GASP Flashcards

1
Q

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

A

Vertragsgrundlage:

  • Art. 3, 8, 18, 21-46 EUV
  • Art. 221, 238 Abs. 2 und 3b AEUV+

Ziele:

  • Wahrung von Interessen (insb. Unabhängigkeit und Sicherheit der EU)
  • Förderung von Werten (insb. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte)
  • Förderung von multilateralen Lösungen bei internationalen Konflikten
  • schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigung

Instrumente:

  • Beschlüsse des Europäischen Rates (strategische Interessen und Ziele)
  • Beschlüsse des Rates der EU (Aktionen und Standpunkte)
  • politischer Dialog, Erklärungen und Demarchen
  • Diplomatie bei internationalen Verhandlungen und Organisationen
  • wirtschaftliche Anreize und Sanktionen
  • zivile und militärische Operationen
  • EU-Sonderbeauftragte
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2
Q

GASP

A

GASP = Handlungsraum der EU, in dem die Mitgliedstaaten zu außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Themen zusammenarbeiten:

  • mit dem Vertrag von Masstricht (1993) als Nachfolger der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) eingeführt
  • Vertrag von Lissabon grundlegend reformiert

GASP bildet politischen Teil des auswärtigen Handelns:

  • Außenhandel
  • Entwicklungszusammenarbeit
  • sowie Fragen von Migration und Bekämpfung des internationalen Terrorismus
  • Mitgliedstaaten unterhalten weiterhin eigenständige außenpolitische Beziehungen zu Drittländern
  • gemeinsame Entscheidungen werden einstimmig getroffen

EU bezieht sich auf Werte die auch im Inneren gelten:

  • Demokratie
  • Rechtsstaatlichkeit
  • universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte

GASP, attraktives Instrument um Einfluss auf die internationale Politik zu nehmen:

  • insbesondere kleine Staaten können durch gezielte Einflussnahme auf gemeinsame Positionen ihre Interessen in der internationalen Politik wahren
  • größere Staaten — kollektive EU-Stimme ergibt ein wichtiger Mehrwert

tritt durch ihrer Herausforderungen in Erscheinung:
-Reaktion auf den Irakkrieg 2003
-Reaktion Lybienkrise 2011
-unterschiedliche Interessen, geschichtliche Erfahrungen, sicherheitspolitische Strategien oder internationalen Verflechtungen führen zu einem Mangel an gemeinsamer Handlungsfähigkeit
—umso deutlicher werden Erfolge betont (2014 Sanktionspolitik gegen Russland)

zunehmende Zersplitterung der EU:

  • Austritt GB ein Vorteil für die Entscheidungsfindung und Weiterentwicklung
  • Verlust eines außenpolitischen Schwergewichts
  • zudem fortschreitende illiberale Tendenzen in Ungarn und Polen im Widerspruch zur gemeinsamen Wertebasis
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3
Q

Geschichte und Entwicklung

A

Anfang der 1970er-Jahre, 6 Gründungsländer erforderlich, nicht nur im Außenhandel sondern auch im internationalen Geschehen als gemeinsamer politischer Akteur wahrgenommen zu werden:
-Davignon-Bericht, schuf den informellen Mechanismus der EPZ
-ohne institutionelle Anbindung
-strikt getrennt von der EWG, EPZ als diplomatischer „Dining Club“
—über die Jahre instiutionalisiert, jedoch deutliche Defizite während den Krisen in Jugoslawien und dem Persischen Golf

Vertrag von Maastricht:

  • integrierte die GASP als intergouvernementale Säule formell in die neue institutionelle Struktur der EU
  • Verbindlichkeit und Sichtbarkeit der GASP durch die Einbettung erhöht
  • jedoch weiterhin keine exekutiven Befugnisse eingeräumt für die Kommission oder Mehrheitsentscheidungen zur Norm zu machen

andauernde Instabilität des Westlichen Balkans + fehlende Handlungsfähigkeit der Union == weitere Reformen:
-feste GASP-Gremien in Brüssel
-NATO-Generalsekretär Javier Solana als 1. Hoher Vertreter, hat zur Profilschärfe und Sichtbarkeit der europäischen Außenpolitik beigetragen
—Formulierung der 1. Europäischen Sicherheitsstrategie (ESS)
—Aufbau der ESVP später GSVP
——seit 2003 über 30 zivile und militärische Operationen in der europäischen Nachbarschaft, Afrika und anderen Regionen der Welt durchgeführt

Vertrag von Lissabon:
-Einführung des Amtes des Hohen Vertreters
—seitdem auch zuständig für die Außenpolitik in der Kommission und Sitzungen des neuen Rates „Auswärtige Angelegenheiten“
-höhere Sichtbarkeit und Kohärenz
—Start schwierig durch anhaltende Krisen in der EU

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4
Q

Aufbau

A

Europäischer Rat — Leitliniengeber und höchste Entscheidungsinstanz an der Spitze der GASP:
-Sitzungen regelmäßig in Brüssel
—aktuelle internationale Entwicklungen (bspw. Ukraine-Krise) zu besprechen
—europäische Positionen in ihrer Schlussfolgerung Nachdruck verleihen
—Präsident des Europäischen Rates ist befugt die GASP auf Regierungschefebene zu vertreten — überließ Kommissionspräsident und dem Hohen Vertreter internationale Ebene

laufende Geschäft, Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ federführend:
-Außenminister treten monatlich unter Vorsitz des Hohen Vertreters zusammen
-je nach Thema ergänzt durch Verteidigungs-, Innen- oder Justizminister
—zusätzlich außerordentliche Treffen in Krisenzeiten und halbjährig informelle „Gymnich“ Treffen im Land der Ratspräsidentschaft (breitere, strategische Diskussion zulassen soll)

Ratssitzungen werden von geographisch und thematisch gegliederten Arbeitsgruppen inhaltlich vorbereitet:
-Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK), Schlüsselrolle bei der Beobachtung der internationalen Lage und der Kontrolle und Leitung von Operationen der GSVP
-Leitung der meisten Gremien an Vertreter des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) übergeben
—Hohe Vertreter wie Mitgliedstaaten haben das Recht, Initiativen einzubringen

Bewertung des „zentraleren“ gestalteten Systems, gemischt:

  • Mangel an politischen Initiativen der Akteure in Brüssel
  • EU-Ratspräsidentschaft war dafür bekannt ihre nationale Prioritäten außenpolitische Projekte anzustoßen - GASP lebendig halten

Doppelhaus des Hohen Vertreters, Mitglied der Kommission für die Außenpolitik und Vertreter der GASP:
-sollte das auswärtige Handeln der Kommission und innerhalb der GASP stärker in Einklang bringen
-Mittel zur effizienten Umsetzung verfügte aber die Kommission
-strategische Planung von finanziellen Instrumenten der Kommission liegt in der Kontrolle des Hohen Vertreters und des EAD und somit „näher“ an den Entscheidungsgremien der GASP im Rat
—erste Hohe Vertreterin mit „Doppelhut“ - Catherine Ashton (2009-2014) schwächere Rolle in der Kommission
—Nachfolgerin Federica Mogherini (2014-2019) — Gruppe von Kommissaren mit außenpolitisch relevanten Portfolio gebildet
—inhaltliche Einfluss der Kommission auf die GASP wurde so erhöht

Rolle des EP:
-traditionell schwach und beschränkt sich primär auf die Debatte bereits bechlossener Politiken und extensiver gentutzer Fragerecht
-Hebel des EP, Mitsprache beim EU-Haushalt
—Aufbau des EAD weitergehende Konsulationen zu erlangen (Anhörungspflicht von EU-Botschaftern)
-Zustimmungsrecht zu Abkommen mit Drittstaaten
-Mitentscheidungsverfahren bei der Bestellung der Kommission
-Praxis: enges Netzwerk zwischen außenpolitischen tätigen Abgeordneten und dem EAD bzw. dem Hohen Vertreter
-GASP-Beschlüsse bleiben einer richterlichen Prüfung durch den Gerichtshof der EU entzogen

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5
Q

Entscheidungsverfahren und Instrumente

A

Art. 31 Abs. 1 EUV werden Beschlüsse in der GASP einstimmig beschlossen:
-EU-Verträge bieten Möglichkeit für eine Beschlussfassung mit QM, wird jedoch weitestgehend nicht angewendet
-„konstruktive Enthaltung“ einer bestimmten Anzahl von Mitgliedstaaten ermöglicht von der gemeinsamen Linie abzuweichen , ohne den Beschluss der Mehrheit zu blockieren
-Konsensposition wird angestrebt
-jedes EU-Mitglied hat noch national ein Veto
—Passarelle-Klausel (Art. 31 Abs. 3 EUV) wurde bisher nicht angewendet (ermöglicht dem Europäischen Rat weitere Bereiche zu definieren, in welchen der Rat mit QM entscheiden kann)

Ziel, über Mehrheiten die Entscheidungsfindung effizienter zu gestalten und schwache Kompromisse des „kleinsten gemeinsamen Nenners“ zu vermeiden nicht erreicht:

  • regelmäßiges debattieren über eine Reform der Verfahren
  • Macron und Merkel (2018) in der Meseberger Erklärung angeregt, Anwendung der QM auszudehnen

große Bandbreite an Instrumenten:
-auf unterschiedlichen Ebenen verfasste und veröffentliche Erklärungen (viel genutztes Mittel) um auf internationale Entwicklungen zu reagieren
—Erklärungen werden vor Veröffentlichung mit allen EU-Mitgliedern abgestimmt und einstimmig abgeschlossen — definieren oft eine neue politische Linie
—bei bereits klar definierten genügt eine „einfache“ Erklärung des Hohen Vertreters
——EU-Delegationen können lokale Erklärungen mit Bezug aufs Gastland veröffentlichen oder nicht-öffentliche Demarchen an die dortige Regierung übermitteln

Teilnahme des Hohen Vertreters und der Diplomaten des EAD an internationalen Verhandlungen und Dialogen ist ein wichtiges Aufgabenfeld der GASP:
-Führungsrolle der EU bspw. in Atomverhandlungen der 5 ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder und Deutschland (p5+1); Iran (05-15) und Serbien-Kosove-Konflikt (12-15)
—Instrument des politischen Dialogs mit Drittländern oder regionalen Staatengruppen — ermöglicht auf regionale Entwicklungen einzugehen

strategische Partnerschaften mit ausgewählten Ländern:
-USA, China und BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika)
-zeigen einen Versuch von langfristig strukturierten Austausch mit Partnern, das internationale Umfeld nach ihren Vorstellungen zu beeinflussen
—in politisch angespannten Situationen (Kopenhagener Klimagipfel 2009, Ukraine-Krise 2014) blieben die Partnerschaften angesichts fundamentaler Interessenunterschiede wirkungsarm

Sanktionen:
-letzen Jahren häufiger angewendet
-wirtschaftliche Sanktionen erlaube es die Marktmacht auszuspielen
-gezielte Sanktionen auf hochrangige Entscheidungsträger abstellen (Sperren von Konten oder Einreiseverbot)
-umfassende den Handel und die Wirtschaft lahmlegen
—besondere Aufmerksamkeit für die geschlossene Sanktionspolitik gegenüber Russland nach der Annexion der Krim

Aktionen und Standpunkte basieren auf den Leitlinien des Europäischen Rates und sind förmliche Beschlüsse mit verbindlichem Charakter.

  • mit Standpunkten können die EU-Länder über einen Ratsbeschluss eine verbindliche Position beziehen
  • Beschlüsse über Aktionen (Art. 28 EUV) werden hauptsächlich im Zusammenhang mit zivilen und militärischen Krisenmanagement verabschiedet
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6
Q

Diskussion und Ausblick

A

Bewertung der GASP — „das Glas ist halb voll“ und „das Glas ist halb leer“:
-Ambition einer einheitlichen Außenpolitik ist international einmalig
-EU hat nicht nur politischen und diplomatische Instrumente, auch wirtschaftliche und begrenzte militärische
-Kombination der Instrumente Erfolge erzielen
—Beitrag zur Befriedigung des Westlichen Balkans, abgeschlossenen P5+1 Atomverhandlungen, geschlossene Sanktionspolitik gegen Russland 2014

Schwächen der GASP:

  • Erfolg hängt stark von der Führungsrolle der „großen Drei“ (Deutschland, Frankreich, GB)
  • Praxis: Spannungen zwischen den südlichen EU-Ländern (sorgen sich um die Stabilität des Mittelmeerraumes sorgen) Ost-Europäern und Balten (von Russland bedroht fühlen)
  • strategische Unterschiede, z.B. zwischen NATO-Mitgliedern und militärisch neutralen Staaten
  • unklar wie das Verhältnis mit Russland in Zukunft gestaltet wird (schwieriger Freund oder geduldeter Feind), oder Migrationsproblematik, angespannte Sicherheitslage im Nahen Osten

internationale und innereuropäische Politik derzeit der GASP „ins Gesicht bläst“:
-Trend zu einem neuen internationalen Wettbewerb zwischen den Großmächten (steht im Gegensatz zum Politikmodell der GASP)
-GASP seit jeher auf Diplomatie, internationale Verträge und „effektiven Mutlilateralismus“ sowie Annäherung durch Handelsbeziehungen
—besonders schwer für die GASP die Politik der USA durch Trump, welche europäische Erfolge wie das Pariser Klimaabkommen und das Iranabkommen aktiv unterminiert

illiberale innereuropäische Entwicklungen „Gift“:

  • Hauptmerkmale der GASP gemeinsame Wertebasis
  • verliert an Glaubwürdigkeit (z.B. durch Orbán der mit seiner Partei Schritte hin zu einer „illiberalen Demokratie“ einleitet)
  • Menschenrechtler besorgt aufgrund der härteren Haltung und sinkenden Aufnahmebereitschaft der EU-Länder gegenüber Geflüchteten
  • Rückführungsabkommen und EU-Mission auf dem Mittelmeer werden als Abschottungspolitik kritisiert

viele sehen weiterhin eine Lücke und Debatte über die Strategie und Struktur der GASP:
-Vorlage der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU wurde 2016 die grundlegende Diskussion zur strategischen Ausrichtung der GASP vorerst abgeschlossen
-Zeichen für eine stärker an Interessen der EU ausgerichtete GASP
-institutionelle Reformdebatte: erweiterte Mehrheitsentscheidungen, Einführung eines europäischen Sicherheitsrates, ständiger EU-Sitz im Sicherheitsrat der UN und verstärkte Nutzung von flexiblen Subgruppen von Mitgliedstaaten
—offen bleibt ob GASP-Reformen genügen, um den weltpolitischen Herausforderungen gerecht zu werden oder ob einflussreiche Mitgliedstaaten vermehrt eigenständig Verantwortung auf er internationalen Bühne übernehmen müssen

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