Mitspieler in der institutionellen Architektur der Europäischen Union Flashcards
1 Eckpunkte — Vielzahl und Vielfalt relevanter Akteursgruppen: Von der Zivilgesellschaft bis zu den Agenturen
Kreis der politisch relevanten Gruppen der Zivilgesellschaft, Parteien, Verbände und Interessengruppen wird angesichts der beobachtbaren Phänomene im EU-System bewusst weit gezogen
Vertreter eines breiten Spektrums an Mitspielern beteiligten sich in einer Vielzahl von Politikfeldern and der Vorbereitung, Verabschiedung, Durchführung und Kontrolle von verbindlichen Rechtsakten:
-Aktivitätsprofil dieser Akteursgruppen zeigen erhebliche Variationen an (in-)formale Einflussnahme mit starken und schwachen Formen der Beteiligung an der Politikgestaltung
Vertrag formuliert, „offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog“
zum Untersuchungsfeld der politischen Architektur gehören:
-vertraglich verankert „beratenden Ausschüsse“ (WSA und AdR)
-Europäische Parteien
-Regionen
-Kommunen
-Unterschiedliche Typen von Agenturen
-Wirtschaftliche Interessengruppen (Verbände, Kammern, Gewerkschaften)
-gemeinnützige Interessenvertretung (NGOs)
-Medien, Presseagenturen, Medienvertretung
-Kirchen und Religionsgemeinschaften
-Bürgerinitiativen oder Bürgerbegehren
-Thinktanks und Einrichtung der Politikberatung
-Delegationen
-Bürger(-innen), die durch öffentliche Meinung direkt oder indirekt auf dem politischen Entscheidungen wirken
EU-Organe selbst suchen Kontakte zu einer Vielzahl dieser Akteure, um Informationen zu gewinnen und eigene Positionen zu stärken:
-erhebliche Zunahme an Verfahren, mit denen sich diese formell oder informell am Politikzyklus beteiligen
Frage der Wirkung dieser Akteursgruppierungen auf die Entwicklung der EU:
- Formen der Beteiligung von Parteien und Medien sowie von Gruppierungen der Zivilgesellschaft vergleichbar mit denen auf nationaler Ebene?
- Wie „stark“ oder „schwach“ sind sie?
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Dokument 1, Dialog der Unionsorgane
Art. 11 EUV
(1) Die Organe geben den Bürgerinnen und Bürgen und den repräsentativen Verbänden in geeigneter Weise die Möglichkeit, ihre Ansichten in allen Bereichen des Handelns der Union öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen.
(2) Die Organe pflegen einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbände und der Zivilgesellschaft.
(3) Um die Kohärenz und die Transparenz des Handelns der Union zu gewährleisten, führt die Europäische Kommission umfangreiche Anhörungen der Betroffenen durch.
2 Zahl und Beteiligung von Akteuren der Zivilgesellschaft
2.1 Wachstum und Differenzierung der Akteurslandschaft: Horizontaler und vertikaler Pluralismus
grobe Übersicht über die Zahl und Herkunft von Organisationen, die sich als „europäisch“verstehen und in Brüssel angesiedelt haben:
-lässt auf ein zunehmendes Interesse einer beträchtlichen Vielfalt von Akteure schließen (die ein dauerhaften Zugang zu den EU-Institutionen)
Daten aus horizontalem Pluralismus:
-Vertretungen der Akteursgruppen sind nicht auf wenige Sektoren begrenzt,
-decken weite Bereiche öffentlicher Politik ab
-innerhalb einzelner Themengebiete gibt es keine eindeutige hierarschische Struktur
—eher ein vertikaler Pluralismus festzustellen — Repräsentanten aus mehreren Ebenen gleichzeitig um die Aufmerksamkeit von Akteuren in den Institutionen sich bemühen
Traditionelle Interessengruppen (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen) haben sich bereits früh in Brüssel engagiert Sozialorganisationen, Kirchen und NGOs widmen dem Brüsseler Geschehen zunehmend Aufmerksamkeit
Dachverbände („Europäische Gewerkschaftsbund“ [EGB], „Bussinesseurope und Agrarlobby [COPA]):
- haben nationale Verbände
- eigene Büros in Brüssel, teilweise besser personell ausgestattet
- zusätzliche Formen der Politikbeeinflussung durch, Zahl an Beratungsfirmen, Anwaltskanzleien und Thinktanks
- Präsenz in Brüssel, asymmetrisch zugunsten der Arbeitgeber- bzw. Unternehmerseite, zulasten der Vertretungen der Arbeitnehmer durch Gewerkschaften (relativ kleine Anzahl von Gewerkschaftsbüros, jedoch intensive Aktivität)
diplomatische Vertretungen von Drittstaaten (Delegationen), internationale Organisationen und Verbände aus Nicht-EU-Ländern:
-Entscheidungen der EU-Organe zu beeinflussen, die ihre Interessen berühren
Formen der Zusammenarbeit innerhalb dieser Akteursgruppen sind vielfältig, jedoch Grundmuster zu erkennen:
-typische Entwicklungen von unverbindlicheren zu festeren Formen der gruppeninternen Kooperation sind zu beobachten:
+Varianten unverbindlichen Informationsaustausches ohne feste Strukturen um einen ,runden Tisch‘
+zielgerichtete gemeinsame Lobbyaktivitäten in spezifischen Sektoren bzw. konkreten Legislativevorhaben
+europäisch ausgeschilderte Zusammenschlüsse von Verbände oder Partieen (für ein breiteres Themenspektrum)
+supranational angelegte Spitzenorganisationen mit einer starken Spitze in Brüssel
——durch diese Vielzahl kann sich der EU-Bürger durch diese Gruppen mehrfach repräsentiert sehen
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2.2 Herrschaft der Lobbyisten? Kategorien der Enflussnahme
„Herrschaft der Verbände“ oder „Lobbyismus als Schattenpolitik“ bzw. EU-spezifisch eine „Herrschaft der Lobbyisten in der Europäischen Union“, oder ein „europäischer Tripartismus“:
-„Korporatismus“ und „Pluralismus“ wird für eine entsprechende Analyse des EU-Systems genutzt
-zentrale Unterscheidungsmerkmale in den Möglichkeiten des Zugangs zur institutionellen Architektur:
+korporatistischen Mustern würden der Wirtschafts- und Sozialausschuss und einige wenige ausgewählte europäische Dachverbände als Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft in den Politikzyklus einbezogen
+ in einem pluralistischen Muster — Vielzahl von Akteuren aus unterschiedlichen Bereichen nationaler Politik — werden zu Mitspielern — haben untereinander einen Wettbewerb um eine Einflussnahme
—Struktur der Interessenvermittlung in der EU, hinsichtlich einer Asymmetrie zwischen ,starken‘ und ,schwachen‘ Akteuren
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2.3 Formen der Beteiligung in der Praxis: Varianten formalisierter und informeller Einflussnahme
Formen der Einflussnahme sind vielfältig:
mehrere Zugangsmöglichkeiten zur institutionellen Architektur wurden gleichzeitig ausgebaut und werden teilweise parallel bei der Politikgestaltung genutzt:
-Informelle Kontakte: Politiknetzwerke (Akteure zwischen mehreren Institutionen und Interessengruppen)
-quasi-formalisierte Interaktionsstränge
-vertraglich ermöglichte Beteiligung an formalisierten Entscheidungsverfahren im Politikzyklus
-Mitwirkung durch beratende Ausschüsse und Gremien (WSA und AdR)
wichtigster Ansprechpartner, Kommission:
- Kommission selber fördert eine „Politik des offenen Dialogs“
- verfolgt einen doppelten Zweck: „technische Sachverständige“ und „Koalitionspartner“ gegenüber nationalen Regierungen und dem EP
typisch erwarteter Interaktionen:
- Soziale Anlässe (Empfänge und Essen)
- Konferenzen, Foren und wissenschaftliche Tagungen
- Treffen in kleinerem Kreis
- Kommissionsmitglieder sind häufig Gast der Präsidien, Lenkungs- oder Exekutivausschüsse wichtiger Dachverbände
- einige Generaldirektionen stehen mit den betroffenen Verbänden im engem Kontakt („Verbandsherzogtum der Gewerkschaften“)
beratende Auschüsse, Sachverständigen- und Expertengruppen — hohe Dichte und Nutzungsintensität:
-2017 996 permanente und temporäre Expertengruppen
-353 im Bereich der Zivilgesellschaft
—allerdings immer wieder die überproportional Vertretung ökonomischer gegenüber nicht-ökonomischer Interessen
Beziehungen zu anderen Organen und Gremien:
-Ministerrat jedoch weniger das Ziel ist
-entscheidende Minister werden über nationale Verbände angesprochen
-Ebene der Mitgliedstaaten gilt weiterhin als zentral
—Mitspieler als „professionals“ und „Scharnierfunktion“ im Mehrebenensystem und „Übersetzungsleistung“ zwischen europäischer und nationaler Ebene identifiziert
Kontakt zu Fraktionen und Ausschüsse des EP:
-Zunahme an Rechtsetzungsbefugnissen des EP beträchtlich an Intensität gewonnen
-Lobbyisten gehen dabei informelle Koalitionen ein — jeweilige Einflussmöglichkeiten zu optimieren
-Abgeordnete suchen insbesondere Informationen — Verbandsvertreter um politische Unterstützung
-im EP „innere Lobby“
-weiter formalisierte Beteiligungsformen in Verwaltungsräten von Agenturen der EU („Europäische Zentrum für Forderung der Beruflichen Bildung“ (CEDEFOP); „europäische Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen“ (Eurofond))
-halb-offiziellen europäischen Standardisierungsausschüsse (spezifische Form)
—mit „Dreierkonferenzen“ der 70er-Jahre und im „sozialen Dialog“ seit Mitte der 80er-Jahre versuchen Vertreter der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Kommission in Arbeitsgruppen und Ausschüssen wesentliche ökonomische und soziale Probleme zu behandeln
neue Arten, „Tripartismus“ (Vertrag von Maastricht):
-bei spezifischen Gestaltungsaufgaben der Sozialpolitik eine umfassende und mehrstufige Beteiligung der Sozialpartner in der Vorbereitungsphase durch die Kommission vorgeschrieben
viele Verbände haben ihre Vorstellungen zu den vertragsändernden Regierungskonferenzen und zur Arbeit des Konvents formuliert:
-Vertreter der Zivilgesellschaft plädieren für weitergehende föderalistische Ziele mit entsprechenden institutionellen Leitideen
Akteure aus intermediären Gruppierungen sind häufig de facto oder teilweise de jure an mehrere Phasen der Bearbeitung beteiligt, von denen sie betroffenen sind:
- zunächst nur Mitspieler die über ausreichende Ressourcen für Teilnahmemöglichkeiten in Brüssel und in den nationalen Hauptstädte verfügen
- EU-Instutionen berücksichtigen diffuse Interessen erheblich weniger
- Kommission fördert die Arbeit europäischer Netzwerke mit schwacher finanzieller Ausstattung auf vielfache Art und Weise
—Herausbildung einer Aggregation verschiedener Interessen aufn einem „politischen Meinungsmarkt“ oder auch „Spielwiese der Lobbyisten“, die die institutionellen Architektur nachhaltig und umfassend beeinflussen können
3 Der Wirtschafts- und Sozialausschuss: Brücke zwischen EU und der organisierten Zivilgesellschaft
3.1 Aufgaben und vertragliche (Beteiligungs-)Rechte: Buchstaben und Praxis
Wirtschafts und Sozialausschuss bildet eine institutionalisierte Form der Einflussnahme der „organisierten Zivilgesellschaft“
Gründungsverträge hatten bereits einen beratenden Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA) vorgesehen:
- Stellung als „Ausschuss mit beratender Aufgabe“
- mit mehreren Beteiligungsrechte
Der WSA:
- wird vom EP, vom Rat oder der Kommission gehört, Befassung ist obligatorisch (wie in vielen Kernbereichen)
- kann gehört werden, in Fällen in denen diese es für zweckmäßig erachtet (Befassung ist fakultativ) (wird in 40% der Fälle vom EP betrieben)
- kann von sich aus Stellungnahme in den Fällen abgeben in denen er die für zweckmäßig erachtet (Selsbtbefassungsrecht)
Beratungen und Stellungnahmen erstrecken sich über weite Bereiche der EU-Agenda (Wirtschafts-, Finanz- und Sozialfragen sowie Themen der inneren Sicherheit):
- Agrarpolitik
- Freier Personen- und Dienstleistungsverkehr
- Transportpolitik
- Harmonisierung indirekter Steuern
- Harmonisierung der Gesetze
- Beschäftigungspolitik
- Sozialpolitik
- Bildung und Jugend
- Gesundheit
- Verbraucherschutz
- Transeuropäische Netzwerke
- Industriepolitik
- ökonomische, soziale und territoriale Kohäsion
- Entwicklung der Wissenschaft sowie Umwelt
3
3.1
Institutioneller Steckbrief: Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss
Aufgaben:
- institutionalisierte Vertretung der organisierten Zivilgesellschaft
- Beratung der Organe der EU
- teils obligatorische, teils fakultative Anhörungsrechte
- Selbstbefassungsrecht
- Stellungnahmen und Initiativberichten
Benennung:
- Präsident und Präsidium für zweieinhalb Jahre vom Plenum
- Mitglieder auf Vorschlag des Rates und nach Anhörung der Kommission für fünf Jahre
Aufbau:
- Präsident
- Präsidium
- Plenum
- Fachgruppen
- Generalsekretariat
- Sitz in Brüssel
Beschlussverfahren:
- einfache Mehrheit auf Grundlage von Berichten der Fachgruppen
- Bemühungen um Konsens
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3.2 Benennung, Beschlussverfahren und Aufbau
setzt sich aus 350 „Vertretern der Organisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie anderen Vertretern der Zivilgesellschaft, insbesondere aus dem sozialen und wirtschaftlichen, dem staatsbürgerlichen, dem beruflichen und dem kulturellen Bereich“ zusammen
deutschen Mitglieder setzen sich verschiedenen Herkunftsorganisationen, wie z.B. der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Lufthansa Group oder suchten Elternverein Baden-Württemberg e.V., zusammen
Der WSA hat sechs Fachgruppen eingerichtet, wobei ein Mitglied mehrerer Fachgruppen mitwirken kann
Das Plenum des WSA kann mit einfacher Mehrheit auf der Grundlage von Berichten, die in den Fachgruppen vorbereitet werden, Stellungnahmen verabschieden, Konsens ist jedoch ein prägendes Merkmal der Entscheidungsfindung
-tagt neunmal jährlich
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3.3 Charakterisierung: keine korporatistische Vertretung sondern einer unter mehreren Zugägen
beratender Charakter mit einer heterogenen Zusammensetzung:
- gemeinsame Positionen für die Durchsetzung der häufig gegensätzlichen Interessen verschiedener wirtschaftlicher und sozialer Gruppen nur begrenzt wirksam
- nimmt für sich selber in Anspruch dass etwa 2/3 seiner Vorschläge von Kommission, EP und Rat berücksichtigt werden
reale Einfluss auf die Organe eher schwach, trotz der Ausweitung der formellen Beteiligungsrechte
Interessengruppen suchen meist am WSA vorbei den Weg des direkten Einflusses auf die Europäische Kommission, die nationale Regierungen und das EP:
- in der Praxis der Politikgestaltung: keine Exklusivität als Institution effektiver Lobbyarbeit beanspruchbar
- nicht als Symbol und Träger eines korporatistischen Modells der Interessenvermittlung
- versteht sich zunehmend selbst als Dialogpartner, der als Gesprächsforum, Mediator sowie als „Mentor für partizipative Demokratie“ und „Ort der Begegnungen“ wirkt (veranstaltete 2016/17 „Going Local, Being Local“-Kampagne, die achte Jugendplenartagung und den „Tag der Europäischen Bürgerintitiative“)
WSA hat versucht an systemgestaltenden Debatten des „Europäischen Konvents zur Zukunft Europas“ mitzuwirken
kann, aufgrund seiner vielfältigen und differenzierten Strategien von Repräsentanten der organisierten Zivilgesellschaft und der nicht im WSA vertretenen Gruppierungen, nicht als untentbehrliches Schlüsselgremium in der Vermittlung ökonomischer und sozialer Interessen zu verstehen:
-bildet eher mehrere Zugänge zu den Institutionen in der EU-Architektur
4 Der Ausschuss der Regionen (AdR)
subnationale Einheiten organisieren sich in Brüssel, da sie die Wahrnehmung ihrer eigenen Aufgaben und Kompetenzen bedroht sahen und sehen
- 199 „halb-öffentliche“ Vertretungen von Regionen der EU
- besondere Relevanz für die deutschen Bundesländer: Auswirkungen auf ihre ausschließlichen, im GG garantierten Zuständigkeiten im Bereich der Bildungs- und Kulturpolitik
konstitutionelle Legitimation durch den Lissabonner Vertrag bestätigt
Beteiligung im Zeichen der Dynamik im EU-Mehrebenensystem:
-dritte Ebene, die sich als „bürgernah“ sowie als Initiator und Träger eines dynamischen Mehrebenensystems darstellt
Maastrichter Vertrag, Vertretung in Brüssel ausgebaut:
-aktive Interessenpolitik in allen Phasen des Politikzyklus
-im EU-Mehrebenensystem, zunehmend Bemühungen der Kommunen um Beteiligung am Politikzyklus zu beobachten
-Beschlüsse der EU direkt finanziell, funktional und administrativ betroffen
-Kommunen sind Adressaten des Gemeinschaftsrechts, Vollzugsbehörde von EU-Rechtsakten und potenzielle Nutznießer von vielfältigen Förderprogrammen
—Unterschied zu den Ländern, Kommunen können begrenzt Einfluss in Brüssel ausüben (jedoch vertraglich in den Bestimmungen zum AdR formalisiert)
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Dokument 2, Konstitutionelle Legetimation von Regionen und Kommunen
Art. 4 (2) EUV
Die Union achtet […] jeweilige nationale Identität (der Mitgliedstaaten), die in ihrer grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt.
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4.1 Der AdR: Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter der EU
die „Herren der Verträge“ haben im Maastrichter Vertrag auf Drängen den Ausschuss der Regionen gegründet, der sich aus Vertretern „regionaler und kommunaler Gebietskörperschaften“ zusammensetzt:
-Rolle als „Botschafter Europas in den Regionen, Städten, Gemeinden und deren Sprachrohr in der europäischen Debatte (damit besonders Bürgernah)
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4.2 Aufgaben und vertragliche (Beteiligungs-)Rechte: Buchstaben und Praxis
Lissabonner Vertrag hat dem AdR in der institutionellen Architektur der EU (ebenso dem WSA) eine Stellung als „Ausschuss mit beratender Aufgabe“ zugeschrieben
Er:
- wird vom EP, Rat oder der Kommission angehört (obligatorische Anhörung) in Kernbereichen des wirtschaftspolitischen Regierens, z.B Bildung und Kultur, Gesundheitswesen, transeuropäische Netze und Industrie
- Befassung ist fakultativ; wird angehört wenn eines der Organe es für zweckmäßig erachtet (besonders grenzüberschreitende Zusammenarbeit)
- Selbstbefassungsrecht, kann von sich aus eine Stellungnahme abgeben
Aufgaben erstrecken sich auf mehrere Politikbereiche:
- Transport
- Beschäftigungspolitik
- Sozialpolitik
- Bildung
- Jugend und Sport
- Kultur
- Gesundheit
- Transeuropäische Netzwerke, ökonomische, soziale und territoriale Kohäsion
- Umwelt und Klimawandel sowie Energie
AdR kann im Gegensatz zum WSA, durch formalisiertes Recht, den GEU anrufen wenn er das Prinzip der Subsidarität verletzt sieht
für die fünfjährige Mandatsperiode 2015–2020 legte der AdR fünf Prioritäten fest:
1) stärkere Einbeziehung der regionalen Gebietskörperschaften in die europäische Wirtschaft
2) Politikgestaltung
3) Untersuchung der Auswirkungen der EU-Rechtsvorschriften vor Ort
4) Intensivierung des Engagements bei der Östlichen Partnerschaft der EU
5) Verbesserung des Dialogs zwischen den EU-Bürgern sowie den EU-Institutionen
—Tagesordnung einer Plenarsitzung dokumentiert die thematische Breite der Arbeit des AdR
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4.2
institutioneller Steckbrief: Ausschuss der Regionen (AdR)
Aufgaben:
- Institutionalisierte Vertretung von Regionen und Kommunen
- Beratung der Organe der EU
- Teils obligatorische, teils fakultative Anhörungsrechte
- Selbstbefassungsrechte
- Klagerecht vor dem GEU
- Stellungnahme und Initiativberichte
Benennung:
- Präsident und Präsidium für zweieinhalb Jahre vom Plenum
- Plenum: nach nationalstaatliche Regelungen auf fünf Jahre
Aufbau:
- Präsident
- Präsidium
- Plenum
- Fachkommissionen
- Generalsekretariat
- Sitz: Brüssel
Beschlussverfahren:
- einfache Mehrheit auf Grundlage von Berichten der Fachgruppen
- Bemühungen um Konsens
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4.3 Benennung, Beschlussverfahren und Aufbau
setzt sich aus 350 Repräsentanten der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und einer gleichen Zahl von Stellvertretern zusammen:
-die auf Vorschlag eines Mitgliedstaates vom Rat mit qualifzierter Mehrheit für fünf Jahre ernannt werden
Unterschied zum WSA, Benennung:
- AdR, ausschließlich aus „Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften
- Vertretern, haben ein Mandat entweder aus einer regionalen oder lokalen Wahl einer Gebietskörperschaft oder sie sind einer gewählten Versammlung politisch verantwortlich
deutschen Mitglieder haben unmittelbar nach seiner Gründung Spitzenpolitiker von Ländern und Kommunen, wie: Ministerpräsidenten, Länderminister, Staatssekretäre, Landtagsabgeordnete und Bürgermeister
Sitzverteilung:
- wurde teils in mehreren Mitgliedstaaten eine kontroverse und zum Teil heftige Auseinandersetzung geführt
- Deutschland, 3 Spitzenverbände der Landkreise, Städte und Gemeinde — je 1 Mitglied, restlichen 21 Sitze werden auf die Bundesländer verteilt
differenziertes Regelwerk für seine interne Arbeit:
- wählt aus der Mitte seinen Präsidenten und das Präsidium für zweieinhalb Jahre — wird durch das Generalsekretariat unterstützt
- Willensbildung in Fachkommissionen, im Rahmen von Fraktionen
weitere spezifische politische Trennlinien bei den Beratungen:
- nord- und südeuropäische Regionen
- Vertretern der Kommunen und Regionen
- Vertretern von „kompetenzstarken“ Regionen mit legislativen Kompetenzen (deutsche Länder)
- Vertretern von „kompetenzschwächeren“ Gebietskörperschaften
- nationale Delegationen