§ 313 BGB Flashcards

1
Q

Geschäftsgrundlage

A

Alle Umstände, die von einer Partei erkennbar vorausgesetzt wurden und auf deren Vorhandensein der Geschäftswille aufbaut, ohne dass dieser Umstand Vertragsinhalt geworden wäre.

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2
Q

Anwendbarkeit

A

subsidiär-> lex spezialis Grundsatz (z.B. auflösende Bedingung wenn bestimmter Umstand wegfällt, Unmöglichkeit, §§ 490, 530,

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3
Q

Vorrausssetzungen

A

reales Element: Änderung der Geschäftsgrundlage
hypothetisches Element: Umstand muss so wesentlich sein dass ohne diesen kein Vertrag zustande gekommen wäre
normatives Element: Festhalten am Vertrag ist unzumutbar -> ein Kriterium: die vertragliche und gesetzliche Risikoverteilung
bei gegenseitigen Verträgen fällt die vorgesehene Verwendungsfähigkeit generell in den Risikobereich des Empfängers

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4
Q

wesentliche Fallgruppen

A

Äquivalenzstörungen, Verwendungszweckstörungen, gemeinsame Motivirrtümer

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5
Q

Normzweck

A

Als gesetzliche Ausformung des Gedankens von Treu und Glauben § 242 bezweckt die Norm für den Fall einer nach Entstehung des Schuldverhältnisses eingetretenen wesentlichen Störung seiner Grundlagen einen Ausgleich zwischen dem Bestands- und Erfüllungsinteresses des einen (begünstigten) Teils und dem Anpassungs- oder Beendigungsinteresses des anderen (benachteiligten) Teils.

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6
Q

Aktuelle Rechtssprechung

A

Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrages BGH, Urteil vom 18.6.2019 – X ZR 107/16 (OLG Brandenburg)

Das Berufungsgericht hat ferner im Ausgangspunkt zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW 1972, 247 [zu II.]; BGH NJW 1999, 1623 [zu 4 b]; NJW-RR 2006, 699 [zu 2 a]; vom 3. Februar 2010 – XII ZR 189/06, BGHZ 184, 190 Rn. 25 = NJW 2010, 2202) angenommen, dass die Geschäftsgrundlage einer solchen Schenkung nachträglich entfallen und sich hieraus ein Anspruch auf Vertragsanpassung oder ein Recht des Schenkers ergeben kann, vom Schenkungsvertrag zurückzutreten und den geschenkten Gegenstand zurückzuverlangen (§ 313 I und III BGB).

a) Wie jedem Vertrag können auch dem Schenkungsvertrag Umstände oder Vorstellungen eines oder beider Vertragspartner vom Bestand oder künftigen Eintritt solcher Umstände zugrunde liegen, die nicht zum Vertragsinhalt erhoben werden, auf denen der Geschäftswille jedoch gleichwohl aufbaut und deren schwerwiegende Veränderung daher eine Anpassung des Vertrages oder gar das Recht eines oder beider Vertragspartner erfordern kann, sich vom Vertrag zu lösen.
b) Bei der Prüfung, was im Einzelfall Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrags ist, ist zu berücksichtigen, dass der Schenkungsvertrag keinen Austauschvertrag darstellt, bei dem Leistung und Gegenleistung in einem synallagmatischen Verhältnis stehen. Der Schenkungsvertrag ist vielmehr durch das Versprechen einer einseitigen unentgeltlichen Zuwendung gekennzeichnet, mit der der Schenker einen Vermögensgegenstand weggibt und dem Beschenkten, soweit die Schenkung nicht unter einem Vorbehalt oder einer Bedingung oder mit einer Auflage erfolgt, diesen Gegenstand zur freien Verfügung überlässt. Der Beschenkte schuldet keine Gegenleistung; er „schuldet“ dem Schenker nur Dank für die Zuwendung, und der Schenker kann das Geschenk zurückfordern, wenn der Beschenkte diese Dankbarkeit in besonderem Maße vermissen lässt und sich durch eine schwere Verfehlung gegenüber dem Schenker oder einem nahen Angehörigen als grob undankbar erweist (§ 530 I BGB).

Den Schenkungsvertrag kennzeichnet damit in zweifacher Hinsicht eine Asymmetrie. Zum einen steht der Leistung des Schenkers keine Gegenleistung des Beschenkten gegenüber, zum anderen ist die Leistung des Schenkers mit der Übertragung des Schenkungsgegenstands erbracht, während die Dankesschuld des Beschenkten andauert. Zehn Jahre dauert auch dessen Verpflichtung an, das Geschenk nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzugeben, wenn und soweit der Schenker des Geschenks bedarf, um seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht zu erfüllen (§ 528 I, § 529 I BGB).

Diese Asymmetrie ist typischerweise auch kennzeichnend für die für die Geschäftsgrundlage relevanten Vorstellungen der Vertragsparteien. Je mehr der zugewendete Gegenstand nach seiner Art und seinem Wert geeignet ist, die künftige Lebensgestaltung des Beschenkten zu beeinflussen, desto eher wird der Schenker typischerweise Vorstellungen über diese Lebensgestaltung hegen. Die Zuwendung von Grundeigentum oder von Geldbeträgen, die dem Grunderwerb dienen sollen, ist dafür ein besonders häufiges Beispiel. Der private Grunderwerb ist regelmäßig auf Dauer, zumindest auf eine gewisse Dauer ausgelegt, und es wird regelmäßig angenommen werden können, dass auch der Schenker, der dem Beschenkten ein Grundstück oder einen hierfür zu verwendenden Geldbetrag verspricht, damit die Vorstellung verbindet, dass das Grundstück dem Beschenkten zumindest für einen längeren Zeitraum zur Verfügung stehen wird.

Bei der Annahme, dass Vorstellungen dieser Art die Geschäftsgrundlage der Schenkung bilden, ist jedoch Zurückhaltung geboten. Nicht jede bei Vertragsschluss zutage tretende Vorstellung gehört zur Geschäftsgrundlage des Vertrages. Die Vorstellung muss vielmehr nach § 313 I zur Grundlage des Vertrages geworden sein; der Geschäftswille muss, wie es bereits die Rechtsprechung vor der Kodifizierung des Instituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage formuliert hat, auf dieser Vorstellung aufbauen (BGHZ 25, 390 (392) = BGH NJW 19958, 257; BGHZ 120, 10 (23) = BGH NJW 1993, 259 [zu II 5 b]; BGH NJW 2012, 1718 Rn. 26; BGH NJW 2014, 2638 Rn. 12). Vorstellungen zur möglichen Realisierung von Risiken, die in die Sphäre einer Partei fallen, betreffen den Inhalt des Vertrages, nicht seine Grundlage; erweisen sie sich als unzutreffend, geht dies grundsätzlich zu Lasten der Partei, die vertraglich das Risiko übernommen hat.

Anders als bei einer ehe- oder gemeinschaftsbezogenen Zuwendung unter Ehegatten oder Partnern einer Lebensgemeinschaft, mit der der Zuwendende etwas zur (ehelichen) Lebensgemeinschaft beiträgt und die Erwartung hegt, an dem Vermögenswert selbst weiterhin partizipieren zu können, ist eine Schenkung darauf gerichtet, den Schenker endgültig zu entreichern und den Beschenkten um den Schenkungsgegenstand zu bereichern, der ihm frei zur Verfügung stehen soll (vgl. BGH NJW 2014, 2638 Rn. 9; BGH NJW 2012, 2718 Rn. 18). Ist nichts anderes vereinbart, soll der Beschenkte – über die gesetzlichen nachwirkenden Verpflichtungen hinaus – gerade keinen rechtlichen Bindungen unterliegen. Insbesondere soll die Schenkung kein Dauerschuldverhältnis begründen, das den Beschenkten dauerhaft an die Vorstellungen bände, die die Bereitschaft des Schenkers zur Abgabe des Schenkungsversprechens bestimmt oder jedenfalls beeinflusst haben. Der Beschenkte muss daher grundsätzlich – auch bei veränderten Umständen – nicht mit einer Pflicht zur Rückgabe des Geschenks rechnen, es sei denn, die Schenkung ist mit Auflagen (§ 525 BGB) oder Zweckabreden (§ 812 I 2 Alt. 2 BGB) verbunden oder die vom Gesetz dem Behaltendürfen des Geschenks gezogenen Grenzen bei Verarmung des Schenkers (§ 528 BGB) oder groben Undanks des Beschenkten (§ 530 BGB) sind überschritten. Innerhalb dieser Grenzen und insbesondere, wenn der Schenker seine Vorstellungen nicht über eine Auflage oder Zweckabrede zum Vertragsinhalt erhebt, ist für die Schenkung der Wille des Schenkers geradezu konstitutiv, es der Handlungsfreiheit des Beschenkten zu überlassen, wie er mit dem geschenkten Vermögenswert umgeht und ob und in welchem Umfang er den – ausgesprochen oder unausgesprochen – mit der Schenkung verbundenen Erwartungen des Schenkers Rechnung trägt.

Bis zur Grenze des groben Undanks hat danach der Schenker grundsätzlich das „Risiko“ zu tragen, dass die künftige Lebensgestaltung des Beschenkten und sein Umgang mit dem Geschenk nicht den Vorstellungen entsprechen, die er mit dem Schenkungsversprechen verbunden hat. Dies ist gerade die Konsequenz der freigiebigen Zuwendung, der nicht als Gegenleistung die Verpflichtung des Beschenkten gegenübersteht, es dem Beschenkten im Hinblick auf das Geschenk in jeder Hinsicht und auf Dauer „recht zu machen“. Die Heranziehung des § 313 BGB darf nicht dazu führen, dem Schenkungsvertrag im Wege der Vertragsanpassung rechtliche Verpflichtungen zu unterlegen, die in Widerspruch zu der vereinbarten und für ihn charakteristischen unentgeltlichen Zuwendung stehen und die unbedingte und unwiderrufliche unentgeltliche Zuwendung in eine bedingte oder widerrufliche Übertragung eines Vermögensgegenstands umwandeln.

c) Danach wird der Zuwendung von Grundeigentum, das vom Beschenkten bewohnt werden soll, oder zu einem entsprechenden Grunderwerb bestimmter Geldbeträge regelmäßig die Vorstellung des Schenkers zugrunde liegen, die Wohnnutzung des Grundstücks werde jedenfalls von einiger Dauer sein. Insbesondere wird eine solche Zuwendung an ein Kind des Schenkers und dessen Partner, die anlässlich der Eheschließung oder sonstigen dauerhaften Verbindung oder in deren Erwartung erfolgt, regelmäßig mit der Vorstellung verbunden sein, das Hausgrundstück werde jedenfalls für einige Dauer von den beschenkten Partnern und gegebenenfalls deren Kindern als gemeinsame Familienwohnung genutzt werden. Denn typischerweise ist die beabsichtigte Langfristigkeit der Nutzung ein wesentlicher Beweggrund für die Zuwendung privaten Grundeigentums, und regelmäßig ist ohne weiteres die Annahme gerechtfertigt, der Schenker hätte den Geschäftswillen zur Zuwendung nicht entwickelt, wenn er gewusst hätte, dass die (gemeinsame) Nutzung der Immobilie durch die Beschenkten nur kurzfristig sein werde.

Dies darf jedoch nicht mit der Annahme gleichgesetzt werden, die gemeinsame Nutzung werde erst mit dem Tod eines Ehegatten oder Partners der Lebensgemeinschaft enden. Dies mag zwar der Wunsch oder die Hoffnung des Schenkers sein, so wie es regelmäßig der Wunsch oder jedenfalls die Hoffnung der Beschenkten sein wird, soweit sie sich hierüber Gedanken machen. Der Schenker muss aber regelmäßig damit rechnen, dass die Ehe seines Kindes mit dem mitbeschenkten Ehegatten nicht auf Lebenszeit Bestand hat oder dass sie zwar – etwa aus religiösen Gründen – rechtlichen Bestand hat, die Eheleute sich aber gleichwohl auseinanderleben und die gemeinsame Nutzung der Immobilie daher zu irgendeinem Zeitpunkt ihr Ende findet, und erst recht gilt dies für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Ob und gegebenenfalls wann sich ein solches Risiko verwirklicht, ist für den Schenker wie für jeden anderen selbst dann nicht vorhersehbar, wenn er besondere Umstände erkennt oder zu erkennen meint, die für oder gegen einen lebenslangen Bestand der Lebensgemeinschaft sprechen. So wird sich regelmäßig schon nicht annehmen lassen, der Schenker hätte den Schenkungswillen nicht oder nicht in gleicher Höhe der Zuwendung entwickelt, wenn er gewusst hätte, dass die Ehe nach 15 Jahren – der durchschnittlichen Ehedauer zum Zeitpunkt der Scheidung in Deutschland im Jahr 2017 (vgl. Statistisches Bundesamt, www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Eheschliessungen-Ehescheidungen-Lebenspartnerschaften/Tabellen/masszahlen-ehescheidungen.html) – würde geschieden werden. Die Annahme, dass der Geschäftswille des Schenkers auf der Vorstellung von einer bestimmten oder gar lebenslangen Dauer der Beziehung aufbaut, entspricht daher nicht der Lebenserfahrung. Umso weniger rechtfertigt sich die Annahme einer solchen Geschäftsgrundlage angesichts des Umstands, dass konkrete Erwartungen des Schenkers hinsichtlich der Dauer des Zusammenlebens der Beschenkten notwendigerweise spekulativ sein müssen.

Es kann daher allenfalls aufgrund besonderer, im Einzelfall vom Tatrichter festzustellender Umstände angenommen werden, der Geschäftswille des Schenkers baue auf der Vorstellung einer lebenslang andauernden Beziehung auf. Als Grundlage der gemeinsamen schenkungsweisen Zuwendung von Grundeigentum oder hierfür bestimmter anderer Vermögenswerte an das eigene Kind und dessen Partner kommt vielmehr regelmäßig nur die Vorstellung in Betracht, die Lebensgemeinschaft und damit die gemeinsame Nutzung der Immobilie durch die Beschenkten werde von mehr als kurzer Dauer sein; Anhaltspunkte zur Bemessung dieses Zeitraums könnten sich insoweit aus der – freilich einen anderen rechtlichen Zusammenhang betreffenden – Rechtsprechung zur Bemessung der kurzen Dauer einer Ehe im Sinne von § 1579 Nr. 1 BGB ergeben.

(NZFam 2019, 822, beck-online)

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