Kapitel 13: Gesetzliche Schuldverhältnisse Flashcards
Was versteht man unter „echter„ und „unechter„ Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)? Welche Arten von echter und unechter GoA gibt es?
Sowohl bei der echten als auch bei der unechten GoA führt jemand ein Geschäft aus. Diese Person wird als Geschäftsführer bezeichnet.
Bei der echten GoA handelt der Geschäftsführer mit Fremdgeschäftsführungswillen. Er weiß, dass er ein fremdes Geschäft besorgt, und er will das Geschäft auch für denjenigen besorgen, in dessen Rechtssphäre es fällt. Je nachdem, ob der Geschäftsführer die Führung des Geschäfts zu Recht oder zu Unrecht übernommen hat, wird weiter unterschieden zwischen berechtigter und unberechtigter GoA.
Die unechte GoA ist dadurch gekennzeichnet, dass der Geschäftsführer ein für ihn fremdes Geschäft ohne Fremdgeschäftsführungswillen besorgt, also z. B. ein Buch veräußert, dass ihm nicht gehört. Handelt der Geschäftsführer dabei in der irrtümlichen Annahme, das von ihm besorgte Geschäft sei sein eigenes (er hat vergessen, dass er das Buch lediglich entliehen hat), dann spricht man von irrtümlicher Eigengeschäftsführung. Behandelt der Geschäftsführer das Geschäft trotz Kenntnis von dessen Fremdheit als eigenes (er weiß, dass ihm das Buch, das er veräußert, nicht gehört), dann liegt eine Geschäftsanmaßung vor.
In welchen Fällen wird vermutet, dass ein Geschäftsführer mit Fremdgeschäftsführungswillen handelt? Erläutern Sie Ihre Antwort anhand von Beispielen!
Bei objektiv fremden sowie bei „auch-fremden„ Geschäften wird der Fremdgeschäftsführungswille vermutet. Objektiv fremde Geschäfte sind von der Rechtsordnung dem Interessenkreis einer Person zugeordnet, die nicht mit dem Geschäftsführer identisch ist. Ein objektiv fremdes Geschäft liegt z. B. vor, wenn A eine dem B gehörende Sache veräußert. Auch fremde Geschäfte liegen im Interesse des Geschäftsführers, kommen aber auch einem anderen zugute. Wenn z. B. der Student M einen Brand in der von ihm gemieteten Wohnung des V löscht, dann liegen die Löscharbeiten sowohl im Interesse des M als auch im Interesse des V.
In welchen Fällen ist die Übernahme der Geschäftsführung berechtigt?
Die Übernahme der Geschäftsführung ist berechtigt, wenn
sie dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht (§ 683 Satz 1 BGB),
ein entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn wegen § 679 BGB unbeachtlich ist (§ 683 Satz 2 BGB) oder
der Geschäftsherr die zunächst unberechtigte GoA genehmigt und dadurch zur berechtigten macht (§ 684 Satz 2 BGB).
Welche Rechtsfolgen zieht eine berechtigte GoA für den Geschäftsführer und den Geschäftsherrn nach sich?
Der Geschäftsführer ist gem. § 677 BGB verpflichtet, das Geschäft so auszuführen, wie es das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert. Die weiteren Pflichten des Geschäftsführers sind in § 681 BGB geregelt. Von besonderer Bedeutung ist insofern die Pflicht des Geschäftsführers, dem Geschäftsherrn alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsführung erlangt hat (§§ 681 Satz 2, 667 BGB).
Der Geschäftsherr muss dem Geschäftsführer gem. §§ 683 Satz 1, 670 BGB seine Aufwendungen ersetzen.
Wodurch unterscheidet sich die unberechtigte GoA von der berechtigten?
Bei der unberechtigten GoA ist der Geschäftsführer nicht zur Übernahme der Geschäftsführung berechtigt (hierzu oben Frage 3).
Umreißen Sie kurz die Rechtsfolgen der unberechtigte GoA!
Der Geschäftsführer muss dem Geschäftsherrn gem. §§ 812 ff. BGB eine etwaige Bereicherung herausgeben und ist ihm ggf. nach §§ 823 ff. BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Gegen den Geschäftsführer, der seine fehlende Berechtigung zur Übernahme der Geschäftsführung erkennen konnte, kommt darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch aus § 678 BGB in Betracht.
Der Geschäftsherr muss gem. § 684 Satz 1 BGB dem Geschäftsführer alles, was er aus der Geschäftsführung erlangt hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herausgeben.
In welcher Vorschrift sind die irrtümliche Eigengeschäftsführung und die Geschäftsanmaßung geregelt?
In § 687 BGB, und zwar in Abs. 1 die irrtümliche Eigengeschäftsführung, in Abs. 2 die Geschäftsanmaßung.
Welchen Zweck verfolgen die in §§ 812 ff. BGB enthaltenen Regelungen?
Die §§ 812 ff. BGB dienen dazu, Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen, die materiell nicht gerechtfertigt sind.
Wie werden bereicherungsrechtliche Ansprüche gewöhnlich genannt?
Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch wird gemeinhin als Kondiktion bezeichnet.
In welche zwei Gruppen werden die bereicherungsrechtlichen Ansprüche grob eingeteilt?
Man unterscheidet zwischen der Leistungskondiktion und der Bereicherung in sonstiger Weise (Nicht-Leistungskondiktion). Die Leistungskondiktion setzt voraus, dass die Bereicherung auf einer Leistung des Bereicherungsgläubiger beruht.
Wie wird im Bereicherungsrecht der Begriff „Leistung„ definiert? Erläutern Sie Ihre Antwort anhand eines kurzen Beispiels!
Unter Leistung versteht man die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Eine Leistung des A liegt z. B. vor, wenn dieser an B 10 000 € zahlt, weil er annimmt, er sei hierzu vertraglich verpflichtet.
Erläutern Sie in Kürze die vier Formen der Leistungskondiktion und nennen Sie die jeweilige Anspruchsgrundlage!
Bei der condictio indebiti ist ein die Vermögensverschiebung rechtfertigender Grund von vornherein nicht vorhanden gewesen. Anspruchsgrundlage ist § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative BGB.
Von einer condictio ob causam finitam spricht man, wenn der rechtliche Grund später weggefallen ist. Der Anspruch beruht auf § 812 Abs. 1 Satz 2 erste Alternative BGB.
Wenn der durch die Leistung bezweckte Erfolg nicht eintritt, ist eine condictio ob rem gegeben. Anspruchsgrundlage ist § 812 Abs. 1 Satz 2 zweite Alternative BGB.
Verstößt der Empfänger der Leistung durch deren Annahme gegen die guten Sitten oder gegen ein gesetzliches Verbot, liegt eine condictio ob turpem vel iniustam causam vor. Der Anspruch beruht auf § 817 Satz 1 BGB.
Unter welchen Voraussetzungen ist der Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen? Nennen Sie die einschlägige gesetzliche Regelung!
Der Anspruch ist nach § 814 BGB ausgeschlossen, wenn der Leistende zum Zeitpunkt der Leistungserbringung wusste, dass er zu der Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
Welche Kondiktion ist vorrangig: die Leistungskondiktion oder die Nicht-Leistungskondiktion?
Die Leistungskondiktion ist vorrangig.
Welche Verpflichtung trifft denjenigen, der als Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung getroffen hat, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist? Nennen Sie die einschlägige gesetzliche Vorschrift!
Der Nichtberechtigte ist gem. § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, dem Berechtigten das herauszugeben, was er durch die Verfügung erlangt hat.
Umschreiben Sie in Kürze, was von der Herausgabepflicht des Bereicherungsschuldners grundsätzlich erfasst ist!
Der Bereicherungsschuldner ist zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 816, 817 Satz 1, 822 BGB). Die Herausgabepflicht erstreckt sich gem. § 818 Abs. 1 BGB auf die gezogenen Nutzungen sowie auf die Gegenstände, die an die Stelle des Erlangten getreten sind (sog. Surrogate). Ist die Herausgabe nicht möglich, so hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, § 818 Abs. 2 BGB.
Wann ist die Herausgabepflicht grundsätzlich ausgeschlossen?
Nach § 818 Abs. 3 BGB ist die Pflicht zur Herausgabe und zum Wertersatz ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
Was besagt die von der Rechtsprechung entwickelte Saldotheorie? Erläutern Sie Ihre Antwort anhand eines Beispiels!
Eine Anwendung der Saldotheorie kommt bei der Rückabwicklung von gegenseitigen Verträgen in Betracht. Sie erlaubt es dem Bereicherungsschuldner, von dem gegen ihn gerichteten Bereicherungsanspruch den Wert der von ihm erbrachten Gegenleistung abzuziehen, wenn der andere Teil sich gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann und die Gegenleistung daher nicht herausgeben muss.
Zur Erläuterung sei das folgende Beispiel angeführt: K hat bei dem Juwelier V eine Kette zu einem Preis in Höhe von 1 000 € (tatsächlicher Wert: 800 €) erworben. Später ficht K den Kaufvertrag wegen Irrtums wirksam an. Er hat die Kette allerdings verloren, so dass er entreichert und seine Herausgabepflicht somit nach § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist. Unter Zugrundelegung der Saldotheorie kann K von V gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternatve BGB lediglich die Rückzahlung von 200 € verlangen. V ist nämlich befugt, von dem gegen ihn gerichteten Bereicherungsanspruch (Kaufpreis i. H. von 1 000 €) den Wert der von ihm erbrachten Gegenleistung (= 800 €) abzuziehen.
Was versteht man unter Verschuldenshaftung, was unter Gefährdungshaftung? Welche beiden Fallgruppen der Verschuldenshaftung können unterschieden werden? Nennen Sie Beispiele!
Die Verschuldenshaftung setzt ein schuldhaftes, also vorsätzliches oder fahrlässiges, Handeln des Schädigers voraus; man spricht daher auch von einer Haftung aus verschuldetem Unrecht. Der Beweis dafür, dass den Schädiger ein Verschulden trifft, obliegt grundsätzlich dem Geschädigten. Die Verschuldenshaftung ist also grundsätzlich eine Haftung für nachgewiesenes Verschulden. Als Beispiele seien die §§ 823 Abs. 1 und 826 BGB angeführt. Es gibt aber auch Fälle, in denen der Schädiger sein fehlendes Verschulden nachweisen muss, um der Haftung zu entgegnen. Diese Fälle werden als Haftung für vermutetes Verschulden bezeichnet. Ein Beispiel ist die Haftung des Geschäftsherrn aus § 831 Abs. 1 BGB.
Die Gefährdungshaftung knüpft hingegen an das Betreiben einer gefährlichen Anlage oder an die Ausübung einer gefährlichen Tätigkeit an. Der Haftpflichtige tut zwar nichts Verbotenes; wenn sich die Gefahr aber realisiert, muss er für den Schaden einstehen. Ein schuldhaftes und rechtswidriges Handeln ist also nicht erforderlich. Tatbestände der Gefährdungshaftung sind z. B. in den §§ 7 StVG, 833 BGB sowie 1 ProdHaftG geregelt.
Schützt § 823 Abs. 1 BGB unmittelbar das Vermögen als solches?
Nein. Aus dem Wortlaut des § 823 Abs. 1 BGB ergibt sich, dass nach dieser Vorschrift nur solche Schäden ersatzfähig sind, die auf einer Verletzung der dort genannten Rechtsgüter (Leben, Körper…), des Eigentums oder eines sonstigen absoluten Rechts beruhen. Das Vermögen als solches ist kein dem Eigentum ähnliches „sonstiges Recht„. Nach § 823 Abs. 1 BGB zu ersetzen sind allerdings Vermögensschäden, die Folge der Verletzung eines absoluten Rechtes oder eines Rechtsgutes sind. Das Vermögen ist also immerhin mittelbar durch § 823 Abs. 1 BGB geschützt.
Machen Sie anhand eines knappen Prüfungsschemas den üblichen Aufbau eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB deutlich!
Das Prüfungsschema könnte wie folgt aussehen:
- Tatbestand
Verletzung eines der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechte oder Rechtsgüter
Adäquat kausale Verursachung der Rechts- bzw. Rechtsgutverletzung durch ein Verhalten des Schädigers (haftungsbegründende Kausalität)
- Rechtswidrigkeit
- Verschulden
- Schaden
- Adäquater Kausalzusammenhang zwischen Rechts- bzw. Rechtsgutverletzung und Schaden (haftungsausfüllende Kausalität)
Erläutern Sie anhand eines Beispiels, wann einer Sache ein sog. weiterfressender Mangel anhaftet!
Eine mit einem weiterfressenden Mangel behaftete Sache ist nicht insgesamt wertlos oder unbrauchbar. Der in der Sache schlummernde Mangel betrifft nämlich lediglich einen abgrenzbaren Teil der Gesamtsache. Er kann sich aber „weiterfressen„ und so zu einer Beschädigung oder gar Zerstörung der bis dahin im Übrigen mangelfreien Gesamtsache führen. Die Abgrenzung, wann ein weiterfressender Mangel vorliegt und wann die Sache wegen des Mangels von vornherein insgesamt mangelhaft ist, ist schwierig. Klassisches Beispiel ist der so genannte Schwimmschalterfall, in dem ein geringwertiger schadhafter Schwimmschalter einen Brand verursacht hat, der zur Zerstörung der Maschine geführt hat, in die der Schalter eingebaut war.
Was ist damit gemeint, wenn davon die Rede ist, dass die Rechtswidrigkeit indiziert wird?
Wenn ein durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut oder Recht durch eine Handlung des Schädigers unmittelbar verletzt wird, dann kann ohne weitere Prüfung davon ausgegangen werden, dass die für eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB erforderliche Rechtswidrigkeit gegeben ist. Die Rechtswidrigkeit entfällt in einem solchen Fall nur dann, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.
Worauf muss sich im Rahmen eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB das Verschulden des Deliktstäters beziehen?
Bezugspunkte des Verschuldens sind nur der Tatbestand und die Rechtswidrigkeit. Auf den letztlich zu ersetzenden Schaden, der durch die Rechts- bzw. Rechtsgutverletzung herbeigeführt worden ist, muss sich das Verschulden dagegen nicht beziehen.