Vorlesung 9 - Methoden der Kriminalprognose Flashcards
In welche verschiedenen Gruppen können Persönlichkeitsstörungen gruppiert werden?
Cluster A: sonderbares und exzentrisches Verhalten
Paranoide, schizoide und schizotypische Persönlichkeitsstörung
Cluster B: emotionales, dramatisches und launisches Verhalten
Borderline-, Antisoziale, Histrionische und Narzisstische Persönlichkeitsstörung
Cluster C: ängstliches und furchtsames Verhalten
Vermeidende, abhängige und zwanghafte Persönlichkeitsstörung
Wie hängt die Persönlichkeit eines Täter mit seinem Rückfallrisiko zusammen?
Je enger der Zusammenhang zwischen der Persönlichkeit und der Tat, desto höher das Rückfallrisiko
Persönlichkeitsdiagnostik dient der Generierung von Hypothesen
“Prädeliktische Persönlichkeitsentwicklung”
Welche Methoden können zur Persönlichkeitsdiagnostik verwendet werden?
Unstrukturierte Verhaltensbeobachtung
Halbstrukturierte Interviews
Psychometrische Fragebögen
Welche Rolle spielt Impulsivität in der Bewertung des Rückfallrisikos?
Impulsivität stellt einen zentralen Risikofaktor für Rückfälligkeit dar
Kombination aus Risikoverhalten, geringer Vorausplanung und Lebendigkeit
Verhalten dass ohne ausreichende Reflexion unternommen wird und das ein Individuum mit geringerer Voraussicht handeln lässt
Einschränkungen in mind. den Bereichen:
- Handeln aus dem Moment heraus (motorische Aktivierung)
- keine Planung oder Nachdenken (Mangel an Planung)
- mangelnde Konzentration auf gerade zu lösende Aufgabe (Aufmerksamkeit)
Was ist das Ziel der Tathergangsanalyse?
Methode zur Herleitung eines Tätertypus, Herleiten einer individuellen Delikthypothese
Die Delikthypothese ist eine individuelle Kriminaltheorie, die sich aus der Analyse der Täterpersönlichkeit, der Tatsituation und des Tatgeschehens ergibt
Voraussetzung: Vorstellung der Persönlichkeit / Lebenssituation
Was hat der Täter getan, obwohl er es nicht hätte tun müssen? (Overkill, Undoing, etc.)
Welche Merkmale wies das Opfer aus?
Gab es Handlungsabbrüche - oder Eskalation?
Welche Faktoren spielen beim Erstellen einer Tathergangsanalyse eine Rolle?
Vorgestalten der Tat (z.B. Fantasieren, kriminogene Einflüsse)
Prozess der Tatentscheidung (Idee, Handlungsentscheidung, tathemmende Kognitionen, Planung, Vorbereitung)
Durchführung (genaue Handlungsdynamik, Aktion/Reaktion, Interaktion)
Analyse des Nachtatverhaltens
Begleitende Kognitionen/Affekte
Was ist das idiographische Prozessmodell zur Delikthypothese von Dahle?
startet mit diagnostische Datenerhebung (Akten, Exploration des Täters)
ermöglicht Rekonstruktion der biographischen und strafrechtlichen Entwicklung
Persönlichkeit und Lebenssituation bei Anlasstat führt zu Tathergangsanalyse
Aufstellung einer individuellen Kriminaltheorie (mithilfe allgemeiner Theorien und empirischen Erfahrungen)
Welche Arten der Prognosestellung gibt es?
Intuitive Prognose: Hochgradig subjektiv, erfahrungsbasiert (veraltet)
statistische / aktuarische (“nomothetische”) Prognose Empirische Prognose aufgrund eines Algorithmus
klinische (“idiographische”) Prognose: individuelle Untersuchung der Täterpersönlichkeit zur Hypothesengenerierung
Was ist der nomothetische Ansatz der Prognosestellung?
Abgleich der spezifische Deliktkategorie mit der Wiederverurteilungsrate der Gesamtpopulation
Abgleich der spezifischen Persönlichkeitsvariablen mit der Wiederverurteilungsrate der Gesamtpopulation
Resultat: statistische Kennwerte in Prozent
+ : objektiv, reliable, valide
- kaum veränderbar, ungenügende Abbildung des Einzelfalls
“Der beste Prädiktor für zukünftiges Verhalten ist vergangenes/aktuelles Verhalten”
Was ist der idiographische Ansatz der Prognosestellung?
Betrachtung des Einzelfalls
Sorgfältige biographische Untersuchung
Krankheits- und Delinquenzanamnese (z.B. eingeschliffene Verhaltensmuster)
Vergangenheit / Gegenwart / Zukunft
klinische Einschätzung
-> geringere Objektivität, Reliabilität, Validität
Was ist ein Risikofaktor?
Merkmale, die aufgrund einfacher Korrelationen mit Rückfälligkeit als Risikomerkmale eingestuft werden
statistische Risikofaktoren: Um wen muss man sich grundsätzlich Sorgen machen?
- Anamnestische Daten (biologische Grundlagen)
- stabile persönlichkeitsgebundene Dispositionen
- kriminologische Faktoren
Dynamische Risikofaktoren: Wann muss man sich Sorgen machen?
- Fehlhaltungen und -einstellungen
- risikoreiche Reaktionsmuster
- klinische Symptome
Was ist ein Schutzfaktor?
Merkmale, die einen schützenden Einfluss auf Rückfälligkeit haben
Statische Schutzfaktoren:
- sichere Bindung
- Intelligenz
Dynamische Schutzfaktoren:
- Internale Faktoren (Empathie, Selbstkontrolle, etc.)
- motivationale Faktoren (z.B. Arbeit, Freizeit, Lebensziele)
- Externale Faktoren (bspw. Beziehung, Freunde, Behandlung)
Wie ist das 4-stufige Konzept der Risikobeurteilung aufgebaut?
Nomothetisch:
-Referenzkategorie
- Basisraten
- statische Risikofaktoren
Idiographisch:
- Persönlichkeitsanalyse
- Risikoprofil
- Entwicklungspotenzial
- Schutzfaktoren
- Compliance
Delinquenzgenese:
- Kriminalitätsentwicklung
- Tathergangsanalyse
- Delikthypothese
Risikomanagement:
- Therapieempfehlungen
- Vollzugslockerungen
- Entlassungsperspektive
Welche Probleme weist eine statistische Prognose in der Risikoeinschätzung auf?
Risikokommunikation mittels Wahrscheinlichkeiten kann zu Missverständnissen führen
Risikoeinschätzungen über einen längeren Zeitraum sind weniger zuverlässig (etwa 1 Jahr)
Prognoseinstrumente sind im Durchschnitt 70% treffsicher
Welche Verzerrungseffekte führe zu Problemen bei der klinischen Einschätzung von Tätern?
Bias = Fehlschlüsse. unbewusste Verzerrungseffekte
- Confirmation bias
- Availability bias
- Negativity bias
Persönliche/Moralische Vorurteile
Überreaktion und Unterreaktion
Falscher Anker: Manifestation des Ersteindrucks (bspw. “Der sadistische Triebtäter”)
Zu starkes Vertrauen in die eigene Hypothese