13 - VL: Die menschliche Persönlichkeit Flashcards
Persönlichkeit
Komplexe Menge von einzigartigen psychischen Eigenschaften, welche die für ein Individuum charakteristischen Verhaltensmuster in vielen Situationen und über einen längeren Zeitraum hinweg beeinflussen
Persönlichkeitstheorien
Hypothetische Aussagen über die Struktur und die Funktionsweise individueller Persönlichkeiten
Ziele von Persönlichkeitstheorien
Verständnis der Einzigartigkeit des Individuums und Verständnis des Aufbaus der charakteristischen Verhaltensmuster
Warum unterschiedliche Persönlichkeitstheorien?
- unterschiedliche Ausgangspunkte
- unterschiedliche Datenquellen
- unterschiedliche Erklärungen für Phänomene
- unterschiedliche Gewichtung der Fragen nach der Struktur oder der Entstehung von Persönlichkeit
Eigenschaftsbasierte Persönlichkeitstheorien
Beschreibung der Persönlichkeit durch Zuschreibung verschiedener Eigenschaften (witzig, intelligent, einfühlsam, etc.)
Traits
Überdauernde Merkmale bzw. Eigenschaften, die eine Person dazu prädisponieren, sich über verschiedene Situationen hinweg konsistent zu verhalten
Trait (als Verhaltensbeschreibung) vs. Prädisposition (als Verhaltensverursachung)
Allports trait-theoretischer Ansatz
- Gordon Allport (1897 - 1967)
- Traits als Bausteine der Persönlichkeit und Quelle für Individualität
- Traits als Bindeglied/intervenierende Variable zwischen Reiz und Reaktion
3 Arten von Traits:
- kardinale Traits: Eigenschaften, die das Leben bestimmen (z.B. Selbstaufopferung bei Mutter Teresa)
- Zentrale Traits: Eigenschaften, die die wesentlichen Charakteristika einer Person repräsentieren (z.B. Ehrlichkeit, Optimismus)
- sekundäre Traits: spezifische persönliche Merkmale, die Verhalten vorhersagen, aber nicht Persönlichkeit eines Menschen verstehen können (z.B. Kleidungspräferenzen)
- > Einzigartige Kombination der drei Arten von Eigenschaften -> Individuum
Persönlichkeitsstrukturen als entscheidende Determinanten für individuelles Verhalten (nicht Umweltbedingungen)
Identifikation universaler Trait-Dimensionen
- Raymond Cattell (1979): 16 Faktoren als source-traits (Quelle für Verhalten an der Oberfläche); definiert als Gegensatzpaare (z.B. zurückhaltend vs. offen)
- Hans Eysenck (1973): 3 breite Dimensionen (Introversion/Extraversion; emotionale Stabilität/Neurotizismus; Anpassung/Psychotizismus); Kombination von Extraversion und Neurotizismus => Die vier Quadranten von Eysenks Persönlichkeits-Kreis
Das 5-Faktoren-Modell (Big Five)
Faktor - Bipolare Definition
Extraversion: Gesprächig, energiegeladen und durchsetzungsfähig vs. ruhig, zurückhaltend und schüchtern
Verträglichkeit: Mitfühlend, freundlich und herzlich vs. kalt, streitsüchtig und unbarmherzig
Gewissenhaftigkeit: Organisiert, verantwortungsbewusst und vorsichtig vs. sorglos, leichtsinnig und verantwortungslos
Neurotizismus: Stabil, ruhig und zufrieden vs. ängstlich, instabil und launisch
Offenheit für Erfahrungen: Kreativ, intellektuell und offen vs. einfach, oberflächlich und nicht intelligent
Traits und Vererbung
Erblichkeitsstudien -> Ergebnisse: fast alle Persönlichkeitseigenschaften beeinflusst durch genetische Faktoren
Sagen Traits Verhalten vorher?
- Konsistenzparadox: keine objektive, aber subjektive situationsübergreifende Konsistenz
- Erklärung: Falsche Kategorisierung der Situationen(Party ≠ Party; z.B. Feiern mit bekannten oder unbekannten Personen)
- > „Wenn-dann-Persönlichkeitssignaturen“: Persönlichkeitsmerkmal + Situation -> Verhalten
Kritik der Trait-Theorien
- nur Beschreibung der Persönlichkeitseigenschaften
- nur statisches Bild der momentanen Persönlichkeitsstruktur
- keine Aussagen über Erklärung der Persönlichkeit
- keine Aussagen über Entwicklung der Persönlichkeit
Gemeinsame Idee der psychodynamischen Theorien
Mächtige innere Triebe formen Persönlichkeit und motivieren Verhalten
Freud’sche Psychoanalyse
- Motivation für jedes Verhalten (kein Zufall, keine zufällig auftretenden Ereignisse als Ursache für Verhalten)
- Motiv erkennbar durch z.B. Analyse von Gedankenassoziationen, Träumen, Fehlern
- Hypothesen bzgl. menschlicher Persönlichkeit aus Fallstudien von PatientInnen -> Anwendung auf „normale“ Persönlichkeit
Triebe und psychosexuelle Entwicklung in der Freud’schen Psychoanalyse
- psychische Energie als Quelle für Motivation
- Angeborene Instinkte und Triebe: Selbsterhaltung (Befriedigung von Bedürfnissen wie Hunger und Durst) und Eros (sexuelles Verlangen und Erhaltung der Art)
- Sexualtrieb (Eros) als Trieb zum Lustgewinn
- Veränderung der körperlichen Quelle des Eros im Laufe des Lebens
- > Psychosexuelle Entwicklung (5 Phasen)
- übermäßige Befriedigung oder Frustration -> Fixierung (Unfähigkeit, sich normal zur nächsten Stufe weiterzuentwickeln)
- Psychologischer Determinismus
- Es, Ich, Über-Ich
Phasen der psychosozialen Entwicklung nach Freud
- Oral (0-1)
- Anal (2-3)
- Phallisch (4-5)
- Latenz (6-12)
- Genital (13-18)
Orale Phase nach Freud
Alter: 0-1
Erogene Zonen: Mund, Lippen, Zunge
Wichtige Entwicklungsaufgabe: Entwöhnung
Bei Fixierung: Orales Verhalten wie bspw. Rauchen, übermäßiges Essen, Passivität und Leichtgläubigkeit
Anale Phase nach Freud
Alter: 2-3
Erogene Zonen: Anus
Entwicklungsaufgabe: Sauberkeitserziehung
Bei Fixierung: Ordentlichkeit, Gründlichkeit, Sturheit, oder das Gegenteil
Phallische Phase nach Freud
Alter: 4-5
Erogene Zonen: Genitalien
Entwicklungsaufgabe: Ödipuskomplex
Bei Fixierung: Eitelkeit, Rücksichtslosigkeit, oder das Gegenteil
Latente Phase nach Freud
Alter: 6-12
Erogene Zonen: Keine spezifische Zone
Entwicklungsaufgabe: Entwicklung der Abwehrmechanismen
Bei Fixierung: Normalerweise kommt es in dieser Phase nicht zur Fixierung
Genitale Phase nach Freud
Alter: 13-18
Erogene Zonen: Genitalien
Entwicklungsaufgabe: Reife sexueller Intimität
Bei Fixierung: Erwachsene, die frühere Phasen erfolgreich integriert haben, sollten mit aufrichtigem Interesse für andere und einer reifen Sexualität aus dieser Phase hervorgehen
Psychologischer Determinismus
- alle frühen Erfahrungen -> Reaktionen auf
geistiger oder Verhaltensebene im späteren Leben
-> Entwicklung des Konzepts der menschlichen
Psyche mit Unbewussten als Lagerstätte für
unbewusste Informationen
- Unterscheidung zwischen manifesten (bewusst)
und latenten (unbewusst) Inhalt des Verhaltens - latenter Inhalt deutlich z.B. durch Träume,
Assoziationen, Fehlleistungen
Struktur der Persönlichkeit nach Freud
Über-Ich: Moralische Instanz -> Individuum: Gebote und Verbote, Umwelt: Wert- und Normenvorstellungen
Es: Lustprinzip -> Individuum: Bedürfnisse (Libido, Destrudo), Umwelt: Reize
Ich: Realitätsprinzip -> Individuum: kritischer Verstand, Triebverzicht/-aufschub, Umwelt: Interaktion
-> Ich kontrolliert Forderungen von Über-Ich und Es
Abwehrmechanismen des Ich
Schutzmechanismen vor Überwältigung des Ich durch bedrohliche Impulse und Vorstellungen (z.B. Wut)
- > Aufrechterhaltung eines günstigen Selbstbildes und akzeptables soziales Erscheinungsbild
- „Angst“ als Zeichen, dass verdrängte Triebe wieder ins Bewusstsein zurückkommen
Die wichtigsten Abwermechanismen des Ich
- Realitätsverleugnung
- Verschiebung
- Fantasie
- Identifikation
- Isolation
- Projektion
- Rationalisierung
- Reaktionsbildung
- Regression
- Verdrängung
- Sublimierung
Kritik an der Freud’schen Theorie
- vage Formulierung der psychoanalytische Konzept und schwierige Operationalisierung (wissenschaftliche Prüfbarkeit; z.B. Widerstand bei Therapie)
- keine Vorhersagen über menschliches Erleben und Verhalten, sondern nur Erklärung für bereits vergangenes Erleben und Verhalten
- Entwicklungstheorie ohne Beobachtung von Kindern
- Herunterspielen von traumatischen Erlebnissen (Reinterpretation als kindliche Phantasien)
- Androzentristisch (auf den Mann konzentriert)
Lob an der Freud’schen Theorie
- Betonung des Unbewussten
- Abwehrmechanismen teilweise durch Studien belegt
Allgemeine Weiterentwicklung der psychodynamischen Theorien
- größere Bedeutung des „Ich“, der Entwicklung des Selbst, der bewussten Denkprozesse und der Selbststeuerung
- Betonung der Rolle von
sozialen Variablen (Kultur, Familie) bei der Formung der Persönlichkeit - geringere Bedeutung der sexuellen Triebe
- Persönlichkeitsentwicklung der Lebensspanne (nicht nur der Kindheit)
Spezifische Weiterentwicklungen psychodynamischer Theorien
- Alfred Adler (1870 - 1937):
- Minderwertigkeit
- > Kompensation/Überkompensation - Carl Gustav Jung (1875 - 1961):
- kollektives Unbewusstes mit Archetypen als symbolische Repräsentation einer bestimmten Erfahrung
- Bedürfnis nach Kreativität und
Bedürfnis nach Selbstverwirklichung