoire an Reflexen, zwei davon besonders wichtig:
- Berührung der Wange -> Kopfbewegung in diese Richtung -> Finden der Brust
- Saugreflex, wenn sie etwas im Mund haben -> sichert Nahrungsaufnahme
Außerdem: Eindeutige Reaktionen auf Stimme der Mutter
Erste visuelle Erfahrungen eines Menschen
Erste visuelle Erfahrung während letzter zwei Monate im Mutterleib:
- Wahrnehmung der eigenen Bewegungen
- Wegen dieses Vorsprungs: Wenige Minuten nach Geburt sind Augen aufmerksam
- Aber: Im Vergleich zu anderen Sinnen ist visuelles System weniger gut entwickelt
- > Sehschärfe bei Erwachsenen 40-mal größer, schlechte 3D-Wahrnehmung
- > Rapide Verbesserung während der ersten 6 Lebensmonate
- Säuglinge ab 4. Monat = Nutzen von Hinweisen wie relative Bewegung und Interposition, um von 3D-Strukturen auf 2D-Abbildungen von Objekten zu schließen
Visuelle Präferenzen von Babys: Robert Fantz (1963)
4-monate alte Babys ziehen komplexe Objekte einfachen vor, und bevorzugten vollständige Gesichter gegenüber „falsch angeordneten“ Gesichtern
-> Bevorzugen schon im Alter von 3 Tagen toplastige Anordnungen
Eleanor Gibson & Richard Walk (1960): Wie reagieren Kinder auf räumliche Tiefe?
- Visuelle Klippe: Brett, das sich auf stabiler Glasfläche befindet
- > Karierter Untergrund mit optisch tiefer und flacher Seite
- Kinder verließen Brett bereitwillig zur flachen Seite, zögerten bei der tiefen
- Furcht vor tiefer Seite -> abhängig von Krabbelerfahrung
Neuronales Wachstum
erfolgt während erstem Lebensjahr sehr schnell (schneller als Körper)
-> Neugeborenes hat 60% des Schädels eines Erwachsenen
Körperliches Wachstum
- Verläuft recht stetig
- Wird von Reifung der motorischen Fähigkeiten begleitet
Reifung
Wachstumsprozesse, die typisch für alle Mitglieder einer Spezies eines bestimmten Lebensraumes sind
- Interaktion zwischen ererbten biologischen Begrenzungen und Umwelteinflüssen -> Beeinflussung der Reifung
Genitales Wachstum
bis zur Adoleszenz kaum Veränderung, dann rapide
Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Perioden, um Einflüsse der Umgebung nachzuvollziehen
- Sensitive Periode: optimale Altersspanne für bestimmte Umwelterfahrungen, die normativer Entwicklung zuträglich sind
- > Erfahrungen können auch später nachgeholt werden, nur nicht mehr leicht
- Kritische Periode: Altersabschnitt, in dem bestimmte Umwelterfahrungen unabdingbar sind
- > Ohne angemessene Erfahrung kann Kind bestimmte Fähigkeiten nicht ausbilden (z.B. motorische Entwicklung)
Physische Entwicklung folgt zwei allgemeinen Prinzipien
- Cephalokaudales Prinzip: Entwicklung vollzieht sich vom Kopf aus in Richtung Füße
- Proximodistales Prinzip: Nahe an der Mitte gelegene Körperteile entwickeln sich eher als Extremitäten
In welche Richtung vollzieht sich die Entwicklung von Fähigkeiten?
Entwicklung vollzieht sich von grob- zu feinmotorischen Fähigkeiten
Erster konkreter Indikator für Ende der Kindheit
Pubertärer Wachstumsschub:
- Bei Mädchen mit 10, bei Jungen mit 12 Jahren: Wachstumshormone im Blutkreislauf
- Über mehrere Jahre hinweg Wachstum von 8-15cm pro Jahr
- Erst wachsen Hände und Füße, dann Arme und Beine, Rumpf am langsamsten
Beginn der Pubertät bei Männern und Frauen
- Bei Männern Beginn mit Produktion von fruchtbaren Spermien (zwischen 12 und 14)
- Bei Frauen Beginn mit Menarche, erste Menstruation (USA=12-13 J, allgemein 11-15)
Wichtige Hirnentwicklungen in der Adoleszenz
- Reifung des limbischen Systems (Emotionen) vor Reifung des Frontallappens (vorausplanendes Denken)
- Daher: Neigung zu riskantem Verhalten
- Reifung des LS: Vorbereitung auf Trennung
- Frontalcortex: Hemmen und Kontrollieren des Unabhängigkeitsdranges -> reift daher erst später heran
- Ende der Adoleszenz: neue Verbindungen zwischen LS und FL, die ermöglichen, emotionalen Impulsen mit kognitiver Kontrolle zu regulieren
Altern und Sehen
40-50 Jahre: Wahrnehmung, dass visuelles System nachlässt
- Weniger flexible Linsen, weniger effektive Muskeln, die Dicke der Linse verändern
- Starre Linse wirkt sich auch auf Dunkeladaption aus
- Linsen werden im Alter trüber -> schlechteres Farbensehen -> Farben niedriger Wellenlänge (lila, blau, grün) schwer unterscheidbar
- Amerikanische Stichprobe:
- > 17% der 45-Jährigen berichten von visuellen Beeinträchtigungen
- > 26% der über 75-Jährigen
Altern und Hören
Verlust der Hörfähigkeit unter über 60-Jährigen üblich (bei hochfrequenten Schallen)
Altern und Fortpflanzungsfähigkeit/Sexualität
- Bei Frauen mit etwa 50 Jahren -> Menopause: Menstruation und Ovulation enden
- Bei Männern: Menge der zeugungsfähigen Spermien sinkt jenseits der 40, Menge der Samenflüssigkeit sinkt jenseits der 60
Jean Piaget
50 Jahre lang Entwicklung von kogn. Theorien über Kinder -> 1930-1980
„Schema“ nach Piaget
Geistige Strukturen, mit deren Hilfe Menschen die Welt interpretieren
- Schemata sind Bausteine der entwicklungsbedingten Veränderung
- Erste Schemata von Säuglingen -> „sensumotorische Intelligenz“: Mentale Strukturen/Programme, die sensumotorische Sequenzen wie Saugen, Greifen Betrachten und Schieben steuern
- Durch Übung werden elementare Schemata zu immer komplexeren, vielfältigeren Handlungsmustern kombiniert, integriert und differenziert
Zwei grundlegende Prozesse arbeiten nach Piaget zusammen, um kognitives Wachstum zu erreichen
- Assimilation: Information aus Umwelt wird modifiziert, um sie an vorhandenes Wissen anzupassen
- Akkomodation: vorhandene Schemata werden umstrukturiert/modifiziert, sodass neue Informationen umfassender aufgenommen werden können
Kognitive Entwicklung nach Piaget
Ergebnis des Ineinandergreifens von Assimilation und Akkomodation
-> Ausgewogene Anwendung ermöglicht, dass Verhalten und Wissen des Kindes unabhängiger von externer Realität wird und sich mehr auf abstraktes Denken stützt
(meistens Interaktion, z.B. Greifreflex bei Gegenständen (Assimilation) und Flüssigkeiten (Akkomodation))
Vier aufeinander folgende, diskontinuierliche Stadien der kognitiven Entwicklung
Bei jedem Kind gleiche Reihenfolge, aber unterschiedliche Verweildauer
- Sensumotorisches Stadium: 0-2 Jahre
- Präoperatorisches Stadium: 2-7 Jahre
- Konkret-operatorisches Stadium: 7-11 Jahre
- Formal-operatorisches Stadium: ab 11 Jahren
Sensumotorisches Stadium
0-2 Jahre
- Erste Monate: Großteil des Verhaltens beruht auf begrenzter Reihe angeborener Reflexe
- Im ersten Jahr: sensumotorische Sequenzen werden verbessert, kombiniert, koordiniert und integriert
- > Werden vielfältiger, wenn Wahrnehmung, dass Handlung Einfluss auf äußere Ereignisse hat
Erwerb der wichtigsten kognitiven Funktion: Fähigkeit, mentale Repräsentationen von nicht vorhandenen Objekten (=kein sensumot. Kontakt) auszubilden
- Objektpermanenz: Wissen, dass Objekte unabhängig von Handlungen oder Bewusstsein existieren
- Mit 3 Monaten erst fangen Kinder an, Ort zu beobachten, an dem Objekte verschwunden sind (vorher: Abwendung als ob Objekt aus Bewusstsein verschwunden)
- Zwischen 8 und 12 Mon.: Suchen nach Objekten
- Ab 2 J.: Keine Unsicherheit darüber, dass „nichtsichtbare“ Objekte existieren
- Anfänge symbolischen Denkens
Präoperatorisches Stadium
2-7 Jahre
- Großer kognitiver Fortschritt: verbesserte Fähigkeit zur mentalen Repräsentation von physikalisch nicht vorhandenen Objekten
- Denken ist geprägt von Egozentrismus und Zentrierung
- > Egozentrismus: Unfähigkeit, Perspektive einer anderen Person einzunehmen
- > Zentrierung: Aufmerksamkeit wird lediglich auf einen relevanten Aspekt gerichtet, andere relevante Aspekte werden vernachlässigt
Forschung: Glas Limonade wird in zwei identische Gläser gefüllt
- 5 und 7 Jährige geben an, dass es sich um dieselbe Menge handelt
- Limonade wird in höheres, dünneres Glas gegossen
- 5 J. -> „mehr Limonade“ wg. nur Pegelstand, 7 J. -> „gleiche Menge“
- Verbesserte Fähigkeiten zum Einsatz symbolischen Denkens
Konkret-operatorisches Stadium
7-11 Jahre
- In der Lage zu mentalen Operationen: Handlungen, die im Geist ausgeführt werden -> führen zur Entwicklung logischen Denkens
- Konkrete Operationen ermöglichen, physikalische Handlung durch geistige zu ersetzen -> schlussfolgerndes Denken in Bezug auf konkrete, physikalische Objekte
- Prinzip der Erhaltung (auch: Invarianzprinzip): physikalische Eigenschaften von Objekten ändern sich nicht, wenn nichts hinzugefügt/weggenommen wird, auch wenn Aussehen sich verändert
- > Neu erworbene Operation, die bei Aufgaben der Erhaltung eingesetzt werden kann: Reversibilität = Verständnis dafür, dass sowohl gegenständliche Handlungen als auch geistige Operationen umgekehrt werden können
Formal-operatorisches Stadium
ab 11 Jahren
- Fähigkeit zu abstrakten Schlussfolgerungen und hypothetischem Denken
Alter für Entwicklung der Objektpermanenz
Teilaspekte der Objektpermanenz (nach Piaget mit 2 Jahren) wird vermutlich sogar schon mit 3 Monaten und früher entwickelt
-> Nachgewiesen durch von Renée Baillargeon entwickelten Aufgaben
Objektpermanenz bei 4-Monate alten Kindern: Wang et al., 2004
- 4 Monate alte Kinder betrachten Absenken eines breiten rechteckigen Objekts
- Gruppe 1: hinter Barriere, die breit genug war, zu verdecken
- Gruppe 2: hinter schmalem Hindernis, zu schmal zum Verdecken
- Sichtschirm verhindert Beobachtung des letztes Moments, danach war Objekt nicht mehr zu sehen
- Wenn noch keine Objektpermanenz -> in beiden Bedingungen gleichgültig
- Wenn schon Objektpermanenz -> Überraschung, dass breites Objekt hinter schmaler Barriere verschwinden kann
- Grad der Überraschung: Länge der Betrachtung des Versuchsaufbaus, nachdem Sichtschirm entfernt worden war
- Gruppe 2 (schmal) betrachtete ihn 16 Sekunden länger
- > Schon sehr kleine Kinder haben wichtiges Wissen über physikalische Welt erworben
Ab wann können Kinder dreidimensionale Zeichnung verarbeiten?
9 Monate alte Säuglinge erkennen, dass Zeichnung eines Schafes einem dreidimensionalen Stofftier entspricht
Videoclip: Lebendiges Wesen/sich bewegender Ball sorgt für Ordnung
- Erwachsene wären beim Ball überraschter, da Bälle keine Ordnung machen
- 12 Monate alte Säuglinge sind in beiden Fällen gleich überrascht
- 7 Monate alte Säuglinge schauten auf beide Clips gleich lang
- > Entwicklung des Verständnisses der kausalen Eigenschaften von Lebendem und Nicht-Lebendem entwickelt sich nach der Hälfte des ersten Lebensjahres
Theory of Mind
= Theorie des Bewusstseins (auch: Theorie des Geistes, native Theorie)
Fähigkeit, das Verhalten anderer Menschen basierend auf Verständnis ihrer mentalen Zustände (Bewusstseinsvorgänge) zu erklären und vorherzusagen
Aufgaben, mit denen die Entwicklung der Theorie des Bewusstseins erfasst wird (nach Wellman/Fang/Peterson 2011)
- Unterschiedliche Wünsche: Weiß, dass zwei Personen bezogen auf ein Objekt verschiedene Wünsche haben können
- Unterschiedliche Ansichten: Weiß, dass zwei Personen bezogen auf ein Objekt verschiedene Ansichten haben können: weiß nicht, welche davon zutreffend/falsch
- Wissenszugang: Sieht, was sich in einer Box befindet, und beurteilt (ja-nein) das Wissen einer anderen Person, die nicht sieht, was sich in der Box befindet
- Irrtümliche Einschätzung von Inhalten: Beurteilt die irrtümliche Annahme einer anderen Person, was sich in Container befindet, wenn es selbst weiß, was sich in Container befindet
- Versteckte Emotion: Weiß, dass ein anderer Mensch eine andere Emotion zum Ausdruck bringen kann, als er oder sie eigentlich empfindet