Art. 3 Gleichheitsrechte Flashcards
Prüfungsaufbau bei Gleichheitsrechten
- Rechtlich relevante Ungleichbehandlung
- Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
Gleichheitsrechte in der Fallbearbeitung
- meist in Kombination mit Freiheitsrechten
-> Eingebürgerte Regel:
Alle in Betracht kommenden Freiheitsrechte sind vor den Gleichheitsrechten zu prüfen
Sachliche Hinsicht des Art. 3 I
Verbot wesentlich Gleiches ungleich und wesentlich Ungleiches gleich zu behandeln, wenn nicht eine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung vorliegt.
Rechtlich relevante Ungleichbehandlung
Liegt vor, wenn sie durch den gleichen Hoheitsträger in seinem eigenen Kompetenzbereich erfolgt.
Willkürformel
Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.
Kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muss.
-> Gerechtfertigt ist Eingriff, wenn sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliegt und sie nicht willkürlich ist.
Neue Formel
Das Grundrecht ist vor allem verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.
Fallbearbeitung bei der Prüfung der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
Einleitung, OS
Nach der neuen Formel des BVerfG bedarf jede Ungleichbehandlung einer Rechtfertigung durch Sachgründe, die sich im Hinblick auf Ziel und Ausmaß der Ungleichbehandlung als verhältnismäßig erweisen.
-> daran schließt klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung an (mit Besonderheiten bei der Prüfung des legitimen Zwecks und der Angemessenheit)
Legitimer Zweck einer Ungleichbehandlung
Interne Zwecke
Der Staat verfolgt mit der Ungleichbehandlung einen in den vorgefundenen Unterschieden begründeten internen Zweck.
-> will vorhandenen Unterschieden Rechnung tragen
-> bei der Prüfung darauf abzustellen, ob die Unterschiede tatsächlich bestehen und hinreichend gewichtig sind, um die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen
Legitimer Zweck einer Ungleichbehandlung
Externe Zwecke
Der Staat setzt die Ungleichbehandlung als Instrument zur Verfolgung sonstiger externer Zwecke des Allgemeinwohls ein.
-> bei der Prüfung kommt es auf den Stellenwert dieser Zwecke an
Eignung
Die Ungleichbehandlung muss dem Zweck dienen. Die bloße Möglichkeit der Zweckerreichung genügt.
- Wahl des Differenzierungskriterium muss in Hinblick auf den Zweck sachlich begründet sein
Erforderlichkeit
Entscheidend ist, ob eine treffsichere, weniger belastende Unterscheidung - also ein milderes Mittel mindestens gleicher Effektivität - in Betracht kommt.
Angemessenheitsprüfung
- Zweck und Mittel müssen gegeneinander abgewogen werden
-> Bedeutung des Zwecks ist der Intensität der Ungleichbehandlung gegenüber zu stellen
-> Bei Bewertung des Zwecks gewinnt die Unterscheidung von internen und externen Zwecken eine gewisse Bedeutung
Interne Zwecke -> Art und Gewicht der bestehenden Unterschiede zwischen den verscheiden behandelten Gruppen ausschlaggebend -> je größer die Unterschiede, desto unabweisbarer ist das Bedürfnis nach einer Differenzierung und desto wertvoller ist der staatlich verfolgte Zweck
Externe Zwecke -> Zwecke müssen möglichst unter Heranziehung sonstiger Verfassungsnormen nach Art und Gewicht bewertet werden -> Maßstabsbildung muss aus der Verfassung erfolgen
Nach Herausarbeitung der Bedeutung des Differenzierungsziels, richten sich die Bindungen des Gesetzgebers und damit der Prüfungsmaßstab nach der Intensität der Ungleichbehandlung
Intensive Ungleichbehandlung: strenge Angemessenheitsprüfung
Ungleichbehandlungen mit weniger Gewicht: nur Willkürkontrolle
-> Verfassungsrechtliche Kontrolle nimmt mit zunehmendem Gewicht der Ungleichbehandlung zu
-> BVerfG geht davon aus, dass stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab gilt
Angemessenheitsprüfung
Kriterien für gesteigerte Kontrolle
- nicht abschließende Kriterien, die auf eine intensiv wirkende Ungleichbehandlung hinweist und die deshalb eine strengere Angemessenheitskontrolle erfordern
- personenbezogene Ungleichbehandlung
- wenn eine sach- bzw. verhaltensbezogene Differenzierung mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt
- wenn sich das verwendete Differenzierungskriterium den in Art. 3 III genannten Merkmalen annähert
- je weniger die Betroffenen in der Lage sind durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen
- wenn die Ungleichbehandlung negative Auswirkungen auf den Gebrauch von Freiheitsrechten hat
- in der Leistungsverwaltung und insbesondere im Steuerrecht wirkt sich eine Ungleichbehandlung umso intensiver aus, je stärker der Gesetzgeber das Gebot der Folgerichtigkeit (Systemgerechtigkeit) missachtet
Angemessenheitsprüfung
Kriterien für eine gelockerte Kontrolle
- gesteigerte Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers
-> gelockerte verfassungsrechtliche Kontrolle bis hin zu einer bloßen Willkürkontrolle - bloße sach- bzw. verhaltensbezogene Ungleichbehandlung (Verhalten kann an Regelung angepasst werden um der Ungleichbehandlung auszuweichen)
- Differenzierungsmerkmal für Betroffene verfügbar -> kann Differenzierung ausweichen
- Gewährung von freiwilligen staatlichen Leistungen
- Regelung von Massenerscheinungen
- Regelung komplexer Lebenssachverhalte
- Prognoseentscheidungen
Angemessenheitsprüfung
Abwägung
- endet mit Abwägung von Art und Gewicht der Unterschiede/Gründe
- Anforderungen an Zweck steigen mit steigender Intensität der Ungleichbehandlung
-> eigene Argumentation gefragt