Wahlrecht und Wahlsystem Flashcards
Kapitel 2 Wahlrecht und Wahlsystem
- Wahberechtigung und Wahlalter
Deutsches Reich von 1871: zunächst nur Männer, 25 Jahre
Weimarer Republik: aktiv 20 Jahre; passiv 25 Jahre
BRD: zunächst 21 Jahre und passiv 25 Jahre; 1970 mit der sozialliberale Koalition (1969-1982) Wahlalter herunter auf 18 (seit 1974)
Kapitel 2
- Das Wahlsystem bei Bundestagswahlen
Wahlalter (Artikel 38 GG)
Abgeordneten sind „in allgemeiner, unmittelbare, freier, gleicher, und geheimer Wahl“ zu wählen (Art. 38 GG I)
Mehrheit des Parlaments kann festlegen ob die Wählerstimmen nach Verhältniswahl oder Mehrheitswahl in Parlamentssitze umgerechnet werden
Änderung des Wahlgesetzes, haben die jeweilige Mehrheit im Bundestag verschiedentlich Gebrauch gemacht (in homöopathischen Dosierungen):
-Überwiegend kleinere Anpassungen oder Abänderugen von Instrumenten
-Konsens reine Verhältniswahlsystem der Weimarer Republik nicht mehr
—der Mandatsanteil der Parteien sollt auf der Basis der Verhältniswahl ermittelt werden (Sicherung der Existenzgrundlage kleinerer und mittlerer Parteien zu sicher); ein Teil der Abgeordneten nach relativer Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen gewählt werden
im Grundsatz bis heute der Kern des Regelwerk für die Bundestagswahlen:
-Fünf-Prozent-Sperrklausel auf Verlangen der Ministerpräsidenten mit der Unterstützung der Allierten (seit 1953 Hürde im gesamten Bundesgebiet)
—1956 Anzahl der Direktmandate, die einen Zweitstimmenanteil unter 5% ausgleichen konnten , von 1 auf 3 erhöht
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2.1 Verhältniswahl versus Mehrheitswahl
bei Bundestagswahlen nach der personalisierten Verhältniswahl:
-Erststimme werden per relativer Mehrheit die Direktkandidaten und die Zweitstimmen werden mit der proportionalen Repräsentation in Parlamentsmandate umgerechnet
—Verhältniswahl schützt aufstrebende Parteien als auch defensive etablierte Parteien
Mehrheitswahl hingegen soll handlungsfähige Mehrheit zustande bringen, Zersplitterung der Parteienlandschaft verringern und durch Regierungswechsel politisch innovativ wirken
-dafür erhebliche Disproportionen zwischen Stimmen- und der Mandatsverteilung
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2.2 Von der reinen Proportionalwahl zur personalisierten Verhältniswahl
Unterschiede zur Weimarer Republik:
-personalisierte Verhältniswahl; 5%-Sperrklausel; Überhangsmandate und seit 2013 Ausgleichsmandaten
erste Bundestagswahl (1949) nur eine Stimme; seit 1953 zwei Stimmen
-Erststimme (personalisierte Komponente) — wird Hälfte der Grundmandate gemäß relativer Mehrheit vergeben
-Zweitstimme — starre Parteilisten auf Länderebene (Landeslisten)
-Berechnung der Abgeordnetensitze der Parteien, Zweitstimmenanteile der Parteien
—seit 1956 bei Mandatsverteilung nur Parteien die Sperrklausel der Zweitstimme überwinden oder drei Direktmandate haben
Wahlreform 2013:
-Überhangsmandate werden kompensiert wenn die Zahl der von einer Partei gewonnen die der Mandate überstieg
-Größe der Bevölkerung — Sitzzahl eines Bundeslands, Sitzkontingent = Landeslisten der Parteien — bundesweite Mindestsitzzahl; Gesamtsitzzahl des Bundestags — jede Partei pro Sitz gleiche Anzahl Stimmen benötigt; Mandate auf den Landeslisten proportional gemäß den Zweitstimmen
—Reform beseitigt die Gefahr dass Überhangsmandate über Sieg und Niederlage entscheiden können
Umrechnung von Wählerstimmen in Parlamentssitze ist auch Größe und die Beschaffenheit der Wahlkreise sowie die starre Liste:
-Bundestagswahlen Einerwahlkreise mit dem Prinzip der relativen Mehrheit
(Mehrpersonenwahlkreis, Mehrheits- oder Verhältniswahl)
-Einzelkandidatur und starre Liste
—Listen werden von den Parteien beherrscht (mittlerweile sogar monopolisiert) — „zu viel Parteienstaat“
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3 Bewertung der personalisierten Verhältniswahl
Insgesamt hat sich das deutsche Wahlsystem bewährt, laut Experten
—ausländische Experten rühmen es dafür das es politische Minderheiten respektiert und doch übermäßige Zersplitterung verhindere
Minderheit meint das die Verhältniswahl die Demokratie unterhöhle:
-nicht bestätigte und ausgebliebene Negativwirkungen wie, ein fragmentiertes Parteiensystem, politische Instablität, blockieren der Innovationsfähigkeit, verhindern die Mobilisierung von Abwehrkräfte gegen Demokratiegegner
—Vetospieler in Ländern mit Verhältniswahlrecht zahlreicher; deshalb verfügen Regierungen mimt Mehrheitswahl unter Umständen über größere Handlungsspielräume
zweite Einschränkung — für die Regierungsbildung werden Koalitionen benötigt:
-bei fehlender Mehrheit einer Partei nicht länger in der Macht der Wähler sonder bei den Vertretern
—Prinzipal-Agent-Problem: tendenzielle Loslösung der gewählten Repräsentanten, der Agenten, von ihren Wählern, dem Prinzipal
Manche Kritiker, Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl der Abgeordneten verletzt
-verantwortlich dafür die starren Listen; da Parteien die Listenplatzierungen monopolisieren — Wähler hätten faktisch keine freie Wahl
—Kritiker empfehlen flexible Listen, die dem Wähler Einfluss auf die Auswahl der Bewerber, beispielsweise durch das Panaschieren und Kumulieren wie im süddeutschen Kommunalwahlrecht, geben
Personenwahlkomponente der Erststimme mitunter fragwürdig:
-Kandidaten dei in einem Wahlkreis verlieren sind durch die Listenplätze abgesichert und ziehen trotz Niederlage ins Parlament
—verletzte nach Kritikern den Grundsatz der Unmittelbarkeit
Verhältniswahl kann beträchtliche Disproportionen zwischen Stimmenanteilen und Regierungsbeteiligung hervorbringen:
-kleine Parteien können zum Koalitionspartner einer größeren Regierungspartei aufsteigen, dadurch überdurchschnittlich großen Einfluss auf die Politikgestaltung ausüben
—Zünglein an der Waage wer die Bundesregierung führt; FDP und die Grünen
Kritik an der Sperrklausel:
- Repräsentationslücke wurde immer größer
unter Umständen von geringere Handlungsspielräume,
Wählerentmachtung,
Nichtrepräsentation größerer Wählergruppen und mehr,
-relativieren die These dass die Verhältniswahl die wichtigsten Gütekriterien von Wahlsystemen (Repräsentation, Partizipation, Interessenbündelung, Einfachheit, Legitimität) einigermaßen ausgewogen erfülle
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- Wahlrechtsreform?
Versuchung, Wahlrecht zum eigenen Vorteil zu reformieren, ist für alle Parteien groß
-denn: Wahlrechtsfragen sind Machtfragen, entscheiden über Inklusion oder Exklusion, Stärkung und Schwächung alter/neuer politischer Gegner
-Hürden für Reformen sind niedrig, Wahlsystem für Bundestagswahlen von der Parlamentsmehrheit geändert werden
—kleinere Parteien aus Selbsterhaltungsinteresse nicht an einem Mehrheitswahlsystem interessiert; würde eine Bündnis der größeren Parteien erfordern
Große Koalition (66-69) Einführung eines Mehrheitswahlsystem erwogen; SPD hat eine dauerhafte Majorisierung der Union befürchtet:
-SPD war nur in drei Bundestagswahlen die stärkste Partei (72, 98, 02); wäre demnach bei einem Mehrheitswahlsystem öfter und länger in der Opposition gewesen als beim Verhältniswahlsystem
—bemerkenswerter Unterschied zu anderen Ländern in denen das Wahlrecht im politischen Kampf viel häufiger instrumentalisiert wird
Wahlrechtsreformen wurden vom VerfG angemahnt:
-hat zwei Korrekturen verlangt (2013):
+Sicherstellung der Erfolgswertgleichheit der Stimmen der Wähler, die aufgrund komplizierter Verrechnungsvorgängen im alten Wahlrecht nicht gewährleistet worden war
+Ausgleich der Überhangsmandate
—angemahnte Reformen zeugen von einem allgemeinen Sachverhalt: Politik erfolgt in Deutschland in nicht geringem Maße durch „Regieren mit Richtern“