StPO Flashcards
Voraussetzungen der Fluchtgefahr i.S.v. StPO 221 I lit. a?
- ernsthaft zu befürchten ist,
- dass sich die beschuldigte Person durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzeiht
- Beurteilung der konkreten Umstände des Einzelfalles
- Indizien sind:
- Schwere der drohenden Sanktion
- alleine aber nicht ausschlaggebend!
- familiäre und soziale Bindung, Aufenthaltsstatus, Alter und Gesundheit
- berufliche Situation und Schulden
- Staatsangehörigkeit, Kontakte im Ausland, Reise- und Sprachgewandheit
- Schwere der drohenden Sanktion
Voraussetzungen der Kollusionsgefahr i.S.v. StPO 221 I lit. b?
- ernsthaft zu befürchten ist,
- die beschuldigte Person werde:
- andere Personen (u.a. Zeugen, Mitbeschuldigte) beeinflussen oder
- auf Beweismittel einwirken
- um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen
- Theoretische Möglichkeit reicht nicht
- Es müssen konkrete Indizien für die Annahme von Verdunklungsgefahr vorliegen
- Erhöhte Anforderungen an Kollusiongefahr je fortgeschrittener das Verfahren
- d.h. Beweislage wird immer “fixierter”
- Bei Mittäterschaft wird Kollusiongefahr schnell bejaht…
Voraussetzungen der Wiederholungsgefahr i.S.v. StPO 221 I lit. c?
- ernsthaft zu befürchten ist
- Rückfallprognose!
- dass die beschuldigte Person durch schwere Vergehen oder Verbrechen
- die Sicherheit anderer ernsthaft gefährdet
- Achtung! Ungleich Leib und Leben, auch bei Betrug, Diebstahl etc. möglich!
- nach dem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat
- Vortaterfordernis
- Erforderlich ist immer eine ungünstige Rückfallprognose
- i.d.R. anahnd eines medizinischen Gutachtens
Voraussetzungen zur Ausführungsgefahr i.S.v. StPO 221 II?
- wenn ernsthaft zu befürchten ist
- sehr hohe Wahrscheinlichkeit
- eine Person werde seine Drohung
- ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen
- Beachte! Kein Tatverdacht vorausgesetzt! Eigener Haftgrund
- Sehr hohe Wahrscheinlichkeit der Ausführung beurteilt sich anhand der persönlichen Verhältnisse und konkreten Umstände des Einzelfall
- Nicht erforderlich sind aber konkreten Anstalten für Vollendung Verbechen
- Nicht ausreichend ist aber eine rein hypothetische Möglichkeit der Tatausübung
Was ist ein Zufallsfund und was ist die Problematik?
- StPO 243 I
- Strafverfolgungsbehörde stösst auf Spuren oder Gegenstände, die auf eine andere als die abzuklärende Straftat hinweisen
- Problematik:
- Regelmässig hätte i.B. auf diese Straftat mangels hinreichendem Tatverdacht noch keine Zwangsmassnahme angeordnet werden dürfen bzw. ist i.c. auch nicht geschehen(!)
- Verwertbarkeit problematisch (StPO 141)!
Wann dürfen Zufallsfunde verwertet werden?
- Zufallsfunde sind nur verwertbar, sofern die jeweilige ZM, hypothetisch auch für das mit dem Zufallsfund in Verbindung stehende Delikt hätte angeordnet werden dürfe
- explizit geregelt in StPO 278 I/II und StPO 296 I
Von was sind Zufallsfunde abzugrenzen?
- Von einer Fishing Expedition, Beweisausforschung ohne einen vorbestehenden, genügenden Tatverdacht
- (absolut) nicht verwertbar
- Geltung der allgemeinen Regeln der Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten (StPO 141)
Was für Beweisverwertungsverbote kennen wir?
- StPO 141 I absolut unverwertbar
- Verletzung von StPO 140 I
- StPO statuiert Unverwertbarkeit
- StPO 141 II relativ unverwertbar
- Verstoss gegen StPO, d.h. in strafbarer Weise
- Verletzung von Gültigkeitsvorschriften
- StPO 141 III verwertbar
- Verletzung von Ordnungsvorschriften
- Ordnungsvorschriften dienen dem ordentlichen Ablauf des Verfahrens und nicht zum Schutze (beschuldigter) Personen
- Verletzung von Ordnungsvorschriften
Was ist unter “zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich” i.S.v. StPO 141 II zu verstehen?
- Rückgriff auf Deliktskatalog in StPO 269 II oder StPO 286 II
- alle Delikte, die ausschliesslich mit Freiheitsstrafe bedroht sind
Was ist unter der Fernwirkung von Beweisverwertungsverbote zu verstehen?
- StPO 141 IV
- Wie soll ein Beweis behandelt werden, welcher (nur) aufgrund eines gesetzwidrigen Beweises erhoben wurde?
Wie sieht die Fernwirkung für die relative Unverwertbarkeit eines Beweises aus (StPO 141 IV)?
- Zweitbeweise sind unverwertbar, wenn deren Erhebung nur durch illegal gesammelte und daher unverwertbare Erstbeweise möglich
- conditio sine qua non
- Zweitbeweise sind verwertbar, wenn der ursprünglich illegale/nicht verwertbare Erstbeweis bloss zum Auffinden des mittelbaren Zweitbeweises führt
- entscheidend ist eine hypothetische Betrachtungsweise: Hätte theoretische Möglichkeit bestanden, dass Strafbehörden bei rechtmässigem Vorgehen das Beweismittel “mit grosser Wahrscheinlichkeit” auch ohne den illegalen Erstbeweis gefunden hätten?
- “praktische Möglichkeit” wird gefordert
- Bsp. ist StPO 278 I
Wie sieht die Fernwirkung für die absolute Unverwertbarkeit eines Beweises aus (StPO 141 IV)?
- StPO 141 IV gilt wohl auch für absolute Beweisverwertungsverbote (str.)
Was prüft das Gericht im Rahmen eines Entsiegelungsgesuches (StPO 248 III/IV)
- Rechtmässigkeit der Durchsuchung (StPO 197 I). Falls dies bejaht wird: Entfernung der Siegel und richterliche Triage (vgl. auch StPO 248 IV) der Daten und Gegenstände
- Interessensabwägung zwischen Geheimhaltungsinteresse und Verfahrensinteresse
- StPO 264
Wie grenzt sich die Durchsuchung von Personen (StPO 249 f.) Untersuchung von Personen (StPO 251 f.) vom Sachverständigengutachten (StPO 182 ff.) ab?
- Durchsuchung von Personen betrifft lediglich die Aufzählung in StPO 250 I, d.h. “oberflächlich”
- Untersuchung von Personen i.S.v. StPO 251 f. umfasst die Nichteinsehbaren-Körperöffnungen und -höhlen sowie die Dokumentatrion des Zustandes des Körpers oder die Ermittlung körperfremder Stoffe im Organismus (z.B. Blut- oder Haarprobe)
- Im Gegensatz zu einem Sachverständigengutachten ist die Untersuchung von Personen lediglich eine erste Befundaufnahme bzw. Arztbericht
Was sind die Voraussetzungen einer DNA Untersuchung i.S.v. StPO 255 (I)?
- Zulässig ist die Probenentnahme und Erstellung eines DNA-Profils zur Aufklärung eines bereits begangenen oder zukünftigen Verbrechens oder Vergehens
- Entnahme auch zulässig, wenn zur Aufklärung des Anlassdeliktes gar nicht mehr notwendig (da schon aufgeklärt), sondern nur dem Erkennen anderer (bereits begangener oder zukünftiger) Delikte dienen soll
- i.B. auf zukünftige Delikte ist es eine Präventivemassnahme und grundsätzlich nicht vereinbar mit StPO 196!
- VSS gem. StPO 197
Ein Beispiel für eine nicht invasive Probe i.S.v. StPO 255 II lit. a?
- Wangenschleimhautabstrich
Was sind die Voraussetzungen der Beschlagnahme i.S.v. StPO 263 ff.?
- I.d.R. geht der Beschlagnahme eine Durchsuchung/Untersuchung StPO 241 ff. voraus
- Ggf. Siegelungsverfahren StPO 248
- Beschlagnahmebefehl StPO 263 II
- Zulässige Art der Beschlagnahme StPO 263 I
- Kein Vorliegen von Beschlagnahmeverboten StPO 264 I
- Beachtung der allg. Voraussetzungen von StPO 197 I
- insb. Verhältnismässigkeit
Was für Arten von Beschlagnahme gibt es?
- Beweismittelbeschlagnahme lit. a
- Kostendeckungsbeschlagnahme lit. b
- Restituionsbeschlagnahme lit. c
- Einziehungsbeschlagnahme lit. d
- StBG 69 ff.
- Surrogate fallen ebenfalls darunter, beachte insb. StGB 70 II
- Siehe dazu auch Fall 2 Bommer
Was für Beschlagnahmeverbote gibt es i.S.v. StPO 264 und was sind die Rechtsfolgen bei vorliegen eines solchen Grundes?
- StPO 264 I lit. a – d
- Rechtsfolgen
- Verwertungsverbot bei Korrespondenz gem. lit. a und lit. c (StPO 177 III)
- ggf. aber Entbindung und (bzw. trotzdem noch) Interessensabwägung
- absolutes Verwertungsverbot
- Interessenabwägung bei persönlichen Aufzeichnungen lit. b
- Verwertungsverbot bei Korrespondenz gem. lit. a und lit. c (StPO 177 III)
- Beachte StPO 264 II: Die Beschlagnahmeverbote gelten nicht für die Restitutions- und Einziehungsbeschlagnahme!
Wie unterscheidet sich das Teilnahmerecht bei einer Einvernahme durch die Polizei i.S.v. StPO 306 II lit. b und einer Einvernahme im Auftrag oder durch die STA i.S.v. StPO 312 II bzw. 147 I?
- Bei er Einvernahme richtet sich das Teilnahmerecht der Verteidigung nach StPO 159
- Bei der Einvernahme im Auftrag oder durch die STA nach StPO 147
- Von dieser Unterscheidung hängt das Teilnahmerecht der Parteien, mit Ausnahme der Verteidigung, die auch unter StPO 159 ein Teilnahmerrecht hat, massgeblich ab!
Wie und aufgrund wessen Rechtsquellen darf das Teilnahmerecht der Parteien im Untersuchungsverfahren eingeschränkt werden?
- Einschränkungen der Teilnahmerechte sind nur aus sachlichen Gründen und zurückhaltend vorzunehmen
- Einschränkungen müssen immer verhältnismässig sein
- Rechtsquellen:
- Allgemeine Einschränkung des Rechtlichen Gehörs StPO 108 I (insb. lit. a)
- Vorübergehender Ausschluss von Einvernahmeverhandlungen StPO 146 IV
- Prozessuale Schutzmassnahmen StPO 149 II lit. b
- Ausschluss des Mitbeschuldigten von Parteiöffentlichkeit der EV StPO 101 I analog
- konkrete Kollusionsgefahr i.B. auf noch nicht erfolgte Vorhalte
- Gefährdung des Untersuchungszweckes
- abstrakte Gefährdung reicht nicht
Was bedeutet “reformatio in peius”?
- Rechtsmittel kann zu einer Schlechterstellung des Anhängigmachenden führen, als es das vorherergehende Urteil vorgesehen hatte
- Bsp. für ein Verbot: StPO 391 II/III
Zählen Sie die Vorteile und die Nachteile des Strafbefehlsverfahrens auf
- Vorteile
- Kosten
- Verfahrensdauer
- Diskretion
- Effizienz
- Nachteile
- Keine Gewährung des rechtlichen Gehörs
- Gewaltenteilung
- STA übernimmt Rolle des Anklägers und Richters!
- Einsprachefrist
- Feststellung des SV?
Was zeichnet das Abgekürzte Verfahren i.S.v. StPO 358 ff. aus?
- “Deal” zwischen beschuldigter Person und STA über den Inhalt der Anklageschrift bei Vergehen oder Verbrechen
- Tauschvereinbarung im Kern: Geständnis und Anerkennung der Zivilforderungen gegen Reduktion Tatvorwürfe und Strafminderung
- summarische Kontrolle der Absprache bei Gericht
- eingeschränkte Rechtsmittelmöglichkeiten