Vorlesung 20 - Methoden der Straftäterbehandlung Flashcards

1
Q

Was bedeuten die Ansätze “nothing works” und “what works”?

A

Literaturübersicht zum Thema Straftäterbehandlung 1954:
“Most treatment programs are based on hope and perhaps informed speculation rather than verified information.”

Begriff geht auf Literaturübersicht von Martinson et al. zurück

231 kontrollierte Behandlungsuntersuchungen wurden untersucht
- 40-60% der Studien berichten von positiven Therapieeffekten
- 45% der Studien zeigten signifikante reduzierte Rückfallraten

Resultat: Politik und Gesellschaft setzen wieder verstärkt auf Bestrafung
- höhere Freiheitsstrafen, weniger Therapie von Straftätern

In den 80er Jahren mehrten sich Studien, die positiven Effekt der Straftäterbehandlung zeigten

Vorstellung des RNR-Modells steht in einer Linie mit Änderung des Diskurses zu “what works?”

Beginn der “evidenz-basierten” Therapieforschung mit Blick auf die differentiellen Effekte unterschiedlicher Behandlungsprogramme bei verschiedenen Straftätergruppen und in verschiedenen Settings

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2
Q

Wie lassen sich Maßnahmen der Straftäterbehandlung evaluieren?

A

Effekte verschiedener Behandlungsmaßnahmen sind von verschiedenen Einflussgrößen abhängig

Merkmale des Programms:
- Programminhalt, Qualität der Durchführung, Intensität, Individualisierung/Standardisierung

Merkmale des Kontext:
stationär vs. ambulant, Institutionsklima, Kompetenz d. Personals, Schutzfaktoren

Merkmale der Evaluation:
Qualität des Designs, Stichprobengröße, Art des Wirkungsmaß, Länge des Follow-up

Tätermerkmale:
Grad des Rückfallrisikos, Persönlichkeitsmerkmale, Behandlungsmotivation/-abbruch, Alter, biographische Merkmale

Frage: Was wirkt für wen unter welchen Bedingungen?

Allgemein: Effektivität der Straftäterbehandlung ist umstritten

eher kleine - mittlere Effekte, ambulante effektiver als intramurale Behandlung

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3
Q

Welche verschiedenen Therapiemethoden finden in der Straftäterbehandlung Verwendung?

A

kognitiv-behaviorale Methoden:
- (Psycho)therapeutische Behandlung
- Verhaltenstherapeutische Methoden
- Schematherapeutische Methoden

Traumatherapie
Milieutherapie
Medikamentöse Behandlung
Psychodynamische Methoden

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4
Q

In welche Phasen lässt sich die Einzeltherapie nach Bonta & Andrews einteilen?

A

Phase 1: Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung
- zwischenmenschliche Kommunikation: offene, flexible und enthusiastische Gesprächsführung, Klient soll offen Meinung, Gefühle, Erfahrungen ausdrücken
- Voraussetzung: Gegenseitiger Respekt, Gesprächsatmosphäre, Humor, Aufmerksamkeit, regelmäßiger Kontakt
- gemeinsame Definition von Therapiezielen

Phase 2: Erlernen prosozialer Kompetenzen
1. Effektives Modell
2. positive Verstärkung prosozialer Verhaltensweisen/Meinungen/Gefühle
3. Ablehnung antisozialer/negativer Verhaltensweisen/Meinungen/Gefühle
- 4:1 Regel (4x Lob auf 1x Kritik)
4. Kognitive Umstrukturierung: Klient musss Zusammenhang zwischen Gedanken/Fantasien und Verhalten verstehen
5. Aufbau prosozialer Fähigkeiten: z.B. Problemlösekompetenz und Selbstkontrolle
- Rollenspiele, Hausaufgaben, Erprobung in Risikosituationen mit anschl. Reflexion

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5
Q

Welches Ziel hat das motivational interviewing?

A

Hintergrund: Therapieabbruch besonders häufig bei Straftätern mit hohen Risiko (risk) und vielen kriminogenen Bedürfnissen (need)

Ziel des MI: Wechsel von Denken zu Handeln

Strategie: Behandelnde Person kreiert eine Beziehungsebene, die nicht bedrohlich ist, stellt gutes Arbeitsverhältnis her und versuch, behutsam eine Problemeinsicht beim Klienten zu generieren

Motivational Interviewing dient dem Aufbau einer Therapiemotivation

weitere Mittel zur Förderung der Änderungsmotivation:
- Wissensvermittlung (“Psychoedukation”)
- Erhöhung der Ansprechbarkeit (Vermeidung “akademischer” Kommunikationsstil)
- Komplementäre Beziehungsgestaltung (hohes Ausmaß von Autonomie = verschiedene Entscheidungsoptionen)
- Annäherungsziele definieren: Therapieziele nicht zu hoch stecken
- “Good-Lives-Model” als theoretisches Rahmenkonzept

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6
Q

Welche Rolle spielen gruppentherapeutische Maßnahmen im Strafvollzug?

A

In Sozialtherapie und Maßregelvollzug (kein Regelvollzug)

Bei Straftätern mit Persönlichkeitsstörungen grundsätzlich indiziert

In der Regel kombiniert mit Einzeltherapie

Setting:
- intramural, stationär oder ambulant
- feste Gruppen vs. kontinuierlicher Wechsel
- wöchentliche Treffen
- Therapiekontrakt und feste Grundregeln (z.B. Verschwiegenheit, keine Gewalt, Ausreden lassen, etc.)
- Delikthomogen vs. Deliktheterogen

Leiterpaar fungiert als Rollenvorbild

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7
Q

In welche Gruppenphasen teilt Wellhöfer die Gruppentherapie im Strafvollzug ein?

A
  1. Forming:
    Unsicherheit und Angst was kommen könnte; Suche nach Ordnung und Überblick; Erhoffen von Hilfestellungen von Gruppenleitern
  2. Storming:
    Auseinandersetzung und Machtkampf, Suche nach eigenem Platz in Beziehungsgeflecht der Gruppe
  3. Norming:
    Vertrautheit; Identifikation mit der Rolle, den Gruppenzielen und den Mitgliedern
  4. Performing:
    Etablierung, gemeinsame Arbeit an zielen, aufgaben- und beziehungsorientiert
  5. Abschluss und Neuorientierung:
    Auflösung, Suche nach neuen Zielen
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8
Q

Was ist das soziale Kompetenztraining?

A

Soziales Kompetenztraining (SKT)

große Verbreitung in Gefängnis und Maßregelvollzug

soziale Kompetenz: Fähigkeiten und Fertigkeiten, die es einem Individuum gestatten, sich in einer sozialen Situation angemessen und erfolgreich zu verhalten

Ziel: bessere Alltagsbewältigung

Unterschiedliche Varianten in der Praxis:
- Vermittlung fundierter Informationen in den Bereichen Recht, Umgang mit Geld und Behörden
- Vermittlung sozialer Fertigkeiten in den Bereichen Kommunikation, des sozialen Handelns in bestimmten Situationen und um die Gestaltung sozialer Beziehungen

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9
Q

Was sind Lockerungen im Strafvollzug?

A

“Zurückfahren” der Sicherungsfunktion des Vollzugs durch die schrittweise Zurücknahme von baulichen, institutionellen und personellen Sicherungsmaßnahmen und Kontrollmechanismen

Funktionen von Lockerungen:
- Therapiefunktion im Sinne von sozialen Training
- Entgegenwirken von Hospitalisierungseffekten
- Motivationsfunktion
- Erprobungsfunktion

mittels Stufenplans werden Lockerungen strukturiert und gesteuert

Lockerungen sind kein Privileg sondern Recht jedes Insassen, aber kein Automatismus! (können rückgängig gemacht werden)

Studien zur Wirksamkeit:
- allgemein positiver Effekt
- Reduktion des Rückfallrisikos? (Kausalität vs. Korrelation)
- größere Chancen auf dem Wohnungs-/Arbeitsmarkt

selbstständige Lockerungen korrelieren mit Anzahl protektiver Faktoren sowie deutscher Staatsangehörigkeit

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10
Q

Was ist über die Behandlung von psychopathischen Straftätern bekannt?

A

Allgemein: Psychopathen sprechen schlecht auf therapeutische Maßnahmen an (fehlende Motivation, Veränderungswiderstand)
- “nothing works”

hohe Werte in der Facette “Affektiv” gehen mit hohem Therapieabbruch sowie schlechter therapeutischer Beziehung einher

weitere Herausforderungen in der Therapie:
- Bedrohung, Abwertung, Einschüchterung, Manipulation

Therapeutische Intervention nach RNR-Modell:
- kriminogene Bedürfnisse (needs): Lebenswandel/antisoziale Facette
- Ansprechbarkeit (responsivity): interpersonelle/affektive Facette

Arbeit an dynamischen Risikofaktoren:
- betrügend/manipulativ
- sexuelle Wahllosigkeit
- Mangel an Reue/Schuldbewusstsein
- schwache Verhaltenskontrolle
- Mangel an realistischen Zielen

kognitiv-behaviorale Ansätze zeigen mittlerweile Therapieerfolge
- 73% abgeschlossene Therapie, Reduzierung der Rückfallrate um 1/3
- signifikant kürzere Folgeinhaftierungen als Unbehandelte

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11
Q

Wie läuft die Behandlung von substanzabhängigen Straftätern ab?

A

Beratungsangebote

Gruppentherapie (Suchtgruppe)

Unterstützung bei der Abstinenz

ggf. Substitutionsbehandlung (Methadon)

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12
Q

Wie funktioniert die Behandlung von Straftäterinnen bestmöglichst?

A

Studien zur Wirksamkeit von Behandlung bei Frauen fehlen

bekannte Faktoren derzeit:
- umfangreiche Besuchsmöglichkeiten
- positives Anstaltklima
- Beratungsangebote für Abhängigkeiteserkrankungen
- Aus- und Weiterbildung

spezielle Subgruppen im Maßregelvollzug:
Schizophrene Frauen
- haben Familie/Kinder, spätere Erkrankung, wenig Substanzkonsum
- Belastung durch Trennung von Kindern, Schutzraum

Persönlichkeitsgestörte Frauen
- deutlich jünger, extrem niedriges soziales Funktionsniveau, emotionale Instabilität, schwerwiegende Traumata
- erlernen sozialer Kompetenz, Suchttherapie, DBT oder Schematherapie

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