Unklare Prinzipien und Begriffe Flashcards

1
Q

Staatsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz

A

Der Bürger muss erkennen, welche Rechtsfolgen sich aus seinem Verhalten ergeben können. Die staatliche Reaktion auf sein Handeln muss also voraussehbar sein, anderenfalls bestünde die Gefahr einer staatlichen Willkür
-> Der Bestimmtheitsgrundsatz schafft im Staatsrecht Rechtssicherheit

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2
Q

Konkrete Ausgestaltung des staatsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes

A

Wenn der Staat dem Bürger gegenüber auftritt (insbesondere durch Gesetze/Verwaltungsakte), muss eine hinreichend klare Formulierung und eine Bestimmung der Rechtsfolgen Voraussetzung sein
-> Konflikt mit der notwendigen Abstraktheit, mit der vor allem Gesetze formuliert werden müssen, damit sie auch alle relevanten Fälle regeln

Durch flexiblere Gestaltung der Gesetze kann der Gesetzgeber die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz umgehen (z.B. durch Verwendung von sogenannten unbestimmten Rechtsbegriffen)

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3
Q

Strafrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz, Art. 103 II GG

A

Art. 103 II GG -> besondere Ausgestaltung des Bestimmtheitsgrundsatzes für das Strafrecht

  • Strafbarkeit muss gesetzlich bestimmt sein (nullum crimen / nulla poena sine lege)

-> daraus wird weitgehendes Analogieverbot abgeleitet => analoge Anwendung von Vorschriften zu Lasten des Täters ist ausgeschlossen

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4
Q

Zitiergebot, Art. 19 I 2 GG

A

Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG: Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, (…) muss das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

Zweck: Der Gesetzgeber soll vor der Einschränkung von Grundrechten gewarnt werden und ihm sollen die Auswirkungen seines Gesetzes vor Augen geführt werden, indem ihm die Pflicht auferlegt wird, bei Erlass eines Gesetzes die Folgen zu bedenken (Warn- und Besinnungsfunktion).

Anwendungsbereich:
- Nur Grundrechte mit echten Gesetzesvorbehalten!! (nicht vorbehaltslos gewährleistete Grundrechte und Grundrechte mit Regelungs- (Art. 12 GG) und Ausgestaltungsvorbehalten (Art. 14 GG))

  • nur bei klassischem Eingriff
  • NICHT bei der allgemeinen Handlungsfreiheit
  • NICHT bei allgemeinen Gesetzen iSv Art. 5 II
  • NICHT bei vorkonstitutionellen Gesetzen

GRUNDRECHTE, auf die Zitiergebot Anwendung findet:
- Art. 2 II
- Art. 6 III
- Art. 8 II
- Art. 10
- Art. 11
- Art. 13
- Art. 16 I 2GG

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5
Q

Verbot des Einzelfallgesetzes, Art. 19 I 1 GG

A

Gesetze müssen “allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten.”
- Art. 19 I 1 verbietet es dem Gesetzgeber aus eine Reihe gleichartiger Sachverhalte einen Fall herauszugreifen und zum Gegenstand einer Sonderregelung zu machen

  • Verbot greift NICHT, wenn Gesetzgeber Sachverhalt regelt, der nur einmalig auftritt und es für die Regelung sachliche Gründe gibt
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6
Q

Wesensgehaltsgarantie, Art. 19 II

A

Kein Grundrecht darf seinem Wesen nach angetastet werden

  • unklare Begriffsbestimmung und wem der Wesensgehalt zu verbleiben hat
  • Muss für jedes Grundrecht individuell bestimmt werden

Theorie vom relativen Wesensgehalt
-> Wesensgehalt nicht nur für jedes Grundrecht, sondern auch für jeden Eingriff zu ermitteln
- Gesamtabwägung zwischen öffentlichen und privaten Interessen
=> Wenn in der konkreten Abwägung “gewichtige Schutzinteressen den Eingriff legitimieren und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist”, dann is der WESENSGEHALT NICHT angetastet

P: Neben der ohnehin vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung kommt Art. 19 I I keine eigenständige Bedeutung zu

Theorie vom absoluten Wesensgehalt
-> Wesensgehalt als feste und vom Einzelfall unabhängige Größe (absolut)
- was genau dadurch geschützt wird ist unklar

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7
Q

Was ist unter Wesensgehalt zu verstehen? (Str.)

A

Theorie vom relativen Wesensgehalt
-> Wesensgehalt nicht nur für jedes Grundrecht, sondern auch für jeden Eingriff zu ermitteln
- Gesamtabwägung zwischen öffentlichen und privaten Interessen
=> Wenn in der konkreten Abwägung “gewichtige Schutzinteressen den Eingriff legitimieren und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist”, dann is der WESENSGEHALT NICHT angetastet

P: Neben der ohnehin vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung kommt Art. 19 I I keine eigenständige Bedeutung zu

Theorie vom absoluten Wesensgehalt
-> Wesensgehalt als feste und vom Einzelfall unabhängige Größe (absolut)
- was genau dadurch geschützt wird ist unklar

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8
Q

Wem muss trotz des Eingriffs etwas bleiben? (Str.)

A

A1: Für den jeweiligen Grundrechtsinhaber muss trotz aller Eingriffe noch etwas bleiben

P: Art. 2 II 1 -> Eingriffe in Grundrecht auf Leben (Eingriff durch finalen Todesschuss) -> haben immer Tod zur Folge -> GR-Träger bleibt nichts mehr

A2: Kommt auf Bedeutung des Grundrechts im Allgemeinen an
- Beeinträchtigung des Wesensgehalts kommt nur in Frage, wenn wenn das jeweilige Grundrecht und die in ihm enthaltenen Wertentscheidungen und Prinzipien in der Rechtsordnung ihre generelle Bedeutung verlieren würden

P: GR würden dadurch Bedeutung als Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat einbüßen
- Betroffenen hilft es nicht, dass GR, das ihm entzogen wurde anderen Menschen zu steht

-> Trotzdem vorzugswürdige Auffassung

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9
Q

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Form des Übermaßverbots

A

Meistens der wichtigste Prüfungspunkt in der Klausur

Hinweis: Bei Eingriff „aufgrund“ eines Gesetzes ist neben der Verhältnismäßigkeit des Gesetzes (= Rechtsgrundlage der konkret eingreifenden staatlichen Handlung) auch zu prüfen, ob die Handlung selbst (etwa ein Bußgeld) die tatbestandlichen Vss. der Rechtsgrundlage erfüllt und zudem selbst verhältnismäßig ist – es sind also zwei separate Verhältnismäßigkeitsprüfungen vorzunehmen! Die Prüfung erfolgt nach Schema:

(1) Verfassungslegitimes Ziel
Verfolgt der Gesetzgeber mit dem Gesetz einen von der Verfassung prinzipiell gebilligten Zweck?

(2) Geeignetheit des (an sich verfassungslegitimen) Mittels
Ist das vom Gesetzgeber gewählte Mittel (also das einschränkende Gesetz) prinzipiell geeignet, dieses Ziel zu erreichen? Fördert es also irgendwie den angestrebten Zweck?

Hinweis: Bei Parlamentsgesetz wegen der Einschätzungsprärogative des formellen Gesetzgebers Prüfung nur ob nicht schlechthin ungeeignet.

(3) Erforderlichkeit des Mittels
Gibt es ein milderes, aber gleich wirksames Mittel zur Erreichung des Zwecks?
Hinweis: Hier in Klausur etwas Fantasie entwickeln; beachte auch hier die Einschätzungsprärogative des formellen Gesetzgebers.

(4) Angemessenheit des Mittels / Verhältnismäßigkeit i. e. S. /Proportionalität Abwägung der widerstreitenden Rechtsgüter in einer Zweck-Mittel-Relation; Frage, ob der Nutzen für den verfolgten Zweck in einem recht gewichteten und wohl abgewogenen Verhältnis zum damit verursachten (Eingriffs)Schaden steht.
Nach dem Gebot der praktischen Konkordanz größtmögliche Grundrechtsverwirklichung, „Seifenblasentheorie“.

Hinweis: Neben dem Übermaßverbot gibt es auch das UNTERmaßverbot, so ist der Gesetzgeber laut BVerfG etwa verpflichtet, zum effektiven Schutz des ungeborenen Lebens den Schwangerschaftsabbruch unter Strafe zu stellen (§ 218 StGB – nicht rechtfertigende, tatbestandsausschließende Fristenlösung mit Beratungspflicht)

gg) Sonstige materielle Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
Weiter zu prüfen ist das Rechtsstaatsprinzip und hieraus etwa der allgemeine Vertrauensschutz und das Rückwirkungsverbot (gesondertes Schema), dies kann auch iRd Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen

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10
Q

Untermaßverbot

A

Das Untermaßverbot untersagt es dem Staat, weniger zum Schutz der Grundrechte seiner Bürger zu tun als mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Aus dem Untermaßverbot leitet sich daher eine Pflicht des Staates zum Schutz der Grundrecht ab.

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