Europäisches Parlament Flashcards
1 Eckpunkte
institutioneller Steckbrief
Aufgaben:
- Politikgestaltung: Legislative und Haushaltsbehörde
- Kontrollbefugnisse
- Wahlfunktion
- Systemgestaltung: Beitrittsabkommen und Vertragsänderung
- Interaktionsforum und Repräsentation
Benennung:
- Wahlperiode: 5 Jahre
- Wahl nach jeweiligen Vorschriften
- 751 Sitze (degressiv proportionale Verteilung)
Aufbau:
- 8 multinationale politische Fraktionen
- 20 Ausschüsse
- Parlamentspräsident, Präsidium, Konferenzen der Präsidenten, Quästoren
- Generalsekretariat
Beschlussverfahren:
- Absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen im Regelfall
- Zustimmungsverfahren und OGV: Absolute Mehrheit der Mitglieder (376 von 751)
- 2/3-Mehrheit und Mehrheit der Mitglieder bei Misstrauensvotum gegenüber der Kommission
2 Aufgaben
2.1 Geschichte: Vertragliche Meilensteine
ursprüngliches Regelwerk hatten die Vertragsarchitekten der „Versammlung“ (anfängliche Bezeichnung) nur die Funktionen eines (Diskussions-)“Forums) und eines Kontrollorgans gegenüber der Kommission
aufgrund des vergleichsweise schwach ausgebildeten Beteiligungsrechte, haben die Regierungen über die letzten Jahrzehnte zunehmend zugunsten eines umfassenden und differenzierten Satzes an „starken“ Rechten für das EP ausgebaut
- besonders die „starken“ Befugnisse ausgebaut (Mitentscheidung, Zustimmung)
- in der Geschichte der EU-Architektur ein Trend zu mehr Beteiligungsrechten
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2.1
Dokument 1, Die Versammlung im EGKS-Vertrag
Art. 20 EGKSV
Die Versammlung besteht aus Vertretern der Völker der in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Staaten; sie übt die Kontrollbefugnisse aus, die ihr nach diesem Vertrage zustehen.
Art. 24 EGKSV
Die Versammlung erörtert in öffentlicher Sitzung den Gesamtbericht, der ihr von der Hohen Behörde vorgelegt wird.
Wird auf Grund des Berichts ein Misstrauensantrag eingebracht, so darf die Versammlung über diesen Antrag nicht vor Ablauf von mindestens drei Tagen nach seiner Einbringung und nur in offener Abstimmung entscheiden.
Wird der Misstrauensantrag mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder der Versammlung angenommen, so müssen dei Mitglieder der Hohen Behörde geschlossen zurücktreten.
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2.2 Vertragliche Vorgaben
Dokument 2
Lissabonner Vertrag legt den gegenwärtigen gültigen Aufgabenkatalog des EP fest
Art. 14 (1) EUV
Das Europäische Parlament wird gemeinsam mit dem Rat als Gesetzgeber tätig und übt gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus. Es erfüllt Aufgaben der politischen Kontrolle und Beratungsfunktionen nach Maßgabe der Verträge. Es wählt den Präsidenten der Kommission.
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2.2.1 Formen von Beteiligungsregeln
spezifischem Interesse, Befugnisse des EP zur Vorbereitung, Verabschiedung, Durchführung und Kontrolle von Rechtsakten
Beteiligungsregeln:
1) Verfahrne ohne Beteiligung des EP
2) Unterrichtung des EP durch Kommission und Rat
3) das Anhörungsverfahren
4) das Zustimmungsverfahren
5) das ordentliche Gesetzgebungsverfahren
Anspruch auf „Unterrichtung“:
-Organe und Institutionen der EU die Verpflichtung, das EP zu informieren (Bericht des Präsidenten des Europäischen Rates nach jeder Tagung, jährlicher Bericht des Präsidenten der EZB, Bericht des Hohen Vertreters der GASP)
Anhörung und Konsulation:
-EP muss nur gehört werden und kann den Vorschlag der Kommission eine Position formulieren
—nicht weitreichende rechtliche Möglichkeiten, seine Interessen den Rat durchzusetzen
Verfarhen der Zustimmung:
-agiert als Vetospieler bei Systemgestaltung, Beitritten und Austritten, Verabschiedung des mehrjährigen Finanzrahmens oder internationalen Übereinkünften
Ordentliche Gesetzgebungsverfahren (Mitentscheidungsverfahren):
- entscheidet in einem mehrstufigen Ablauf zusammen mit dem Rat über Inhalte und Rechtsformen zentraler Gesetzesakte für: Union, Mitgliedstaaten und Unionsbürger
- mit Mehrheit kann es auch eine Position des Rates ablehnen — „starkes“ Beteiligungsrecht (Teil des legislativen Dreiecks
Verabschiedung von Rechtsakten:
- kann mit der Mehrheit die Kommission auffordern, geeignete Vorschläge für Rechtsakten zu unterbreiten
- schwach ausgeprägte Rolle — Festlegung der Höhe und Art der Eigenmittel lediglich Recht auf Anhörung; nach dem Lissabonner Vertrag muss das EP Planung der Ausgabenkategorien des Rates zustimmen
- starkes Mitwirkungsrecht, jährlichen Haushaltsplänen — muss am Ende zustimmen
Wahlfunktion:
- „Katalog“ von Möglichkeiten, Ämter in der institutionellen Architektur alleine oder mit anderen Organen zu besetzen
- zentrale Bedeutung, Wahl des Präsidenten der Kommission
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2.2.2 Kontrollrecht
Dokument 3, Misstrauensantrag gegenüber der Kommission
schriftliche oder mündliche Anfragen gegenüber Kommission und Rat auf allen Politikfeldern:
- besonders Haushaltsgebaren der Kommission
- öffentliche Kontrolle, Aussprahcen über Berichte des jeweiligen Präsidenten des Europäischen Rates, des Rates und der EZB
starke Form der Kontrolle, Möglichkeit der Absetzung des Kommissionskollegium
Art. 234 AEUV
Wird wegen der Tätigkeit der Kommission ein Misstrauensantrag eingebracht, so darf das Europäische Parlament nicht vor Ablauf von drei Tagen nach seiner Einbringung und nur in offener Abstimmung darüber entscheiden.
Wird der Misstrauensantrag mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments angenommen, so legen die Mitglieder der Kommission geschlossen ihr Amt nieder, und der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik legt sein im Rahmen der Kommission ausgeübtes Amt nieder.
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2.2.3 Beteiligungsrechte im Bereicht des Auswärtigen Handelns
Bereich des Auswärtigen Handelns unterscheiden sich die Beteiligungsrechte zwischen den beiden „Säulen“:
- wirtschaftspolitischen Außenbeziehungen besitzt das EP über durchgehend starke Beteiligungsrechte
- GASP begrenzt, wird über die Entwicklungen berichtet und kann Anfragen und Empfehlungen an den Rat und den Hohen Vertreter richten
die beiden Möglichkeiten + zwei Mal im Jahr vorgesehenen Aussprache über die Kernfelder nationaler und internationaler Politik kann das Parlament die Funktion eines Diskussionsforums für eine europäische Öffentlichkeit anstreben
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2.2.3
Dokument 4, Beteiligungsrechte im Auswärtigen Handelns
Art. 218
(6) Der Rat erlässt auf Vorschlag des Verhandlungsführers einen Beschluss über den Abschluss der Übereinkunft. Mit Ausnahme der Übereinkünfte, die ausschließlich die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betreffen, erlässt der Rat den Beschluss über den Abschluss der Übereinkunft
a) nach Zustimmung des Europäischen Parlaments in folgenden Fällen:
i) Assoziierungsabkommen;
ii) Übereinkunft über den Betritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheit;
iii) Übereinkünfte, die durch die Einführung von Zusammenarbeitsverfahren einen besonderen institutionellen Rahmen schaffen;
iv) Übereinkünfte mit erheblichen finanziellen Folgen für die Union;
v) Übereinkünfte in Bereichen, für die entweder das ordentliche Gesetzgebungsverfahen oder, wenn die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich ist, das besondere Gesetzgebungsverfahren gilt.
Das Europäische Parlament und der Rat können in dringenden Fällen eine Frist für die Zustimmung vereinbaren.
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2.2.3
Dokument 5, Beteiligungsrechte in GASP Verfahren
Art. 36 EUV
Der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik hört dass Europäische Parlament regelmäßig zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und unterrichtet es über die Entwicklung der Politik in diesen Bereichen. Er achtet darauf, dass die Auffassungen des Europäischen Parlaments gebührend berücksichtigt werden. Die Sonderbeauftragten können zur Unterrichtung es Europäischen Parlaments mit herangezogen werden.
Das Europäischen Parlament kann Anfragen oder Empfehlungen an den Rat und den Hohen Vertreter richten. Zweimal jährlich führt es eine Aussprache über die Fortschritte bei der Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
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2.2.4 Rechte bei der Systemgestaltung
quasi-konstitutionellen Akten der Systemgestaltung sind die Beteiligungsrechte des Parlaments unterschiedlich geregelt:
- bei (ordentliche) Vertragsänderung: kann dem Rat Entwürfe zur Änderung der Verträge übermitteln, am Konvent beteiligt der die Änderungsentwürfe prüft und daraus Empfehlung abgibt — jedoch kein Zustimmungsrecht
- bei Aus- und Beitritten: muss mit der Mehrheit zustimmen
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2.2.5 Vertragsrechtliche Kontrolle
Gerichtshof der Europäischen Union überwacht die Rechtmäßigkeit der Handlungen des EP:
- kann das EP wegen „Untätigkeit“ verurteilen
- kann gegebenenfalls seine Handlungen für „nichtig“ erklären
3 Aktivitätenprofil
EP hat in der Vertragswirklichkeit seine Rechte intensiv genutzt und Beteiligungsmöglichkeiten immer wieder in Graubereiche ausgeweitet
durch die effektive Nutzung der vertraglich zugeschriebenen Befugnisse zeichnet sich in der Praxis eine Entwicklung zu einem legislativen Zweikammersystem nach parlamentarisch-föderalen Mustern ab
-mit der Kommission ein legislatives Dreieck bildet
Schwerpunkt seit den 70er — Mitwirkung an der Erstellung und Kontrolle des EU-Budgets
-intensive Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten und dem EP geprägt
Rat und EP haben als Haushaltsbehörde, nach zweifacher Ablehnung des Gesamthaushaltes, einen modus vivendi etabliert, der grundsätzliche Kontroversen durch Vorabstimmungen zu verhindern sucht
Abgeordneten haben zur Setzung von Schwerpunkten, seit Jahrzehnten Initiativberichten und Dringlichkeitsentschließungen entwickelt und intensiv eingesetzt:
- begrenzte Anhörungsrechte + Verfahren über mehrere Ebenen, heben die Stelle der Abgeordneten nicht hervor
- Parlamentarier sind in geringen Maße in die Offene Methode der Koordinierung involviert
Schwäche des EP:
- Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag) keinerlei Beteiligungsmöglichkeiten für das Parlament
- Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion; Informationsrecht und Möglichkeit für ein Diskussionsforum
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3.1 Die Rollen im Bereich des Auswärtigen Handelns
EP wurde umfassend gestärkt:
- Lissabonner Vertrag, Zustimmungsrecht bei internationalen Verträgen
- Aussendung von Delegationen zu Parlamenten von Drittstaaten, in gemischten parlamentarischen Ausschüssen und durch medienwirksam Aktionen — EP hat Instrumente für eigenständige außen- und entwicklungspolitische Aktivitäten entwickelt
Kandidatenländer bemühen sich um engen Kontakt mit Abgeordnete
GASP:
- „parlamentsfreier Raum“, bleibt eine nationalstaatliche Exekutive Domäne
- lediglich „marginal player“, indirekte Einflussnahme
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3.2 Wahlfunktion
hat regelmäßig und intensiv seine Möglichkeiten ausgeschöpft:
mehrere Mitgliedstaaten haben „Spitzenkandidaten“ für die Europawahl 2014 nominiert, für das Amt des Kommissionspräsident
- EP setzte sich nach intensiven Diskussionen durch mit der Forderung, dass der Kandidat der europäischen Partei mit den relativ meisten Sitzen im EP vom Europäischen Rat zum neuen Kommissionspräsidenten vorgeschlagen wird
- Kommissionsmitglieder: vorgeschlagene Kandidaten müssen sich einem „Hearing“ in den zuständigen Fachausschüssen stellen, bevor das EP das Kommissionskollegium als Ganzes bestätigt
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3.3 Kontrollfunktionen und Bürgerbeauftragte
begrenzt aufgegriffen:
- beispielsweise bei: Problematik des Rinderwahns (BSE) zur Schaffung einer Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)
- Gründung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF), durch Kontrollbemühungen des EP
EP nimmt Einflussmöglichkeiten und Kontrollfunktionen durch Herstellung von Öffentlichkeit wahr:
-Reden des Präsidenten des Europäischen Rates, der Kommission sowie Staats- und Regierungschefs vor dem EP finden ein Medienecho
Aktivitäten des Bürgerbeauftragten zeigen für die tägliche Verwaltungsarbeit der Kommission und anderer EU-Einrichtungen spürbare Wirkungen