Kapitel 1: Einführung in das Bürgerliche Recht Flashcards
Wie kann man den Begriff des Rechts definieren?
Recht ist eine soziale Ordnung, die das Zusammenleben der Menschen regelt (soziale Spielregeln). Es handelt sich um Ge- und Verbote, welche die Konflikte zwischen den Menschen regeln. Da das Recht eine gerechte Gemeinschaftsordnung gewährleisten soll, müssen die rechtlichen Vorschriften an einer übergeordneten Idee der Gerechtigkeit ausgerichtet sein. Entscheidend für die Rechtsqualität ist ferner, dass diese Vorschriften vom Staat zwangsweise durchgesetzt werden können.
Was ist „Sitte„?
Unter „Sitte„ ist die Zusammenfassung der Bräuche und Gewohnheiten zu verstehen, die in bestimmten Menschengruppen das zwischenmenschliche Verhalten regeln. Die Befolgung dieser Anstandsregeln ist nicht rechtlich, sondern (nur) gesellschaftlich gefordert. Sie kann nicht mit staatlichem Zwang durchgesetzt werden. Statt einer rechtlichen Sanktion zieht die Verletzung der Anstandsregeln die gesellschaftliche Missachtung nach sich. Wie die rechtlichen Regeln verlangen die sittlichen Regeln ein bestimmtes äußeres Verhalten, ohne dass es auf die innere Einstellung ankommt. Teilweise beziehen sich rechtliche Vorschriften aber auf die Sitte, etwa auf die Verkehrssitte (§§ 157, 242 BGB) oder auf Handelsbräuche (§ 346 HGB).
Was versteht man unter dem Begriff der Sittlichkeit oder der Moral?
Die Sittlichkeit oder Moral stellt Sollensvorschriften für das menschliche Zusammenleben auf, die sich nicht nur auf das äußere Verhalten, sondern auch und vor allem auf die innere Einstellung beziehen. Es geht um die Verwirklichung des Guten und damit um mehr als bloß um die Gewährleistung eines einigermaßen gedeihlichen Zusammenlebens. Die Moral geht über das ethische Minimum des Rechts und auch über die Sitte hinaus.
Was ist das Privat- oder Zivilrecht?
Das Privat- oder Zivilrecht regelt die Rechtsbeziehungen von Rechtssubjekten grundsätzlich auf der Ebene der Gleichordnung und Gleichberechtigung. Diese Gleichrangigkeit findet ihren Ausdruck u. a. darin, dass das Privatrecht weitgehend vom Grundsatz der Privatautonomie, also der Gestaltungs- und Vertragsfreiheit der Rechtssubjekte, geprägt wird. Auch Träger öffentlicher Gewalt können privatrechtlich handeln, wenn z. B. eine Gemeindeverwaltung neue Rechner oder Büromaterial einkauft. Zusammenfassend kann man das Privat- oder Zivilrecht als „Jedermannrecht„ bezeichnen, weil es solche Rechte und Pflichten zum Gegenstand hat, die jedermann zustehen können.
Welche Rechtsverhältnisse regelt das öffentliche Recht?
Das öffentliche Recht regelt vor allem das Verhältnis zwischen Bürger und Staat in einem Über- und Unterordnungsverhältnis. Es geht um das Verhältnis des Einzelnen zum Staat als Träger hoheitlicher Gewalt. Zum öffentlichen Recht gehören außerdem solche Vorschriften, welche die Rechtsverhältnisse von Hoheitsträgern untereinander regeln. Zusammenfassend lässt sich das öffentliche Recht als das Sonderrecht des Staates kennzeichnen.
Was ist der Unterschied zwischen dem Bürgerlichen Recht und dem Sonderprivatrecht?
Das Bürgerliche Recht ist der Teil des Privatrechts, der für jedermann gilt. Deshalb kann man es auch als das allgemeine Privatrecht und als Kerngebiet des Privatrechts bezeichnen. Geregelt wird es im BGB und in ergänzenden Sondergesetzen wie z. B. dem Produkthaftungsgesetz oder dem Wohnungseigentumsgesetz.
Unter dem Sonderprivatrecht oder besonderen Privatrecht versteht man hingegen diejenigen Teile des Privatrechts, die nur für bestimmte Personengruppen oder Gegenstände gelten. Dazu gehören das Handelsrecht als das Sonderprivatrecht der Kaufleute, das Wirtschaftsrecht, soweit es nicht zum öffentlichen Recht gehört, als das Sonderprivatrecht der gewerblichen Wirtschaft, das Immaterialgüterrecht als das Sonderprivatrecht, welches das Recht der Urheberrechte und der gewerblichen Schutzrechte regelt, und das Arbeitsrecht als das Sonderprivatrecht der abhängig (unselbständig) Beschäftigten. Das Verbraucherschutzrecht wird teilweise ebenfalls als eigenes Sonderprivatrecht angesehen.
Welche Rechtsquellen kennen Sie? Gehört auch das Richterrecht dazu?
Grundsätzlich lassen sich nach der Entstehung der Rechtsnormen zwei Arten von Rechtsquellen unterscheiden. Dabei handelt es sich erstens um das von den Organen einer Gemeinschaft ausdrücklich gesetzte Recht (gesetztes Recht), zu dem Gesetze, Rechtsverordnungen und Satzungen gehören. Die zweite Rechtsquelle ist das Gewohnheitsrecht. Darunter versteht man solche Regelungen, die infolge langdauernder Übung und allgemeiner Anerkennung zu Rechtsnormen erstarkt sind.
Das Richterrecht ist demgegenüber keine Rechtsquelle, weil die Gerichte stets ausschließlich den konkreten Fall mit rechtlicher Bindungswirkung nur für die Parteien dieses Rechtsstreits entscheiden; etwas Anderes gilt lediglich für das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof. Vor allem die höchstrichterlichen Entscheidungen haben indessen eine bedeutende faktische Bindungswirkung, weil die obersten Gerichte abweichende Entscheidungen unterer Gerichte regelmäßig abändern, wenn die unterlegene Partei ein Rechtsmittel einlegt.
Welchen Inhalt und welche Bedeutung hat der Grundsatz der Privatautonomie?
Der Grundsatz der Privatautonomie ist die wohl wichtigste Ausprägung der liberalistischen und individualistischen Grundhaltung des BGB. Er basiert auf der Vorstellung der freien und für sich selbst verantwortlichen Person, die ihre privaten Lebensverhältnisse in freier Selbstbestimmung und ohne staatliche Hilfe oder Bevormundung gestaltet. Dieser Grundsatz der Freiheit und der Selbstverantwortung soll es ermöglichen, dass das eigennützige Streben des Einzelnen und das freie Spiel der Kräfte im Wettbewerb allen zugute kommen und zu einer optimalen Ordnung des Zusammenlebens der Menschen führen. Damit ist der Grundsatz der Privatautonomie wohl der tragende Grundsatz des Privatrechts, zumindest aber des Vermögensrechts mit herausragender politischer und wirtschaftlicher Bedeutung.
Was ist die wichtigste Ausprägung des Grundsatzes der Privatautonomie, und welche weiteren Ausprägungen kennen Sie?
Die wichtigste Ausprägung des Grundsatzes der Privatautonomie ist das Prinzip der Vertragsfreiheit. Die Vertragsfreiheit umfasst zum einen die freie Entscheidung darüber, ob jemand überhaupt einen Vertrag schließen will; das ist die Abschlussfreiheit. Zum anderen umfasst sie die Freiheit der Parteien, den Vertrag inhaltlich auszugestalten; das ist die Inhalts- oder Gestaltungsfreiheit. Sie gilt vor allem im Schuldrecht (vgl. dazu § 311 Abs. 1 BGB).
Des Weiteren zeigt sich die Privatautonomie in der Eigentumsfreiheit: Nach § 903 Satz 1 BGB kann der Eigentümer einer Sache mit dieser verfahren, wie er will, und andere von der Einwirkung ausschließen. Außerdem kommt der Grundsatz der Privatautonomie in der Testierfreiheit zum Ausdruck: Nach § 1937 BGB kann durch Testament jeder bestimmen, an wen sein Vermögen nach seinem Tod fallen soll.
Diese grundlegenden Prinzipien des BGB sind heute auch durch das Grundgesetz, insbesondere durch Art. 2 Abs. 1 GG (Allgemeine Handlungsfreiheit) und durch Art. 14 GG (Eigentum und Erbrecht) zumindest als Institutionen garantiert.
Warum und wodurch wird der Grundsatz der Privatautonomie eingeschränkt?
Der Grundsatz der Privatautonomie ist im BGB nicht lückenlos durchgeführt worden, weil in keiner Gesellschaft auf Dauer stets nur das Recht des Stärkeren gelten kann. So kann insbesondere die Vertragsfreiheit ihre Funktion nur dann richtig erfüllen, wenn die Vertragspartner bei Abschluss des Vertrags ungefähr gleich stark sind. Deshalb findet sich zum Ausgleich von Ungleichgewichtslagen, die durch die Privatautonomie nicht gesteuert werden können, neben allgemeinen Regeln wie der in § 138 Abs. 2 BGB geregelten Nichtigkeit wucherischer Rechtsgeschäfte eine ständig wachsende Zahl besonderer Schutzvorschriften. Beispiele sind die Regelungen der §§ 305 ff. BGB zu den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen”, diejenigen der §§ 491 ff. BGB zu Verbraucherdarlehensverträgen und die Schutzvorschriften des Miet- und Arbeitsrechts zugunsten des typischerweise schwächeren Mieters und Arbeitnehmers. Die Abschlussfreiheit kann in besonders gelagerten Fällen durch den Zwang eingeschränkt werden, einen Vertrag abzuschließen. Ein solcher Kontrahierungszwang besteht vor allem dann, wenn der Anbieter ein gesetzliches Monopol hat oder wenn das entsprechende Gut von existentieller Bedeutung ist (so z. B. im Bereich der Verkehrshaftpflichtversicherung).
Definieren Sie bitte die Begriffe des dispositiven und des zwingenden Rechts und geben Sie dazu Beispiele.
Um dispositives oder nachgiebiges Recht (ius dispositivum) handelt es sich, wenn eine gesetzliche Bestimmung durch eine Vereinbarung der Parteien ausgeschlossen oder abgeändert werden kann. Solche dispositiven Regelungen stellt das BGB vor allem für die einzelnen Verträge wie etwa den Kaufvertrag (§§ 433 ff. BGB) auf; sie verstehen sich mehr als Modell einer vertraglichen Regelung, also als Vertragstypus, statt als verbindliche Regelung.
Dagegen liegt zwingendes Recht (ius cogens) vor, wenn eine gesetzliche Bestimmung nicht durch den Willen der Parteien abgeändert oder ausgeschlossen werden kann. Zwingendes Recht schließt also die Vertragsfreiheit aus. Dabei kann es sich beispielsweise um Formvorschriften wie § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB (notarielle Beurkundung des Grundstückskaufvertrags) oder § 623 BGB (Schriftform der Kündigung des Arbeitsvertrags oder des Aufhebungsvertrags) handeln, deren Nichteinhaltung gem. § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt. Solche zwingenden Formvorschriften dienen der Beweissicherung oder sollen den Erklärenden vor der übereilten Abgabe einer Willenserklärung schützen. Andere zwingende Vorschriften sollen den Schutz des unerfahrenen und wirtschaftlich schwächeren Vertragspartners vor besonders nachteiligen Vertragsbedingungen gewährleisten; sie finden sich etwa im Mietrecht, im Arbeitsrecht und im Verbraucherschutzrecht.
Wann ist das BGB in Kraft getreten?
Das BGB ist am 1. 1. 1900 in Kraft getreten.
Wie ist das BGB aufgebaut?
Das BGB gliedert sich in fünf Bücher: Allgemeiner Teil (§§ 1 – 240), Schuldrecht (§§ 241 – 853), Sachenrecht (§§ 854 – 1296), Familienrecht (§§ 1297 – 1921) und Erbrecht (§§ 1922 – 2385).
Erläutern Sie bitte die Ausklammerungsmethode des Allgemeinen Teils und die Verweisungstechnik.
Der Gesetzgeber hat im Allgemeinen Teil diejenigen Regelungen „vor die Klammer gezogen„, die für das gesamte BGB Geltung beanspruchen. Er hat diese Technik gewählt, um das Gesetzbuch nicht zu kasuistisch (also rein fallbezogen) und damit nicht zu umfangreich werden zu lassen. Danach enthält der Allgemeine Teil z. B. in den §§ 145 ff. BGB die Regelungen zum Vertragsschluss, weil es Verträge im Schuld-, Sachen-, Familien- und Erbrecht gibt. Innerhalb des Allgemeinen Teils sind beispielsweise die Vorschriften der §§ 116 ff. BGB zu den Willenserklärungen ausgeklammert worden, weil nicht nur das zum Vertragsschluss erforderliche Angebot und die Annahme, sondern etwa auch die Anfechtungserklärung (§ 143 BGB) und die Erteilung einer Vollmacht (§ 167 BGB) Willenserklärungen sind.
Mit der Ausklammerungsmethode hängt die Verweisungstechnik zusammen. Der Inhalt einer Norm wird nicht wiederholt, sondern es wird auf die allgemeine Norm verwiesen. Das hat zwar grundsätzlich den Vorteil, überflüssige Wiederholungen zu vermeiden und so den Gesetzestext insgesamt kürzer zu halten; andererseits kann durch ein Übermaß an Verweisungen jedoch die Verständlichkeit leiden (vgl. z. B. § 2013 BGB).
Was versteht man unter dem Recht im objektiven Sinn?
Das Recht im objektiven Sinn umfasst die Gesamtheit aller Rechtsnormen. Dem gemäß umfasst das Privatrecht im objektiven Sinn die Gesamtheit der privatrechtlichen Rechtsnormen.
Wie wird das Recht im subjektiven Sinn definiert?
Das subjektive Recht wird allgemein definiert als die Rechtsmacht, die einem Rechtssubjekt von der Rechtsordnung verliehen worden ist. Nach einer weitergehenden Definition handelt es sich um die von der Rechtsordnung verliehene Willensmacht einer Person zur Befriedigung menschlicher Interessen.
Was ist ein subjektives Privatrecht, und welche Arten subjektiver Privatrechte kennen Sie?
Das subjektive Privatrecht oder das Privatrecht im subjektiven Sinn ist das wichtigste Element des Privatrechtsverhältnisses. Man versteht darunter die dem Einzelnen vom Privatrecht im objektiven Sinn verliehene Rechtsmacht bzw. die dieser Person vom Privatrecht verliehene Willensmacht zur Befriedigung menschlicher Interessen. Teilt man subjektive Privatrechte nach dem Inhalt der Rechtsmacht ein, die sie dem Einzelnen einräumen, lassen sich Persönlichkeitsrechte, Herrschaftsrechte, Ansprüche und Gestaltungsrechte unterscheiden. Nach dem Kreis der durch das subjektive Privatrecht Verpflichteten unterscheidet man hingegen absolute und relative Rechte.
Was sind Persönlichkeitsrechte?
Persönlichkeitsrechte sind diejenigen subjektiven Privatrechte, die dem einzelnen Menschen als Persönlichkeit zustehen. Das BGB schützt in § 823 Abs. 1 das Leben, den Körper, die Gesundheit und die Freiheit des Menschen sowie in § 12 das Namensrecht als Teilaspekte der Persönlichkeit. Bezüglich weiterer Teilaspekte finden sich Sondergesetze wie die §§ 22 ff. KunstUrhG, die das Recht einer Person am eigenen Bild schützen. Als darüber hinausgehenden allgemeinen Schutz des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit hat die Rechtsprechung auf der Grundlage des verfassungsrechtlich garantierten Schutzes der Menschenwürde und der freien Entfaltung der Persönlichkeit in Art. 1 und 2 GG das allgemeine Persönlichkeitsrecht entwickelt, das als sonstiges Recht i. S. von § 823 Abs. 1 BGB gegen schuldhafte und rechtswidrige Verletzungen geschützt wird.
Was sind Herrschaftsrechte?
Herrschaftsrechte räumen ihrem Inhaber eine absolute und unmittelbare Herrschaftsmacht über einen bestimmten Gegenstand ein. Sie können bestehen an Sachen, Rechten und geistigen Schöpfungen.
Wie wird der Begriff des Anspruchs definiert, und wo findet sich die Legaldefinition?
§ 194 Abs. 1 BGB definiert den Anspruch als das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Dem Anspruch des Berechtigten steht spiegelbildlich, als Kehrseite der Medaille, die entsprechende Pflicht des Verpflichteten gegenüber. Die Ansprüche des Schuldrechts heißen Forderungen. Der Gesetzgeber bezeichnet den Inhaber der Forderung (den Berechtigten) als Gläubiger und den Verpflichteten als Schuldner: Nach § 241 Abs. 1 BGB ist der Gläubiger kraft des Schuldverhältnisses berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern, die auch in einem Unterlassen bestehen kann.
Erläutern Sie bitte den Begriff des Gestaltungsrechts und geben Sie Beispiele für Gestaltungsrechte.
Ein Gestaltungsrecht gibt seinem Inhaber die Rechtsmacht, einseitig, ohne die Mitwirkung eines anderen, auf eine bestehende Rechtslage einzuwirken. Dazu muss er im Regelfall eine Willenserklärung abgeben, die wegen ihrer Wirkung als rechtsgestaltende Willenserklärung bezeichnet wird. Der Berechtigte kann ein neues Recht begründen oder ein bestehendes Rechtsverhältnis ändern oder beenden. Zu den Gestaltungsrechten gehören etwa die Anfechtung einer Willenserklärung (§§ 119 ff. BGB), die Kündigung eines Vertrags (z. B. eines Miet- oder eines Arbeitsvertrags) und der Rücktritt vom Vertrag (§§ 346 ff. BGB).
Was ist der Unterschied zwischen absoluten und relativen Rechten?
Absolute Rechte sind solche subjektiven Privatrechte, die gegenüber jedermann wirken. Dazu gehören vor allem die dinglichen Rechte, also in erster Linie das Eigentum, und die durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechte. Relative Rechte wirken hingegen nur zwischen und gegenüber bestimmten Personen. Sie werden vor allem durch schuldrechtliche Verträge begründet.
Was versteht man unter dem Gewaltmonopol des Staates?
Ein Rechtsinhaber (Gläubiger) darf sein subjektives Privatrecht grundsätzlich nicht selbst gewaltsam durchsetzen, sondern muss sich staatlicher Hilfe bedienen. Er muss das zuständige Gericht anrufen und eine rechtskräftige Entscheidung erstreiten. Leistet der Verpflichtete (Schuldner) dann immer noch nicht freiwillig, muss der Gläubiger den Gerichtsvollzieher oder das Vollstreckungsgericht bemühen.
Wann darf man sein subjektives Privatrecht ausnahmsweise selbst gewaltsam durchsetzen?
Die eigenmächtige Durchsetzung oder Sicherung von Rechten darf nur in wenigen, gesetzlich geregelten Ausnahmefällen erfolgen. Solche Ausnahmen sind die Selbsthilfe (§§ 229 ff. BGB), die Notwehr (§ 227 BGB) und der Notstand (§§ 228, 904 BGB).
Erläutern Sie bitte die Unterschiede zwischen dem Aggressiv- oder Angriffsnotstand auf der einen und dem Defensiv- oder Verteidigungsnotstand auf der anderen Seite.
Bei dem in § 904 BGB geregelten Aggressiv- oder Angriffsnotstand geht es um die Einwirkung auf eine Sache, von der keine Gefahr ausgeht. Danach handelt derjenige rechtmäßig, der auf eine fremde Sache einwirkt, wenn die Einwirkung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig und der drohende Schaden gegenüber dem aus der Einwirkung dem Eigentümer entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß ist (§ 904 Satz 1 BGB). In einer solchen Notlage mutet das Gesetz es dem Eigentümer zu, dass sein Herrschaftsrecht eingeschränkt wird. Zum Ausgleich verpflichtet § 904 Satz 2 BGB den Einwirkenden zum Schadensersatz.
Bei dem in § 228 BGB geregelten Defensiv- oder Verteidigungsnotstand handelt dagegen rechtmäßig, wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, sofern die Beschädigung oder Zerstörung der Sache zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältnis zur Gefahr steht (§ 228 Satz 1 BGB). Hat der Abwehrende die Gefahr allerdings verschuldet, muss er Schadensersatz leisten (§ 228 Satz 2 BGB).
Ein wesentlicher Unterschied besteht also zunächst in der Gefahrenquelle. Während beim Defensivnotstand die Gefahr von der dann beschädigten oder zerstörten Sache ausging, beschädigt oder zerstört der im Aggressivnotstand Handelnde eine Sache, von der keine Gefahr ausgeht. Außerdem muss bei § 904 BGB der drohende Schaden unverhältnismäßig größer sein als der dem Eigentümer durch die Einwirkung auf seine Sache entstehende Schaden. Dieses Verhältnis ist genau umgekehrt wie das Verhältnis beim Defensivnotstand gem. § 228 BGB.
Wann kann der Schuldner die Verjährungseinrede erheben, und welche Folge hat das?
Nach § 194 Abs. 1 BGB unterliegen Ansprüche der Verjährung. Dabei handelt es sich um eine zeitliche Grenze der Rechtsausübung oder um die Entkräftung eines Anspruchs durch Zeitablauf. Liegen die in den §§ 195 ff. BGB näher geregelten Voraussetzungen für den Eintritt dieser zeitlichen Grenze, also der Verjährung, vor, gibt § 214 Abs. 1 BGB dem Verpflichteten das Recht, die Erfüllung des gegen ihn gerichteten Anspruchs zu verweigern. Damit handelt es sich um ein Leistungsverweigerungsrecht. Das bedeutet, dass der Verpflichtete sein Recht zur Verweigerung der Leistung geltend machen muss, wenn er nicht mehr leisten will – er muss die Verjährungseinrede erheben. Tut er das im Prozess nicht (und hat er es auch vorher noch nicht getan), wird ihn das Gericht zur Leistung verurteilen. Erhebt er dagegen die Einrede, darf er die Leistung dauernd verweigern. Es handelt sich um eine dauernde, ausschließende (peremptorische) Einrede.
Wie lang ist die regelmäßige Verjährungsfrist?
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gem. § 195 BGB drei Jahre. Sie gilt, soweit keine gesetzlichen Spezialvorschriften oder abweichende vertragliche Vereinbarungen längere oder kürzere Verjährungsfristen vorsehen.
Was und wer sind Rechtssubjekte?
Rechtssubjekte sind die Adressaten von Rechtsnormen, die ihnen sowohl bestimmte subjektive Privatrechte als auch Pflichten zuweisen. Daher sind Rechtssubjekte zugleich die Träger von Rechten und Pflichten. Das Gesetz unterscheidet natürliche Personen (Überschrift vor §§ 1 ff. BGB) und juristische Personen (Überschrift vor §§ 21 ff. BGB). Um Träger von Rechten und Pflichten sein zu können, müssen Rechtssubjekte begriffsnotwendig Rechtsfähigkeit besitzen. Insoweit stellen die nichtrechtsfähigen Personenverbände wie z. B. der nichtrechtsfähige Verein (§ 54 BGB) eine Besonderheit dar. Hier ist der Rechtsträger nicht der Personenverband als solcher, sondern die Träger der Rechte und Pflichten sind die Personen, die den Verband konstituieren, in ihrer Verbundenheit.