(14) Demokratisierung: Wellen und Erklärungen Flashcards
Wellen der Demokratisierung nach
Huntington (1991) “The Third Wave: Democratisation in the late twentieth century”
Erste Welle der Demokratisierung
(1828 - 1926): Nordamerika, Westeuropa
Rückschlag (1922 - 1942)
Zweite Welle der Demokratisierung
(1943 - 1962): Europa, Japan, Lateinamerika, Afrika
Rückschlag (1958 - 1975)
Dritte Welle der Demokratisierung
(1974 - ? ): Südeuropa, Lateinamerika, Asien, Osteuropa
Rückschlag ?
Entwicklung der Demokratie in Chile
- 1970: Demokratisierung (Salvador Allende)
- Ausdehnung des Wahlrecht: auch Analphabeten
- 1973: Putsch (General Pinochet)
Entwicklung der Demokratie in Uruguay
- “Schweiz von Lateinamerika” (bereits Anfang 20.Jahrhundert in Richtung Demokratie)
- 1973: Putsch
- Präsident Bordabbery wird mithilfe des Militärs zum Diktator
Rückschlag nach der dritten Welle?
nicht direkt Rückfall, aber viele Länder bleiben auf dem Weg zur liberalen Demokratie stecken
- “delegative Demokratie”
- “defekte Demokratie”
- z.B. Polen Justiz
ab 1993: Dritte Welle der Autokratisierung
→ Nebeneinander von Demokratisierung & Autokratisierung
Demokratisierungsprozess
Autoratie → kompetitiv autoritär (es gewinnen immer die gleichen) → kompetitiv → Demokratie
Demokratisierung: Dahl (1971): Kosten der Tolerierung vs. Kosten der Unterdrückung
cost of toleration
Wie viel müssten aktuell Mächtige abgeben?
Modernisierungstheorie:
Fokus auf cost of toleration
cost of repression
Wie schwierig ist es, Streiks, Revolutionen etc. zu unterdrücken?
struktureller Demokratisierungsansatz:
Fokus auf beidem
internationale Faktoren:
- Kalter Krieg
- Fall der UdSSR → globale Hegemonie der Demokratie
- aber viele Scheindemokratien
- Einfluss-Spähre der Großmächte
Modernisierungstheorie allg.
(Kulturalismus)
> Wohlstand entschärft materielle Gegensätze und führt zu gesamtgesellschaftlichem Wertewandel
Lipset: “The more well-to-do a nation, the greater the chances that it will sustain democracy.”
Modernisierungstheorie: Indikatoren & Mechanismen
Indikatoren
- Wohlstand
- Industrialisierung
- Urbanisierung
- Bildung
Mechanismen
- Mittelschicht entsteht
- gemäßigt
- pro-demokratisch
- Bildung (mündige Bürger)
- höherer Lebensstandard
→ ideologische Mäßigung
Modernisierungstheorie: Welzel & Inglehart (2005)
existenzielle Sicherheit lässt Menschen nach postmaterialistischen Gütern streben
→ Selbstbestimmung und -verwirklichung
→ Demokratie wird erstrebenswert
starke Korrelation zwischen emanzipativen Werten & Demokratie in Staaten
Probleme der Modernisierungstheorie
- probabilistische Logik
- nur grobe Richtung, teilweise Länderunterschiede, die nicht erklärt werden können
- Demokratisierung i.d.R. nicht so konfliktfrei wie suggeriert
- Akteure werden vernachlässigt
- funktioniert nur in globaler Perspektive
- kein Zusammenhang in Lateinamerika & Afrika
- kein Erklärung für Wellen bzw. Autokratisierung
Struktureller Demokratisierungsansatz
(Strukturalismus)
> Wohlstand verändert Gesellschaftsstruktur und stärkt pro-demokratische Gruppen → Arbeiterklasse
Demokratie schafft Gewinner & Verlierer
- Eliten müssen Macht teilen
- bisher Ausgeschlossene bekommen Mitspracherecht
Entscheidend ist:
- Welche sozialen Gruppen gewinnen und welche verlieren
- Wie gut welche Gruppen organisiert sind
- je nach Weltregion andere Gewinner & Verlierer
- ökonomische Interessen
struktureller Demokratisierungsansatz: Kosten der Tolerierung
- Typus der Landwirtschaft
- DE: Großgrundbesitz → Faschismus
- Stärke der konservativen Parteien
- stark: alte Eliten können Interessen schützen
- Sicherheitsgefühl: “nicht so schlimm”, wenn auch Linke mitsprechen dürfen
- i.d.R. Überbleibsel aus vordemokratischer Zeit
→ Pfadabhängigkeit
- stark: alte Eliten können Interessen schützen
struktureller Demokratisierungsansatz: Wandel der Forschungstradition: alter Ansatz (Moore)
- Bourgeoisie ist treibende Kraft der Demokratisierung
- politischer &ökonomischer Liberalismus
- Gegner: Großgrundbesitzer
→ Liberalisierung führt zur Demokratie
struktureller Demokratisierungsansatz: Wandel der Forschungstradition: Weiterentwicklung durch Rueschenmeyer, Huber und Stephens (1992)
- Demokratie erst durch Mobilisierung der Arbeiterklasse
- Arbeiter benötigen Allianz mit Mittelklasse
- Gegner: weiterhin Großgrundbesitzer
→ Liberalisierung führt nicht zur vollen Demokratie, erst durch Arbeiterklasse
struktureller Demokratisierungsansatz: Wandel der Forschungstradition: Synthese aus Moore & Rueschenmeyer, Huber und Stephens
(s. Dahls Pfade der Demokratisierung)
Moore:
geschlossene Hegemonien
→ kompetitive Oligarchien
RHS:
kompetitive Oligarchien
→Massendemokratien
struktureller Demokratisierungsansatz: Kernaussagen
> Demokratie = fragiles Machtgleichgewicht zwischen verschiedenen Klassen
hat nichts zu tun mit
- demokratischen Überzeugungen
- Mittelklasse als pro-demokratischer Kraft
- Rolle von Persönlichkeiten / Anführern
struktureller Demokratisierungsansatz: Beispiel Chile
Rolle der Arbeiterklasse
- 1920er reformistischer Präsident Allessandri → Backlash
- 1930er: “Breite Front” (Kommunisten & Sozialisten)
- 1971: allgemeines Wahlrecht (Allende) → zentrale Rolle der Arbeiterklasse
- tangiert ökonomische Interessen der Eliten
- schwere Wirtschaftskrise
- konservative Parteien geschwächt
Akteurszentrierter Ansatz
(Rational Choice)
> strategische Entscheidungen einzelner Akteure führen zur Transition in die Demokratie, aber auch zu deren Zusammenbruch
Entstehung des Akteurszentrierten Ansatzes
- 1970er: Risse in autoritären Regimes
(Südeuropa & Lateinamerika) - “Transitions-Projekt”
- “Handlungsanleitung für Demokratisierer”
Akteurszentrierter Ansatz: Prämissen
- Demokratie ist Kompromiss
- “für alle die zweitbeste Lösung”
- demokratische Überzeugungen spielen keine Rolle
- strukturelle & ökonomische Voraussetzung für neue Demokratien sind oft schlecht
Akteurszentrierter Ansatz: Transitionsprozess
- Liberalisierung ist der Anfang
- strategisches Verhalten einzelner Akteure ist gefragt
Akteurszentrierter Ansatz: Stärken & Schwächen
Stärken
- Hilft, Prozesse zu verstehen, während sie ablaufen (nicht nur retrospektive Perspektive möglich wie bspw. bei strukturellem Ansatz)
- Anwendung bei Autokratisierung (s. nächste Vorlesung)
Schwächen
- erklärt nicht, ob Demokratie stabil wird oder nicht
- erklärt Unterschiede der Qualität von Demokratien nicht
Modernisierungstheorie kurz & knapp
> Werte und Wertewandel
→ harmonisch
- Anyalyseeinheit: nationale Gesellschaften
- langfristig
- Erklärungsansatz: breite Zusammenhänge (probabilistisch)
struktureller Ansatz kurz & knapp
> Machtgleichgewichte und Institutionen
→ konfliktreich
- Analyseeinheit: Gruppen (Klassen, Parteien…) mit gegensätzlichen Interessen
- langfristig (Gesellschaftsstruktur) und kurzfristig (Konflikte)
- historisch-spezifisch: jeder Fall soll erklärt werden
Transitionsansatz/akteurszentrierter Ansatz kurz & knapp
> Rationale Akteure
→ konfliktreich
- Analyseeinheit: Eliten
- kurzfristig
- Erklärungsansatz: Spieltheorie
- vorgelagerte Ursachen ausgeblendet, lediglich “entscheidender Moment”