Sachenrecht Flashcards
Bei der Konzertkarte handelt es sich nach h.M. um ein kleines Inhaberpapier i. S. d. § 807 BGB, das eine Forderung/ein Recht verbrieft.
Die Übertragung des Papiers geschieht i.d.R durch Übereignung der Urkunde (§§ 929 ff). Da das Recht aus dem Papier i.d.F. dem Recht am Papier folgt, ist der jeweilige Inhaber der Karte berechtigt (widerlegbare Vermutung der materiellen Be- rechtigung). Das ist die sogenannte Legitimation des Inhabers (MüKo-BGB/Habersack, Vor § 793 Rn. 14).
Das verbriefte Recht kann aber auch durch Abtretungsvertrag (§§ 398, 413 BGB) übertragen wer- den; das Eigentum an der Urkunde erwirbt der Zessionar dann nach § 952 II BGB kraft Gesetzes (Müko-BGB/Habersack, Vor § 793 Rn. 14 bzw. § 793 Rn. 31 f.).
II. Übergabe
Weiter müsste eine Übergabe von V an R erfolgt sein, § 929 S. 1 BGB. Bei der Übergabe handelt es sich nicht um ein Rechtsgeschäft, sondern um einen Realakt. Es ist erforderlich, dass der Veräuße- rer jeglichen Besitz an der Sache aufgibt und und der Erwerber den Besitz auf Veranlassung des Veräußerers erlangt.
I.v.F. ist problematisch, dass R keine tatsächliche Sachherrschaft über die Karte erhalten hat. Zu prüfen ist daher, ob die Übergabe durch unmittelbare Aushändigung an R selbst durch eine ande- re Art der Besitzverschaffung ersetzt werden kann.
Möglicherweise kommt eine Besitzverschaffung gemäß § 868 BGB oder § 855 BGB in Betracht (le- sen!).
Für eine Stellung des J als Besitzmittler (§ 868 BGB) für die R enthält der Sachverhalt keine weite- ren Anhaltspunkte. Naheliegender ist die Stellung des J als Besitzdiener, § 855 BGB.
Besitzdiener in diesem Sinne ist, wer in Bezug auf die Sache abhängig von den Weisungen eines anderen in dem in § 855 BGB beschriebenen Sinne ist; der Besitzdiener ist nicht selbst Besitzer; der (unmittelbare) Besitz verbleibt vielmehr alleine beim weisungsbefugten „Besitzherrn“.
Da J vorliegend ausschließlich auf Weisung der R und im Rahmen des bestehenden Abhängig- keitsverhältnisses handelte sowie zudem an der Konzertkarte kein eigenes Interesse hatte, ist er Besitzdiener.
Für die Übergabe gemäß § 929 S. 1 BGB bedeutet dies, dass R als „Besitzherrin“ selbst (unmittelba- ren) Besitz gemäß § 855 BGB erlangt in dem Moment, als Veranstalter V dem J (als Besitzdiener) die Karte aushändigt.
Eine Übergabe nach § 929 S. 1 BGB von V an R liegt mithin vor. R hat unmittelbaren Besitz an der Konzertkarte erlangt durch J als ihren Besitzdiener, § 855 BGB.
Entscheidend für die Bejahung des Merkmals der Weisungsabhängigkeit ist, dass der Gewaltinhaber die Weisungsgebundenheit (faktisch) anerkennt. Es ist daher unschädlich, wenn das rechtliche Verhältnis zwischen dem Besitzdiener und dem Besitzherren rechtlich unwirksam ist (vgl. Palandt/Bassenge, § 855 Rn. 2). Auch
eine ununterbrochene Einwirkungsmöglichkeit ist nicht erforderlich. Unbeachtlich ist ferner i.d.R. auch, dass die Weisung auf eine Tätigkeit bezogen ist, die nicht zu den dem Arbeitnehmer durch den Arbeits- oder Dienstvertrag zugewiesenen Auf- gaben liegt. Entscheidend ist (für die Besitzdienerschaft!), dass er die Weisung befolgt.
Aus diesem Grund ist es nicht entscheidend, ob der Kartenverkauf zu den (typischen) Aufgaben eines Referendars gehört. Es dürfte dem Korrektor positiv auffallen, wenn man hierauf kurz hin- weist.
Unmittelbarer Besitz durch fremde Sachherrschaft - § 855 BGB
= Besitzdiener, d.h.:
- Weisungsgebundenheit
- Tatsächliche Gewaltausübung
- Im Rahmen des Abhängigkeitsverhältnisses
- Wille zur Ausübung der tatsächlichen (Sach-)Gewalt für den Besitzherrn
Mittelbarer Besitz
- Besitz des Besitzmittlers (unmittelbarer oder mittelbarer Besitz)
- Konkretes Besitzmittlungsverhältnis
= Jedes tatsächliche oder vermeintliche Rechtsverhältnis, durch
das Rechte und Pflichten in Bezug auf die Benutzung und den Verbleib der Sache geregelt werden.
z.B. Miete (§ 535 BGB); Leihe (§ 598 BGB); Auftrag (§ 662 BGB); Verwahrung (§ 688 BGB); Kauf unter Eigentumsvorbehalt; Sicherungsvertrag bei der Sicherungsüber- eignung - Herausgabeanspruch
z.B. § 546 I BGB (Miete); § 604 BGB (Leihe); § 667 BGB (Auftrag); § 695 BGB (Ver- wahrung); §§ 346, 323 BGB (z.B. Kauf unter Eigentumsvorbehalt); Vertragsimmanen- ter Herausgabeanspruch im Sicherungsvertrag; § 812 BGB - Fremdbesitzerwille / Besitzmittlungswille (des Besitzmittlers)
b. Mittelbarer Besitz, § 868 BGB
a. Unmittelbarer Besitz, § 854 I BGB Unmittelbaren Besitz hat R nicht erlangt.
Hinweis: Eine Besitzdienerschaft (§ 855 BGB) und damit ein Abhängigkeitsverhältnis ist bei Freu- den/-innen und/oder Kollegen/-innen nicht naheliegend.
-> R kann mittelbare Besitzerin geworden sein. Mittelbarer Besitz liegt vor, wenn der Besitzmittler entweder unmittelbaren Besitz inne hat oder selbst mittelbarer Besitzer ist (sogenanntes mehrfach gestuftes Besitzmittlungsverhältnis) (aa.), ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis besteht (bb.), ein latent vorhandener Herausgabeanspruch gegen den Besitzmittler (cc.) gegeben sowie subjektiv einen Fremdbesitzwillen des Besitzers (dd.) vorhanden ist.
b. Übergabe, § 929 S. 1 BGB bei Nichtberechtigten
F müsste jeglichen Besitz verloren und T (irgendeinen) Besitz erworben haben. Zudem müsste dies auf Veranlassung des Veräußerers in Vollziehung der Veräußerung erfolgt sein. Das ist der Fall, wenn der Veräußerer selbst übergibt oder einen Besitzmittler, bzw. Besitzdiener (auch Geheißper- son) zur Übergabe veranlasst.
Vorliegend hat F den unmittelbaren Besitz iSv § 854 BGB an der Karte verloren und T hat diesen erworben. Dies geschah auch auf Veranlassung des Veräußerers, da F hier selbst als Veräußerer aufgetreten ist.
d. Berechtigung der F bei Nichtberechtigten
F handelte als Nichtberechtigte, sie war nicht Eigentümerin der Karte (s.o.) und damit nicht zur Übertragung des Eigentums berechtigt.
e. Ermächtigung, § 185 BGB
F war auch nicht von der Eigentümerin R zur Verfügung iSv § 185 BGB ermächtigt worden.
f. Voraussetzungen von §§ 932 ff. BGB
Da F als Nichtberechtigte handelte, müssen für einen Eigentumserwerb der T die Voraussetzungen des § 932 I 1, II BGB vorliegen.
(1) Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts
Es müsste ein Verkehrsgeschäft vorliegen. Mit „Verkehrsgeschäft“ ist ein Rechtsgeschäft gemeint, bei dem auf Erwerberseite mindestens eine natürliche Person steht, die auch bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht zugleich als Veräußerer angesehen werden kann. T und F sind in keiner Weise wirtschaftlich miteinander verflochten, sodass die Veräußerung der Karte ein Verkehrsgeschäft darstellt.
(2) Rechtsschein des Besitzes, § 1006 I BGB
Da F unmittelbare Besitzerin der Konzertkarte war, gilt die Eigentumsvermutung des § 1006 I BGB. Nach dieser Vorschrift wird zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache widerleglich vermutet, dass er Eigentümer der Sache ist.
(3) Keine Bösgläubigkeit der T
T müsste gemäß § 932 I 1, II BGB auch gutgläubig hinsichtlich der Eigentümerstellung der F gewe- sen sein. Gutgläubigkeit ist nach § 932 II BGB immer dann ausgeschlossen, wenn der Erwerber positive Kenntnis davon hat, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört oder wenn er dies infol- ge grober Fahrlässigkeit nicht wusste.
Laut Sachverhalt hat F der T nicht mitgeteilt, dass sie die Konzertkarte nicht für sich, sondern für die R gekauft habe. T glaubte also daran, dass F Eigentümerin der Karte war.
(4) Kein Abhandenkommen, § 935 I BGB
Die Konzertkarte dürfte bei R als Eigentümerin nicht abhanden gekommen sein.
Gemäß § 935 I 1 BGB tritt der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932-934 BGB nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verlorengegangen oder sonst abhanden ge- kommen war.
F war vorliegend unmittelbare Besitzerin iSv §§ 854, 868 BGB. Fraglich ist, ob bei der Weggabe durch den Besitzmittler ein Abhandenkommen i.S.d. § 935 I 2 BGB vorliegt. Das ist grundsätzlich zu verneinen, wenn der Besitzmittler die Sache freiwillig herausgibt. Außerdem handelt es sich bei der Konzertkarte, wie bereits oben festgestellt, um ein sog. kleines Inhaberpapier i.S.v. § 807 BGB. In solchen Fällen bestimmt § 935 II BGB, dass § 935 I BGB keine Anwendung findet auf Geld oder
Ein Verkehrsgeschäft liegt eindeutig nicht vor,
wenn auf Veräußererseite und Erweberseite völlige persönliche oder wirtschaftliche Identität vorliegt.
Ein gutgläubiger Erwerb kann aber auch bei teilweiser wirtschaftlicher Identität ausscheiden, wenn auf Veräußererseite weitere Personen neben dem Erwerber stehen, die selbst nicht zugleich Erwerber sind.
Bsp.: Veräußerung einer Sache durch eine OHG an einen Gesellschafter.
Umgekehrt liegt ein Verkehrsgeschäft vor, wenn auf Erwerberseite neben dem Veräußerer weitere Personen stehen.
Bsp.: Veräußerung einer Sache von einem Gesellschafter an die OHG.
Entscheidend ist also, ob auf der Erwerberseite zahlenmäßig mehr (natürliche) Personen stehen, als auf Veräußererseite. Das liegt wiederum darin begründet, dass die Gutglaubenstatbestände die Interessen des Erwerbers schützen.
(vgl. näher Vieweg/Werner, 6. Auflage, 2013, § 5 Rn.10)
Der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis
366 HGB
(wie auch an die Vertretungsmacht) wird hingegen nicht durch § 932 BGB geschützt (anders: § 366 HGB im Handelsrecht; str. für Vertre- tungsmacht, vgl. z.B. Vieweg/Werner, § 5 Rn. 26 f.). Dies folgt aus § 932 II BGB, woraus sich ergibt, dass der Erwerber dann nicht in gutem Glauben ist, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.
In § 366 Abs. 1 werden die §§ 932 ff., 1207 BGB um einen Schutz des guten Glaubens an „die Befugnis des Veräußerers oder Verpfänders, über die Sache für den Eigentümer zu verfügen“ erweitert. Dabei kommen vor allem die folgenden, verkehrstypischen Konstellationen in Betracht:
3 Der Absatz von Waren erfolgt häufig nicht durch Eigenhändler ieS, welche die Waren ihrerseits von den Lieferanten zu Eigentum erwerben, sondern durch Verkaufskommissionäre. Soweit eine derartige Vertriebsstruktur typisch ist, kann sich ein guter Glaube der Erwerber folgerichtig nicht auf das Eigentum, sondern nur auf die Verfügungsbefugnis des Veräußerers beziehen.6
4 Bei Waren, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert werden, erfolgt die Weiterveräußerung häufig durch den Vorbehaltskäufer im eigenen Namen mit einer Weiterveräußerungsermächtigung des Vorbehaltsverkäufers. Soweit ein Eigentumsvorbehalt in bestimmten Absatzzweigen typisch ist, kann sich der gute Glaube des Erwerbers somit wiederum nicht auf das Eigentum des Veräußerers, sondern nur auf seine Verfügungsbefugnis beziehen. Verkompliziert wird die Lage in diesen Fällen dadurch, dass der Vorbehaltsverkäufer seine Rechtsposition im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts dadurch abzusichern pflegt, dass die Weiterveräußerungsermächtigung an eine Vorausabtretung der Forderungen geknüpft ist, die der Vorbehaltskäufer aus der Weiterveräußerung erlangt. Dabei können Störungen in der Wirksamkeit dieser Forderungsabtretung nicht nur objektiv die Weiterveräußerungsermächtigung des Vorbehaltskäufers beseitigen, sondern haben ggf. auch Rückwirkungen auf den guten Glauben des Erwerbers an die Verfügungsbefugnis iSd § 366 Abs. 1 (→ Rn. 38 ff.).
5 Gehören die Konstellationen der Verkaufskommission und des verlängerten Eigentumsvorbehalts zu dem gesicherten Anwendungsbereich des § 366 Abs. 1, ist dessen Erstreckung auf eine Vertretung ohne Vertretungsmacht umstritten (→ Rn. 26 ff.). Dies kann insbesondere dann relevant werden, wenn ein bloßer Vermittlungsvertreter iSd § 84 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 oder ein Handelsmakler iSd § 93 kompetenzwidrig Waren im Namen des Geschäftsherrn veräußert.
6 Jenseits der Problematik einer fehlenden Vertretungsmacht stellt sich das generelle Problem, dass die abstrakte tatbestandliche Fassung des § 366, die nur an den Erwerb von einem Kaufmann in dessen Handelsgewerbe anknüpft, wesentlich weiter reicht als die skizzierten typischen Handelskonstellationen, die das teleologische Fundament der Norm bilden.7 Folgerichtig ist im Rahmen der Rechtsanwendung eine gewisse Einschränkung des Gutglaubensschutzes geboten, die zum Teil über teleologische Reduktionen (→ Rn. 24 f.) und zum Teil im Rahmen der Ermittlung eines guten Glaubens (→ Rn. 33 ff.) erzielt werden kann.
nicht abhanden gekommen sein
bei Besitzdiener, Weggabe heisst Abhandengekommen
bei Besitzmittler - kein Abhandengekommen
Im Ausgangsfall war J Besitzdiener der R gemäß § 855 BGB. Nach h.M. ist bei der Weg- gabe eines Besitzdieners ein Abhandenkommen zu bejahen: Der Besitzdiener, der die Sache in Händen hält, hat keinerlei Besitz; Besitzer ist nur der Besitzherr. Bei Weggabe der Sache ohne den Willen des Besitzherrn ist daher Abhandenkommen anzunehmen (Bamberger/Roth/Kindl, § 935 Rn. 6; zum Streitstand vgl. auch MünchKomm/Joost, § 935 Rn. 23). Zum Teil wird danach diffe- renziert, ob die eigenmächtige Weggabe aus dem Herrschaftsbereich des Eigentümers heraus (Ab- handenkommen (+)) oder außerhalb des Herrschaftsbereichs (Abhandenkommen (-)) erfolgt (vgl. näher Vieweg/Werner, 2. Auflage, 2007, § 5 Rn. 43 ff.).
§ 861 I BGB
Ein Anspruch der R gegen T auf Herausgabe der Konzertkarte gemäß § 861 I BGB scheitert am fehlenden Vorliegen Verbotener Eigenmacht (§ 858 BGB).
Die F hat ihren unmittelbaren (Fremd-) Besitz freiwillig aufgegeben, sodass keine verbotene Eigenmacht vorliegt, § 858 I BGB. Darüber hinaus wäre T jedenfalls hinsichtlich einer verbotenen Eigenmacht im Verhältnis F – R gutgläubig, sodass sie den fehlerhaften Besitz der F nicht gegen sich gelten lassen müsste, § 858 II 2 BGB.
Hinweis: Der Anspruch aus § 985 BGB ist hier sicherlich der „wichtigste“ zu prüfende Anspruch. Für das Erreichen von 18 Punkten, sollten jedoch auch nachfolgende Ansprüche kurz geprüft wer- den.
Hinweis: Im Fall mittelbaren Besitzes hat der Besitzmittler eine eigene Besitzposition, regelmäßig unmittelbaren (Fremd-)Besitz. Sein Einverständnis in die Besitzübertragung/Besitzaufgabe schließt verbotene Eigenmacht (ggü. Dem mittelbaren Besitzer) aus, und zwar auch bei entgegen- stehendem Willen des mittelbaren Besitzers (vgl. Müko-BGB/Joost, § 869 Rn. 3).
Anders im Fall der Besitzdienerschaft (§ 855 BGB). Der Besitzdiener hat keine eigene Besitzpositi- on. Gibt er den Besitz auf oder überträgt er ihn gegen den Willen des Besitzherrn, begeht er verbo- tene Eigenmacht (Müko-BGB/Joost, § 860 Rn. 4). Vollzieht sich die Besitzübertragung im Rahmen einer Verfügung, kann auch der Erwerber verbotene Eigenmacht begehen (MükO-BGB/Joost, § 858 Rn. 2). Wenn er aber die Fehlerhaftigkeit bei Besitzerwerb nicht kennt, braucht er sie jedoch nicht gegen sich gelten zu lassen, § 858 II 2 BGB.
D. § 1007 I BGB
Ein Anspruch der R auf Herausgabe ergibt sich auch nicht aus § 1007 I BGB. Nach § 1007 I BGB kann die Herausgabe von dem Besitzer verlangt werden, der bei Besitzerwerb nicht in gutem
Glauben war. Der gute Glaube muss sich auf die Besitzberechtigung im Verhältnis zum Anspruch- steller (R) beziehen; es kommt also darauf an, ob die gegenwärtige Besitzerin (T) beim Besitzer- werb positiv wusste oder grob fahrlässig nicht wusste (vgl. § 932 II BGB), dass ihm gegenüber dem früheren Besitzer (R) kein Recht zum Besitz zusteht. Ein Besitzrecht kann sich aus einer schuld- rechtlichen Abrede oder einer dinglichen Rechtsstellung ergeben (Staudinger-BGB/Gursky, § 1007 Rn. 18; MüKo-BGB/Baldus, § 986 Rn. 23). Das Besitzrecht der T kann hier aus dem intendierten Kaufvertrag oder Eigentum folgen. Das Eigentum an einer Sache umfasst neben der Befugnis an- dere von der Einwirkung auszuschließen (negative Komponente) auch das Recht nach Belieben mit ihr zu verfahren, schließt also ein Recht zum Besitz bzw. zur Nutzung ein (positive Kompo- nente). T hat Eigentum erworben, das ihr ein Recht zum Besitz (positive Komponente) gegenüber Dritten und damit auch R verschafft.
Achtung: Das Besitzrecht bei § 1007 BGB muss den Anspruchsgegner gerade gegenüber dem An- spruchsinhaber zum Besitz berechtigen. Aus schuldrechtlichen Verträgen (wie hier dem intendier- ten Kaufvertrag) ergibt sich grundsätzlich nur ein relatives Besitzrecht gegenüber dem Vertrags- partner, und nicht gegenüber Dritten. Besitzrechte gegenüber Dritten folgen daher vorwiegend aus dem (absoluten) Eigentum oder einem Anwartschaftsrecht (letzteres str.).
E. § 1007 II BGB
Ein Anspruch der R gegen T aus § 1007 II 1 BGB scheitert i.E. ebenfalls aufgrund des § 1007 II 2 BGB, da es sich bei der Konzertkarte um ein sog. „kleines Inhaberpapier“ im Sinne von § 807 BGB handelt, auf das § 1007 II 1 BGB keine Anwendung.
F. § 812 I 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) (-)
Ein Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB scheidet aus, da T Eigentum und Besitz an der Karte nicht durch eine Leistung der R, sondern der F erlangt hat.
G. § 812 I 1 Alt. 2 BGB (Eingriffskondiktion) (-)
Ein Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 2 BGB scheidet wegen des Vorrangs der Leistungsbeziehung zwi- schen F und T ebenfalls aus.
E. § 1007 II BGB
Ein Anspruch der R gegen T aus § 1007 II 1 BGB scheitert i.E. ebenfalls aufgrund des § 1007 II 2 BGB, da es sich bei der Konzertkarte um ein sog. „kleines Inhaberpapier“ im Sinne von § 807 BGB handelt, auf das § 1007 II 1 BGB keine Anwendung.
F. § 812 I 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) (-)
Ein Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB scheidet aus, da T Eigentum und Besitz an der Karte nicht durch eine Leistung der R, sondern der F erlangt hat.
G. § 812 I 1 Alt. 2 BGB (Eingriffskondiktion) (-)
Ein Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 2 BGB scheidet wegen des Vorrangs der Leistungsbeziehung zwi- schen F und T ebenfalls aus.
Kein Verfügungsverbot bzw. keine Verfügungsbeschränkung]
Absolute Verfügungsverbote, d.h. kein gutgläubiger Erwerb möglich. Aus- nahme § 81 I 2 InsO für Immobilien.
- Relative Verfügungsverbote (z.B. §§ 135, 136 BGB), d.h. gutgläubiger Erwerb möglich.
-> (1) 1Hat der Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Gegenstand der Insolvenzmasse verfügt, so ist diese Verfügung unwirksam. 2Unberührt bleiben die §§ 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen. 3Dem anderen Teil ist die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse zurückzugewähren, soweit die Masse durch sie bereichert ist.
§ 932 BGB
wenn oben 4. (-), dh. keine Berechtigung oder Ermächtigung (ggf. 5.) zur Übertragung des Eigentums: gutgläubiger Erwerb nach § 932 BGB
- Rechtsgeschäft iSe Verkehrsgeschäfts
= Mit „Verkehrsgeschäft“ ist ein Rechtsgeschäft gemeint, bei dem auf Erwerberseite mindestens eine na- türliche Person steht, die auch bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht zugleich als Veräußerer angesehen werden kann. - Rechtsschein des Besitzes, § 1006 I BGB oder Besitzverschaffungsmacht
(arg. e. § 934 Alt. 2 BGB) - Gutgläubigkeit
- kein Abhandenkommen iSv § 935 BGB
- Besondere Voraussetzungen der §§ 933, 934 Alt. 2 BGB
- Übergabe bei § 933 BGB
- Besitzerlangung des Erwerbers bei § 934 Alt. 2 BGB
Gewaltrechte (sog. Selbsthilfe)
- Besitzwehr, § 859 I BGB
- Besitzkehr, § 859 II BGB
- Entsetzung, § 859 III BGB
Possessorischer Besitzschutz (aus dem Besitz folgend)
- Wiedereinräumung des Be- sitzes, § 861 I BGB
- Abwehranspruch bei Besitz- störung, § 862 I BGB
- Anspruch auf Verfolgung und Wegnahme, § 867 S. 1 BGB
- Anspruch auf entschädigen- den Ausgleich, § 867 S. 2 BGB
Petitorischer Besitzschutz
- Herausgabeanspruch aus § 1007 I BGB
- Herausgabeanspruch aus § 1007 II BGB
Gewaltrechte (sog. Selbsthilfe)
- Besitzwehr, § 859 I BGB
- Besitzkehr, § 859 II BGB
- Entsetzung, § 859 III BGB
Possessorischer Besitzschutz (aus dem Besitz folgend)
- Wiedereinräumung des Be- sitzes, § 861 I BGB
- Abwehranspruch bei Besitz- störung, § 862 I BGB
- Anspruch auf Verfolgung und Wegnahme, § 867 S. 1 BGB
- Anspruch auf entschädigen- den Ausgleich, § 867 S. 2 BGB
Petitorischer Besitzschutz
- Herausgabeanspruch aus § 1007 I BGB
- Herausgabeanspruch aus § 1007 II BGB
Possessorischer Besitzschutz (basierend auf Besitz)
I. § 861 I BGB (Besitzentzug)
Beachte:
Im Zusammenhang mit den Ansprüchen aus §§ 861, 862 BGB ist auch an § 869 BGB zu denken, der ggf. in Betracht kommen kann, wenn mittelbare Besitzverhältnisse vorliegen.
I. § 861 I BGB
- Anspruchssteller ist unmittelbarer (arg. e. § 869 BGB) Besitzer (nicht: Besitzdiener).
- Besitzentzug des unmittelbaren Besitzes durch verbotene Eigenmacht, § 858 I BGB
- Anspruchsgegner ist aktueller Besitzer und besitzt fehlerhaft (s. § 858 II S. 1 BGB).
- Kein Ausschluss nach § 861 II BGB
- Kein Erlöschen nach §864 BGB
a. Nichterhebung einer Klage binnen Jahresfrist, § 864 I BGB
b. Rechtskräftiges Feststellungsurteil, § 864 II BGB
c. P!: § 864 II BGB analog bei petitorischer Widerklage (s. Lösungsskizze Fall 2)
Possessorischer Besitzschutz (basierend auf Besitz)
II. § 862 I BGB (Besitzstorung)
Beachte:
Im Zusammenhang mit den Ansprüchen aus §§ 861, 862 BGB ist auch an § 869 BGB zu denken, der ggf. in Betracht kommen kann, wenn mittelbare Besitzverhältnisse vorliegen.
II. § 862 I BGB
- Anspruchssteller ist unmittelbarer (arg. e. § 869 BGB) Besitzer (nicht: Besitzdiener).
- Besitzstörung des unmittelbaren Besitzes durch verbotene Eigenmacht, § 858 I BGB
- Anspruchsgegner ist Störer (wie bei § 1004 BGB Handlungs- o. Zustandsstörer)
- Kein Ausschluss nach § 862 II BGB
- Kein Erlöschen nach § 864 BGB (vgl. § 861 BGB)
Handlungsstörer:
Zustandsstörer:
Handlungsstörer:
Handlungsstörer ist, wer durch seine Handlung oder pflichtwidrige Unterlassung die Beeinträch- tigung adäquat kausal bewirkt hat.
Zustandsstörer:
Zustandsstörer ist der Eigentümer/Besitzer/Verfügungsbefugte einer Sache, von der eine Beein- trächtigung ausgeht, nicht schon alleine auf Grund dieser Rechtsstellung, sondern nur, wenn die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf seinen Willen zurückgeht.
Petitorischer Besitzschutz (basierend auf einem (besseren) Recht zum Besitz)
I. § 1007 I BGB
nicht im guten Glaube kann Besitzer von quasi Besitzer Besitz verlangen
I. § 1007 I BGB
- Bewegliche Sache
- Anspruchssteller war früherer Besitzer (unabhängig von Besitzart)
- Anspruchsgegner ist jetziger Besitzer (unabhängig von Besitzart)
- Bösgläubigkeit (§ 932 II BGB) des Anspruchsgegners bei Besitzerwerb bzgl. des Bestehens
(s) eines Rechts zum Besitz - Kein Ausschluss des Anspruchs; Anspruch ausgeschlossen bei
a. Bösgläubigkeit des Anspruchsstellers bei Besitzerwerb bzgl. des Bestehens (s)eines Rechts zum Besitz, § 1007 III 1 Alt. 1 BGB
b. Besitzaufgabe des Anspruchsstellers, § 1007 III 1 Alt. 2 BGB
c. Recht zum Besitz des Anspruchsgegners, § 1007 III 2 i.V.m § 986 BGB
(sog. Besitz-Besitzer-Verhältnis, ähnlich EBV, klausurrelevant!)
Petitorischer Besitzschutz (basierend auf einem (besseren) Recht zum Besitz)
II. § 1007 II BGB Besitzer verlangt Besitz, wenn es kein Eigentümer oder er war Besitzer und heutiger Besitzer es gestohlen hat
II. § 1007 II BGB
1. Bewegliche Sache
2. Anspruchssteller war früherer Besitzer (unabhängig von Besitzart)
3. Anspruchsgegner ist jetziger Besitzer (unabhängig von Besitzart)
4. Abhandenkommen der Sache beim Anspruchssteller (§ 935 BGB)
5. Kein Ausschluss des Anspruchs; Anspruch ausgeschlossen wenn:
a. Anspruchsgegner ist Eigentümer, § 1007 II S. 1 Alt. 1 BGB
b. Abhandenkommen beim Anspruchsgegner vor der Besitzzeit des früheren Besit-
zers, § 1007 II S. 1 Alt. 2 BGB
c. Ausschluss bei Geld und Inhaberpapieren, § 1007 II 2 BGB
d. Bösgläubigkeit des Anspruchsstellers bei Besitzerwerb bzgl. des Bestehens (s)eines
Rechts zum Besitz, § 1007 III 1 Alt. 1 BGB
e. Besitzaufgabe des Anspruchsstellers, § 1007 III 1 Alt. 2 BGB
f. Recht zum Besitz des Anspruchsgegners, § 1007 III 2 i.V.m § 986 BGB (sog. Besitz-
Besitzer-Verhältnis, ähnlich EBV, klausurrelevant!)
Wenn auch im Gesetz nicht ausdrücklich benannt, wird von dem in § 858 I BGB verwende- ten Begriff des Besitzes nur der unmittelbare Besitz erfasst.
Das ergibt sich mittelbar auch aus § 869 BGB, der die Ansprüche des mittelbaren Besitzers regelt und auf §§ 861, 862 BGB verweist. Aus der Existenz der Regelung (§ 869 BGB) kann man schließe, dass von den §§ 858 ff. BGB der mittelbare Besitz zunächst nicht erfasst ist.
Rechtsfolge der verbotenen Eigenmacht ist die sog. Fehlerhaftigkeit des Besitzes, § 858 II 1 BGB.
- Anwendbarkeit § 861 BGB auf Mitbesitzer
Da F und E den Aston Martin gemeinschaftlich besitzen, sind sie Mitbesitzer gemäß § 866 BGB. Fraglich ist, ob auch der Mitbesitzer den possessorischen Besitzschutz der §§ 859-862 BGB genießt. Dass dem grundsätzlich so ist, folgt aus § 866 BGB, woraus sich ergibt, dass der Besitzschutz im Verhältnis der Mitbesitzer zueinander nur begrenzt gelten solle. Im Umkehrschluss ergibt sich dar- aus, dass der (unmittelbare) Mitbesitzer, dem der Besitz durch einen Dritten entzogen wurde, den Besitzschutz gegen den Dritten vollumfänglich geltend machen kann.