BGB Allgemeine Falle Flashcards

1
Q

Eine fehlerfreie Willenserklärung besteht aus einem äußeren (objektiven)
und einem inneren (subjektiven) Tatbestand.

A

äußeren (objektiven) und einem inneren (subjektiven) Tatbestand. Innerhalb des
objektiven Tatbestands ist zu prüfen, ob das Verhalten des Erklärenden objektiv den Schluss zulässt auf einen Handlungs-, Rechtsbindungs- und Geschäftswillen. Beim subjektiven Tatbestand ist zu klären, ob der Erklärende tatsächlich Handlungs-, Rechtsbindungsund Geschäftswille hatte.

Durch ihre Frage hat G dem O objektiv zu verstehen gegeben,
(Das Verhalten des Erklärenden muss sich, damit der Erklärungstatbestand vorliegt, für einen objektiven Dritten als die Äußerung eines Rechtsfolgenwillens dars)tellen.
ihm ihre Wohnung zur Nachmiete überlassen zu wollen.
• Auch subjektiv hatte G Rechtsbindungswillen.
• Alle Voraussetzungen einer Willenserklärung liegen vor.
• Ein Angebot liegt somit vor.

Innerer (subjektiver) ErklärungstatbestandHandlungswille•Die vom bewussten Willen gesteuerte Handlung•Keine Willenserklärung bei unbewussten Bewegungen: Schlaf, Reflex, Zwang Erklärungsbewusstsein•Bewusstsein des einzelnen, etwas rechtlich Erhebliches zu erklären•Rechtliche Behandlung von fehlendem Erklärungsbewusstsein ist umstrittenGeschäftswille (nicht erforderlich)•Bewusstsein eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen•Wesentliche Vertragsbestandteile (essentialianegotii

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2
Q

A) HANDLUNGSWILLE

Der Handlungswille gilt dann als gegeben, wenn eine Person überhaupt das Bewusstsein und den Willen hatte, in der nach außen hervortretenden Art und Weise zu handeln. Der Handlungswille fehlt daher selten, z.B. im Fall einer Hypnose, bei einer Bewegung im Schlaf oder auch bei unwiderstehlicher Gewalt, der sogenannten vis absoluta.

A

Einig ist man sich im Schrifttum darüber, dass zumindest der Handlungswille notwendiger Bestandteil einer Willenserklärung ist. Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 105 II BGB. Es erscheint wohl genauso wenig gerechtfertigt, jemanden an einer Willenserklärung festzuhalten, dem der Handlungswille fehlte, wie eine Person an einer Willenserklärung festzunageln, die sich bei der Erklärung in einem Zustand der Bewusstlosigkeit oder einer vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit befand, als sie die Erklärung abgab. Die Willenserklärung wäre in einem derartigen Fall nichtig.

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3
Q

B) ERKLÄRUNGSBEWUSSTSEIN

Weiterhin ist das Erklärungsbewusstsein Bestandteil des inneren Tatbestandes einer Willenserklärung. Dieses ist dann gegeben, wenn der Person, die den objektiven Erklärungstatbestand gesetzt hat, auch das Bewusstsein hat, irgendetwas rechtlich Erhebliches zu erklären. Ob der Person auch bewusst ist, dass sie gerade diese bestimmte rechtlich erhebliche Erklärung abgegeben hat, ist hingegen eine Frage des Geschäftswillens.

A

Fehlt der Person das Erklärungsbewusstsein, so ist die Lösung umstritten. Vorab aber wollen wir noch einmal das klassische Schulbeispiel für fehlendes Erklärungsbewusstsein anführen, damit die Lösungsansätze verständlicher werden.

Bsp: Klassiker für ein fehlendes Erklärungsbewusstsein ist die „Trierer Weinversteigerung“. Hier betrat eine Person (A) ein Lokal, in dem eine Versteigerung teurer Weine stattfand. A wollte seinem Freund zum Gruß winken, der an einem der Tische saß und hob daher seine Hand um zu winken. Der Auktionator empfand das Handheben wie es üblich ist, als höheres Gebot und gab dem A den Zuschlag für eine Flasche teuren Wein.

Es gibt zwei Ansätze, die dazu vertreten werden, wie dieser Fall zu lösen ist:

AA) ANSATZ1: DIE WILLENSTHEORIE (M.M.)

Die Vertreter der Willenstheorie gehen davon aus, dass das Erklärungsbewusstsein notwendiger Bestandteil einer jeden Willenserklärung sei. Diese Lösung entnehmen sie einem Erst- Recht- Schluss zu § 118 BGB. Fehlt das Erklärungsbewusstsein, so ist nach Ansicht dieser Vertreter die Willenserklärung nichtig. Argumentiert wird folgendermaßen: Wenn schon nach § 118 BGB eine Erklärung nichtig sein soll, die jemand gar nicht ernst meint und davon ausgeht, dass der andere den Mangel an Ernstlichkeit erkennen würde, dann müsse erst recht eine Erklärung nichtig sein, in welcher einer Person komplett das Bewusstsein fehlt eine rechtlich erhebliche Erklärung abzugeben. Daher sei die Willenserklärung nach dieser Ansicht ebenfalls nichtig. Der Erklärende macht sich dann aber schadensersatzpflichtig nach § 122 BGB analog, da ja auch für den Fall des § 118 BGB eine Schadensersatzpflicht bestünde. Der Erklärende soll nicht besser gestellt werden als im Fall des § 118 BGB, sondern nur gleichgestellt.

BB)ANSATZ 2: DIE ERKLÄRUNGSTHEORIE(H.M.)

Die Vertreter der Erklärungstheorie hingegen gehen davon aus, dass das fehlende Erklärungsbewusstsein nicht automatisch zur Nichtigkeit der Willenserklärung führen soll. Sie gehen davon aus, dass die Vertreter, die einen Erst- Recht- Schluss zu § 118 BGB bilden völlig den Vertrauensschutz vernachlässigen würden. Sie gehen vielmehr davon aus, dass sich die Person die Willenserklärung zurechnen lassen muss, wenn sie bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass der Empfänger sein Verhalten als Willenserklärung deuten würde. Diese Folgeverantwortung der Person ergebe sich schon als Ausgleichsinstrument zur Privatautonomie. Die Willenserklärung soll dann aber zumindest anfechtbar sein. Diese Schlussfolgerung, dass die Erklärung aber anfechtbar sein soll, entwickeln die Vertreter dieser Ansicht aus einer Analogie zu § 119 I S.2 BGB. Wenn schon bei der Abweichung zwischen Wille und Erklärung eine Anfechtung möglich ist, so müsse dies erst recht dann gelten, wenn das Bewusstsein eine rechtlich erhebliche Erklärung abzugeben insgesamt fehlt. Der Erklärende macht sich aber bei einer Anfechtung nach § 122 BGB ebenso schadensersatzpflichtig, wie bei der 1. Ansicht. Insofern könnte man annehmen, die Ansichten kämen doch zum gleichen Ergebnis. Wie sich im nächsten Abschnitt der Relevanz des Theoriestreites zeigen wird, ist das Ergebnis aber nicht zwingend eine Schadensersatzpflicht nach § 122 BGB.

Wichtig ist, dass nach dieser Theorie immer eine Einzelfallbetrachtung zu machen ist. Nur, wenn der Erklärende bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können oder müssen, dass seine Erklärung sich für einen objektiven Dritten als Willenserklärung darstellt und dieser Dritte dann auch schutzwürdig ist, muss sich der Erklärende nach dieser Theorie seine Erklärung als Willenserklärung zurechnen lassen. Weiß eine Person, dass eine andere in Wirklichkeit gar keine Willenserklärung abgeben wollte, so ist diese nicht schutzwürdig. An Dieser Stelle müssen Studenten auch immer überlegen, ob nicht eventuell das Wissen anderer Personen dem Betroffenen zugerechnet werden müsste § 166 BGB.

CC) RELEVANZ DES THEORIESTREITS- UNTERSCHIEDLICHE ERGEBNISSE

Der Streit um die Lösung derjenigen Fälle, in welchen einer Person das Erklärungsbewusstsein fehlt, entfaltet nicht automatisch einen anderen Gang für eine Falllösung. Nach beiden Lösungsansätzen würde sich der Erklärende nach § 122 BGB schadensersatzpflichtig machen. Aber in 2 Fällen gelangen die Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnissen:

Fall 1: Zu einem unterschiedlichen Ergebnis führen die beiden Theorien, wenn die Anfechtungsfrist des § 121 BGB bereits abgelaufen ist. Denn nach der Willenstheorie würde dann der Vertrag nicht zu Stande kommen und zwar endgültig, da das Erklärungsbewusstsein als notwendiger Bestandteil einer jeden Willenserklärung fehlen und damit keine Willenserklärung existieren würde. Nach der Erklärungstheorie wäre die Willenserklärung hingegen endgültig wirksam, ein Vertrag könnte also Bestand haben und eine Anfechtung wäre nicht mehr möglich.

Fall 2: Zu einem unterschiedlichen Ergebnis gelangen die beiden Theorien auch dann, wenn derjenige, dem zunächst das Erklärungsbewusstsein fehlte, die Willenserklärung nunmehr doch will. Wenn wir im Weinversteigerungsfall einmal annehmen, dass der A einen sehr teuren Wein zu einem äußerst günstigen Preis erlangt hat als er den Zuschlag bekam und davon ausgehen, dass dieser den Wein nun gern auch behalten und bezahlen würde- Was dann? Ist das der Fall, so kann nur die Erklärungstheorie dazu führen, dass die Person ihre Willenserklärung nicht anficht und diese damit wirksam wird. Nach der Willenstheorie ist wegen des fehlenden Erklärungsbewusstseins gar keine Willenserklärung gegeben, die endgültige Wirksamkeit entfalten würde.

In einer Klausur sollten sich die Prüflinge für die Erklärungstheorie entscheiden, den Streitstand an relevanter Stelle aber darstellen. Die Erklärungstheorie lässt eine Einzelfallbetrachtung zu und basiert auf dem Grundsatz des Vertrauensschutzes, der als oberstes Prinzip neben dem Prinzip der Selbstverantwortung dem Grundsatz der Privatautonomie gegenübersteht.

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4
Q

C) GESCHÄFTSWILLE

Der Geschäftswille ist der letzte Bestandteil des inneren Tatbestandes einer Willenserklärung. Er ist dann gegeben, wenn die Person, die die Willenserklärung abgegeben haben soll, auch den Willen hatte diese ganz bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen.

A

Nun kann es aber auch sein, dass die erklärende Person sowohl den Willen hatte überhaupt zu handeln, als auch wusste, dass sie irgendeine rechtlich erhebliche Erklärung abgibt, aber nicht wusste, dass sie gerade diese rechtlich erhebliche Erklärung abgibt, ihr also der Geschäftswille fehlt (siehe obiger Fall mit den Sammelbestellungen für rote oder blaue Pullover).

Diese Situation ist in einem Fall wieder anders zu lösen. Der Geschäftswille wird nach einhelliger Ansicht nicht als notwendiges Element einer Willenserklärung angesehen. Insofern ist man der Ansicht, dass eine Person, die zwar weiß, dass sie in nach außen hervortretender Weise handelt (Handlungswille liegt also vor) und auch weiß, dass sie etwas rechtlich Erhebliches erklärt, nur nicht weiß, dass sie gerade diese spezielle rechtlich erhebliche Erklärung abgibt, eben besser hätte aufpassen müssen.

Der Irrtum über den Inhalt der rechtlich erheblichen Erklärung soll also der Wirksamkeit von der Willenserklärung nicht entgegenstehen. Das ergibt sich eigentlich schon aus dem Gesetz, wenn man einmal einen Blick in § 119 I BGB wirft. Dieser spricht von einer Anfechtungsmöglichkeit der Willenserklärung in einem Irrtumsfall (§ 119 BGB meint ja gerade den fehlenden Geschäftswillen). Wenn aber eine Anfechtungsmöglichkeit gegeben ist, so geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Erklärung zunächst erst mal wirksam war und lediglich anfechtbar ist. Beseitigt der Erklärende dann seine Erklärung mit Hilfe einer Anfechtung, so muss er allerdings den Vertrauensschaden des Empfängers nach § 122 BGB ersetzen.

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5
Q

Angebot des B durch das Ausstellen des Buches im Schaufenster?

A

Ein verbindliches Angebot liegt vor, wenn B erklärt hat (= äußerer
Erklärungstatbestand!), dass er, solange das Buch ausgestellt
ist, mit jedem Kunden, der die Annahme erklärt, einen Kaufvertrag
abschließen will. Ist das hier zutreffend?
• Ermittlung aus der Sicht eines objektiven Empfängers unter
Berücksichtigung der Einzelumstände, Treu und Glauben sowie
der Verkehrssitte nach §§ 133, 157 BGB entsprechend:
- B will sich seinen Vertragspartner, v.a. im Hinblick auf die Zahlungsfähigkeit,
selbst aussuchen:
- Gefahr des (verbindlichen) Kaufvertrags bei falscher
Preisauszeichnung
- Gefahr einer wirksamen Doppelverpflichtung
- B könnte keine weiteren Bedingungen im Kaufvertrag mehr
aufstellen, ein Abbedingen der Gewährleistung wäre nicht mehr
möglich
Ergebnis der Auslegung: kein Rechtsbindungswille des B;
vielmehr Aufforderung des Kunden, selbst ein Angebot
abzugeben
= invitatio ad offerendum („Einladung zur Abgabe
eines Angebots“)

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6
Q

Verträge eigener Art (sui generis)

A

Verträge eigener Art sind solche, die weder materiell-rechtlich geregelt sind, noch schwergewichtig aus verschiedenen Nominatelementen bestehen. Es handelt sich also um eigentliche Neuschöpfungen der Vertragspraxis. Wie die gemischten Verträge bilden auch die Verträge eigener Art eine innere Einheit.

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7
Q

Gesetzlich geregelte Mischverträge

Bei den gesetzlich geregelten Mischverträgen ist die Vermischung verschiedener Typenelemente vom Gesetz so vorgesehen. Entscheidend ist dabei insbesondere, ob das Gesetz auch Rechtsfolgeanordnungen trifft.

A

1) Typischer Vertrag mit Beimischung (atypische Verträge)

Bei einem typischen Vertrag mit Beimischung vereinbarten die Parteien zwar grundsätzlich einen im Gesetz geregelten Vertragstypus, zusätzlich aber haben sie ein davon abweichendes Element hinzugefügt.

Dabei ist notwendig, dass die atypischen Elemente lediglich Nebenpunkte betreffen. Ansonsten liegt ein Innominatvertrag vor.

2) Zusammengesetzte Verträge (sog. Vertragsverbindungen, Netz- oder Verbundverträge)

Zusammengesetzte Verträge bestehen aus zwei oder mehreren gekoppelten Nominat- oder auch Innominatkverträgen. Diese können grundsätzlich voneinander unabhängig selbständig existieren. Jedoch wurden sie von den Parteien so miteinander verbunden, dass eine gegenseitige Abhängigkeit wie zischen Leistung und Gegenleistung im Synallagma besteht.

Auf die einzelnen Verträge finden dabei die Regelungen der entsprechenden Vertragstypen Anwendung. Nur die Verknüpfung an sich weist a priori eine atypische Struktur auf; sie wird deshalb oft als “Innominatfigur” bezeichnet.

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8
Q

liegt nur ein Gefälligkeitsverhältnis vor? Letzteres

ist der Fall, wenn der Rechtsbindungswille bei A fehlt.

A

Vertragsangebot durch A?
- Vertragsangebot durch das Anbieten des A, den B jeweils an Wochenenden mit
seinem Pkw mitzunehmen? Oder liegt nur ein Gefälligkeitsverhältnis vor? Letzteres
ist der Fall, wenn der Rechtsbindungswille bei A fehlt.
- Rechtsbindungswille des A?
Maßgeblich wegen §§ 133, 157 BGB nicht der innere Wille des Handelnden, sondern die
Frage, wie sich sein Verhalten objektiv darstellt; d.h. ob der Erklärungsempfänger nach
der Verkehrsauffassung und den Umständen des Einzelfalls die Erklärung als rechtlich
verbindlich ansehen durfte (objektiver Empfängerhorizont)
durch Auslegung zu ermitteln
→ Indizien:
→ Art der Gefälligkeit
→ Grund und Zweck
→ Wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung für den Empfänger
Hier: Dem Verhalten des A ist ein Verpflichtungswille nicht zu entnehmen.

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9
Q

Noch annahmefähiges Angebot zum Zeitpunkt der Annahmeerklärung, Tod des Antragenden

A

Grds. § 153 BGB = das Vertragsangebot bleibt in der Regel annahmefähig, es sei
denn, dass ein anderer Wille des Antragenden anzunehmen ist.
Bei Bestellungen zum persönlichen Bedarf ist in der Regel ein anderer Wille zu bejahen.
Entscheidend ist nicht der hypothetisch innere Wille des Antragenden, sondern der objektive
Sinn der Erklärung (Ellenberger, in: Palandt, § 153 BGB, Rn. 2). Es kommt darauf an,
wie sich die Situation aus der Sicht eines objektivierten Empfängerhorizonts darstellt (Eckert,
in: BeckOK, § 153 BGB, Rn. 8 ff.). Ein entgegenstehender Wille des Antragenden ist
insbesondere dann anzunehmen, wenn der Vertragsinhalt von der Person des Antragenden
abhängig ist, zB der Vertragsgegenstand seinem individuellen Gebrauch dient (Maßanzug)
oder Leistungen von ihm persönlich zu erbringen sind (Dörner, in: Schulze, § 153
BGB, Rn. 4).
hier: anderer Wille zumindest hinsichtlich des Kleids und des Rings anzunehmen, da es
sich hierbei um Gegenstände für den persönlichen Bedarf handelt. Bei den Fenstervorhängen
und der Tischdecke spricht mehr dafür, dass es anders sein könnte, da die Erben
schließlich mit Vorhängen und Tischdecke mehr anfangen können als mit Kleid oder Ring.
Dies ist aber Fall- bzw. Auslegungsfrage.

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10
Q

Zugegangen ist eine empfangsbedürftige WE,

A

Zugegangen ist eine empfangsbedürftige WE, wenn sie so in den (Macht-)
Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen
die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen.
Hier: Tatsächliche Kenntnisnahme verspätet, Möglichkeit der Kenntnisnahme
genügt aber. Diese bestand bereits nach Einwurf des Schreibens
am 30.05. Angebot damit nicht erloschen.

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11
Q

Empfangsboten angesehen werden, sofern sie für die Entgegennahme geeignet erscheinen.

Erklärungsbotin sein. Die Willenserklärung des M ist dem E dann erst mit tatsächlicher Kenntnisnahme zugegangen

A

Die Aushändigung einer verkörperten Willenserklärung
muss für deren Zugang nicht unbedingt an den Empfänger selbst
erfolgen. Auch Familienangehörige, Hausangestellte, Mitbewohner, Angestellte
im Geschäftsbetrieb können als empfangsberechtigte Empfangsboten
angesehen werden, sofern sie für die Entgegennahme geeignet
erscheinen.
Die Willenserklärung geht dann zu dem Zeitpunkt zu, in dem bei regelmäßigem
Verlauf mit der Weiterleitung der Willenserklärung zu rechnen
ist („menschlicher Briefkasten“). Übermittelt der Empfangsbote falsch,
verspätet oder gar nicht, so geht dies zu Lasten des Empfängers (Übermittlungsrisiko
beim Empfänger).
Tochter T ist hier 4 Jahre alt und erscheint deshalb nach der Verkehrsanschauung
als nicht geeignet zur Entgegennahme der Willenserklärung.
Sie ist also keine Empfangsbotin.
T könnte aber Erklärungsbotin sein. Die Willenserklärung des M ist dem
E dann erst mit tatsächlicher Kenntnisnahme zugegangen. Das Risiko eines
verspäteten Zugangs bleibt demnach beim Erklärenden (Übermittlungsrisiko
beim Erklärenden). Erklärungsbote ist, wer als Empfangsbote nicht
geeignet ist. So lag es hier bei T. Sie war mithin Erklärungsbotin
des M. Durch die Weiterleitung erst am 01.06. gilt die Willenserklärung
auch erst dann als zugegangen.
Zu diesem Zeitpunkt war das Angebot des E aber bereits durch
Fristablauf erloschen, §§ 148, 146 BGB.

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12
Q

Empfangsvertreterin

A

Tatsächliche Kenntnisnahme des E verspätet, Möglichkeit der
Kenntnisnahme genügt aber.
Fraglich ist, ab welchem Zeitpunkt E die Möglichkeit der Kenntnisnahme
hatte.
E hat S hier zur Entgegennahme von Willenserklärungen bevollmächtigt.
Sie ist daher nicht nur Empfangsbotin, sondern Empfangsvertreterin.
Gemäß § 164 III BGB geht eine Willenserklärung bereits mit Erklärung
gegenüber dem Empfangsvertreter zu.
Brief und Annahmeerklärung gehen dem E damit unmittelbare im
Zeitpunkt der Übergabe an S und damit rechtzeitig zu.

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13
Q

Ware in einem Selbstbedienungsladen nur eine Aufforderung, ein Angebot anzugeben.

A

Hier könnte man auch vertreten, dass es sich bei dem Computerladen um eine Art Selbstbedienungsladen handelt,
weil K alle verfügbaren PCs zur Kasse transportiert bzw. an sich nimmt.
Nach hM ist das Bereitstellen der Ware in einem Selbstbedienungsladen nur eine Aufforderung, ein Angebot anzugeben.
Das rechtlich verbindliche Angebot gibt der Kunde erst an der Kasse ab, das Buchen des Preises ist die Annahme (vgl.
Ellenberger, in: Palandt, § 145 BGB, Rn. 8; Busche, in: MüKoBGB, § 145 BGB, Rn. 12).
Nach der Gegenansicht liegt in dem Auslegen der Ware bereits ein verbindliches Angebot, die Annahme erfolge mit dem
Vorlegen an der Kasse (vgl. Bork, in: Staudinger, § 145 BGB, Rn. 8).
Die besseren Argumente dürften dabei für die erste Auffassung sprechen, denn es gilt nämlich auch hier, dass sich der
Geschäftsinhaber gegebenenfalls eine Liquiditätsprüfung vorbehalten will.

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14
Q

Zugang durch Einwurf des Benachrichtigungsscheins?

A

Zugang durch Einwurf des Benachrichtigungsscheins? Nach Ansicht
der BGH liegt in der bloßen Benachrichtigung von der Hinterlegung
des Einschreibebriefes im Postamt kein Zugang vor (vgl. Ellenberger,
in: Palandt, § 130 BGB, Rn. 7). Weder ist die Erklärung in den
Machtbereich des Empfängers gelangt, noch besteht eine (unmittelbare)
Möglichkeit zur Kenntnisnahme.
Arg.: Der Erklärende trägt das Transportrisiko; wenn er schon die Form des Einschreibens
wählt (zu Beweiszwecken) so muss er auch das Risiko tragen, dass
der Brief den Empfänger nicht erreicht
b) Zwischenergebnis: Die Annahmeerklärung ist nicht durch den Einwurf des
Benachrichtigungsschreibens zugegangen.

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15
Q

Korrektur des Ergebnisses über § 242?
Angesichts des Verhaltens des K (er hat die Postsendung nicht abgeholt!) könnte eine Korrektur erforderlich sein

ZUGANG

A

Angesichts des Verhaltens des K (er hat die Postsendung nicht abgeholt!) könnte eine Korrektur erforderlich
sein.
1. Fiktion der Rechtzeitigkeit des Zugangs
Grds. muss derjenige, der aufgrund bestehender vertraglicher Beziehungen mit dem Zugang
rechtserheblicher Erklärungen zu rechnen hat, geeignete Vorkehrungen treffen, dass ihn derartige
Erklärungen auch erreichen; nach der Rspr. kann dann die Rechtzeitigkeit des Zugangs fingiert
werden. Voraussetzung ist aber, dass der Erklärende unverzüglich nach Kenntnis von dem
nicht erfolgten Zugang einen erneuten Versuch unternehmen muss, um die Erklärung in den
Machtbereich des Empfängers zu bringen.
Im vorliegenden Fall hat V einen solchen Versuch aber nicht vorgenommen. Die Rechtzeitigkeit
des Zugangs kann daher nicht fingiert werden.
2. Ausnahmsweise: Fiktion des Zugangs selbst
Ein wiederholter Versuch des Erklärenden ist dann nicht sinnvoll und daher nicht erforderlich,
wenn der Adressat den Zugang arglistig vereitelt: Dann tritt der Zugang bereits mit der Zugangsvereitelung
ein. Arglist ist zu bejahen, wenn Empfänger die Annahme grundlos verweigert,
obwohl er mit dem Eingang rechterheblicher Erklärungen zu rechnen hat (z.B. wegen vorausgegangener
Vertragverhandlungen).
I m v o r l i e g e n d e n F a l l erscheint ein arglistiges Verhalten des K nicht zwingend vorzuliegen.
In der Benachrichtigung war keine Information enthalten, um was es sich bei
dem abzuholenden Brief handelt; ferner hätte V auch durch einfachen Brief die Annahme erklären
können; ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ist daher zu verneinen (a.A. gut vertretbar, da K
mit dem Zugang einer Erklärung des V rechnen konnte).
III. Ergebnis: Ein Kaufvertrag ist nicht wirksam zustande gekommen; V hat die
Annahme nicht rechtzeitig erklärt; V hat keinen Anspruch auf Zahlung nach § 433 II.

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16
Q

Versteigerung nach § 156 S. 1 BGB

A

Nach § 156 S. 1 BGB kommt Vertrag mit Zuschlag zustande → „Zuschlag“
erforderlich
Hier:
- Zuschlag fehlt
- auch kein „Zuschlag durch Zeitablauf“ → Bloßer Zeitablauf ist keine WE und
vermag eine solche auch nicht zu ersetzen
Zwischenergebnis: keine Versteigerung iSd. § 156 S. 1 BGB

Beachte: Versteigerungen im Internet sind keine Versteigerungen im Sinne des § 156 BGB. Der
Verkäufer erklärt objektiv, ein Angebot an den Höchstbietenden zu machen bzw. die
vorweggenommene Annahme des Höchstgebots (Ellenberger, in: Palandt, § 156 BGB, Rn. 3).

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17
Q

Ein Angebot von Seiten des B könnte in dem von ihm veranlassten Einstellen der genauen Beschreibung des Pkw auf die Internet-Seite des Auktionshauses zu sehen sein. Angebot und Annahme können auch per Mausklick online abgegeben werden. Dann müsste in dem Einstellen eine von entsprechendem Rechtsbindungswillen getragene Willenserklärung zu sehen sein. Der Rechtsbindungswille könnte sich hier aus der Verpflichtung des Anbieters, sein Angebot während des zeitlichen Laufes der Versteigerung nicht zurückzunehmen, ergeben. Gegen einen Rechtsbindungswillen spricht aber, dass der Anbieter bei einer Auktion nicht mit allen Interessenten, sondern nur mit einem einzigen einen Vertrag abschließen möchte. Dies deutet eher auf eine invitation ad offerendum hin. Allerdings könnte man auch argumentieren, aus dem Umstand, dass es sich um eine Auktion handelt, ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass das Produkt nur an den Meistbietenden verkauft wird.

A

Zu beachten ist jedoch, dass bei privatrechtlichen Versteigerungen nach § 156 I S.1 BGB der Vertrag erst mit dem Zuschlag zustande kommt, so dass ein Angebot erst im Gebot der Bieter zu sehen wäre. Fraglich könnte sein, ob § 156 BGB auf Interent-Auktionen überhaupt anwendbar ist. Die AGB des Auktionshauses bedingen die dispositive Vorschrift nicht ab. Zweifel könnten durchaus erwachsen, dass bei Internet-Auktionen das Ende der Versteigerung üblicherweise durch den Ablauf einer bestimmten Frist festgesetzt ist, worin man dann auch den Zeitpunkt des Zustandekommens des Kaufvertrages sehen könnte. Auf einen Zuschlag käme es nicht mehr an. Es ist aber fraglich, in der Fristbestimmung eine Abbedingung des § 156 S.1 BGB zu sehen, da die Frist auch als bloßer Endzeitpunkt für die Möglichkeit der Abgabe für ein Gebot angesehen werden kann und vor allem weil die AGB explizit auf die Regeln des BGB verweisen und das Auktionshaus im Normalfall dem Meistbietenden ein Schreiben übermittelt, worin der Zuschlag zum Ausdruck gebracht wird. Soweit daher durch das Auktionshaus durch ein entsprechendes Schreiben dennoch ein Zuschlag erfolgt, kann § 156 BGB, der einzig den Vertragsschluss regelt, zur Bestimmung desselben ebenso herangezogen werden. Der Zuschlag ist dann als Annahme zu verstehen. Angebote erfolgen durch die Bieter in ihren Geboten. Die Veröffentlichung auf der Internetseite durch den Anbieter stellt einzig eine invitatio ad offerendum dar und ist folglich mangels Rechtsbindungswillens kein Angebot im Sinne des BGB. Die Klausel, nach der der Anbieter während der Versteigerung sein Angebot nicht zurückziehen kann, steht dem nicht entgegen, da eine solche Bestimmung dem Ablauf der Versteigerung selbst dient. Auf die Frage, ob ein Angebot seitens des B mangels Bestimmtheit aufgrund fehlender essentialia negotii verneint werden muss, kommt es deshalb nicht mehr an.

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18
Q

die vorweggenommene Annahme

müssten die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung nach § 164 I 1 BGB vorliegen.

A

R könnte aber von S wirksam vertreten worden sein. Dazu müssten die
Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung nach § 164 I 1 BGB
vorliegen.
a. Zulässigkeit der Stellvertretung
è rechtsgeschäftliches Handeln: KaufV (+)
è kein höchstpersönliches Geschäft (+)
b. Abgabe einer eigenen Willenserklärung
è S sollte das Schmuckstück selbst aussuchen, hatte also
einen Entscheidungsspielraum und sollte im Rahmen dessen
einen eigenen Willen bilden, (+)
c. Abgabe einer Willenserklärung in fremdem Namen
(Offenkundigkeitsprinzip – Ziel: Schutz des Vertragspartners)
è S sagt ausdrücklich, dass sie für R handele, (+)
Wichtigste Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip:
Geschäft für den, den es angeht (Bargeschäfte des täglichen Lebens)
d. Handeln im Rahmen der Vertretungsmacht
è R hat S telefonisch bevollmächtigt, ein Schmuckstück zum
Preis von bis zu 1000 € zu kaufen.
è Innenvollmacht, § 167 I Alt. 1 BGB, (+)
è Angebot der S für R (§ 164 I 1 BGB: „wirkt für und gegen den
Vertreten“): (+)

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19
Q

Handeln im Rahmen der Vertretungsmacht

A

(1) rechtsgeschäftliche Vollmacht
è ausdrücklich? (–)
è konkludente Erteilung durch Duldung?
è vertretbar, aber h.M. (–), weil
Rechtsbindungswille fehlt
(2) Vertretungsmacht kraft Rechtsscheins,
§§ 170-173 BGB
è § 170 BGB: unwiderrufene Außenvollmacht, hier (–)
è § 171 BGB: Kundgebung, hier (–)
(3) Duldungsvollmacht
è Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn
• eine Person wiederholt als Vertreter auftritt,
• der Vertretene vom Handeln der Person
Kenntnis hat und es duldet
• und der Dritte die fehlende Vertretungsmacht
der Person nicht kennen muss (vgl. § 122 II
BGB), § 173 BGB analog
è hier: (+)
è Angebot der D für R (§ 164 I 1 BGB: „wirkt für und gegen den
Vertreten“): (+)

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20
Q

Allgemeines/Rechtsgrundlage der Duldungs- und Anscheinsvollmacht:

A

Die §§ 170 ff. BGB gehen davon aus, dass dem Geschäftsgegner die Nachprüfung der
Bevollmächtigung nicht zuzumuten ist, wenn das Verhalten des Vertretenen auf das Bestehen einer
Vollmacht schließen lässt. Dieser Rechtsgedanke kommt auch in § 370 BGB und § 56 HGB zum
Ausdruck und bildet die Grundlage für die Anerkennung der DV und der AV. Darüber hinaus sind die
Grundsätze der DV und der AV inzwischen zu Gewohnheitsrecht erstarkt.
In einer Klausur könnte man dies wie folgt darstellen:
„Die DV (oder AV) hat ihre Grundlage im Rechtsgedanken der §§ 170 ff. BGB, der besagt, dass dem
Geschäftsgegner die Nachprüfung der Bevollmächtigung nicht zuzumuten ist, wenn das Verhalten
des Vertretenen auf das Bestehen einer Vollmacht schließen lässt und ist mittlerweile zum
gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtsinstitut erstarkt.“
Nach diesem Einleitungssatz zur (Rechts-)Grundlage prüft man ganz normal weiter, definiert also
zunächst die DV oder AV.

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21
Q

Handeln im Rahmen der Vertretungsmacht

Anscheinsvollmacht

A

(1) rechtsgeschäftliche Vollmacht
è ausdrücklich? (–)
è konkludente Erteilung durch Duldung?
è vertretbar, aber h.M. (–), weil
Rechtsbindungswille fehlt
(2) Vertretungsmacht kraft Rechtsscheins,
§§ 170-173 BGB
è § 170 BGB: unwiderrufene Außenvollmacht, hier (–)
è § 171 BGB: Kundgebung, hier (–)
è § 172 BGB: Urkunde, hier (–)
(3) Duldungsvollmacht
è R hat keine Kenntnis von den Bestellungen der D und duldet
demnach auch nicht, (–)
(4) Anscheinsvollmacht
è Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn
• eine Person wiederholt als Vertreter auftritt,
• der Vertretene vom Handeln der Person fahrlässig keine
Kenntnis hat und das Handeln bei Kenntnis hätte
verhindern können
• und der Dritte die fehlende Vertretungsmacht der
Person nicht kennen muss (vgl. § 122 II BGB), § 173
BGB analog
è hier: (+)
h.M: Anscheinsvollmacht steht in ihrer Wirkung rechtsgeschäftlich
erteilter Vollmacht gleich, der Rechtsschein ist nicht anfechtbar.
a.A: Haftung des Vertretenen nur aus c.i.c. (§ 311 II);
Erfüllungsinteresse kann nicht aus Sorgfaltspflichtverletzung,
sondern nur aus privatautonomen Handeln hergeleitet werden

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22
Q

(Gemeinsame) Voraussetzungen der Rechtsscheinsvollmacht

A
  1. Rechtsschein – Tatbestände der §§ 170, 171 II, 172 II BGB bzw. (wiederholtes)
    Auftreten als Vertreter ohne Vertretungsmacht
  2. Zurechenbares Setzen des Rechtsscheins – Tatbestände der §§ 170 bis 172 BGB
    bzw. Kenntnis und Duldung (DuldungsVM) bzw. grob fahrlässige Unkenntnis
    (AnscheinsVM)
  3. (Durch den Rechtsschein kausale Verursachung der) Gutgläubigkeit des
    Vertragspartners - § 173 BGB (keine Kenntnis bzw. grob
    fahrlässige Unkenntnis von dem Auftreten des Vertreters ohne Vertretungsmacht)
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23
Q

Wissenserklärungsvertreter (zB Betriebsratsvorsitzender, Aufsichtsratsvorsitzender)

A

Eine Haftung nach § 179 besteht auch zu Lasten der sog. Wissenserklärungsvertreter (zB Betriebsratsvorsitzender, Aufsichtsratsvorsitzender), wenn sie außerhalb ihrer Befugnisse und somit ohne Vertretungsmacht Rechtsgeschäfte mit Dritten vornehmen (→ § 164 Rn. 66 ff.). In vielen Fällen wird es aber zur Genehmigung des Vertreterhandelns kommen. Das scheidet nur dann aus, wenn der Vertreter außerhalb der Aufgaben des Gremiums (zB des Betriebsrats oder Aufsichtsrats) gehandelt hat. Die Besonderheit dieser Fallgruppe besteht darin, dass das vertretene Organ außerhalb seiner Aufgaben nicht rechtsfähig ist, so dass bereits deshalb ein Vertretergeschäft ausscheidet (→ § 164 Rn. 67 ff.).

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24
Q

Der Anwendungsbereich von § 179 deckt sich mit dem des § 177 und ergänzt die Norm auch bei der Rechtsfortbildung um die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht.

A

§ 179 greift daher auch ein, wenn der Vertreter eine (noch) nicht oder nicht mehr22 existierende Person vertreten hat. Das gilt zunächst für natürliche Personen. Nach allgM haftet der Vertreter analog § 179, wenn der Vertretene nicht geschäftsfähig ist, das Vertretergeschäft somit nicht genehmigen kann und der Vertreter das verschwiegen hat.23 Im Todesfall ist für die Vertrauenshaftung nur Raum, wenn die Vertretungsmacht mit dem Tod erloschen ist (→ § 168 Rn. 14) und das Vertretergeschäft nicht durch die Erben genehmigt wurde. Schließlich kommt § 179 analog zur Anwendung, wenn der Vertreter den Vertretenen, den er nachträglich benennen wollte, nicht identifizieren kann.24 Eine Sonderregelung zu § 179 Abs. 1, 2 für das Scheck- und Wechselrecht enthalten Art. 8 WechselG und Art. 11 ScheckG, sie verdrängen aber nicht § 179 Abs. 3, da der Geschäftsgegner in diesen Fällen nicht schutzwürdig ist.25

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25
Bei nicht bestehenden Personengesellschaften und juristischen Personen kommt § 179 ebenfalls zur Anwendung
Steht hinter der Scheinfirma ein tatsächlich existierender Rechtsträger eines Unternehmens, so kommt mit ihm das Vertretergeschäft zustande, wenn er dem Vertreter Vollmacht erteilt hat und der Geschäftsgegner mit ihm das Rechtsgeschäft vornehmen wollte.32 Der Partner des unternehmensbezogenen Rechtsgeschäfts ist lediglich unrichtig bezeichnet. 13 Was für die nicht existierende juristische Person gilt, ist auf die noch nicht rechtsfähig gewordene juristische Person, die aber bereits als Vorgründungsgesellschaft oder als Vorgesellschaft besteht, zu übertragen. In diesen Fällen ist genau zu prüfen, für wen der Vertreter den Vertrag geschlossen hat. Selbst wenn er die später eingetragene juristische Person als Vertretenen bezeichnet, handelt es sich in vielen Fällen um ein unternehmensbezogenes Geschäft, das mit der bestehenden Vorgründungs- oder Vorgesellschaft zustande kommt.33 Es liegt somit nur ein Fall der Falschbezeichnung des Vertretenen vor. Das Rechtsgeschäft mit der Vorgesellschaft geht auf die später eingetragene Gesellschaft über34 und § 179 kommt nicht zur Anwendung.35 Sofern der Vertrag jedoch mit der noch nicht existierenden juristischen Person geschlossen wird, kommt das Vertretergeschäft mit ihrer Entstehung zustande, so dass nur in wenigen Fällen § 179 eingreift. Die Vertreterhaftung kommt insbesondere zur Anwendung, wenn die Gesellschafter die Eintragungsabsicht aufgeben. Allerdings enthalten § 11 Abs. 2 GmbHG, § 41 Abs. 1 S. 2 AktG und § 54 S. 2 BGB eine besondere Handelndenhaftung, die § 179 in ihrem Anwendungsbereich vorgeht.36 Sie ist aber auf Personen beschränkt, die als oder wie ein Organ tätig werden.37 Insofern ist ein Anwendungsbereich für § 179 weiter vorhanden. Ähnliches gilt bei Personenhandelsgesellschaften. Handelt der Vertreter im Namen der noch nicht existierenden Gesellschaft, so entfällt die Haftung nach § 179 mit Entstehen der Gesellschaft, mit der sodann das Vertretergeschäft besteht.38 Bei der Haftung nach § 179 bleibt es nur, wenn sie nicht entsteht.
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Was für die nicht existierende juristische Person gilt, ist auf die noch nicht rechtsfähig gewordene juristische Person, die aber bereits als Vorgründungsgesellschaft oder als Vorgesellschaft besteht, zu übertragen.
In diesen Fällen ist genau zu prüfen, für wen der Vertreter den Vertrag geschlossen hat. Selbst wenn er die später eingetragene juristische Person als Vertretenen bezeichnet, handelt es sich in vielen Fällen um ein unternehmensbezogenes Geschäft, das mit der bestehenden Vorgründungs- oder Vorgesellschaft zustande kommt.33 Es liegt somit nur ein Fall der Falschbezeichnung des Vertretenen vor. Das Rechtsgeschäft mit der Vorgesellschaft geht auf die später eingetragene Gesellschaft über34 und § 179 kommt nicht zur Anwendung.35 Sofern der Vertrag jedoch mit der noch nicht existierenden juristischen Person geschlossen wird, kommt das Vertretergeschäft mit ihrer Entstehung zustande, so dass nur in wenigen Fällen § 179 eingreift. Die Vertreterhaftung kommt insbesondere zur Anwendung, wenn die Gesellschafter die Eintragungsabsicht aufgeben. Allerdings enthalten § 11 Abs. 2 GmbHG, § 41 Abs. 1 S. 2 AktG und § 54 S. 2 BGB eine besondere Handelndenhaftung, die § 179 in ihrem Anwendungsbereich vorgeht.36 Sie ist aber auf Personen beschränkt, die als oder wie ein Organ tätig werden.37 Insofern ist ein Anwendungsbereich für § 179 weiter vorhanden. Ähnliches gilt bei Personenhandelsgesellschaften. Handelt der Vertreter im Namen der noch nicht existierenden Gesellschaft, so entfällt die Haftung nach § 179 mit Entstehen der Gesellschaft, mit der sodann das Vertretergeschäft besteht.38 Bei der Haftung nach § 179 bleibt es nur, wenn sie nicht entsteht.39 14 Eine Analogie zu § 179 kommt auch in Betracht, wenn der Geschäftsgegner weiß, dass sich die juristische Person oder Personengesellschaft noch im Entstehen befindet und ihm in Aussicht gestellt wird, dass das Vertretergeschäft alsbald mit der entstandenen Personengesellschaft oder juristischen Person zustande kommt.40 Der Vertreter muss einstehen, wenn die Gesellschaft oder juristische Person nicht entsteht. Das Risiko des Scheiterns des Vertretergeschäfts hat der Geschäftspartner – so die Rspr. – nicht übernommen, so dass es nicht sachgerecht sei, ihm das Risiko des Scheiterns aufzubürden, zumal er auf die Abläufe keinen Einfluss habe.41 Der Anwendung des Haftungsausschlusses nach § 179 Abs. 3 S. 1 stehe Treu und Glauben entgegen.42 Dabei ist aber zu bedenken, dass sich der Geschäftsgegner in diesen Fällen wissend auf einen solchen Vertrag einlässt und ein Vertrauen in die Vertretungsmacht und die Vertretung selbst grundsätzlich nicht vorhanden ist. Letztlich ist es eine autonome Entscheidung des Geschäftsgegners, sich darauf einzulassen. Es wäre daher eine einseitige Verlagerung des Risikos auf den Vertreter, was weder mit der Begründung der Haftung nach § 179 noch mit den Grundprinzipien des Stellvertretungsrechts in Einklang steht. Daher liegt es näher, die Haftung des Vertreters auf solche Fälle zu begrenzen, wo er besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hat (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3 S. 2).
27
Eine Analogie zu § 179 kommt auch in Betracht, wenn der Geschäftsgegner weiß, dass sich die juristische Person oder Personengesellschaft noch im Entstehen befindet und ihm in Aussicht gestellt wird, dass das Vertretergeschäft alsbald mit der entstandenen Personengesellschaft oder juristischen Person zustande kommt.
Der Vertreter muss einstehen, wenn die Gesellschaft oder juristische Person nicht entsteht. Das Risiko des Scheiterns des Vertretergeschäfts hat der Geschäftspartner – so die Rspr. – nicht übernommen, so dass es nicht sachgerecht sei, ihm das Risiko des Scheiterns aufzubürden, zumal er auf die Abläufe keinen Einfluss habe.41 Der Anwendung des Haftungsausschlusses nach § 179 Abs. 3 S. 1 stehe Treu und Glauben entgegen.42 Dabei ist aber zu bedenken, dass sich der Geschäftsgegner in diesen Fällen wissend auf einen solchen Vertrag einlässt und ein Vertrauen in die Vertretungsmacht und die Vertretung selbst grundsätzlich nicht vorhanden ist. Letztlich ist es eine autonome Entscheidung des Geschäftsgegners, sich darauf einzulassen. Es wäre daher eine einseitige Verlagerung des Risikos auf den Vertreter, was weder mit der Begründung der Haftung nach § 179 noch mit den Grundprinzipien des Stellvertretungsrechts in Einklang steht. Daher liegt es näher, die Haftung des Vertreters auf solche Fälle zu begrenzen, wo er besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hat (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3 S. 2).
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§ 179 wurde durch Rechtsfortbildung auch auf Fälle ausgedehnt, in denen der Vertreter den Eindruck einer bestimmten Haftungssituation erweckt, die nicht der tatsächlichen Rechtslage entsprach.
Das gilt zum einen für einen Vertreter, der wie der Mitinhaber des Unternehmens auftritt, der persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet. Nach der Rspr. haftet er analog § 179 neben dem Vertretenen in gesamtschuldnerischer Weise.44 Dasselbe hat der BGH angenommen, wenn der Vertreter den Anschein erweckt hat, eine Person hafte für das Vertretergeschäft mit seinem Privatvermögen.45 Die Vertreterhaftung scheidet aber bei Kenntnis oder Kennenmüssen des Geschäftsgegners aus.46 Darüber hinaus zieht der BGH § 179 analog heran, wenn der Vertreter den gesetzlich vorgeschriebenen Firmenzusatz weglässt, der die Haftungsbeschränkung signalisiert. Das gilt sowohl für den GmbH-Zusatz nach § 4 GmbHG47 als auch für den Zusatz der UG haftungsbeschränkt nach § 5a GmbHG.48 In welchem Umfang der Vertreter in diesem Fall haftet, konnte die Rspr. dahinstehen lassen, weil die Forderung des Klägers noch unter dem Mindeststammkapital einer GmbH lag. Die Lit. schlägt zum Teil eine Beschränkung der Haftung auf das Mindeststammkapital vor, weil der Geschäftsgegner auf eine weitreichende Haftungsmasse nicht vertrauen durfte.49 Zum Teil wird eine reine Innenhaftung vorgeschlagen, die den Vertreter verpflichtet, das Stammkapital, das bei einer GmbH vorhanden wäre, einzuzahlen.50 Einige Autoren haben der Rspr. jedoch grundsätzlich widersprochen, weil der Geschäftsgegner selbst bei einem Vertretergeschäft mit einer GmbH nicht darauf vertrauen könne, dass (zumindest) das Stammkapital noch vorhanden sei.51 Zum Teil wird eine Haftung aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 352 und Delikt53 befürwortet. 16
29
Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht | Anspruch des H gegen V auf Erfüllung gemäß § 179 I BGB
(die Haftung beruht auf dem Gedanken, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht Vertrauen veranlasst und enttäuscht hat) I. Handeln als Vertreter ohne Vertretungsmacht? Stellvertretung: - Zulässigkeit der Stellvertretung (+) - Eigene WE (+) - Handeln in fremdem Namen (Offenkundigkeitsprinzip), für die K-GmbH (+) - Vertretungsmacht: nach dem Sachverhalt (–) II. Verweigerung der Genehmigung durch den Vertretenen K? 1. eigentlich Genehmigung ggü. dem V am 08.05. durch G als Vertreter (Geschäftsführer, § 35 I GmbHG) der K-GmbH 2. aber: Genehmigungsverlangen des H ggü. der K (§ 177 II 1 Hs. 1 BGB) è Genehmigung ggü. dem V wird unwirksam (§ 177 II 1 Hs. 2 BGB) è Erklärung kann nur ggü. dem H abgegeben werden è Ablehnung ggü. H wirksam è Ergebnis: Verweigerung der Genehmigung durch den Vertretenen K (+) III. Rechtsfolge: è Wahlrecht des H (vgl. § 179 I BGB): 1. Erfüllung: Vertreter wird zwar nicht Vertragspartner, hat aber die Stellung wie der (vermeintliche) „Vertragspartner“, d.h. er kann alle Ansprüche und Gegenrechte wie dieser geltend machen (auch die Gestaltungsrechte [z.B. Anfechtung oder Rücktritt]) 2. Schadensersatz: Erfüllungsinteresse; nicht auf Naturalrestitution, sondern auf Geldersatz gerichtet; beachte aber § 179 II BGB: in diesem Fall nur Vertrauensinteresse IV. Beschränkung der Vertreterhaftung (P): Insolvenz der K vor Fälligkeit der vertraglichen Ansprüche è Ausschluss des Erfüllungsanspruchs gegen den Vertreter ohne Vertretungsmacht? e.A.: Insolvenz des „Vertretenen“ ändert nichts an der Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht; Vertreterhaftung hat eigenständigen Garantiecharakter wohl hM: Haftung des Vertreters nach § 179 BGB scheidet aus, da durch diese Haftung der Vertragspartner nicht besser gestellt werden soll als er stünde, wenn er den Vertretenen selbst nicht hätte in Anspruch nehmen können. Ergebnis: H hat gegen V (k)einen Anspruch auf Erfüllung nach § 179 I BGB. Abwandlung è Haftungsausschluss nach § 179 III S.1 BGB bei Kenntnis des H von der fehlenden Vertretungsmacht
30
§ 179 gilt entsprechend für das Handeln unter fremdem Namen, wenn es sich um einen Fall der Identitätstäuschung handelt (→ § 164 Rn. 142 ff.). Bei Unterschriftsfälschungen findet § 179 ebenfalls entsprechend Anwendung. Darüber hinaus führen Gewinnzusagen nach § 661a in oder unter fremdem Namen zur Haftung nach § 179 analog. Eine direkte Anwendung kommt nicht in Betracht, weil es sich bei der Gewinnzusage nach § 661a nicht um ein Rechtsgeschäft handelt.54
jjj
31
Die hM wendet § 179 entsprechend an, wenn der Vertrag aus anderen Gründen als der fehlenden Vertretungsmacht nichtig ist.
Das kann aber nur gelten, wenn der Geschäftsgegner auf die Wirksamkeit vertraut hat und vertrauen durfte. Das kommt in Betracht, wenn das Wirksamkeitshindernis beim Vorliegen von Vertretungsmacht noch beseitigt worden wäre. Schließlich haftet der Vertreter nur dann auf Erfüllung, wenn der Vertrag als solcher wirksam gewesen wäre und die fehlende Vertretungsmacht somit kausal war (→ Rn. 29 ff.). Das gilt vor allem bei fehlenden behördlichen oder anderen Genehmigungen, die wegen der fehlenden Vertretungsmacht nicht mehr eingeholt wurden, und wenn anzunehmen ist, dass die Genehmigung erteilt worden wäre.55 Sofern das Vertretergeschäft nach § 118 nichtig gewesen wäre und der Vertretene nach § 122 auf das negative Interesse gehaftet hätte, ist die Haftung des vollmachtlosen Vertreters ebenfalls darauf zu beschränken. Lässt sich die Haftung des Vertreters wegen des Nichtigkeitsgrundes so nicht begründen, bleibt nur die Haftung aus c.i.c. oder Delikt.
32
Schließlich gilt § 179 analog, wenn eine Person als Verwalter fremden Vermögens auftritt, obwohl er kein Amtsinhaber ist, und Verträge im Hinblick auf das verwaltete Vermögen schließt.
Das gilt insbesondere für Insolvenzverwalter und Testamentsvollstrecker, wenn sie außerhalb ihrer Befugnisse oder nach Ende des Amtes handeln. § 1985 Abs. 2, § 60 InsO und § 154 S. 1 ZVG bestehen unabhängig von der Haftung nach § 179. Schließlich finden die §§ 177 ff. auf den Pseudoboten Anwendung, der bei Genehmigungsverweigerung durch den Geschäftsherrn analog § 179 haftet. Etwas anderes gilt für die Verhandlungsgehilfen, wenn der Geschäftsherr den Vertrag letztlich selbst geschlossen hat und er unwirksam oder nichtig ist.57 21 Auf juristische Personen des öffentlichen Rechts finden die §§ 177 ff. grundsätzlich Anwendung, wenn sie sich am Privatrechtsverkehr beteiligen. Die Haftung des Vertreters nach § 179 gerät jedoch mit den Vorgaben des öffentlichen Rechts in Konflikt, wenn die Vertretungsmacht wegen der spezifischen öffentlich-rechtlichen Anforderungen nicht besteht. Der Vertreter begeht in diesen Fällen eine Amtspflichtverletzung, für die der Dienstherr einstehen muss. Dieses spezifisch öffentlich-rechtliche Haftungsregime würde durch § 179 analog unterlaufen.
33
Haftungsvoraussetzungen 1. Abschluss eines Vertrages (Rn. 22) 2. Fehlen der Vertretungsmacht (Rn. 23-29) 3. Kausalität (Rn. 30-33)
1. Abschluss eines Vertrages 22 Der Geschäftsgegner muss mit dem Vertreter einen Vertrag geschlossen haben, der Wirkung für und gegen den Vertretenen entfalten sollte. Der Vertreter muss somit im fremden Namen gehandelt und damit zumindest konkludent eine Vertretungsmacht behauptet haben.58 Dabei sind die Kriterien des Offenkundigkeitsgrundsatzes zugrunde zu legen, da bei dessen Verletzung ohnehin ein Eigengeschäft des Vertreters vorliegt (→ § 164 Rn. 174 ff.).
34
2. Fehlen der Vertretungsmacht
Der Vertreter darf für das vorgenommene Rechtsgeschäft keine Vertretungsmacht haben, sei es eine Vollmacht, sei es eine gesetzliche oder organschaftliche Vertretungsmacht. Es kommt auf das materiell-rechtliche Fehlen der Vertretungsmacht an,59 auch wenn der Wortlaut des § 179 Abs. 1 auf den Nachweis der Vertretungsmacht abzustellen scheint. Es handelt sich dabei nur um eine Beweislastregel, da bei Vorliegen einer Vertretungsmacht ein Vertrag mit dem Vertretenen besteht, so dass dieser zu erfüllen ist.60 Der Geschäftsgegner wird den Vertreter regelmäßig erst in Anspruch nehmen, wenn der Vertretene die Erfüllung des Vertrags wegen der fehlenden Vertretungsmacht des Vertreters abgelehnt hat. Der Geschäftsgegner kann bei Zweifeln an der Vertretungsmacht den Vertretenen auch zur Erklärung über die Vertretungsmacht auffordern. Sie hat jedoch nicht notwendig die Wirkung der Aufforderung nach § 177 Abs. 2, die nur beim Fehlen der Vertretungsmacht eingreift, damit der Geschäftsgegner die schwebende Unwirksamkeit einer Klärung zuführen kann. Somit macht die Aufforderung eine bereits erteilte Innenvollmacht nicht unwirksam. § 177 Abs. 2 S. 2 ist insoweit auch nicht entsprechend anwendbar. Die Fiktion der Genehmigungsverweigerung als Rechtsfolge passt in diesen Fällen nicht. Das Schweigen des Vertretenen auf die Aufforderung hin kann jedoch treuwidrig sein, wobei auf die Interessenbewertung, die in § 177 Abs. 2 zum Ausdruck kommt, Bezug genommen werden kann.61 24 Der Anspruch aus § 179 besteht erst, wenn der Vertretene die Genehmigung verweigert hat oder dies nach § 177 Abs. 2 S. 2 fingiert wird. Während der Schwebezeit haftet der Vertreter noch nicht (→ § 177 Rn. 55 ff.). Die Unwirksamkeit des Vertretergeschäfts muss objektiv feststehen. § 179 greift auch ein, wenn der Vertreter zwar Vollmacht hat, diese aber leugnet oder nicht auf sie zurückgreifen will und keine Genehmigung nach § 177 Abs. 1 erfolgt. In solchen Fällen greift jedoch idR § 179 Abs. 3 S. 1 ein, da die Leugnung der Vollmacht meist gegenüber dem Geschäftsgegner erfolgen wird. 25 Überschreitet ein Vertreter seine Vertretungsmacht, ist das Vertretergeschäft insgesamt unwirksam, es sei denn, das Geschäft ist teilbar und kann nach § 139 in dem von der Vertretungsmacht gedeckten Umfang aufrechterhalten werden. Die Haftung aus § 179 bezieht sich dann auf den unwirksamen Teil des Rechtsgeschäfts (→ § 177 Rn. 11).62 26 Bei einer Untervollmacht haftet der Untervertreter unstreitig für den Mangel der Untervollmacht.63 Bei einem Mangel der Hauptvollmacht ist streitig, ob der Hauptvertreter bzw. der Untervertreter haftet, wobei zum Teil zwischen der offengelegten und der verdeckten Untervollmacht unterschieden wird (→ § 167 Rn. 86 ff.). Die Garantiehaftung nach § 179 Abs. 1 knüpft an die schlüssige Behauptung des Vertreters an, Vertretungsmacht zu haben. Diese Aussage trifft auch der Untervertreter, unabhängig davon, ob der die Untervollmacht offenlegt. Deren Wirksamkeit hängt in jedem Fall davon ab, ob der Hauptvertreter Vertretungsmacht hatte und wirksam Vollmacht erteilt wurde. § 179 schützt das Vertrauen in die Vertretungsmacht, so dass es unerheblich ist, woran die Erteilung der Untervollmacht scheitert. Der Untervertreter kann seinerseits nach den §§ 179, 180 S. 2 den Hauptvertreter in Anspruch nehmen. Im Verhältnis zum Geschäftspartner gilt jedoch § 179 ohne Einschränkungen. Das Offenlegen der Untervollmacht kann im Einzelfall höchstens zum Haftungsausschluss nach § 179 Abs. 3 S. 1 führen, wenn der Geschäftspartner anhand der mitgeteilten Umstände zumindest wissen musste, dass keine Haupt- oder Untervollmacht bestand. 27 Bei einer Rechtsscheinvollmacht ist grundsätzlich kein Raum für eine Haftung des Vertreters nach § 179. Allerdings hat der Geschäftsgegner ein Wahlrecht (→ § 167 Rn. 135 ff.).64 Ihm kann der Schutz des Rechtsscheins nicht aufgedrängt werden. Dagegen lässt sich nicht darauf verweisen, dass diese Wahl zu Lasten des Vertreters gehe. Die Rechtsscheinvollmacht hält den Vertretenen am Schein seiner Bevollmächtigung fest, um den Geschäftspartner zu schützen, nicht um des Vertreters willen. Indem der Geschäftsgegner sich gegen die Durchführung des Vertrags durch Ausübung des Wahlrechts entscheidet, kann er sich gegenüber dem Vertreter aber nicht mehr auf sein Interesse am Vertrag berufen. Er hat gezeigt, dass er kein Erfüllungsinteresse hat. Will sich der Geschäftsgegner nicht widersprüchlich verhalten, kann er vom Vertreter nur noch Ersatz des negativen Interesses verlangen. 28 § 179 kommt auch bei Verträgen über den Erwerb von Grundstücksrechten durch eine GbR zur Anwendung, wenn nicht (alle) vertretungsberechtigten Gesellschafter für die GbR handeln. Darüber hilft auch § 899a nicht hinweg (6. Aufl. → § 899a Rn. 16).65 Es handelt sich um eine sachenrechtliche Regelung, die auf die Grundbuchfähigkeit der GbR reagiert (6. Aufl. → § 899a Rn. 1). Sie substituiert aber nicht das fehlende GbR-Register. Der schuldrechtliche Vertrag ist daher nur wirksam, wenn der Schutz des Rechtsscheins analog § 172 eingreift (→ § 172 Rn. 9 ff.). 29 Eine Haftung des Vertreters aus § 179 besteht nicht, wenn der Vertretene die Erteilung der Genehmigung verzögert und dadurch Schäden entstehen. Der Vertreter hatte in diesem Fall zwar keine Vertretungsmacht, zumal die Genehmigung keine nachträgliche Bevollmächtigung ist. § 179 greift aber nur ein, wenn infolge der fehlenden Vertretungsmacht kein Vertretergeschäft zustande kommt. Der Vertreter haftet aber ggf. aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 3).
35
Untervollmacht
Bei der Untervollmacht handelt es sich um eine besondere Art der Vollmacht im Rahmen der Stellvertretung gem. §§ 164 ff. BGB [Bürgerliches Gesetzbuch]. Es handelt sich dabei um die Übertragung der (Haupt-)Vollmacht durch den Bevollmächtigen – oder seines gesetzlichen Vertreters – auf eine weitere Person.
36
Vollmacht | Innenvollmacht und Außenvollmacht
Bei der Vollmacht an sich handelt es sich gem. der Legaldefinition in § 166 Absatz 2 Satz 1 BGB um eine rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht. Die Erteilung der Vollmacht ist hingegen in § 167 BGB geregelt. Nach Absatz 1 ist zwischen Innenvollmacht und Außenvollmacht zu unterscheiden. Eine Innenvollmacht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden, während eine Außenvollmacht dem Dritten, also dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll, erfolgt. Im Handelsrecht gibt es insbesondere zwei besondere Arten der Vollmacht: die Handlungsvollmacht gem. §§ 54 ff. HGB und die Prokura gem. §§ 48 ff. HGB.
37
Im Wege der Auslegung ist zu ermitteln, ob der Bevollmächtigte überhaupt zur Erteilung einer Untervollmacht berechtigt ist.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist dabei entscheidend, ob der Vertretene erkennbar ein Interesse an der persönlichen Wahrnehmung der Vertretungsmacht durch den Bevollmächtigten hat (vgl. BGH BB 59, 319; Mü WM 84, 834). Die Untervollmacht darf also nicht weiter reichen als die Hauptvollmacht. Eine Untervollmacht sollte daher mit dem Einverständnis des Vollmachtgebers erteilt werden. Liegt eine wirksame Untervollmacht vor, so ist der Unterbevollmächtigte Vertreter des Geschäftsherrn und nicht des Hauptbevollmächtigten. Nach Ansicht des BGH kann den Umständen nach ausnahmsweise aber auch eine „Vertretung des Vertreters“ vorliegen (vgl. BGH 32, 253). Dies hat zur Folge, dass der Unterbevollmächtigte im Namen des Geschäftsherrn auftreten muss. Legt er aber zugleich offen, dass er lediglich als Unterbevollmächtigter handelt, so haftet er aus § 179 BGB nur für Mängel der Untervollmacht, nicht aber für Mängel der Hauptvollmacht.
38
Eine Vollmacht kann grundsätzlich auch widerrufen werden, solange von ihr noch kein Gebrauch gemacht wurde (vgl. § 168 BGB). Anderenfalls besteht die Möglichkeit einer Anfechtung der Vollmacht.
Wird die Hauptvollmacht von den Parteien ausdrücklich so gestaltet, dass sie widerrufbar oder zeitlich begrenzt ist, dann kann die Untervollmacht nicht unwiderruflich oder unbefristet gestaltet werden. Nach Ansicht des BGH zeigt sich insbesondere in der Untervollmacht das Abstraktionsprinzip als Grundprinzip der Stellvertretung. Es besagt nämlich, dass die Vertretungsmacht und das der Stellvertretung zugrunde liegende Rechtsverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenen stets voneinander zu trennen sind. Bei der Untervollmacht bedarf die Vertretungsmacht nämlich gerade kein Rechtsverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen (vgl. BGH NJW 81, 1728). Dies hat zur Folge, dass die Vollmacht in ihrer Wirksamkeit vom Innenverhältnis unabhängig ist. Das bedeutet, dass ein Handeln im Rahmen der Vertretungsmacht grundsätzlich auch dann gegenüber dem Vertretenen wirkt, wenn der Vertreter gegen Pflichten aus dem Innenverhältnis verstoßen hat.
39
Die Untervollmacht beim Rechtsanwalt:
Ein häufiger Anwendungsfall für eine Untervollmacht ist die Rechtsanwaltskanzlei. Ein beauftragter Rechtsanwalt erteilt nämlich Untervollmachten an seine Mitarbeiter. Etwas anderes gilt in der Regel nur, wenn es sich um eine Kanzlei handelt, die aus mehreren gleichberechtigten Partnern besteht. In einem solchen Fall bevollmächtigt die vom Mandanten erteilte Vollmacht grundsätzlich alle Partner gleichberechtigt. Ist dies nicht im Sinne des Mandanten, so muss er dies seinem Anwalt ausdrücklich mitteilen.
40
Garantiehaftung nach § 179 Abs. 1 knüpft
Bei einer Untervollmacht haftet der Untervertreter unstreitig für den Mangel der Untervollmacht.63 Bei einem Mangel der Hauptvollmacht ist streitig, ob der Hauptvertreter bzw. der Untervertreter haftet, wobei zum Teil zwischen der offengelegten und der verdeckten Untervollmacht unterschieden wird (→ § 167 Rn. 86 ff.). Die Garantiehaftung nach § 179 Abs. 1 knüpft an die schlüssige Behauptung des Vertreters an, Vertretungsmacht zu haben. Diese Aussage trifft auch der Untervertreter, unabhängig davon, ob der die Untervollmacht offenlegt. Deren Wirksamkeit hängt in jedem Fall davon ab, ob der Hauptvertreter Vertretungsmacht hatte und wirksam Vollmacht erteilt wurde. § 179 schützt das Vertrauen in die Vertretungsmacht, so dass es unerheblich ist, woran die Erteilung der Untervollmacht scheitert. Der Untervertreter kann seinerseits nach den §§ 179, 180 S. 2 den Hauptvertreter in Anspruch nehmen. Im Verhältnis zum Geschäftspartner gilt jedoch § 179 ohne Einschränkungen. Das Offenlegen der Untervollmacht kann im Einzelfall höchstens zum Haftungsausschluss nach § 179 Abs. 3 S. 1 führen, wenn der Geschäftspartner anhand der mitgeteilten Umstände zumindest wissen musste, dass keine Haupt- oder Untervollmacht bestand.
41
3. Kausalität
Die Unwirksamkeit des Vertretergeschäfts muss auf dem Fehlen der Vertretungsmacht beruhen. Ansonsten hätte der Geschäftsgegner selbst bei Vorliegen der Vertretungsmacht keinen Anspruch auf Erfüllung aus dem Vertretergeschäft gehabt.66 Daher haftet der Vertreter nur, wenn der Mangel an Vertretungsmacht kausal für das Fehlen der Ansprüche des Geschäftsgegners war.67 Weitergehende Ansprüche sind grundsätzlich von der Vertrauenshaftung als Haftungstatbestand nicht gedeckt und können dem Vertreter nicht zugerechnet werden. Die Kausalität ist gegeben, wenn der Vertretene in Wirklichkeit nicht existiert oder nicht rechtsfähig ist, wenn die Vollmacht nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erteilt wurde oder die gerichtliche Bestellung zum gesetzlichen Vertreter nichtig oder nicht erfolgt ist. 31 § 179 greift hingegen nicht ein, wenn das Vertretergeschäft wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz, die guten Sitten oder ein konstitutives Formerfordernis nichtig ist (§§ 125, 134, 138).68 Eine Nichtigkeit des Vertretergeschäfts aus anderen Gründen besteht indes nicht, wenn es anfechtbar oder widerrufbar ist.69 Das Anfechtungs- und Widerrufsrecht steht dem Vertretenen zu. Der Vertreter kann die Gestaltungsrechte – soweit er dazu Vertretungsmacht hat – ausüben. Die Lit. geht ebenso wie der BGH davon aus, dass der Vertreter das Anfechtungs- oder Widerrufsrecht ebenfalls ausüben kann, um der Haftung nach § 179 zu entgehen.70 Es besteht zwar kein Vertretergeschäft, nach der sog. Lehre von der Doppelnichtigkeit im Recht führt das aber nicht zum Wegfall der Gestaltungsrechte.71 Der Vertretene hat an ihrer Ausübung regelmäßig kein Interesse, weil er durch das Vertretergeschäft nicht gebunden ist. Ein Interesse hat nur der auf das positive Interesse haftende Vertreter. Daher muss er sich zumindest auf die Gestaltungsrechte berufen können (§ 242), um die Haftung für sich zu vermeiden.72 Meist wird dem Vertreter das Anfechtungsrecht sogar unmittelbar gewährt, obwohl er weder Vertragspartner des Vertretergeschäfts ist noch durch die Haftung nach § 179 Abs. 1 Vertragspartner wird. Bei der Anfechtung nach §§ 119 f. hat der Geschäftsgegner einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens analog § 122.73 Sofern der Vertreter ohne Vertretungsmacht das Anfechtungsrecht aus § 119 für sich in Anspruch nimmt, muss er analog § 122 haften. Das Gleiche gilt bei § 118 (→ § 122 Rn. 4). Die Haftung des Vertreters auf das positive Interesse, versagt wegen § 118. Der Anspruch aus § 122 ginge ins Leere, weil das Vertretergeschäft bereits mangels Vertretungsmacht nicht zustande gekommen ist. Um eine Schlechterstellung des Geschäftsgegners zu vermeiden, muss er zumindest so gestellt sein, wie er bei einem Vertretergeschäft gestanden hätte. Daher muss ihm das negative Interesse ersetzt werden. Ersatzpflichtig ist der Vertreter ohne Vertretungsmacht analog § 122.74 § 179 Abs. 2 greift indes nicht ein, weil das Vertretergeschäft bereits nach § 118 unwirksam war, so dass der Mangel an Vertretungsmacht nicht kausal war. 32 Eine Anwendung von § 179 kommt allerdings in Betracht, wenn die Wirksamkeitshindernisse für das Vertretergeschäft, die im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Vertreters bestanden, beseitigt worden wären, wenn die Vertretungsmacht vorgelegen hätte. Das gilt zB für das Einholen einer behördlichen Genehmigung, wenn das Rechtsgeschäft genehmigungsfähig war und das Einholen oder die Erteilung der Genehmigung wegen der fehlenden Vertretungsmacht des Vertreters unterblieb.75 33 Eine Haftung des Vertreters nach § 179 scheidet aus, wenn der Geschäftsgegner einen Widerruf nach § 178 erklärt hat. Es greift höchstens eine Haftung nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 3 ein (→ § 178 Rn. 10).
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Das Anfechtungs- und Widerrufsrecht steht dem Vertretenen zu. Der Vertreter kann die Gestaltungsrechte – soweit er dazu Vertretungsmacht hat – ausüben. Die Lit. geht ebenso wie der BGH davon aus, dass der Vertreter das Anfechtungs- oder Widerrufsrecht ebenfalls ausüben kann, um der Haftung nach § 179 zu entgehen.
Es besteht zwar kein Vertretergeschäft, nach der sog. Lehre von der Doppelnichtigkeit im Recht führt das aber nicht zum Wegfall der Gestaltungsrechte.71 Der Vertretene hat an ihrer Ausübung regelmäßig kein Interesse, weil er durch das Vertretergeschäft nicht gebunden ist. Ein Interesse hat nur der auf das positive Interesse haftende Vertreter. Daher muss er sich zumindest auf die Gestaltungsrechte berufen können (§ 242), um die Haftung für sich zu vermeiden.72 Meist wird dem Vertreter das Anfechtungsrecht sogar unmittelbar gewährt, obwohl er weder Vertragspartner des Vertretergeschäfts ist noch durch die Haftung nach § 179 Abs. 1 Vertragspartner wird. Bei der Anfechtung nach §§ 119 f. hat der Geschäftsgegner einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens analog § 122.73 Sofern der Vertreter ohne Vertretungsmacht das Anfechtungsrecht aus § 119 für sich in Anspruch nimmt, muss er analog § 122 haften. Das Gleiche gilt bei § 118 (→ § 122 Rn. 4). Die Haftung des Vertreters auf das positive Interesse, versagt wegen § 118. Der Anspruch aus § 122 ginge ins Leere, weil das Vertretergeschäft bereits mangels Vertretungsmacht nicht zustande gekommen ist. Um eine Schlechterstellung des Geschäftsgegners zu vermeiden, muss er zumindest so gestellt sein, wie er bei einem Vertretergeschäft gestanden hätte. Daher muss ihm das negative Interesse ersetzt werden. Ersatzpflichtig ist der Vertreter ohne Vertretungsmacht analog § 122.74 § 179 Abs. 2 greift indes nicht ein, weil das Vertretergeschäft bereits nach § 118 unwirksam war, so dass der Mangel an Vertretungsmacht nicht kausal war.
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Wahlschuld
Sofern der Vertreter den Mangel an Vertretungsmacht kannte, haftet er dem Geschäftsgegner auf Erfüllung oder Schadensersatz. Es handelt sich dabei nicht um eine Ersetzungsbefugnis, weil die Erfüllung nicht vorrangiger Anspruchsinhalt ist. Mit der hM ist § 179 Abs. 1 als ein Fall der Wahlschuld einzuordnen.76 Anders als bei der elektiven Konkurrenz hat der Geschäftsgegner nicht mehrere miteinander konkurrierende Rechte. Ihm wird vielmehr die Möglichkeit gegeben, vom Vertreter Erfüllung – de facto Naturalrestitution – zu verlangen, obwohl der Vertreter nicht Vertragspartner wird. Anders als nach den §§ 249 ff. kann er sofort auf die Kompensation durch einen Schadensersatz statt der Leistung übergehen, so dass beide Rechtsfolgen gleichrangig nebeneinander stehen und demselben Interesse dienen. Die Erfüllung geht lediglich im Hinblick auf die dadurch befriedigten ideellen Interessen weiter. 35 Die §§ 263 ff. gelten entsprechend.77 Die Wahl erfolgt durch den Geschäftsgegner gegenüber dem Vertreter (§ 263 Abs. 1). Diese kann auch konkludent durch die Annahme der Leistung des Vertreters ausgeübt werden. Der Geschäftsgegner ist an eine getroffene Wahl gebunden;78 die Haftung beschränkt sich auf diese Leistung. Der Vertreter kann den Geschäftsgegner nicht durch sein Erfüllungsangebot binden.79 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 267,80 weil der Vertretene nicht Schuldner ist. Nur beim Verzug des Gläubigers mit der Wahl erlaubt § 264 Abs. 2 nach Aufforderung zur Wahl in angemessener Frist eine Ausübung des Wahlrechts durch den Vertreter. Sofern die Erfüllung von Anfang an unmöglich ist (zB höchstpersönliche Leistung,81 keine Verfügbarkeit des Leistungsgegenstands auch bei Stückschuld, dingliche Rechtsgeschäfte), beschränkt sich § 179 Abs. 1 auf den Schadensersatzanspruch.
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Erfüllung
Der Geschäftsgegner kann vom Vertreter kraft Gesetzes Erfüllung nach Maßgabe des Vertretergeschäfts verlangen.82 Der Vertreter wird dadurch nicht selbst Vertragspartner.83 § 179 Abs. 1 begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis, dessen Inhalt sich lediglich nach dem unwirksamen Vertrag mit dem Vertreter richtet.84 Sofern es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter handelte, muss der Vertreter an den Dritten leisten. Die Vertrauenshaftung aus § 179 Abs. 1 gewährt dem Geschäftsgegner damit im Grunde eine Naturalrestitution. Insofern hat der Geschäftsgegner alle Ansprüche, die er gegen den Vertretenen hätte geltend machen können.85 Allerdings erhält der Gläubiger nicht mehr, als er bei Erfüllung des Vertretergeschäfts erhalten hätte, wenn es zustande gekommen wäre. Diese haftungsrechtliche Perspektive führt dazu, dass der Geschäftsgegner nicht bereichert werden darf. 37 Für den Anspruch auf Erfüllung gelten die allgemeinen Regeln. Das betrifft nicht nur Leistungszeit, Leistungsort und Leistungsmodalität, soweit sie nicht im Vertretergeschäft vereinbart wurden. Leistungsklage gegen den Vertreter kann er auch am Erfüllungsort86 oder am vereinbarten Gerichtsstand87 erheben. Der Schiedsklausel versagt der BGH bei der Haftung des Vertreters nach § 179 Abs. 1 indes die Wirkung.88 Der Vertreter kann den Anspruch auf die Gegenleistung nach den §§ 320 f. erst geltend machen, wenn der Dritte die Leistung erhalten hat.89 Zudem gilt das Leistungsstörungsrecht zugunsten des Geschäftsgegners.90 Der Geschäftsgegner kann nach den §§ 280 ff. Schadensersatz verlangen, wenn die Erfüllung nicht entsprechend den Vorgaben des Vertretergeschäfts erfolgt.91 Der Vertreter verdient im Rahmen der Vertrauenshaftung aber nicht den Schutz des Rechts der zweiten Andienung, so dass der Geschäftsgegner im Falle einer Pflichtverletzung sogleich Schadensersatz statt der Leistung fordern kann. Schließlich hat er von vornherein die Wahl zwischen Erfüllung und Schadensersatz in Geld. 38 Der Vertreter hat seinerseits alle Einwendungen und Einreden, die dem Vertretenen aus dem Vertretergeschäft zugestanden hätten.92 Das gilt zum einen für die Grenzen der Leistungspflicht aus § 275, zum anderen für das Zurückbehaltungsrecht aus den §§ 320 ff.93 Der Vertreter kann den Anspruch auf die Gegenleistung nach den §§ 320 ff. erst geltend machen, wenn der Dritte die Leistung erhalten hat.94 Sofern der Vertreter, ohne Ausübung des Zurückbehaltungsrechts und ohne die Gegenleistung zu erhalten, selbst erfüllt hat, muss er die Gegenleistung nach § 242 noch fordern können.95 Ansonsten erreichte der Geschäftsgegner mehr als bei der Durchführung des Vertretergeschäfts. Darüber hinaus bestehen die vertraglichen, tarifvertraglichen oder gesetzlichen Ausschlussfristen wie bei der Durchführung des Vertrages.96 39 Der Geschäftsgegner kann im Rahmen der Vertreterhaftung nach § 179 Abs. 1 nicht auf die Sicherheiten zugreifen, die für den (nicht bestehenden) Erfüllungsanspruch vereinbart wurden. Bei akzessorischen Sicherheiten fehlt es bereits an der zu sichernden Forderung, so dass sie erlöschen. § 179 Abs. 1 tritt nicht an deren Stelle, zumal sich der Anspruch bereits gegen eine andere Person richtet. Sofern der Vertreter für mehrere Vertretene oder für sich selbst und den Vertretenen gehandelt und in der Vertragsurkunde die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung erklärt hat, so gilt das nur für die Ansprüche aus der Urkunde, aber nicht für die Ansprüche aus § 179 oder §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 3.97 40 Die Beschränkung der Haftung des Vertreters auf dasjenige, was der Geschäftsgegner vom Vertretenen erlangt hätte, wenn der Vertrag wirksam gewesen wäre, hat nach hM Folgen, wenn der Vertretene vermögenslos ist bzw. ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.98 Eine solche Einschränkung kennt das Schadensersatzrecht, an dem sich der Gedanke anzulehnen scheint, zwar nicht. Zudem haftet bei Leistungsstörungen stets der Vertragspartner, so dass es einer solchen Einschränkung nicht bedarf. Ausgehend vom Normzweck des § 179 Abs. 1 ist diese Beschränkung der Vertreterhaftung aber berechtigt, da dem Geschäftspartner nur die Nachteile des Handelns eines Vertreters ohne Vertretungsmacht genommen werden sollen. Das steht auch im Einklang mit dem Gedanken des Vertrauensschutzes.99 Daher haftet der Vertreter nicht, wenn der Vertretene vermögenslos ist und der Geschäftsgegner weder Erfüllung noch Schadensersatz statt der Leistung erhalten hätte.100 Das ist keine unzulässige Verdoppelung des Insolvenzrisikos zu Lasten des Geschäftsgegners, weil er den Vertretenen als Vertragspartner zumindest selbst ausgewählt hat. Das zusätzliche Insolvenzrisiko,101 das mit der Inanspruchnahme des Vertreters verbunden ist, folgt daraus, dass ein Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt und der Geschäftsgegner sich auf ein Vertreterhandeln eingelassen hat. Das BGB weist ihm daher das Risiko zu, mit einem Vertreter ohne Vertretungsmacht kontrahiert zu haben.102 Dem Vertretenen ließe sich dieses Risiko nicht zuordnen, zumal der Schutz des Geschäftsgegners bereits durch die Rechtsscheinvollmacht erweitert wird. 41 Bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vertretenen, bevor der Geschäftsgegner seine Ansprüche gegen den Vertreter durchgesetzt hat, sind auch die Besonderheiten des Insolvenzrechts zu berücksichtigen. Nach § 117 Abs. 3 InsO haftet der Vertreter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht, wenn er das Vertretergeschäft vornimmt, ohne Kenntnis vom Insolvenzverfahren zu haben.103 Greift der Haftungsausschluss nach § 117 Abs. 3 InsO nicht ein, so ist für die Haftung des Vertreters § 103 InsO in Bedacht zu nehmen, wonach der Insolvenzverwalter die Erfüllung wählt. Nur wenn er die Erfüllung gewählt hätte, kann der Geschäftsgegner vom Vertreter Erfüllung verlangen. Ist das nicht der Fall oder ist dies unaufklärbar, so kann der Geschäftsgegner nur Schadensersatz fordern, der sich aber auf die Insolvenzquote beschränkt.104 Er erhält somit nicht mehr als aus der (fiktiven) Insolvenzforderung. Das Wahlrecht zwischen Erfüllung und Schadensersatz steht in diesem Fall nicht dem Vertreter zu. 42 Eine Besonderheit ergibt sich nach § 899a, der nur das dingliche Rechtsgeschäft erfasst → Rn. 28. Im Verhältnis zum Vertreter besteht daher ein Anspruch aus § 179 Abs. 1. Solange der gutgläubige Erwerb wirksam erfolgt ist,105 ist beim Erwerber (zunächst) Erfüllung eingetreten. Sofern der gutgläubige Erwerb keinen Rechtsgrund hat und kondizierbar ist106 und eine Herausgabe erfolgt, kann sich der Anspruch aus § 179 gegen die organschaftlichen Vertreter nur noch auf Schadensersatz richten. Zum Teil wird aber eine Haftung analog § 128 HGB angenommen, auf die solvendi causa durch die Übereignung des Grundstücks geleistet wird.107 43 Bei Verfügungsgeschäften besteht – anders als bei Verpflichtungsgeschäften – kein Erfüllungsanspruch, sondern der Vertreter haftet lediglich wegen der Nichtleistung. Der Anspruch aus § 179 besteht zudem nur, wenn allein die fehlende Vertretungsmacht dazu führte, dass das Verfügungsgeschäft nicht zustande kam. Fehlte dem Vertretenen die Verfügungsbefugnis, so wäre das Verfügungsgeschäft selbst bei Vorliegen der Vertretungsmacht (schwebend) unwirksam, so dass es auf die Genehmigung des Berechtigten ankommt. Der Vertreter haftet daher nur, wenn der Berechtigte die Genehmigung erteilt hätte, ansonsten hat der Geschäftsgegner keinen Anspruch aus § 179 Abs. 1 oder 2.
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d) Vertretungsmacht (Widerruf) Die Willenserklärung des K wirkt jedoch nur für und gegen A, wenn K mit Vertretungsmacht gehandelt hat (vgl. §§ 164, 177 I BGB).
Hier: rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht (= Vollmacht, vgl. die Legaldefinition in § 166 II 1 BGB).; es handelt sich um eine Innenvollmacht (§ 167 I Alt. 1BGB), da A gegenüber K die Vollmacht erteilt und ihm die Urkunde ausgehändigt hat • der Umfang richtet sich grundsätzlich nach ihrem Inhalt; • die inhaltliche Beschränkung der Vollmacht auf den Kauf alter Bauernmöbel bis zum Preis von max. € 500 ist wirksam • Erlöschen durch Widerruf? Vollmacht ist grds. gem. § 168 S. 2 BGB frei widerruflich • IvF.: A hat dem K gem. §§ 168 S. 2 u. 3, 167 I 1. Alt BGB erklärt, dass er die erteilte Vollmacht widerrufe. Diese Erklärung ist dem K gem. § 130 I 1 BGB auch zugegangen. Fraglich ist jedoch, ob der Widerruf rechtzeitig erfolgte. Dies ist hier nicht der Fall, da der Widerruf nur für die Zukunft (ex nunc) wirkt. K hatte daher zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit B Vollmacht, den A bei Möbelkäufen bis zu einem Preislimit von € 500 zu vertreten. Hinweis: Vollmacht ist nach hM dennoch anfechtbar (str.). IvF. fehlt es jedoch an einem Anfechtungsgrund.
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Überschreiten der Vollmacht
Fraglich erscheint indes, ob das Handeln des K noch von der Vollmacht des A gedeckt war. A hatte bei seiner Bitte an K, für ihn nach alten Bauernmöbeln Ausschau zu halten, ausdrücklich betont, der Einzelpreis dürfe € 500 nicht übersteigen. Mit L hatte K jedoch einen Preis von € 550 vereinbart. Damit handelte er nicht mehr mit Vertretungsmacht, die Einigung war nicht mehr von der Vollmacht des A gedeckt, K handelte nicht mehr im Rahmen seiner Vertretungsmacht. Das Geschäft bindet den Vertretenen nur, wenn es nach § 177 I BGB genehmigt wird. Bis dahin ist es schwebend unwirksam. bb) Erlöschen durch Widerruf Darüber hinaus, d.h. unabhängig von ihrem Umfang [Gutachten!] könnte die Vollmacht bereits vor Vertragsschluss gem. § 168 S. 2 und 3 i.V.m. § 167 Abs. 1 BGB erloschen sein. Der Widerruf der Vollmacht ist zulässig, da sich aus dem ihr zugrundeliegenden Rechtsverhältnis nichts Gegenteiliges ergibt (§ 168 S. 2 BGB). Eine wirksame Widerrufserklärung liegt vor, da A die erteilte Vollmacht gem. §§ 168 S. 2, 167 Abs. 1, 1. Alt BGB widerrufen hat und diese Widerrufserklärung dem K gem. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zugegangen ist. Der – ex nunc wirkende – Widerruf erfolgte vor dem Abschluss des Kaufvertrags mit L und somit rechtzeitig. Damit handelte K sogar gänzlich ohne Vollmacht. cc) Vertretungsbefugnis gem. §§ 171 Abs. 1, 172 BGB K jedoch könnte jedoch trotz Erlöschens der Innenvollmacht weiter gem. § 171 I 1 BGB zur Vertretung befugt sein. Gem. § 172 BGB steht es der in § 171 I BGB geregelten besonderen Mitteilung einer Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber gleich, wenn dieser dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt.
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Eine Weisung im Innenverhältnis kann zweierlei Folgen haben: Zum einen kann der Vertreter, der entgegen der Vorgaben des Geschäftsherrn ein Geschäft abschließt als vollmachtloser Vertreter angesehen werden (z.B. wie im vorliegenden Fall). Andererseits kann die Vereinbarung auch lediglich die Bedeutung haben, dass der Vertreter schuldrechtlich verpflichtet ist, von der inhaltlich nicht begrenzten Vollmacht nur in beschränktem Umfang Gebrauch zu machen, mit der Folge, dass der Vertreter bei Verletzung dieser Verpflichtung nur dem Vertretenen gegenüber schadensersatzpflichtig wird, das Rechtsgeschäft mit dem Vertragspartner aber wirksam ist (das ist z.B. der Fall, wenn der Geschäftsherr den Vertreter bittet, ein „bestmögliches“ Geschäft durchzuführen).
Die Abgrenzung muss unter Berücksichtigung aller Umstände, der Verkehrssitte, der Schutzwürdigkeit des Vertragspartners und Treu und Glauben erfolgen. à Der Umfang der Vollmacht richtet sich nach dem Inhalt der Bevollmächtigung, nicht nach dem Innenverhältnis (Abstraktionsprinzip). Der Vollmachtsumfang (das rechtliche Können) kann also weiter reichen als das im Innenverhältnis vereinbarte „rechtliche Dürfen“. Bei Auslegung der Vollmacht können jedoch die Regelungen des Innenverhältnisses herangezogen werden.
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cc) Vertretungsbefugnis gem. §§ 171 Abs. 1, 172 BGB K jedoch könnte jedoch trotz Erlöschens der Innenvollmacht weiter gem. § 171 I 1 BGB zur Vertretung befugt sein. Gem. § 172 BGB steht es der in § 171 I BGB geregelten besonderen Mitteilung einer Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber gleich, wenn dieser dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt
(1) Aushändigung der Urkunde von A an K (+) (2) Vorlage der Urkunde durch K an L (+) (3) Umfang der Vertretungsbefugnis: Die Vollmachtsurkunde berechtigt den K, den A beim Abschluss von Möbelkaufverträgen bezüglich des Kaufpreises unbeschränkt aktiv wie passiv zu vertreten. Eine Begrenzung auf € 500 pro Einzelstück geht aus ihr nicht hervor. Beachte: Eine Weisung im Innenverhältnis kann zweierlei Folgen haben: Zum einen kann der Vertreter, der entgegen der Vorgaben des Geschäftsherrn ein Geschäft abschließt als vollmachtloser Vertreter angesehen werden (z.B. wie im vorliegenden Fall). Andererseits kann die Vereinbarung auch lediglich die Bedeutung haben, dass der Vertreter schuldrechtlich verpflichtet ist, von der inhaltlich nicht begrenzten Vollmacht nur in beschränktem Umfang Gebrauch zu machen, mit der Folge, dass der Vertreter bei Verletzung dieser Verpflichtung nur dem Vertretenen gegenüber schadensersatzpflichtig wird, das Rechtsgeschäft mit dem Vertragspartner aber wirksam ist (das ist z.B. der Fall, wenn der Geschäftsherr den Vertreter bittet, ein „bestmögliches“ Geschäft durchzuführen). Die Abgrenzung muss unter Berücksichtigung aller Umstände, der Verkehrssitte, der Schutzwürdigkeit des Vertragspartners und Treu und Glauben erfolgen. à Der Umfang der Vollmacht richtet sich nach dem Inhalt der Bevollmächtigung, nicht nach dem Innenverhältnis (Abstraktionsprinzip). Der Vollmachtsumfang (das rechtliche Können) kann also weiter reichen als das im Innenverhältnis vereinbarte „rechtliche Dürfen“. Bei Auslegung der Vollmacht können jedoch die Regelungen des Innenverhältnisses herangezogen werden. 4 (4) Bestehenbleiben der Vertretungsbefugnis gem. § 172 II BGB An sich hatte A seine Vollmacht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits widerrufen. Gem. §172 II BGB erlischt die nach § 172 I BGB begründete Vertretungsbefugnis jedoch erst mit der Rückgabe der Vollmachtsurkunde an den Vollmachtgeber bzw. mit deren – in § 176 BGB geregelten – Kraftloserklärung. Darüber hinaus endet – trotz des engeren Wortlauts des § 172 II BGB – die Rechtswirkung der Vollmachtsurkunde gegenüber dem Empfänger auch, wenn diesem eine "Erlöschensanzeige" oder eine „Widerrufserklärung“ zugeht. Derartige Erlöschensgründe liegen hier jedoch nicht vor. (5) Unanwendbarkeit des § 172 II gem. § 173 BGB (-) i.E: Vertretungsbefugnis aus §§ 171 I, 172 BGB (+)
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Exkurs: Die dogmatische Einordnung der §§ 170-172 BGB erfassten Fallgruppen ist streitig. Teils werden sie als rechtsgeschäftlich erteilte Außenvollmachten behandelt, teils als
Teils werden sie als rechtsgeschäftlich erteilte Außenvollmachten behandelt, teils als Gleichsetzung mit rechtsgeschäftlich erteilten Vollmachten kraft Rechtsscheins. Fast immer ist dieser Streit aber für die Anwendung der §§ 170-172 BGB irrelevant und ist in der Klausur daher nicht zu erörtern. Zum Schwur kommt es erst dann, wenn der Tatbestand eines Rechtsscheins nicht mehr unter §§ 170-172 subsumiert werden kann.
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Wirkung der Einigung für und gegen V, § 164 I, III BGB | Beschrankte Geschaftsfahigkeit
a) eigene Willenserklärung der S † Problem: schwebende Unwirksamkeit der WE (§ 108 I) wg. beschränkter Geschäftsfähigkeit (§§ 2, 106)? † Lösungsansatz: Eine WE, die ein beschränkt Geschäftsfähiger als Vertreter abgibt, hat keine rechtlich nachteiligen Folgen für diesen: Ihn treffen die Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht, auch eine Haftung als falsus procurator ist ausgeschlossen (§ 179 III S. 1) – die Erklärung ist mithin „neutral“. Die hM stellt sie daher der vorteilhaften Erklärung gleich (§ 107) † ivF: kann dahinstehen, weil gem § 165 die beschr. Geschäftsfähigkeit des Vertreters die Wirksamkeit einer von ihm abgegebenen WE nicht beeinflusst † beachte: auch im Rahmen des § 164 III ist § 165 die richtige Lösung 2 b) in fremdem Namen (+) c) innerhalb bestehender Vertretungsmacht † Problem: wirksame Bevollmächtigung? - Bevollm. ist einseitige Willenserklärung – Einverständnis des Vertreters ist nicht erforderlich für eine wirksame Vollmacht - aber: Vollmachtserteilung (WE) müsste zugegangen sein – das setzt nach § 131 II S. 2 voraus, dass die Bevollmächtigung für S lediglich rechtlich vorteilhaft ist; die Vollmachtserteilung selbst ist jedoch für den Vertreter weder vor- noch nachteilig, es handelt sich wiederum um ein neutrales Geschäft, das einem vorteilhaften Geschäft nach hM gleichzustellen ist; Damit greift § 131 II S. 2 ein, S ist wirksam bevollmächtigt worden † Problem: Erlöschen der Vollmacht nach § 168 S. 1 iVm dem Grundverhältnis (entgeltliche Geschäftsbesorgung, §§ 675 I, 611 I) Der Geschäftsbesorgungsvertrag ( d ieser ist r echt l ich nach t e i l i g , we i l d i e S unmi t t e lbar zu r Geschäf tsbesorgung verpf l ichtet wi rd) ist wg. fehlender Einwilligung der Eltern der S nach § 108 I schwebend unwirksam - Auswirkung auf die Vollmacht: § 168 S. 1 betrifft nur den Fall des Erlöschens; ob das Grundverhältnis wirksam zustande gekommen ist, ist für die Wirksamkeit der Vollmacht hingegen ohne Belang (Abstraktheit!) † Folge: S war wirksam bevollmächtigt und hat im Rahmen ihrer Vertretungsmacht gehandelt iE: Einigung zwischen I und S wirkt für und gegen V, § 164 I, III
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Problem: Erlöschen der Vollmacht nach § 168 S. 1 iVm dem Grundverhältnis (entgeltliche Geschäftsbesorgung, §§ 675 I, 611 I) -> Stellvertretung bei beschrankt Geschäftsfähige
Der Geschäftsbesorgungsvertrag ( d ieser ist r echt l ich nach t e i l i g , we i l d i e S unmi t t e lbar zu r Geschäf tsbesorgung verpf l ichtet wi rd) ist wg. fehlender Einwilligung der Eltern der S nach § 108 I schwebend unwirksam - Auswirkung auf die Vollmacht: § 168 S. 1 betrifft nur den Fall des Erlöschens; ob das Grundverhältnis wirksam zustande gekommen ist, ist für die Wirksamkeit der Vollmacht hingegen ohne Belang (Abstraktheit!) † Folge: S war wirksam bevollmächtigt und hat im Rahmen ihrer Vertretungsmacht gehandelt iE: Einigung zwischen I und S wirkt für und gegen V, § 164 I, III
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§ 641 | Fälligkeit der Vergütung, Werkvertrag
1Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. 2Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten.
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Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip: verstecktes Geschäft | für den, den es angeht?
Handeln in fremdem Namen muss nicht offenkundig werden, wenn dem Geschäftsgegner gleichgültig ist, wer sein Vertragspartner wird (insb. anzunehmen bei „Bargeschäften des täglichen Lebens“, bei denen der Geschäftsgegner die Gegenleistung sofort erhält) ivF: Autowäsche mag zwar Geschäft des tägl. Lebens sein, nicht aber im Falle einer Luxuswäsche für 191 €; im Übrigen handelt es sich nicht um ein Bargeschäft, weil D noch überhaupt keine Zahlung erhalten hat; es ist daher auch nicht anzunehmen, dass es dem D gleichgültig war, mit wem der Vertrag zustande kommt
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Anspruch des D gg. S auf Zahlung der 191 € aus § 631 I BGB
1. Anspruch entstanden: Werkvertragliche Einigung zwischen D und S im eig. Namen (wegen § 164 II BGB), auch wenn der S eigentlich für V handeln wollte) (+) 2. Anspruch untergegangen gem. § 142 I (-) 2 mgl. Inhaltsirrtum, § 119 I Alt. 1 (S wollte für V handeln) aber: dieser Inhaltsirrtum berechtigt gerade nicht zur Anfechtung, § 164 II 3. Anspruch fällig (+), Abnahme (= körperliche Entgegennahme , verbunden mit der Anerkennung bzw. Billigung des Werks) iSd § 641 I durch Ausruf „wunderbar“ 4. Ergebnis: D kann von S aus § 631 I die vereinbarte Vergütung (191 €) verlangen.
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Anspruch des D gg. V auf Zahlung der 191 € aus § 631 I BGB | 1. Voraussetzungen des § 1357 I (+)
V ist wohlhabend; Luxuswäsche für 191 € entspricht den Lebensverhältnissen Folge: Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfes (+) 2. Rechtsfolgen str: gesetzl. Vertretungsmacht oder gesetzl. Verpflichtungsermächtigung hM: bei nicht offenkundigem Handeln ges. Verpflichtungsermächtigung Folge: D und S sind Gesamtschuldner, § 421 3. Ergebnis: D kann auch von V die vereinbarte Vergütung (191 €) verlangen.
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2. Nichtigkeit (rechtshindernde Einwendung) è wegen der beschränkten Geschäftsfähigkeit des 16-jährigen A, §§ 2, 106 BGB, è § 106 BGB verweist auf die §§ 107-113 BGB
Nichtigkeit (rechtshindernde Einwendung) è wegen der beschränkten Geschäftsfähigkeit des 16-jährigen A, §§ 2, 106 BGB, è § 106 BGB verweist auf die §§ 107-113 BGB a. Wirksamkeit gemäß § 107 BGB è lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft Def.: Lediglich rechtlich vorteilhaft ist eine WE, wenn der M seine Rechtsstellung verbessert, ohne gleichzeitig die Minderung oder den Verlust eines Rechtes oder die Entstehung einer Rechtspflicht für sich zu bewirken. Dabei kommt es nicht auf eine wirtschaftliche, sondern auf eine rein rechtliche Beurteilung an (Der Kauf zu einem besonders günstigen Preis ist also auch kein Vorteil). hier: Durch den Kaufvertrag wird B dazu verpflichtet, den A den Kaufpreis zu zahlen und ihm das Mofa abzunehmen. Hierin liegt ein rechtlicher Nachteil, so dass das Geschäft für ihn nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, also (–) è Einwilligung der gesetzlichen Vertreter Def.: Eine Einwilligung ist eine vorherige Zustimmung (Legaldefinition aus § 183 BGB). hier: Eltern (§§ 1626, 1629 BGB) des B wussten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nichts von dem Geschäft, also (–) è Wirksamkeit gemäß § 107 BGB (–) 2 è Folge: schwebende Unwirksamkeit b. Wirksamkeit gemäß § 110 BGB („Taschengeldparagraph“ – Fall der konkludenten Einwilligung) a. „ein von einem Minderjährigen ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter geschlossener Vertrag“ (+), s.o. b. Mittel, die von dem Vertreter oder einem Dritten mit deren Zustimmung zu einem bestimmten Zweck oder zur freien Verfügung überlassen worden sind (–) è Wirksamkeit gemäß § 110 BGB (–) c. Wirksamkeit gemäß § 108 I BGB è durch Genehmigung der Eltern als gesetzliche Vertreter Def.: Eine Genehmigung ist eine nachträgliche Zustimmung (Legaldefinition aus § 184 I BGB) hier: Eltern des B verweigern ihre Zustimmung, also keine Genehmigung, (–) è Wirksamkeit gemäß § 108 BGB (–) d. Die auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung des B ist wegen dessen beschränkter Geschäftsfähigkeit nichtig. II. Ergebnis B hat gegen A keinen Anspruch aus § 433 II BGB.
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lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft
Def.: Lediglich rechtlich vorteilhaft ist eine WE, wenn der M seine Rechtsstellung verbessert, ohne gleichzeitig die Minderung oder den Verlust eines Rechtes oder die Entstehung einer Rechtspflicht für sich zu bewirken. Dabei kommt es nicht auf eine wirtschaftliche, sondern auf eine rein rechtliche Beurteilung an (Der Kauf zu einem besonders günstigen Preis ist also auch kein Vorteil). hier: Durch den Kaufvertrag wird B dazu verpflichtet, den A den Kaufpreis zu zahlen und ihm das Mofa abzunehmen. Hierin liegt ein rechtlicher Nachteil, so dass das Geschäft für ihn nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, also (–)
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Wirksamkeit gemäß § 110 BGB („Taschengeldparagraph“ – Fall der konkludenten Einwilligung)
a. „ein von einem Minderjährigen ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter geschlossener Vertrag“ (+), s.o. b. Mittel, die von dem Vertreter oder einem Dritten mit deren Zustimmung zu einem bestimmten Zweck oder zur freien Verfügung überlassen worden sind (–) è Wirksamkeit gemäß § 110 BGB (–)
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Einwilligung der gesetzlichen Vertreter | Eltern (§§ 1626, 1629 BGB)
Einwilligung der gesetzlichen Vertreter Def.: Eine Einwilligung ist eine vorherige Zustimmung (Legaldefinition aus § 183 BGB). hier: Eltern (§§ 1626, 1629 BGB) des B wussten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nichts von dem Geschäft, also (–)
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(2) Problematisch ist, ob auch die WE des F wirksam ist. Grundsätzlich wäre die dingliche Einigung für F nachteilig, da er dadurch das Eigentum an dem Buch verlieren würde. Hier könnte sich jedoch etwas anderes daraus ergeben, dass F überhaupt nicht Eigentümer des Buches war.
Für ihn ist die Übereignung ein rechtlich neutrales Geschäft. F erlangt durch die Übereignung weder einen unmittelbaren rechtlichen Vornoch Nachteil. (Dass J von F Schadenersatz verlangen kann ist nur ein mittelbarer Nachteil. Auch der Verlust des Besitzes geschieht nicht unmittelbar durch die WE, sondern erst durch die Übergabe, bei der es sich lediglich um einen Realakt handelt) Fraglich ist, ob die WE bzgl. eines neutralen Geschäftes ohne Zustimmung der Eltern wirksam ist. § 107 spricht ausdrücklich nur von einem rechtlichen Vorteil. hM: Der Sinn und Zweck der Vorschrift ist entscheidend. Die §§ 106 ff dienen dem Schutz des Minderjährigen. Bei rechtlich neutralen Geschäften muss der Minderjährige aber nicht geschützt werden. Es spricht daher nichts gegen die Wirksamkeit rechtlich neutraler Geschäfte. Der Gesetzgeber hat bei der Formulierung des § 107 nicht bedacht, dass es auch rechtlich neutrale Geschäfte gibt. Die h.M. hält eine solche Willenserklärung auch ohne Zustimmung für wirksam. Sie argumentiert dabei mit § 165 BGB, da danach der Minderjährige ohne weiteres Stellvertreter sein kann und somit auch ein neutrales Geschäft tätigen können muss. tvA: Ein Gutglaubenserwerb ist nach dieser Ansicht nur dann möglich, wenn der Erwerber bei unterstellter Richtigkeit seiner Vorstellung das Eigentum auch erwerben könnte. Wäre F Eigentümer des Buches, wäre seine WE rechtlich nachteilig und daher ohne Zustimmung der Eltern unwirksam. Im Ergebnis wäre die Übereignung also auch bei unterstellter Richtigkeit der Vorstellungen nicht wirksam, weshalb ein gutgläubiger Erwerb von einem Minderjährigen nicht möglich sein soll. Bei einem rechtlich neutralen Geschäft ist der Minderjährige nicht schutzbedürftig, da dieses ihm weder rechtliche Vorteile noch Nachteile bringt. Man kann somit auch mit einer teleologischen Reduktion des § 107 BGB argumentieren. Im Übrigen kommt hier der Sinn und Zweck des § 107 BGB, nämlich der Schutz des Minderjährigen überhaupt nicht zum Tragen, so dass auch insoweit eine Anwendbarkeit von § 107 BGB nicht notwendig ist. Der h.M. ist mithin zu folgen, da sie den Besonderheiten des Minderjährigenschutzes Rechnung trägt, so dass F hier eine wirksame WE abgegeben hat. Eine dingliche Einigung liegt mithin vor.
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(4) kein Abhandenkommen, § 935 (+) Besondre Voraussetzungen bei Minderjährigen, hm Urteilsfahigkeit
(4) kein Abhandenkommen, § 935 (+) Ein gutgläubiger Erwerb ist nur möglich, wenn die Sache nicht abhandengekommen ist. Abhandenkommen (+), wenn der Eigentümer den Besitz ohne oder gegen seinen Willen verloren hat. Sowohl J als auch F haben den Besitz jeweils freiwillig aufgegeben. Fraglich ist aber, ob bei einem Minderjährigen bzgl. der Freiwilligkeit Besonderheiten zu beachten sind. Nach einer Auffassung soll jede Weggabe einer Sache durch einen beschränkt Geschäftsfähigen, jeder Besitzverlust und sei er noch so freiwillig, dazu führen, dass ein Abhandenkommen zu bejahen und der gutgläubige Erwerb damit ausgeschlossen sei. Diese Auffassung vermag aber nicht zu überzeugen, da die Argumentation, dass der Minderjährige besonders schutzwürdig sei, hier nicht zum Tragen kommt. Eine andere Meinung verneint ein Abhandenkommen immer dann, wenn der beschränkt Geschäftsfähige eine Sache freiwillig weggibt. Diese Auffassung überzeugt auch nicht, da einem beschränkt Geschäftsfähigen sein Handeln nicht immer zwingend bewusst sein muss. Die hM stellt auf die Urteilsfähigkeit des beschränkt Geschäftsfähigen über die Bedeutung der Weggabe ab.1 Diese Meinung ist auch insoweit überzeugend, als sie die Bedürfnisse des Minderjährigenschutzes ausreichend berücksichtigt und mit dem Erfordernis des Verkehrsschutzes in einen überzeugenden Einklang bringt. Hier mussten dem C mit seinen 13 Jahren die Ausmaße seines Handelns bewusst sein, so dass hier kein Abhandenkommen vorliegt.
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§ 932
(1) Rechtsgeschäft iSe Verkehrsgeschäftes (+) (2) Rechtschein des Besitzes, § 1006 I (+) (3) guter Glaube (+) C glaubt, F sei Eigentümer des Buches (4) kein Abhandenkommen, § 935 (+)
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Voraussetzung des § 110 BGB ist, dass der M die vertragsgemäße Leistung mit Mitteln 2 bewirkt, die ihm zu diesem Zweck zur freien Verfügung überlassen worden sind.
Taschengeld ist unter diese Voraussetzung zu subsumieren. Der M muss das Geld aber auch zu einem Zweck einsetzen, der nicht wesentlich Erziehungszielen der Eltern zuwiderläuft. Diese einschränkende Voraussetzung ergibt sich daraus, dass in der Hingabe des Taschengelds eine konkludente Zustimmung liegt, das Geld für Dinge auszugeben, die sich im Rahmen des Vernünftigen halten. Der Erwerb der Poster war aber jedenfalls nicht grob vernunftwidrig. Problematisch ist jedoch, ob der M die Leistung bewirkt hat. M hat nämlich nur 5 Euro angezahlt. Ein Bewirken der Leistung setzt bei der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises die Bezahlung durch Übergabe des Geldes voraus. Hier hat M aber eben nur eine Teilleistung bewirkt. Fraglich ist, ob eine Teilleistung im Rahmen des § 110 BGB genügt. Dagegen sprechen erhebliche Einwände: Wenn es für die Wirksamkeit ausreichen würde, dass der M nur eine Teilleistung erbringen müsste, könnte er sich höher verpflichten als es seine Leistungsfähigkeit gestatten würde. Der Zweck des § 110 BGB würde dann vereitelt. Er besteht nur darin, den M durch geringfügige Geschäfte, die er von „seinem“ (Taschen-)Geld bezahlt an das Geschäftsleben zu gewöhnen. Der M muss deshalb seine Pflicht zur Zahlung vollständig erfüllt haben. Nach Sinn und Zweck des § 110 BGB kann daher eine Teilleistung nicht genügen. Das Zustimmungserfordernis entfällt damit nicht wegen § 110 BGB. Die Eltern als die gesetzlichen Vertreter des M müssten also zugestimmt haben. Eine Einwilligung nach §§ 107, 182, 183 BGB liegt nicht vor.
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Zustimmung der gesetzlichen Vertreter nicht erforderlich, wenn das Geschäft für M einen lediglich rechtlichen Vorteil mit sich gebracht hat, § 107 BGB. Durch das dingliche Geschäft wird die Rechtsposition des M verbessert, ohne dass er unmittelbar dadurch verpflichtet wurde.
Die aus dem Kaufvertrag folgende Zahlungsverpflichtung nach § 433 II BGB bleibt hier außer Betracht wegen dem Trennungs- und Abstraktionsprinzip, wonach Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte unabhängig voneinander zu betrachten sind und auch in ihrer Wirksamkeit unabhängig voneinander sind. Wegen der rechtlichen Vorteilhaftigkeit ist die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter nicht erforderlich. Die dingliche Einigung ist damit wirksam. Die Übergabe der Poster ist noch am Tag der Einigung erfolgt. Sie ist ein Realakt. Hierfür bedarf es keiner Geschäftsfähigkeit. An der Berechtigung des V bestehen keine Zweifel.
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Das Geschäft wäre aber auch nach § 110 wirksam, wenn die T die vertragsgemäße Leistung mit Mitteln bewirkt hat, die ihr die gesetzlichen Vertreter zur freien Verfügung überlassen haben. Mit dem Taschengeld hat die T das Los gekauft. Dieser Kaufvertrag war von der Einwilligung des § 110 umfasst. es mitkonsentiert, d.h. von der ursprünglichen Einwilligung miterfasst war.
Das Geschäft wäre aber auch nach § 110 wirksam, wenn die T die vertragsgemäße Leistung mit Mitteln bewirkt hat, die ihr die gesetzlichen Vertreter zur freien Verfügung überlassen haben. Mit dem Taschengeld hat die T das Los gekauft. Dieser Kaufvertrag war von der Einwilligung des § 110 umfasst. Fraglich ist, ob auch der Kauf der Sonnenbank von der Einwilligung umfasst war. Es handelt sich um ein Geschäft über das Surrogat. Surrogat ist hier der Gewinn, der an die Stelle des Loses tritt. Solch ein weiteres Geschäft fällt nur dann unter § 110 BGB und wäre mithin nur dann gültig, wenn es auch direkt mit dem Taschengeld hätte vorgenommen werden können. In diesem Fall spricht man davon, dass es mitkonsentiert, d.h. von der ursprünglichen Einwilligung miterfasst war. Das ist hier nicht der Fall: § 110 scheidet hier deshalb aus, da T den Kauf der Sonnenbank mit ihrem Taschengeld nicht vollständig hätte bezahlen können. Im Übrigen übersteigt der Wert des Gewinnes (also des Surrogats) den Wert der überlassenen Mittel hier erheblich. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass der Kauf der Sonnenbank noch von der mutmaßlichen Einwilligung im Rahmen des § 110 BGB gedeckt gewesen wäre. Damit hätte die WE der T der Zustimmung der Eltern bedurft. Eine Einwilligung nach § 107 liegt nicht vor. Damit ist der KaufV zunächst schwebend unwirksam. Verweigern die Eltern die Genehmigung wird der Vertrag endgültig unwirksam, § 108 I. è Ein wirksamer Kaufvertrag ist demnach (bisher) nicht zustande gekommen.
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Das Vertragsangebot stellt nämlich unabhängig, auf | welchen Vertrag es gerichtet ist, einen lediglich rechtl. Vorteil dar,
eachte: Das Vertragsangebot von R (empfangsbedürftige WE) muss zwar zugehen, aber wegen § 131 II 2 BGB nicht dem gesetzlichen Vertreter. Das Vertragsangebot stellt nämlich unabhängig, auf welchen Vertrag es gerichtet ist, einen lediglich rechtl. Vorteil dar, da es für den Mj. keine Pflicht begründet, ihm aber die Möglichkeit gibt, den Vertrag zustande zu bringen (Palandt, § 131 BGB, Rn. 3).
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Fraglich ist aber, ob die Arbeitskraft des M unter die Vorschrift des § 110 BGB zu subsumieren ist. Dann müsste die Arbeitskraft in „Mittel“ iSd. § 110 BGB sein.
Betrachtet man nur den Wortlaut ist dies schwierig zu begründen. Jedoch besteht der Sinn und Zweck des § 110 BGB darin, dem M einen überschaubaren Verantwortungsbereich einzuräumen, in dessen Rahmen er selbst Entscheidungen treffen kann. So soll sich der M langsam an die Teilnahme am Rechtsverkehr gewöhnen. Diese Gewöhnung erreicht man aber nicht nur dadurch, dass man dem M einen gewissen Umfang von Geldmitteln (Taschengeld) zur Verfügung stellt, sondern auch dadurch, dass man dem M die Entscheidung über den Einsatz seiner Arbeitskraft zubilligt. Nach Sinn und Zweck des § 110 BGB ist die Arbeitskraft des M daher auch als ein „Mittel“ iSd. § 110 BGB anzusehen. Der Umfang des Einsatzes der Arbeitskraft ist allerdings nicht unbegrenzt. Es wird nur der eigenverantwortliche Einsatz von Mitteln gestattet, die dem M von seinen Eltern zur freien Verfügung überlassen worden sind. Der M darf die Mittel nicht zu „erziehungs- Beachte: Das Vertragsangebot von R (empfangsbedürftige WE) muss zwar zugehen, aber wegen § 131 II 2 BGB nicht dem gesetzlichen Vertreter. Das Vertragsangebot stellt nämlich unabhängig, auf welchen Vertrag es gerichtet ist, einen lediglich rechtl. Vorteil dar, da es für den Mj. keine Pflicht begründet, ihm aber die Möglichkeit gibt, den Vertrag zustande zu bringen (Palandt, § 131 BGB, Rn. 3). 2 fremden“ Zwecken einsetzen. Das war hier aber gerade der Fall, weil die Eltern wollten, dass sich M besser auf die Schule konzentriert anstatt bei der R Rasen zu mähen. Damit greift § 110 BGB hier nicht ein.
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Folglich hat M grundsätzlich keinen Anspruch gegen R nach § 631 I BGB. Jedoch könnte es der R nach § 242 BGB verwehrt sein, sich auf die Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen, weil M ja schließlich seinen Teil der Abmachung erfüllt hat.
Die Vorschriften der §§ 104 ff. BGB, die den M eigentlich schützen sollen, wirken sich ivF negativ aus. Zudem wäre ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des M gegen R (nach § 812 I 1 Alt. 1 BGB) für M riskant, weil sich R unter Umständen auf Entreicherung nach § 818 III BGB berufen könnte. Deswegen erscheint es nach § 242 BGB interessengerecht den M so zu stellen als ob ein wirksamer Vertrag geschlossen worden wäre, denn der Schutz durch die §§ 812 ff. BGB ist nicht vergleichbar mit dem vertraglichen. Es ist der R nach § 242 BGB verwehrt sich auf die Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen. M hat einen Anspruch gegen R auf Zahlung von 20 Euro aus § 631 I BGB i.V.m. § 242 BGB.
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H müsste Besitzer des Buchs sein. Fraglich ist, ob dies H als Geschäftsunfähiger sein kann.
H müsste Besitzer des Buchs sein. Fraglich ist, ob dies H als Geschäftsunfähiger sein kann. Besitz = die vom natürlichen Willen getragene Herrschaft über eine Sache. Aufgrund des tatsächlichen Näheverhältnisses zum Buch hat der H die Sachherrschaft darüber inne. Er hatte auch natürlichen Besitzwillen. Dafür ist keine Geschäftsfähigkeit erforderlich. Damit ist der H Besitzer des Buches. H dürfte auch kein Recht zum Besitz haben nach § 986 I 1 BGB. Ein solches läge vor, wenn ein wirksamer Tausch nach § 480 BGB vorläge. Das ist aber nicht der Fall, weil die jeweiligen WE nach §§ 104 Nr. 1, 105 I BGB nichtig sind. Der Anspruch nach § 985 BGB ist gegeben. S kann von H Herausgabe des Buchs verlangen.
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In-Sich-Geschäft, | Ausnahme - Erfullung einer Verbindlichkeit
Vertretungsmacht beschränkt durch In-Sich-Geschäft, § 181? Die Vertretung könnte dennoch unwirksam sein, wenn ein Fall des Selbstkontrahierens vorläge. Dann wäre S nicht wirksam von seinen Eltern vertreten worden. Hier traten die Eltern (E) sowohl in eigener Person und für eigene Angelegenheiten als auch als Vertreter ihres Sohnes S auf. Damit liegt ein Fall des verbotenen In-Sich-Geschäfts vor, wenn nicht eine Ausnahme greift. M/F könnten in Erfüllung einer Verbindlichkeit gehandelt haben. Es kommt ein Schenkungsvertrag infrage. Doch auch insofern besteht zwar eine Einigung zwischen E und S, doch treten auch hier M/F sowohl als Schenker wie auch als Beschenkte auf, haben also ein In-Sich-Geschäft vorgenommen. Zudem ist der Vertrag bis zur Bewirkung (also der vollständigen Erfüllung) nach §§ 518 Abs. 1 S. 1, 125, 128 formnichtig, könnte also frühestens nach wirksamer Übereignung zur Verpflichtung werden. Also haben M/F nicht in Erfüllung einer Verbindlichkeit gehandelt.
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Dingliche Einigung zwischen M/F selbst und M/F als Vertreter von S? M/F könnten aber sowohl auf Veräußererseite im eigenen Namen als auch auf Erwerberseite im Namen und mit Vertretungsmacht die dingliche Einigung geschlossen haben.
• Eigene Willenserklärung?(+) • Im Namen des Vertretenen? Aus den Umständen ersichtlich (+) • Mit Vertretungsmacht? Als gesetzliche Vertreter nach §§ 1626, 1629 BGB • Vertretungsmacht beschränkt durch In-Sich-Geschäft, § 181? Die Vertretung könnte dennoch unwirksam sein, wenn ein Fall des Selbstkontrahierens vorläge. Dann wäre S nicht wirksam von seinen Eltern vertreten worden. Hier traten die Eltern (E) sowohl in eigener Person und für eigene Angelegenheiten als auch als Vertreter ihres Sohnes S auf. Damit liegt ein Fall des verbotenen In-Sich-Geschäfts vor, wenn nicht eine Ausnahme greift. M/F könnten in Erfüllung einer Verbindlichkeit gehandelt haben. Es kommt ein Schenkungsvertrag infrage. Doch auch insofern besteht zwar eine Einigung zwischen E und S, doch treten auch hier M/F sowohl als Schenker wie auch als Beschenkte auf, haben also ein In-Sich-Geschäft vorgenommen. Zudem ist der Vertrag bis zur Bewirkung (also der vollständigen Erfüllung) nach §§ 518 Abs. 1 S. 1, 125, 128 formnichtig, könnte also frühestens nach wirksamer Übereignung zur Verpflichtung werden. Also haben M/F nicht in Erfüllung einer Verbindlichkeit gehandelt. • Teleologische Reduktion des § 181? Die Vorschrift könnte insofern einzuschränken sein, dass der Vertreter In-Sich- Rechtsgeschäfte abschließen darf, die dem Vertretenen einen lediglich rechtlichen Vorteil verschaffen. Dafür kommt es auf den Sinn und Zweck dieser Vorschrift an. Eine ältere Auffassung nahm an, dieser bestehe lediglich darin, dass Rechtsgeschäfte nach außen deutlich werden müssten. Sie sah also in § 181 eine formale Ordnungsvorschrift, die nicht aufgeweicht werden dürfe. Eine Ausnahme für ein Geschäft mit lediglich rechtlichem Vorteil käme danach nicht in Betracht. Nunmehr ist man sich überwiegend einig, dass der Charakter als formale Ordnungsvorschrift zurücktrete und der Sinn des § 181 überwiegend darin liege, eine Interessenkollission zu vermeiden. Ob dieser vorliege, sei nicht nach dem Einzelfall, sondern nach Fallgruppen, also abstrakt zu entscheiden. Die wichtigste Fallgruppe sind die Geschäfte mit lediglich rechtlichem Vorteil. Die Situation des Minderjährigen in § 107 ist ähnlich. Denn die Interessen des Vertretenen sind gefährdet, da die Urteilsfähigkeit des Vertreters wegen eigener Interessen beeinträchtigt ist. Die Rechtssicherheit ist nicht gefährdet, da das Vorliegen eines lediglich rechtlichen Vorteils aufgrund formeller Kriterien und daher leicht zu prüfen ist. Die Übereignung der Eisenbahn brachte dem S einen lediglich rechtlichen Vorteil (Eigentum), ohne eine Verpflichtung zu begründen. Sie ist also lediglich rechtlich vorteilhaft und daher mit Vertretungsmacht vorgenommen. Ubereignung wirksam
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Teleologische Reduktion des § 181? wenn dem Vertretenen einen rechtlich Vorteil verschafft -Zweck Rechtsgeschäfte nach aussen deutlich werden müssen Ziel Interessenskollision vermeiden
Die Vorschrift könnte insofern einzuschränken sein, dass der Vertreter In-Sich- Rechtsgeschäfte abschließen darf, die dem Vertretenen einen lediglich rechtlichen Vorteil verschaffen. Dafür kommt es auf den Sinn und Zweck dieser Vorschrift an. Eine ältere Auffassung nahm an, dieser bestehe lediglich darin, dass Rechtsgeschäfte nach außen deutlich werden müssten. Sie sah also in § 181 eine formale Ordnungsvorschrift, die nicht aufgeweicht werden dürfe. Eine Ausnahme für ein Geschäft mit lediglich rechtlichem Vorteil käme danach nicht in Betracht. Nunmehr ist man sich überwiegend einig, dass der Charakter als formale Ordnungsvorschrift zurücktrete und der Sinn des § 181 überwiegend darin liege, eine Interessenkollission zu vermeiden. Ob dieser vorliege, sei nicht nach dem Einzelfall, sondern nach Fallgruppen, also abstrakt zu entscheiden. Die wichtigste Fallgruppe sind die Geschäfte mit lediglich rechtlichem Vorteil. Die Situation des Minderjährigen in § 107 ist ähnlich. Denn die Interessen des Vertretenen sind gefährdet, da die Urteilsfähigkeit des Vertreters wegen eigener Interessen beeinträchtigt ist. Die Rechtssicherheit ist nicht gefährdet, da das Vorliegen eines lediglich rechtlichen Vorteils aufgrund formeller Kriterien und daher leicht zu prüfen ist. Die Übereignung der Eisenbahn brachte dem S einen lediglich rechtlichen Vorteil (Eigentum), ohne eine Verpflichtung zu begründen. Sie ist also lediglich rechtlich vorteilhaft und daher mit Vertretungsmacht vorgenommen.
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Die Verwahrung aufgrund der elterlichen Sorge (§ 1626) endete mit der Volljährigkeit des S. Doch selbst wenn man kein bloßes Gefälligkeitsverhältnis zugunsten des S annähme, das den E kein Besitzrecht gäbe, sondern ein Verwahrungsverhältnis (§ 688 BGB), würde das Besitzrecht mit dem Herausgabeverlangen (§ 695 BGB) des S enden.
Es besteht also kein Besitzrecht.
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Arglistige Täuschung, § 123 I BGB?
Def.: Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn objektiv eine Täuschungshandlung gegeben ist, diese Täuschung einen Irrtum hervorgerufen hat und zur Abgabe der entsprechenden WE führte. Subjektiv ist Arglist erforderlich. a. Täuschung Def.: Eine Täuschung ist die bewusste Vorspiegelung, Entstellung oder das Verschweigen von Tatsachen zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums. è hier: (+), V hat durch seine Aussage über die Unfallfreiheit getäuscht. b. Irrtum è hier: (+), K hat an die Unfallfreiheit des PKW geglaubt. c. Kausalität (§ 123 I BGB: „durch…bestimmt“) è zwischen Täuschung und Abgabe der WE: Hätte V den K nicht über die Unfallfreiheit getäuscht, hätte K den PKW nicht kaufen wollen, wäre also nicht dem Irrtum unterlegen. è (+) d. Arglist Def.: Arglist liegt vor, wenn der Täuschende die Unrichtigkeit seiner Angaben kennt und das Bewusstsein hat, dass der andere Teil durch die Täuschung zur Abgabe einer WE bestimmt wird. Es genügt hierbei bedingter Vorsatz. è (P) V hat seine Erklärung „ins Blaue hinein“ abgegeben. Reicht das für Arglist aus? è werden Behauptungen „ins Blaue“ hinein aufgestellt, so liegt Arglist vor, wenn der Handelnde das Fehlen einer zuverlässigen Beurteilungsgrundlage nicht offen legt. è hier: (+) è Arglistige Täuschung nach § 123 I BGB (+)
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è Sittenwidrigkeit, § 138 I BGB?
Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. è Maßgeblich ist der Gesamtcharakter des Geschäfts è Zu beachten ist, dass eine eventuelle arglistige Täuschung allein noch nicht zur Nichtigkeit des Geschäftes nach § 138 I BGB führt (vgl. BGH, NJW 1988, 902); § 123 BGB ist keineswegs als Sonderregelung zu § 138 BGB zu sehen (BGH, NJW 1997, 254)
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Anfechtungsgrund: Inhaltsirrtum, § 119 I Alt. 1 BGB
Def.: Ein Inhaltsirrtum liegt vor, wenn der Erklärende zwar das erklärt, was er auch erklären wollte, dabei jedoch über die Bedeutung der Erklärung irrt. Vorliegend hat A „25 Gros“ erklärt, was er auch erklären wollte. Er dachte aber, lediglich 25 Stück große Toilettenrollen zu bestellen. Damit hat er sich über die Bedeutung der Bezeichnung „Gros“ geirrt. Es liegt also ein Inhaltsirrtum vor.
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Der Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärungen unter Anwesenden ist im Gesetz nicht geregelt. aa) „Strenge Vernehmungstheorie“ wenn der Erklärungsempfänger sie akustisch richtig verstanden hat. bb) „Eingeschränkte Vernehmungstheorie“\ wenn der Erklärende nach den für ihn erkennbaren Umständen davon ausgehen durfte, der Erklärungsempfänger habe die Erklärung richtig und vollständig verstanden.
Eine telefonisch abgegebene Willenserklärung gilt gem. § 147 Abs. 1 S. 2 BGB als Willenserklärung unter Anwesenden. Der Zugang empfangsbedürftiger Willens- erklärungen unter Anwesenden ist im Gesetz nicht geregelt. Nach einhelliger Auf- fassung ist diese Lücke unter Heranziehung der Grundgedanken des § 130 Abs. 1. S. 1 BGB zu schließen und dabei danach zu unterscheiden, ob es sich um den Zu- gang einer verkörperten (i.d.R. schriftlichen) oder einer nicht verkörperten (i.d.R. mündlichen) Erklärung handelt. Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass eine verkörperte Willenserklärung unter Anwesenden nach den gleichen Kriterien zugeht wie eine verkörperte Willenserklärung unter Abwesenden, also dann, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass dieser bei Zugrundelegung ge- wöhnlicher Verhältnisse von ihr Kenntnis nehmen kann (vgl. dazu RGZ 61, 415). Dagegen sind die Zugangsvoraussetzungen einer wie hier von B abgegebenen nicht verkörperten Willenserklärung umstritten. aa) „Strenge Vernehmungstheorie“ Nach der sog. strengen Vernehmungstheorie geht eine unter Anwesenden abgegebene Willenserklärung – mit ihrem gem. §§ 133, 157 BGB ermittelten Inhalt – dann zu, wenn der Erklärungsempfänger sie akustisch richtig verstanden hat. Ge- fordert wird also die tatsächliche Kenntniserlangung des Empfängers, so dass grundsätzlich der Erklärende das Risiko der richtigen Vernehmung trägt. Anderes soll nur gelten, wenn der Erklärungsempfänger das richtige Verständnis absichtlich verhindert. Danach wäre das Angebot des B dem M nicht zugegangen, da es dieser falsch verstanden hat. bb) „Eingeschränkte Vernehmungstheorie“ Nach der sog. eingeschränkten (abgeschwächten) Vernehmungstheorie gilt die nicht verkörperte Willenserklärung dagegen dann als zugegangen, wenn der Erklärende nach den für ihn erkennbaren Umständen davon ausgehen durfte, der Erklärungsempfänger habe die Erklärung richtig und vollständig verstanden. Die Erklärung wird also wirksam, wenn für den Erklärenden vernünftigerweise kein Zweifel besteht, dass der Empfänger die Erklärung zutreffend vernommen habe. Da M auf das Angebot des B so reagiert hat, als habe er den Wortlaut richtig verstanden und B auch sonst keine Anhaltspunkte hatte, dass dem nicht so sei, durf- te er nach dieser Lehre davon ausgehen, dass M die Bestellung richtig und vollstän- dig vernommen hat. cc) Streitentscheidung Da die unterschiedlichen Auffassungen hier auch zu unterschiedlichen Er- gebnissen gelangen, ist zu entscheiden, welcher Auffassung der Vorzug einzuräu- men ist. Für die eingeschränkte Vernehmungstheorie spricht, dass sie Gleichlauf mit den an den Zugang einer Willenserklärung unter Abwesenden gestellten Anfor- derungen schafft. Die strenge Vernehmungstheorie liefert kein überzeugendes Ar- gument dafür, weshalb bei einer verkörperten Willenserklärung unter An- oder Ab- wesenden die Möglichkeit der Kenntnisnahme für den Zugang ausreichend, für den Zugang einer nicht verkörperten Erklärung aber die tatsächliche Kenntnisnahme des Empfängers erforderlich sein soll. Darüber hinaus hat die strenge Verneh- mungstheorie zur Folge, dass für die nicht verkörperte Willenserklärung unter An- wesenden die normative Auslegung der Erklärung gem. §§ 133, 157 BGB faktisch leerläuft. Die von der strengen Vernehmungstheorie propagierte Differenzierung ist daher abzulehnen. Folglich ist das Angebot des B dem M zugegangen. Ein wirksames Angebot des B zum Kauf von 200 kg Mehl zum Preis von € 0,50/kg liegt also vor.
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Erklärungsirrtums gem. § 119 I Alt. 2 BGB.
Ein Erklärungsirrtum ist dann gegeben, wenn der Erklärende "eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte“. Damit meint das Gesetz hauptsächlich Fälle des Verschreibens, Versprechens und Vergreifens. J hat sich versprochen. Während er den zutreffenden Kaufpreis von 2000,-€ verlangen woll2 te, sagte er aber "200,-€". Eine Willenserklärung "Verkaufe Ring für 200,-€" wollte er nicht abgeben. Damit liegt ein Fall eines Erklärungsirrtums bezüglich seines auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Angebots vor. bb) Kausalität Dieser Erklärungsirrtum war auch kausal für die Abgabe der Willenserklärung, § 119 I Hs. 2 BGB. Bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles hätte J nämlich den Ring nicht für € 200.- verkauft. cc) Zwischenergebnis Ein Anfechtungsgrund nach § 119 I Alt. 2 BGB ist daher gegeben.
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Fraglich ist aber bereits, ob bezüglich der auf die Einigung iSd § 929 S. 1 BGB gerichteten Annahme ein Anfechtungsgrund gegeben ist.
Diesbezüglich liegt aber ein (einzig denkbarer) Irrtum nach § 119 I BGB nicht vor. Ein Inhaltsirrtum würde voraussetzen, dass J über die Bedeutung seines (dinglichen) Angebots zur Übereignung des Rings irrte. Indes bedeutet dieses Angebot (objektiv) nicht mehr als: „Ich möchte Dir diesen Ring zu Eigentum verschaffen.“ Und genau von dieser Bedeutung ging J (subjektiv) aus, da er eben diesen Ring an K übereignen wollte. Deshalb liegt kein Inhaltsirrtum vor. Auch ein Erklärungsirrtum scheidet aus, da J genau eine solche Erklärung abgeben wollte. Das Versprechen bezüglich des Kaufpreises berührt nicht den dinglichen Vertrag (Übereignung), weil die Einigung über den Kaufpreis nicht Bestandteil dieses Vertrages ist. Der dingliche Einigungsvertrag setzt nämlich lediglich eine Einigung über den Eigentumsübergang als solchen voraus (sog. „sachenrechtlicher bzw. dinglicher Minimalkonsens“). Bezogen darauf ist die Fehlvorstellung des J über den vereinbarten bzw. zu vereinbarenden Kaufpreis lediglich ein (unbeachtlicher) Motivirrtum. Damit fehlt es bereits an einem Anfechtungsgrund.
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„sachenrechtlicher | bzw. dinglicher Minimalkonsens
Der dingliche Einigungsvertrag setzt nämlich | lediglich eine Einigung über den Eigentumsübergang als solchen voraus
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Daher ist nach § 242 BGB die Anfechtung i.d.R. ausgeschlossen, wenn der Erklärungsgegner bereit ist, das Geschäft so gegen sich gelten zu lassen, wie es der Irrende irrtums- frei gewollt hat 140 UMDEUTUNG
Ein Kaufvertrag über einen Preis von € 2000.- wurde nicht geschlossen. Die Anfechtung hat zur Vernichtung des Kaufvertrages, nicht aber zum Entstehen eines Kaufvertrags mit diesem Inhalt geführt. Allerdings könnte es gegen § 242 BGB (Treu und Glauben) verstoßen, wenn sich J nicht bereiterklärt, den Ring zu dem ursprünglich von ihm ja gewollten Preis zu verkaufen, denn er "benutzt" ja jetzt die Anfechtung gleichsam, um aus einem aus anderen Gründen bereuten Vertragsschluss zu "entwischen". Die Anfechtung soll den Irrenden aber nur vor den Nachteilen des Irrtums schützen, nicht aber ihm einen unverdienten Vorteil gewähren. Daher ist nach § 242 BGB die Anfechtung i.d.R. ausgeschlossen, wenn der Erklärungsgegner bereit ist, das Geschäft so gegen sich gelten zu lassen, wie es der Irrende irrtums- frei gewollt hat (Ausschluss des Reuerechts; vgl. etwa Medicus AT Rn. 781; Köhler/Fritzsche JuS 1990, 16, 19). Ähnlich wie im Fall einer unschädlichen Falschbezeichnung muss er sich daher so behandeln lassen, als habe er einen Kaufvertrag zum Preis von € 2000.- abge- schlossen (Schlagwort: „Das Anfechtungsrecht ist kein Reuerecht.“) Hinweis: Ein weiterer Erklärungsansatz geht davon aus, dass nach Treu und Glauben ein neuer Vertrag oder ein Änderungsvertrag mit dem Inhalt des ursprünglich Gewollten abgeschlossen werden müsse. Wieder andere halten den Weg einer Umdeutung über § 140 BGB für vorzugswürdig (Köhler/Fritzsche JuS 1990, 16, 19). Hier gelangen diese Auffassung indes zum gleichen Ergebnis.
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V. Kausalität des Anfechtungsgrundes für die Abgabe der Willenserklärung Erklärung muss dabei sowohl in subjektiver ("... bei Kenntnis der Sachlage ...") als auch in objektiver Hinsicht ("... bei verständiger Würdigung des Falls ...") bestehen. (
Gem. § 119 Abs. 1, 2. Hs. BGB muss dieser Irrtum für die Abgabe der Willenserklärung des M auch ursächlich gewesen sein. Der Kausalzusammenhang zwischen Irrtum und Erklärung muss dabei sowohl in subjektiver ("... bei Kenntnis der Sachlage ...") als auch in objektiver Hinsicht ("... bei verständiger Würdigung des Falls ...") bestehen. (Letzteres ist damit keine 4 wirkliche, naturwissenschaftliche Kausalität mehr). Hier ist nichts dafür ersichtlich, dass M bei Kenntnis der Sachlage im Zeitpunkt seiner Erklärung unter allen Umständen an B nur 100 kg Mehl verkaufen wollte. Als Kaufmann ist er vielmehr daran interessiert, möglichst viel von seiner Ware abzusetzen. Er war und ist auch in der Lage diese zu liefern. Zur Durchsetzung von Eigensinn oder sonstige unvernünftiger Launen steht das Irrtumsrecht nicht zur Verfügung. Somit ist sowohl die subjektive als auch objektive Erheblichkeit des Irrtums des M zu verneinen. Weitere Anfechtungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere wäre ein eventueller Irrtum des M im Zeitpunkt seiner Annahmeerklärung über seine Gewinnaussichten als bloßer Motivirrtum unbeachtlich.
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veraltetes Datenmaterial zugrunde liegt. Um aber dem Nutzer sog. automatisierter Erklärungen keinen unangemessenen Vorteil zukommen zu lassen, kann bei solchen Verfahren ein Erklärungsirrtum allenfalls dann angenommen werden, wenn das Eingabegerät fehlerhaft bedient wurde.
Ein Erklärungsirrtum liegt nach § 119 I Alt. 2 BGB dann vor, wenn eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgegeben werden sollte. Gemeint sind vor allem die Fälle des Versprechens, Verschreibens und Vergreifens. Hier wollte V die abgegebene Erklärung auch so abgeben, so dass ein Erklärungsirrtum zu verneinen ist. Die Besonderheit im vorliegenden Fall ist jedoch, dass sich V auf den vom Computer richtig ermittelten Kaufpreis verlässt, dem jedoch veraltetes Datenmaterial zugrunde liegt. Um aber dem Nutzer sog. automatisierter Erklärungen keinen unangemessenen Vorteil zukommen zu lassen, kann bei solchen Verfahren ein Erklärungsirrtum allenfalls dann angenommen werden, wenn das Eingabegerät fehlerhaft bedient wurde. Dann nämlich ist der Ablauf, der zur ungewünschten Willenserklärung geführt hat dem des „Versprechens, Verschreibens und Vergreifens" ähnlich. Wurde das Eingabegerät, wie hier von V unter Eingabe der zutreffenden Bestellnummer richtig bedient und war nur das Datenmaterial fehlerhaft, so begründet dies als unbeachtlicher Irrtum bei der Erklärungsvorbereitung kein Anfechtungsrecht.
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Eigenschaftsirrtum, § 119 II BGB
Eigenschaften einer Sache sind alle Wert bildenden Merkmale von gewisser Dauer, die ihren Grund in der Sache selbst haben, oder sich auf die Sache beziehen. Der aus Sicht des Verkäufers zu niedrige Preis kam hier dadurch zustande, dass V von einer falschen Berechnungsgrundlage (die alte Preisliste) ausgegangen ist. Fehler bei der internen Kalkulation des Preises (sog. verdeckter Kalkulationsirrtum) sind jedoch – da ist man sich einig - unbeachtlich. Der Anbieter trägt das Risiko, dass seine Kalkulation zutrifft. Der Wert oder Marktpreis – anders als die Wert bildenden Faktoren – stellen jedoch keine Eigenschaft iSd § 119 II BGB dar, so dass auch ein Eigenschaftsirrtum ausscheidet. Es liegt ein unbeachtlicher Motivirrtum vor.
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A. Anspruch des F gegen M aus Zahlung des Mietzinses aus § 535 Abs. 2 BGB F könnte gegen M einen Anspruch auf Zahlung des Mietzinses aus § 535 Abs. 2 BGB haben. Voraussetzung hierfür ist ein wirksamer Mietvertrag.
II. Form Die in § 550 S. 1 BGB vorgesehene Schriftform ist gewahrt. Beachte: Bei Fehlen der Schriftform ist der Vertrag nicht nichtig. § 550 BGB regelt die Folgen des Verstoßes selbst und verdrängt § 125 S. 1 BGB.
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Als Anfechtungsgrund kommt die widerrechtliche Drohung nach § 123 Abs. 1, 2. Alt. BGB in Betracht.
a) Objektiver Tatbestand Eine Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt. Die Androhung des A, die M werde ihren Arbeitsplatz verlieren, wenn sie den Mietvertrag nicht abschließe, erfüllt diese Kriterien. Des Weiteren muss die Drohung widerrechtlich sein. Die Widerrechtlichkeit einer Drohung kann sich aus dem mit ihr erstrebten Zweck, aus dem angedrohten Übel als solchem, d.h. der Drohung als Mittel zum Zweck oder der Verknüpfung der Drohung mit dem verfolgten Zweck (Mittel- Zweck-Relation) ergeben. Beim Abschluss eines Mietvertrags (Zweck des A) handelt es sich selbstverständlich um ein legales Rechtsgeschäfte. Jedoch kann nach geltendem Recht die 2 Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht auf den Nichtabschluss eines Mietvertrages gestützt werden (vgl. §§ 620 ff BGB i.V.m. § 1 KSchG). Folglich hat A mit einem rechtswidrigen Übel gedroht (Widerrechtlichkeit des Mittels). Schließlich müsste die Drohung des für die Abgabe der Willenserklärung der M ursächlich gewesen sein. M hat den Mietvertrag mit F allein aus Furcht vor der von A angedrohten Arbeitslosigkeit abgeschlossen. Die Drohung des A kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass nicht auch der Abschluss des Mietvertrags entfiele. b) Subjektiver Tatbestand Der Drohende muss zumindest den bedingten Vorsatz haben, auf die Willensbildung des Erklärenden einzuwirken, d.h. er muss sich bewusst sein, dass seine Drohung den Willen des Erklärenden beeinflussen kann. A wollte M durch die Drohung ganz bewusst zur Abgabe ihrer Willenserklärung veranlassen. c) Ausschluss der Anfechtung, da Drohung nicht von Vertragspartnerin Die Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung könnte jedoch daran scheitern, dass die widerrechtliche Drohung nicht von F als der Vertragspartnerin der M, sondern von A ausging. § 123 Abs. 1 BGB bezweckt in der Drohungsalternative den allgemeinen Schutz der rechtsgeschäftlichen Entschließungsfreiheit gegen widerrechtlichen Zwang. Das folgt im Umkehrschluss aus § 123 Abs. 2 BGB, der nur die Anfechtungsmöglichkeit im Falle der arglistigen Täuschung durch einen Dritten regelt. Wird der Erklärende von einem Dritten bedroht, beruht seine Erklärung noch weniger auf dem freien Willensentschluss des Erklärenden als bei einer „bloßen“ Täuschung. Daher ist die Anfechtung wegen Drohung auch dann zulässig ist, wenn die Drohung von einem Dritten ausgegangen ist, und auch dann, wenn der Anfechtungsgegner davon weder etwas wusste noch wissen musste. Eine analoge Anwendung des § 123 Abs. 2 BGB auf die Drohung verbietet sich daher. d) Zwischenergebnis Damit liegt der Anfechtungsgrund der widerrechtlichen Drohung nach § 123 BGB vor. 3. Kein Ausschluss der Anfechtung gem. § 144 BGB Ein Anfechtungsausschluss gem. § 144 BGB ist nicht ersichtlich.
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a) Objektiver Tatbestand Eine Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt.
Die Widerrechtlichkeit einer Drohung kann sich aus dem mit ihr erstrebten Zweck, aus dem angedrohten Übel als solchem, d.h. der Drohung als Mittel zum Zweck oder der Verknüpfung der Drohung mit dem verfolgten Zweck (Mittel- Zweck-Relation) ergeben. Schließlich müsste die Drohung des für die Abgabe der Willenserklärung der M ursächlich gewesen sein.
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b) Subjektiver Tatbestand Der Drohende muss zumindest den bedingten Vorsatz haben, auf die Willensbildung des Erklärenden einzuwirken, d.h. er muss sich bewusst sein, dass seine Drohung den Willen des Erklärenden beeinflussen kann
Daher ist die Anfechtung wegen Drohung auch dann zulässig ist, wenn die Drohung von einem Dritten ausgegangen ist, und auch dann, wenn der Anfechtungsgegner davon weder etwas wusste noch wissen musste.
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I. Arglistige Täuschung, § 123 I Alt. 1 BGB K könnte den Arbeitsvertrag (§ 611 BGB) anfechten, wenn H sie über ihre Sektenangehörigkeit arglistig getäuscht hätte, § 123 I Alt. 1 BGB.
1. Täuschung Voraussetzung dafür ist, dass H die K getäuscht hat. Täuschung ist die Erregung, Verstärkung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums über Tatsachen beim Erklärenden. a) Tatsache Die Sektenangehörigkeit der H ist dem Beweis zugänglich. Da ein objektiver, nachprüfbarer Gehalt vorliegt, handelt es sich dabei um eine Tatsache (Abgrenzung: bloß subjektive Werturteile). b) Täuschungshandlung Eine Täuschung durch positives Tun liegt nicht vor. Allerdings könnte eine Täuschung durch Unterlassen vorliegen, da H über ihre Sektenmitgliedschaft nicht aufgeklärt hatte. Das Unterlassen, über Umstände aufzuklären kann aber nur dann eine Täuschung begründen, wenn eine Pflicht besteht, über die fraglichen Umstände aufzuklären. Ob eine solche Aufklärungspflicht besteht, richtet sich nach dem Inhalt des intendierten Arbeitsvertrages, der Verkehrsanschauung und Treu und Glauben. Es kommt auf den Einzelfall an. Grundsätzlich ist es jedoch Sache jeder Partei, ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Ungefragt muss ein möglicher Geschäftspartner Dinge, die die Entschließung des anderen Teils beeinflussen, grundsätzlich nicht von sich aus offenbaren. Nach der Sektenzugehörigkeit wurde vorliegend nicht gefragt. Im vorliegenden Fall stellt sich die Sektenzugehörigkeit als nicht so gravierend nachteilig für die Durchführung des Vertrages dar, dass H darüber von sich aus hätte aufklären müssen (a.A. vertretbar, es kommt in solchen Fällen auf Argumentation an). K ist es zumutbar nach der Sekteneigenschaft zu fragen. Daher scheidet eine Anfechtung wegen Täuschung aus.
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Im Arbeitsrecht werden die Rechtsfolgen der Anfechtung (§ 142 I BGB)
Der Arbeitsvertrag ist gem. § 119 II BGB anfechtbar. Beachte: Im Arbeitsrecht werden die Rechtsfolgen der Anfechtung (§ 142 I BGB) nach Beginn der Arbeitsleistung - was hier noch nicht der Fall ist (siehe Daten in der Fallangabe) – vielfach eingeschränkt. Wegen den Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung des Vertrages können die Wirkungen der Anfechtung ausnahmsweise auch nur ex nunc, also ab dem Zeitpunkt der Anfechtungserklärung, (im Gegensatz zu ex tunc) eintreten. Siehe etwa Köhler, AT, § 6 Rn. 61.
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§ 122 I BGB scheidet als Anspruchsgrundlage aus, weil daraus nur der Anfechtungsgegner berechtigt ist.
I. aus § 122 I BGB H könnte gegen K einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch aus § 122 I BGB haben. 1. Anfechtung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung Die Annahme des Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrages wurde von K nach § 119 II BGB angefochten. Die Annahme des Angebots ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. 2. Kausalität Der Schaden ist dadurch entstanden, dass H auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages mit K vertraut hat. 3. Schadensumfang Zu ersetzen ist das negative Interesse (Vertrauensschaden). Die Höchstgrenze der Ersatzpflicht bildet gemäß § 122 I a.E. BGB das positive Interesse: H soll nicht besser stehen als bei Durchführung des Vertrages. a) Negatives Interesse Ersatzfähig ist danach der entgangene Gewinn aus einem wegen des angefochtenen Vertrages entgangenen Geschäftes, hier der Arbeitsvertrag als Kassiererin. H ist also der Netto-Lohn aus der Tätigkeit als Kassiererin entgangen. b) Begrenzung durch das positive Interesse Dieser Lohn ist nur bis zur Grenze des Verdienstes aus der Tätigkeit im Kindergarten (positive Interesse als Obergrenze) ersetzbar. c) Zeitliche Grenze Eine weitere Grenze ergibt sich daraus, dass K das Arbeitsverhältnis während der Probezeit auch durch ordentliche Kündigung jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen hätte beenden können, § 622 III BGB. Die Anfechtung des Arbeitsvertrages hat es K daher lediglich ermöglicht, schon vor Ablauf der Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis zu beenden. Daher ist die Anfechtung nur für den Teil des Schadens kausal, der bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entsteht. Nur für diese Zeit kann K das negative Interesse geltend machen. d) Schadensminderungspflicht H obliegt es darüber hinaus, schnellstmöglich eine zumutbare Tätigkeit aufzunehmen - tut sie das nicht, wäre der Schadensbetrag entsprechend § 254 II BGB herabzusetzen. Der Sachverhalt bietet für den Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht aber keinen Anhaltspunkt. 4. Ausschluss nach § 122 II BGB Eine Ersatzpflicht ist jedoch ausgeschlossen, wenn H die Anfechtbarkeit kannte oder grob fahrlässig nicht kannte, § 122 II BGB. Die Anfechtbarkeit des Geschäfts folgt aus dem Irrtum der K und dessen Kausalität. Grundsätzlich ist es nicht Sache des Anfechtungsgegners Irrtümer des Gegners zu erkennen. Zwar liegt es nahe, bei H den Irrtum über die Sektenangehörigkeit und die Bedeutung dieser Eigenschaft für den Arbeitsvertrag fahrlässig verkannt hat. Jedoch gilt hier ein ähnlich strenger Maßstab wie bei der Begründung der Aufklärungspflicht über die Sektenmitgliedschaft, nur bei evidenten Irrtümern wird man § 122 II BGB bejahen können. Liegt aber ein solch offensichtlicher Irrtum vor, wird man regelmäßig auch eine Aufklärungspflicht bejahen können. Es spricht daher einiges dafür, eine fahrlässige Verkennung des Irrtums zu verneinen (a.A. vertretbar).
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Streitig ist die Frage, ob über den Wortlaut von § 122 II BGB hinaus, der Anspruch bei einer Mitveranlassung des Irrtums durch das Verhalten des Anfechtungsgegners ausgeschlossen ist. In Betracht kommt der Arglisteinwand oder eine entsprechende Anwendung des § 254 BGB. Siehe etwa Medicus, AT, § 48 Rn. 786.
Streitig ist die Frage, ob über den Wortlaut von § 122 II BGB hinaus, der Anspruch bei einer Mitv
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Die Zurechnungsnorm des § 278 BGB ist nur im Rahmen von bereits entstandenen Schuldverhältnissen anwendbar (vgl. Wortlaut: „Der Schuldner...“; „...zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient...“). Deliktische Schuldverhältnisse werden aber per definitionem durch das Delikt erst begründet.
§ 823 I betrifft deliktisches Handeln einer Person begründet also erst ein (gesetzliches) Schuldverhältnis, wenn die Voraussetzungen vorliegen. § 278 betrifft ein Verschulden eines Dritten im Rahmen einer "Verbindlichkeit", also eines bereits bestehendes Schuldverhältnis, welches gerade dabei ist erfüllt zu werden (durch einen anderen als den eigentlichen Schuldner). (Beachte die zeitliche Zäsur) Das schon spricht dafür, daß § 278 in 823 nicht anwendbar ist. Darüber hinaus, verlangt § 823 eine (deliktische) Handlung einer Person. (voll anspruchsbegründend) § 278 "verschiebt" nur eine schuldhafte Handlung (anspruchserfüllend bez. einer bestimmten, schon bestehenden Hauptleistungspflicht) die sekundärrechtliche Ansprüche auslöst, auf den tatsächlichen Schuldner.
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mit Anfechtungsgrund, §§ 119-123 BGB
• § 119 I Alt. 1: Inhaltsirrtum = Erklärender ist bei Abgabe der WE über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum. Er weiß also, was er sagt, aber nicht, was er damit sagte. • § 119 I Alt. 2: Erklärungsirrtum = Erklärender irrt bei der Erklärungshandlung, er macht beim Erklärungsakt selbst einen Fehler (versprechen, verschreiben, versprechen). • § 119 II: Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften der Person oder Sache o Person = jede natürliche oder juristische Person o Sache = § 90 BGB und zudem unkörperliche Ggst. und Rechte o Eigenschaft = alle persönl./gegenständl. anhaftenden prägenden Charakteristika o Verkehrswesentlich = Eigenschaften, auf die im Rechtsverkehr entscheidend Wert gelegt wird • § 120: Falschübermittlung durch Erklärungsboten • § 123 I Alt. 1: Arglistige Täuschung o Täuschung = Vorspiegelung, Entstellung, Unterdrückung von Tatsachen o Irrtum = Fehlvorstellung bzgl. einer die positive Vorstellung einer der Wirklk. widerspr. Tatsache o Arglist = bedingter Vorsatz genügt, keine verwerfliche Gesinnung erforderlich • § 123 I Alt. 2: Widerrechtliche Drohung o Drohung = Inaussichtstellung eines künftigen Übels dessen Eintritt der Drohende vorgibt in der Hand zu haben o Widerrechtlich = liegt in 3 Fällen vor: Verfolgter Zweck rechtswidrig, Drohungsmittel unzulässig, Inadäquanz von Mittel und Zweck
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§ 116 BGB (Geheimer Vorbehalt)
I. Voraussetzungen a. Erklärung nicht ernst gemeint b. Wille des Erklärenden, dass der Empfänger den Vorbehalt nicht kennt II. Rechtsfolge a. Bei Unkenntnis des Empf. vom Vorbehalt gilt § 116 S. 1 BGB à Wirksamkeit der WE b. Bei Kenntnis des Empfängers vom Vorbehalt gilt § 116 S. 2 BGB à Nichtigkeit der WE
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§ 117 BGB (Scheingeschäft
I. Voraussetzungen a. Empfangsbedürftige WE b. Abgabe nur zum Schein c. Einverständnis des Empfängers (kollusives Zusammenwirken) II. Rechtsfolge: Nichtigkeit der WE nach § 117 I BGB hinsichtlich des simulierten Geschäfts III. Falls ein anderes Geschäft verdeckt werden soll (dissimuliertes Geschäft), gilt § 117 II BGB, wonach dieses Geschäft gültig ist, wenn dessen sonstige Voraussetzungen gegeben sind.
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§ 118 BGB (Scherzerklärung
``` I. Voraussetzungen a. Erklärung nicht ernst gemeint b. Annahme des Erklärenden, die WE werde als nicht ernstlich erkannt (keine Täuschungsabsicht) II. Rechtsfolge: Nichtigkeit der WE ```