EBV Flashcards
§ 989 BGB erfasst nur Beschädigung, Untergang, Verlust,
nicht aber den bloßen Vorenthaltungsschaden (s. § 990 II BGB)
Kein SE-Anspruch aus §§ 989, 990 BGB
Dinglicher Herausgabeanspruch aus § 985 BGB als SV i.S.v. § 280 BGB?
aa) § 280 BGB erfasst auch gesetzliche Schuldverhältnisse (Stellung im AT)
bb) Mm.: § 985 ist SV nur insoweit, als Eigentum u. Besitz zusammengeführt werden sollen.
cc) Konkurrenz zu den §§ 987 ff BGB: Erfassen nicht den Vorenthaltungs- schaden und sind diesem gegenüber auch nicht abschließend
dd) Dinglicher Herausgabegläubiger soll nicht schlechter stehen als der schuldrechtliche Gläubiger
ee) Zu beachten ist aber die Privilegierung des redlichen Besitzers
(§ 993 BGB) Haftung nur unter den Voraussetzungen von §§ 989, 990)
Der BGH hat in einer äußerst examensrelevanten Entscheidung die Anwendbarkeit der §§ 280 I, III, 281 I BGB auf den Vindikationsanspruch des § 985 BGB bejaht (Urt. v. 18.03.2016 –V ZR 89/15, NJW 2016, 3235). Damit kann fortan der Eigentümer einer Sache unter den Voraussetzzungen der §§ 280 I, III, 281 I BGB Schadensersatz statt der Herausgabe der Sache verlangen, wenn der unberechtigte, bösgläubige oder verklagte Besitzer seine Herausgabepflicht nicht erfüllt. Die Frage, ob das Leistungsstörungsrecht auf den Vindikationsanspruch anwendbar ist, hat grundlegende Bedeutung und soll nachfolgend anhand des genannten Urteils beantwortet werden.
II. Sachverhalt (leicht abgewandelt)
Getränkemarktinhaber G beteiligt sich an dem Einkaufsring der deutschen Getränkemärkte (=EKR). Der EKR hat einen Kooperationsvertrag mit der C-GmbH geschlossen. Im Zuge dieses Kooperationsvertrages erhielt die C-GmbH das Exklusivrecht, in den im EKR zusammengeschlossenen Getränkemärkten Videogeräte aufzustellen, um Werbung zur Vermarktung ihrer Produkte verbreiten zu können, wobei das Eigentum an den Videogeräten bei der C-GmbH verbleiben sollte.
Auf Basis des Kooperationsvertrags stellte die C-GmbH 15 Videogeräte im Getränkemarkt des G auf. Allerdings wurde der Kooperationsvertrag zum 31.12.2015 beendet. Daraufhin übereignete die C-GmbH die Videogeräte an den Dritten D. Dieser (D) wiederum vermiete die Videogeräte an den Mieter M. D verlangte Anfang Januar von G die Herausgabe sämtlicher Videogeräte, um sie dem M zur Erfüllung der mietvertraglichen Verpflichtung zu überlassen. G jedoch weigerte sich; die daraufhin von D gesetzte, angemessene Frist verstrich fruchtlos. Um seine mietvertragliche Verpflichtung ggü. M erfüllen zu können, erwarb D von einem Händler 15 Videogeräte zum Preis von 500 €. Anstelle der Videogeräte verlangt D nun lieber die Ersatzbeschaffungskosten in Gesamthöhe von 7.500 € ersetzt.
III. Gutachterliche Überlegungen
1. Anspruch aus §§ 989, 990 I BGB
Im relevanten Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses war D Eigentümer und G Besitzer. Die Eigentumsübertragung von der C-GmbH auf D erfolgte nach den §§ 929 S. 1, 931 BGB unter Abtretung des Herausgabeanspruchs aus dem Kooperationsvertrag, § 398 BGB, 870 BGB. Ein Besitzrecht steht G nicht zu, insbesondere besteht auch kein abgeleitetes Besitzrecht, da der Kooperationsvertrag Ende 2015 beendet wurde. Von der Bösgläubigkeit des G ist insoweit auszugehen, als dass er positive Kenntnis gemäß § 990 I 2 BGB von dem fehlenden, eigenen Besitzrecht hatte, also der Beendigung des Kooperationsvertrages.
Gleichwohl greift dieser Anspruch bei grammatikalischer Auslegung des § 990 I BGB allein für Fälle, in denen die Sache infolge eines Verschuldens des Besitzers verschlechtert wird, untergeht oder aus einem anderen Grund nicht mehr herausgegeben werden kann. Die hier vorliegende, alleinige Vorenthaltung der Videogeräte durch G stellt einen nicht genannten Schadensposten dar und ist mithin nicht ausreichend, wie sich zusätzlich aus einem systematischen Vergleich mit § 990 II BGB ergibt. Da der sog. Vorenthaltungsschaden nicht erfasst ist, scheitert ein Anspruch aus §§ 989, 990 I BGB (vgl. dazu BGH, Urt. v. 18.03.2016 –V ZR 89/15, NJW 2016, 3235, Rn. 10).
- Anspruch aus §§ 280 I, III, 281 I BGB iVm § 985 BGB
Ein Anspruch des D gegen G könnte sich jedoch aus den §§ 280 I, III, 281 I BGB ergeben. Voraussetzung dafür ist zunächst, dass die Regelungen des Leistungsstörungsrechts auf den Vindikationsanspruch des § 985 BGB anwendbar sind. Ob dies der Fall ist, wird unterschiedlich beantwortet:
Teile der Literatur gehen davon aus, die Funktion vindikatorischer und schuldrechtlicher Ansprüche sei grundverschieden, was gegen eine Anwendbarkeit streite. Herausgabeansprüche intendierten die Zusammenführung von Eigentum und Besitz, während ein Anspruch aus dem Leistungsstörungsrecht in Bezug auf § 985 BGB zu einer Verwertung der Sache führe. Außerdem gefährde die Zulassung eines Anspruchs aus den §§ 280 I, III, 281 I BGB den durch die Regeln des EBV intendierten Schutz des redlichen Besitzers (so etwa MüKo-BGB/Baldus, 6. Aufl. 2013, § 990, Rn. 83 ff.; Gursky, Jura 2004, 433 ff.).
In eine ähnliche Richtung hatte auch das Berufungsgericht argumentiert, die §§ 280 I, III, 281 I BGB führten für den Schuldner zu einer Art „Zwangskauf“ des herauszugebenden Gegenstandes (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.03.2015- 7 U 189/14, BeckRS 2016, 13525, Rn. 42).
Herrschend wird indes die Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrechts bejaht (vgl. statt aller Palandt/Bassenge, 76. Aufl. 2017, § 985, Rn. 14). Innerhalb dieser vorzugswürdigen Sichtweise werden die §§ 280 I, III, 281 I BGB auf § 985 BGB teilweise direkt, teilweise aber auch mit Blick darauf, dass ein Vindikationsanspruch nach § 985 BGB kein Schuldverhältnis im Sinne des § 241 II BGB darstellt und die Verweisungsnorm des § 990 II BGB den § 281 I BGB nicht erfasst, analog angewandt.
Um den Bedenken der erstgenannten Auffassung, die eine Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrecht auf den Vindikationsanspruch aus § 985 BGB ablehnt, zu begegnen, wird innerhalb der herrschenden Meinung jedoch überwiegend (a. A. Brehm/Berger, Sachenrecht, 3. Aufl. 2014, § 7, Rn. 70) eine Einschränkung dahingehend vorgenommen, dass die Wertungen des EBV nicht leerlaufen dürfen. Folglich kann – wie es der Rechtsgedanke des § 990 II BGB nahelegt – allein gegen den verschärft haftenden Besitzer vorgegangen werden. Dieser überzeugenden Auffassung hat sich der BGH mit der oben genannten Entscheidung angeschlossen. Der BGH argumentiert dabei wie folgt:
Zum einen sei das Argument des „Zwangskaufes“ nicht tragfähig. Der Schuldner werde nicht zum Erwerb des herauszugebenden Gegenstandes gezwungen. Es bliebe ihm unbenommen, die Sache innerhalb der ihm gesetzten, angemessenen Frist herauszugeben. Zum anderen bestehe ein praktisches Bedürfnis, bei der Durchsetzung von Herausgabeansprüchen auf das Leistungsstörungsrecht zurückgreifen zu können. Der dingliche Gläubiger müsse seine Rechte effektiv verfolgen können. Anderenfalls ergebe sich auch ein Wertungswiderspruch, es sei nicht ersichtlich, warum der dingliche Gläubiger schlechter stehen solle als der schuldrechtliche. Überdies sei es nicht unüblich, die Regeln des Leistungsstörungsrechts auf dingliche Ansprüche zu erstrecken, wie bereits § 990 II BGB zeige und erst jüngst vom BGH für die Anwendbarkeit des § 888 BGB auf die §§ 280 I, II, 286 BGB entschieden wurde (BGH, Urt. v. 04.12.2015 – V ZR 202/14, NJW 2016, 2104; insoweit in Aufgabe der früheren Rechtsprechung, wonach § 888 BGB für den Vormerkungsberechtigten nur eine Art „Hilfsanspruch“ darstellen sollte, BGH, Urt. v. 19.01.1968 – V ZR 190/64, NJW 1986, 788).
Ferner beschäftigt sich der BGH mit der historischen Auslegung des § 281 I BGB. Auf § 283 I BGB a.F. hatte der BGH mit der herrschenden Literatur nämlich § 985 BGB angewandt. Es sei – vor allem unter Zuhilfenahme der Motive – nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, das u.a. Abstand von der früheren Ablehnungsandrohnung nahm, etwas an der Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrechts auf § 985 BGB ändern wollte.
Damit ist mit dem BGH von einer Anwendbarkeit der §§ 280 I, III, 281 I BGB auszugehen, wobei an den weiteren Voraussetzungen des Anspruchs keine Bedenken bestehen.
D kann folglich von G Zahlung in Höhe von 7.500 € als Schadensersatz statt der Herausgabe der Videogeräte verlangen, §§ 280 I, III, 281 I BGB iVm § 985 BGB. Wegen des ab jetzt gemäß § 281 IV BGB ausgeschlossenen Primäranspruchs auf Herausgabe ist D, der nun seinen gesamten Schaden ersetzt erhält, zur Vermeidung einer doppelten Begünstigung verpflichtet, dem G die bereits in dessen Besitz befindlichen Videogeräte brevi manu nach § 929 S. 2 BGB zu übereignen, was aus § 255 BGB analog hergeleitet wird (s. dazu BGH, Urt. v. 18.03.2016 –V ZR 89/15, NJW 2016, 3235, Rn. 21). - Anspruch aus §§ 990 II, 280 I, II, 286, 985 BGB
§ 990 II BGB erklärt die Vorschriften der §§ 280 I, II, 286 BGB für den Herausgabeanspruch des § 985 BGB für anwendbar. Die Anwendbarkeit der Verzugshaftung ermöglicht eine Haftungsverschärfung für den unredlichen, bösgläubigen oder verklagten Besitzer. Damit wird die durch §§ 989, 990 I BGB gerissene Lücke bzgl. der Ersatzfähigkeit des Vorenthaltungsschadens im EBV geschlossen (MüKo-BGB/Baldus, 6. Aufl. 2013, § 990, Rn. 34).
Auch wenn die Voraussetzungen des Verzugsschadens vorliegend gegeben sind, entspricht die Zielsetzung des Anspruchs nicht dem Begehren des D. Im Kern geht es bei dem Schadensersatz statt und neben der Vindikation um ein ähnliches Problem wie bei der Abgrenzung von Schadensersatz statt und neben der (schuldrechtlichen) Leistung.
D hat von seinem Herausgabeverlangen Abstand genommen und verlangt nun seinen Gesamtschaden ersetzt. Über den Verzugsschaden erhielte er aber neben seinem fortbestehenden Herausgabeanspruch allein die entgangene Miete ersetzt, nicht die Kosten der Ersatzbeschaffung in Höhe von 7.500 €. Damit besteht der Anspruch zwar grundsätzlich, er würde aber nur einen Teil des Schadenspostens abdecken (s. näher BGH, Urt. v. 18.03.2016 –V ZR 89/15, NJW 2016, 3235, Rn. 39), weshalb für die Anwendbarkeit der §§ 280 I, III, 281 I BGB auf den Vindikationsanspruch nach § 985 BGB ein praktisches Bedürfnis besteht (s. dazu ausführlich unter 2.).
IV. Fazit
Der BGH klärt mit der oben genannten Entscheidung ein heftig umstrittenes Problem im Verhältnis von Leistungsstörungsrecht und Vindikationsanspruch aus § 985 BGB – und das erst 14 Jahre nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes. Dennoch ist nicht damit zu rechnen, dass die Literaturmeinung, die prinzipiell eine Anwendbarkeit negiert, von ihrer Ansicht abrückt (so prognostiziert es etwa Riehm, Jus 2016, 1024). Die Streitfrage bleibt damit weiterhin ein beliebtes Examensproblem, das durch die aktuelle BGH-Entscheidung an Aktualität gewonnen hat.
Kooperationsvertrag, § 398 BGB, 870 BGB
D kann folglich von G Zahlung in Höhe von 7.500 € als Schadensersatz statt der Herausgabe der Videogeräte verlangen, §§ 280 I, III, 281 I BGB iVm § 985 BGB. Wegen des ab jetzt gemäß § 281 IV BGB ausgeschlossenen Primäranspruchs auf Herausgabe ist D, der nun seinen gesamten Schaden ersetzt erhält, zur Vermeidung einer doppelten Begünstigung verpflichtet, dem G die bereits in dessen Besitz befindlichen Videogeräte brevi manu nach § 929 S. 2 BGB zu übereignen, was aus § 255 BGB analog hergeleitet wird (s. dazu BGH, Urt. v. 18.03.2016 –V ZR 89/15, NJW 2016, 3235, Rn. 21).
Teile der Literatur gehen davon aus, die Funktion vindikatorischer und schuldrechtlicher Ansprüche sei grundverschieden, was gegen eine Anwendbarkeit streite. Herausgabeansprüche intendierten die Zusammenführung von Eigentum und Besitz, während ein Anspruch aus dem Leistungsstörungsrecht in Bezug auf § 985 BGB zu einer Verwertung der Sache führe. Außerdem gefährde die Zulassung eines Anspruchs aus den §§ 280 I, III, 281 I BGB den durch die Regeln des EBV intendierten Schutz des redlichen Besitzers (so etwa MüKo-BGB/Baldus, 6. Aufl. 2013, § 990, Rn. 83 ff.; Gursky, Jura 2004, 433 ff.).
In eine ähnliche Richtung hatte auch das Berufungsgericht argumentiert, die §§ 280 I, III, 281 I BGB führten für den Schuldner zu einer Art „Zwangskauf“ des herauszugebenden Gegenstandes (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.03.2015- 7 U 189/14, BeckRS 2016, 13525, Rn. 42).
Herrschend wird indes die Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrechts bejaht (vgl. statt aller Palandt/Bassenge, 76. Aufl. 2017, § 985, Rn. 14). Innerhalb dieser vorzugswürdigen Sichtweise werden die §§ 280 I, III, 281 I BGB auf § 985 BGB teilweise direkt, teilweise aber auch mit Blick darauf, dass ein Vindikationsanspruch nach § 985 BGB kein Schuldverhältnis im Sinne des § 241 II BGB darstellt und die Verweisungsnorm des § 990 II BGB den § 281 I BGB nicht erfasst, analog angewandt.
Um den Bedenken der erstgenannten Auffassung, die eine Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrecht auf den Vindikationsanspruch aus § 985 BGB ablehnt, zu begegnen, wird innerhalb der herrschenden Meinung jedoch überwiegend (a. A. Brehm/Berger, Sachenrecht, 3. Aufl. 2014, § 7, Rn. 70) eine Einschränkung dahingehend vorgenommen, dass die Wertungen des EBV nicht leerlaufen dürfen. Folglich kann – wie es der Rechtsgedanke des § 990 II BGB nahelegt – allein gegen den verschärft haftenden Besitzer vorgegangen werden. Dieser überzeugenden Auffassung hat sich der BGH mit der oben genannten Entscheidung angeschlossen. Der BGH argumentiert dabei wie folgt:
Zum einen sei das Argument des „Zwangskaufes“ nicht tragfähig. Der Schuldner werde nicht zum Erwerb des herauszugebenden Gegenstandes gezwungen. Es bliebe ihm unbenommen, die Sache innerhalb der ihm gesetzten, angemessenen Frist herauszugeben. Zum anderen bestehe ein praktisches Bedürfnis, bei der Durchsetzung von Herausgabeansprüchen auf das Leistungsstörungsrecht zurückgreifen zu können. Der dingliche Gläubiger müsse seine Rechte effektiv verfolgen können. Anderenfalls ergebe sich auch ein Wertungswiderspruch, es sei nicht ersichtlich, warum der dingliche Gläubiger schlechter stehen solle als der schuldrechtliche. Überdies sei es nicht unüblich, die Regeln des Leistungsstörungsrechts auf dingliche Ansprüche zu erstrecken, wie bereits § 990 II BGB zeige und erst jüngst vom BGH für die Anwendbarkeit des § 888 BGB auf die §§ 280 I, II, 286 BGB entschieden wurde (BGH, Urt. v. 04.12.2015 – V ZR 202/14, NJW 2016, 2104; insoweit in Aufgabe der früheren Rechtsprechung, wonach § 888 BGB für den Vormerkungsberechtigten nur eine Art „Hilfsanspruch“ darstellen sollte, BGH, Urt. v. 19.01.1968 – V ZR 190/64, NJW 1986, 788).
Ferner beschäftigt sich der BGH mit der historischen Auslegung des § 281 I BGB. Auf § 283 I BGB a.F. hatte der BGH mit der herrschenden Literatur nämlich § 985 BGB angewandt. Es sei – vor allem unter Zuhilfenahme der Motive – nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, das u.a. Abstand von der früheren Ablehnungsandrohnung nahm, etwas an der Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrechts auf § 985 BGB ändern wollte.
Damit ist mit dem BGH von einer Anwendbarkeit der §§ 280 I, III, 281 I BGB auszugehen, wobei an den weiteren Voraussetzungen des Anspruchs keine Bedenken bestehen.
D kann folglich von G Zahlung in Höhe von 7.500 € als Schadensersatz statt der Herausgabe der Videogeräte verlangen, §§ 280 I, III, 281 I BGB iVm § 985 BGB. Wegen des ab jetzt gemäß § 281 IV BGB ausgeschlossenen Primäranspruchs auf Herausgabe ist D, der nun seinen gesamten Schaden ersetzt erhält, zur Vermeidung einer doppelten Begünstigung verpflichtet, dem G die bereits in dessen Besitz befindlichen Videogeräte brevi manu nach § 929 S. 2 BGB zu übereignen, was aus § 255 BGB analog hergeleitet wird (s. dazu BGH, Urt. v. 18.03.2016 –V ZR 89/15, NJW 2016, 3235, Rn. 21).
- Anspruch aus §§ 990 II, 280 I, II, 286, 985 BGB
§ 990 II BGB erklärt die Vorschriften der §§ 280 I, II, 286 BGB für den Herausgabeanspruch des § 985 BGB für anwendbar. Die Anwendbarkeit der Verzugshaftung ermöglicht eine Haftungsverschärfung für den unredlichen, bösgläubigen oder verklagten Besitzer. Damit wird die durch §§ 989, 990 I BGB gerissene Lücke bzgl. der Ersatzfähigkeit des Vorenthaltungsschadens im EBV geschlossen
lll
BGH NJW 2016, 2104 (für BGHZ vorgesehen):
Ist der vormerkungswidrig Eingetragene mit der Erfüllung des Zustimmungsanspruchs nach § 888 Abs. 1 BGB in Verzug, haftet er gemäß § 280 Abs. 1 u. 2, § 286 BGB und gemäß § 288 BGB auf Ersatz des Verzögerungsschadens
BGH NJW 2016, 2104 (für BGHZ vorgesehen):
Ist der vormerkungswidrig Eingetragene mit der Erfüllung des Zustimmungsanspruchs nach § 888 Abs. 1 BGB in Verzug, haftet er gemäß § 280 Abs. 1 u. 2, § 286 BGB und gemäß § 288 BGB auf Ersatz des Verzögerungsschadens
Bsp.: Mieter M beschädigt während des Mitverhält- nisses die Mietsache, gibt diese nach Ablauf des Mietverhältnisses nicht zurück kein Anspruch aus ss 989, 990, sondern ss 280 l, 241 ll BGB und S 823 I BGB Bsp.: Kein Anspruch gegen den Mieter auf Herausgabe des Erlöses aus unberechtigter Untervermietung aus 990, 987 I BGB Anders aber nach Beendigung des Mietverhältnisses (BGH NJW-RR 2009, 1522 Rn. 30
Nicht-So-berechtigter Besitzer
kein Bedürfnis für die Anwendung des EBV, da die vertraglichen und gesetzliche Haftungsnormen ausreichen (§§ 280, 823 BGB)
Überschreitung des Besitzrechts durch eigentlich berechtigten Besitzer Bsp: unberechtigte Untervermietung e.A: EBV anwendbar (§§ 987 ff. BGB) h.M: EBV nicht anwendbar
Nicht-mehr-berechtigter Besitzer
keine Vindikationslage zum maßgeblichen Zeitpunkt Besitzer hatte Recht zum Besitz, hat es jedoch später wieder verloren Bsp: Kauf eines Computers unter Eigentumsvorbehalt, Beschädigung des Computers, dann Rücktritt von Vertrag BGH: Anwendung des EBV (§§ 987 ff. BGB) Billigkeitsrechtsprechung nur für 3-Personen-Verhältnisse a.A. Literatur: keine Anwendung des EBV
Nicht-So-berechtigter Besitzer
kein Bedürfnis für die Anwendung des EBV, da die vertraglichen und gesetzliche Haftungsnormen ausreichen (§§ 280, 823 BGB)
Überschreitung des Besitzrechts durch eigentlich berechtigten Besitzer Bsp: unberechtigte Untervermietung e.A: EBV anwendbar (§§ 987 ff. BGB) h.M: EBV nicht anwendbar
Zusendung unbestellter Waren
§ 241a BGB anwendbar, idR. kein Besitzrecht
BGH:
• kein Besitzrecht, EBV anwendbar
• Privileg des § 300 BGB
a.A:
• keine Anwendbarkeit des EBV (§§ 987 ff. BGB)
• EBV erst bei Verweigerung der Herausgabe anwendbar
Aufschwingen vom Fremd- zum Eigenbesitzer
Bsp: unberechtigte Veräußerung geliehener Sachen
h.L.: keine Anwendung des EBV
• Verletzung des Besitzmittlungsverhältnisses verletzt nicht das Recht zum Besitz
• Vergleichbarkeit mit Fällen des nicht-so-berechtigten Besitzers
Bereicherungsausgleich beim Eigentumserwerb nach § 950 BGB, “Vorrang” der Leistungskondiktion und Wertung des § 935 BGB (“Jungbullenfall”)
Wer eine gestohlene Sache gutgläubig kauft und sie so verarbeitet, daß er gemäß § 950 BGB Eigentümer der neuen Sache wird, schuldet dem Eigentümer der gestohlenen Sache eine Vergütung in Geld gemäß § 951 Abs. 1 Satz 1, ohne den an den Dieb gezahlten Kaufpreis anrechnen zu dürfen.
Sachverhalt:
Ein Dieb stahl dem klagenden Landwirt 2 Jungbullen und verkaufte sie für 1701 DM an den gutgläubigen Beklagten. Dieser verwertete die Tiere in seiner Fleischwarenfabrik. Die Vorinstanzen haben den Beklagten antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 1701 DM Wertersatz zu zahlen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte Klageabweisung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Aus den Gründen:
- Der Beklagte konnte nach § 935 Abs. 1 BGB vom Dieb kein Eigentum erwerben. Der Kläger blieb deshalb Eigentümer der Tiere, als sie in den Besitz des Beklagten überwechselten. Dieser wurde gemäß § 950 BGB erst Eigentümer, als er nach Schlachtung der Tiere das Fleisch in seinem Betrieb verarbeiten ließ. Hierüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.
Der Kläger hat mithin das Eigentum an den Tieren »infolge der Vorschrift« des § 950 BGB eingebüßt. Nach § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB kann er deshalb »Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen«. Die Verweisung auf die Bereicherungsvorschriften in dieser Bestimmung gilt nach feststehender Rechtsprechung (BGHZ 17,236; 35,356,359 f; 40,272,276) nicht nur für den Umfang, sondern auch für den Grund des Anspruchs (Rechtsgrundverweisung). Der Kläger hat deshalb einen Anspruch aus dieser Bestimmung gegen den Beklagten nur, wenn auch die allgemeinen Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs vorliegen, insbesondere also der Beklagte das Eigentum an dem Fleisch im Verhältnis zum Kläger ohne rechtfertigenden Grund erlangt hat. Das ist zu bejahen. - Ein Grund, der es rechtfertigen könnte, daß der Beklagte das auf Grund des § 950 BGB erworbene Eigentum behalten dürfte, ohne einen Ausgleich an den Kläger zu zahlen (rechtfertigender Grund), kann insbesondere nicht in dem Vertrag mit dem Dieb gefunden werden. Die §§ 932 ff BGB regeln abschließend den Interessenkonflikt, der entsteht, wenn ein Nichtberechtigter im eigenen Namen eine fremde Sache an einen Dritten veräußert, und zwar zugunsten des Dritten für den Fall, daß die Sache dem Eigentümer nicht abhanden gekommen und der Dritte nicht bösgläubig ist. In diesem Fall wird der Dritte gemäß §§ 932 ff BGB Eigentümer und er darf das Eigentum behalten, ohne dem früheren Eigentümer ausgleichungspflichtig zu sein. Der Vertrag des Nichtberechtigten mit dem Dritten ist in diesem Fall der die Vermögensverschiebung rechtfertigende Grund. In allen anderen Fällen aber, so auch in dem hier gegebenen, daß die Sache dem Eigentümer abhanden gekommen ist, löst das Gesetz den Interessenkonflikt zugunsten des Eigentümers. Er behält das Eigentum und damit den Anspruch auf Herausgabe aus § 985 BGB gegen den Dritten als Besitzer. Wird dieser später infolge der Vorschriften der §§ 946 bis 948,950 BGB Eigentümer, so wird dieser Eigentumserwerb nicht durch das Veräußerungsgeschäft, das der Nichtberechtigte mit dem Dritten geschlossen hat, gerechtfertigt. Der Eigentumserwerb des Dritten beruht nicht auf diesem Veräußerungsgeschäft, dem im Gegenteil § 935 BGB jede Rechtswirksamkeit abspricht, sondern allein auf den §§ 946 ff BGB. Diese Bestimmungen geben aber für sich allein keinen rechtfertigenden Grund für die Vermögensverschiebung ab, wie aus § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB zu entnehmen ist.
- Ein Anspruch aus § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB wird nicht durch die Sonderregelung der §§ 987-993 BGB (vgl. § 993 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB) ausgeschlossen. Zwar war bis zur Verarbeitung durch den Beklagten der Kläger Eigentümer und der Beklagte (nichtberechtigter) Besitzer der Tiere. Die Verarbeitung durch den Beklagten hatte zur Folge, daß dieser die Tiere nicht mehr herausgeben konnte. Hierfür würde der Beklagte dem Kläger auf Schadensersatz nur unter den Voraussetzungen der §§ 989,990 BGB (Rechtshängigkeit, Bösgläubigkeit) haften (§ 993 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB), die hier unstreitig nicht gegeben sind. Das steht jedoch einem Anspruch aus § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegen, der kein Schadensersatzanspruch, sondern ein Bereicherungsanspruch ist.
DIE ABSCHLUSSFUNKTION DES EBV
am 12.09.2017 von Katja Wolfslast in Sachenrecht, Zivilrecht
Die Konkurrenzproblematik innerhalb des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (EBV) – besser bekannt als die „Abschlussfunktion“ oder die „Sperrwirkung des EBV“ – ist eine gerne gestellte Hürde in juristischen Klausuren und gerade auch im Examen.
Um in solchen Konstellationen den Überblick zu bewahren ist es wichtig, eine systematische Prüfungsreihenfolge einzuhalten und die Idee innerhalb dieser Abschlussfunktion zu verstehen.
Im Folgenden wird erklärt, was die Abschlussfunktion genau besagt, wie diese sinnvoll in eine Klausur eingebettet wird und welche Ausnahmen existieren.
I. DIE ABSCHLUSSFUNKTION BZW. SPERRWIRKUNG DES EBV
Die Vorschriften des EBV regeln Ansprüche zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer grundsätzlich abschließend. Dies bedeutet, dass neben den Ansprüchen aus dem EBV Bereicherungs– und Deliktsansprüche oder GoA nicht geprüft werden dürfen; diese sind bei Vorliegen eines EBV „gesperrt„.
Beachtet werden sollte an dieser Stelle, dass der Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB von der Abschlussfunktion nicht erfasst wird. Neben § 985 BGB dürfen also Bereicherungs- und Deliktsansprüche sowie GoA geprüft werden. Die Abschlussfunktion beginnt erst ab § 987 BGB.
ACHTUNG: Für die Abschlussfunktion reicht es aus, dass ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vorliegt. Ein Anspruch muss nicht zwingend gegeben sein.
Sieht man sich die Ansprüche innerhalb des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses an, so fällt sehr schnell auf, dass der unverklagte – sprich redliche – Besitzer sehr privilegiert haftet. Hierin besteht auch der Sinn der Abschlussfunktion. Der Gesetzgeber wollte für den redlichen Besitzer eine privilegierte Haftung kreieren, welche durch andere Ansprüche nicht umgangen werden kann. Der unverklagte Besitzer wird somit als schutzwürdig angesehen und soll nicht durch Bereicherung, Delikt oder GoA stärker haftend herangezogen werden.
Allerdings gilt diese privilegierte Haftung grundsätzlich auch für den bösgläubigen Besitzer. Ausnahmen hierzu werden weiter unten erläutert.
Aus dem eben Gesagten geht also hervor, dass das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines EBV eine große Bedeutung für den weiteren Klausurverlauf hat. Bejaht man in der Klausur ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, so ist die Prüfung von GoA, Delikt und Bereicherung ausgeschlossen. Demzufolge sollten entsprechende Ansprüche des EBV vor den eben genannten Ansprüchen geprüft werden. Die Prüfung von GoA, Delikt und Bereicherungsrecht erübrigt sich dann.
Somit ergibt sich folgende logische Prüfungsreihenfolge in der Klausur:
– Ansprüche aus Vertrag
– Culpa in Contrahendo
– EBV
– GoA
– Delikt
– Bereicherung
Beispiel: E gibt bei dem Uhrmacher B seine Taschenuhr für eine Reparatur ab. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass E geschäftsunfähig und der Werkvertrag damit nichtig ist. Hier könnte man nun GoA prüfen, da eine Reparatur der Uhr im Sinne des E wäre. Dies ist hier jedoch falsch, da ein EBV mit Abschlussfunktion vorliegt und die notwendigen Verwendungen seitens des B gegen E gemäß § 994 BGB verlangt werden können.
Folgt man der oben aufgeführten Reihenfolge, kommt man gar nicht erst in die Verlegenheit GoA vor dem EBV zu prüfen und damit eine Abschlussfunktion zu übersehen.
II. AUSNAHMEN
Wäre die Abschlussfunktion des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses endgültig, bestünde gar keine große Schwierigkeit. Es existieren aber Ausnahmen von der Abschlussfunktion, welche unbedingt beherrscht werden müssen, da sie den Verlauf der Klausur wesentlich beeinflussen (s.o.).
- FREMDBESITZEREXZESS
Der Fremdbesitzerexzess ist die Überschreitung des – tatsächlichen oder vermeintlichen – Besitzrechts des Fremdbesitzers.
Beispiel: B mietet von E ein Boot um den Rhein entlang zu fahren. E ist unerkannt geisteskrank und B fährt fahrlässiger Weise mit dem Boot auf Grund, weshalb dieses einen Riss am Rumpf erleidet und sinkt. E möchte nun wissen, ob er den entstandenen Schaden von B ersetzt verlangen kann.
Folgt man nun der oben aufgeführten Prüfungsreihenfolge in der Klausur, fällt zunächst auf, dass vertragliche Ansprüche ausscheiden (der Vertrag ist aufgrund der Geisteskrankheit des E unwirksam!).
Eine Vindikationslage (also ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis) ist aber gegeben. Während des schädigenden Ereignisses war E Eigentümer des Bootes und B Besitzer.
Hier käme also ein Anspruch gemäß §§ 990, 989 BGB in Frage. § 990 BGB fordert indes die Bösgläubigkeit des Besitzers, wohingegen E unerkannt geisteskrank war und somit in gutem Glauben handelte.
Im Ergebnis liegt damit zwar ein EBV vor, ein Anspruch nach §§ 989, 990 BGB scheidet aber mangels Bösgläubigkeit des B aus. Griffe jetzt auch noch die Abschlussfunktion des EBV, so wären weitere Ansprüche nicht mehr zu prüfen und E ginge leer aus.
Dies erscheint jedoch unbillig. Hier entsteht nämlich die Situation, dass der rechtmäßige Besitzer (bei Vorliegen eines wirksamen Vertrags zwischen E und B) schlechter gestellt ist (B müsste E wegen Verletzung (neben-)vertraglicher Pflichten auf Schadensersatz haften) als der nichtberechtigte Besitzer.
Um hier eine interessengerechte Lösung zu finden, lässt die herrschende Meinung in solchen Fällen eine Durchbrechung der Abschlussfunktion zu und bejaht eine Haftung des B zumindest nach Delikt (§ 823 BGB). Begründet wird dies mit einer ungeschriebenen Ausnahme der Sperrwirkung gemäß § 993 I 2. HS BGB. § 993 I 2. HS BGB wird demnach teleologisch reduziert und eine Anwendung des § 823 BGB zugelassen.
Eine andere Meinung löst diesen Fall über § 991 II BGB analog. § 991 II BGB ist die gesetzliche Regelung des Fremdbesitzerexzesses (allerdings für das 3-Personen-Verhältnis, deswegen „analog“). Diese Meinung vertritt die Ansicht, dass der Gesetzgeber durch die gesetzliche Regelung des Fremdbesitzerexzesses im 3-Personen-Verhältnis seine allgemeine Einstellung zum Fremdbesitzerexzess zum Ausdruck bringt und die Norm deshalb auch auf das 2-Personen-Verhältnis anwendbar ist. Hiernach stünde E ein direkter Schadensersatzanspruch gegen B zu.
Es empfiehlt sich hier aber der herrschenden Meinung zu folgen, da § 991 BGB eindeutig für das 3-Personen-Verhältnis geschaffen wurde. Eine analoge Anwendung scheint hier nicht gewollt oder erforderlich.
- RECHTSFORTWIRKUNGSANSPRÜCHE
Der Begriff der Rechtsfortwirkungsansprüche ergibt sich daher, dass man davon ausgeht, dass der ursprüngliche Herausgabeanspruch des Eigentümers fortwirkt.
Beispiel: D klaut seinem Nachbarn E hochwertige Holzkohle und verkauft diese für einen guten Preis weiter an den gutgläubigen B. B veranstaltet noch am selben Abend eine nette Grillparty und verbraucht dabei die gesamte Holzkohle. E fragt sich, welche Ansprüche er gegen B hat.
E war Eigentümer der Holzkohle. Denn auch wenn B gutgläubig war, konnte er kein Eigentum an der Holzkohle erlangen (die Holzkohle wurde ja von D gestohlen; siehe § 935 BGB). Auch war B Besitzer der Sache. Demnach hätte E eigentlich einen Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB gegen B gehabt. Hier stellt sich jedoch das Problem, dass die Holzkohle nicht mehr da ist (B hat diese ja während der Grillparty komplett aufgebraucht). Auch ein Anspruch des E gemäß §§ 989, 990 BGB scheidet aus – B ist gutgläubig!
Aus dieser Situation ergibt sich der Rechtsfortwirkungsgedanke. Man geht in diesen Fällen davon aus, dass sich der Anspruch des E gemäß § 985 BGB fortsetzt. Von einer solchen Fortsetzung spricht man, wenn Eingriffe in die Sachsubstanz selbst bestehen (beispielsweise Verarbeitung, Verbrauch und Veräußerung). In diesen Fällen wird also die Abschlussfunktion des EBV mit dem Argument durchbrochen, dass das EBV für Eingriffe in die Sachsubstanz selbst keine Regelungen bereit hält.
Begründet werden auch diese Fälle mit § 993 I BGB. Diese Vorschrift regelt die Haftung des redlichen Besitzers bezüglich Übermaßfrüchten. Diese sind vom redlichen Besitzer zu ersetzen, da sie als Eingriff in die Substanz der Sache gewertet werden (vom Besitzer wird ein „Übermaß“ an Früchten gezogen, das nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft gerade nicht mehr als Ertrag der Sache angesehen werden kann; häufiges Beispiel ist hier der Kahlschlag eines Waldes) und auch der redliche Besitzer grundsätzlich die Sachsubstanz an den Eigentümer herausgeben muss. Soweit nun das Ziehen von Übermaßfrüchten durch den redlichen Besitzer als Eingriff in die Sachsubstanz zu ersetzen ist, muss erst recht ein Eingriff in die Sachsubstanz durch Verbrauch der Sache zu ersetzen sein.
Im vorliegenden Fall wäre also § 812 I S. 1 Alt. 2 BGB anwendbar, denn in die Sachsubstanz der Kohle selbst wurde eingegriffen.
MERKE: Eingriffe in die Sachsubstanz selbst sind von der Abschlussfunktion des EBV nicht erfasst (Verarbeitung, Verbrauch, Veräußerung).
Ein Klassiker dieser Fallkonstellation ist übrigens der Jungbullenfall (BGH, NJW 1971, 612)!
- ANGEMASSTE EIGENGESCHÄFTSFÜHRUNG
Die angemaßte Eigengeschäftsführung gemäß §§ 687 II, 681 S.2, 667; 687 II, 678 BGB sowie § 826 BGB sind nach einhelliger und ganz herrschender Meinung auch neben dem EBV anwendbar. Begründet wird dies damit, dass der Arglistige nicht schutzwürdig ist und wie oben erläutert dient die Abschlussfunktion des EBV der Schutzwürdigkeit.
Ansprüche des Eigentümers
Gegen redlichen unverklagten Besitzer
Herausgabe der sog. „Übermaßfrüchte“ aus Bereicherungsrecht (§ 993 I 1 BGB) Herausgabe von Nutzungen nur bei unentgeltlichem Besitz (§ 988 BGB) nach §
818 BGB
BGH: Gleichstellung mit rechtsgrundlosem Besitz § 988 BGB analog
Im Übrigen keine Ansprüche auf Schadensersatz oder Nutzungsersatz Sperrwirkung des § 993 I Hs. 2 BGB
Ausnahme im „Fremdbesitzerexzess“ (Fremdbesitzer überschreitet das von ihm angenommene Besitzrecht) Haftung aus Deliktsrecht
Mehrstufiger Besitz (§ 991 II BGB)
Ansprüche, die weder Schadens- noch Nutzungsersatz sind, bleiben aber
möglich, insbesondere
Veräußerung einer Sache Anspruch aus § 816 I 1 BGB
Verbrauch/Verarbeitung einer Sache Anspruch aus §§ 950, 951, 812 I S. 1 Alt. 2 BGB
1) K erwirbt eine dem E gestohlene Sache und verleiht nis diese an D
Anspruch E/D auf Nutzungsersatz Mietwert aus SS 988, 818 BGB
2) Bsp.: K erwirbt eine dem E gestohlene Sache und Verkauft u. übereignet die Sache an D. Dieser nutzt die Sache und beschädigt sie.
Kein Anspruch des E gegen D wg. S 993 I Hs. 2 BGB
3) Bsp.: K erwirbt eine dem E gestohlene Sache und verkauft u. übereignet die Sache an D. E genehmigt die Übereignung.
Anspruch des E gegen K aus S 816 l 1 BGB
4) Bsp.: K erwirbt eine dem E gestohlene Sache und verarbeitet sie
Anspruch des E gegen K aus SS 951, 812 l 1 Alt. BGB
5) Bsp.: K erwirbt eine dem E gestohlene Sache und V vermietet die Sache an D, der sie beschädigt v-+
Anspruch aus 823 l BGB, Sperrwirkung von s 993 l wird teleologisch reduziert, weil D auch bei Existenz des von ihm angenommenen Besitzrechts gehaftet hätte daher kein Grund für eine Privilegierung
Zurechnung von Hilfspersonen/Minderjährige: Besitzdiener bei Besitzerwerb
166 BGB analog, wenn vertreterähnliche Stellung, sonst s 831 BGB wg. ,,Deliktsähnlichkeit” Minderjährige: s 828 BGB analog; Bösgläubigkeit des ges. Vertreters ist zuzurechnen, wenn dieser den Besitz für den Mdj. erwirbt
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