Familie und Partnerschaft (PBCo 7&8) Flashcards
Welche Bereiche unserer Entwicklung werden von der Familie beeinflusst?
- kurz gesagt, alle
- die Verinnerlichung unserer Familie enthält Glaubenssätze, Wertannahmen, Schuldgefühle, Opfergefühle sowie Vorstellungen von Lebensstil, Zeitwahrnehmung und -einteilung, von Ritualen und emotionalen Grundstimmungen.
- einige dieser Identifikationen wehren wir ab und wenden sie ins Gegenteil, da wir diese Art zu leben, zu fühlen oder zu sein auf keinen Fall wieder erleben möchten.
- in anderen Verinnerlichungen sind wir gefangen, ohne sie hinterfragen zu können.
Was sind die Basisdimensionen des Familienlebens nach dem Family-Categories-Schema nach Epstein?
• Aufgabenerfüllung und Rollenverhalten: Wer hat welche Aufgaben in den einzelnen Zyklen des Familienlebens?
• Kommunikation: Welche verbalen und nonverbalen Kommunikationsmuster werden genutzt? Wo gibt es Störungen?
• Emotionalität: Wie können sich die einzelnen Familienmitglieder in das Leben der anderen einfühlen?
• Affektive Beziehungsaufnahme: Welche affektiven Spannungsverhältnisse gibt es? Wie werden Freiheit und Bindung gefühlsmäßig organisiert?
• Kontrolle: Wie anpassungsfähig sind die Rollenmuster auf Veränderungsdruck?
Wie groß sind die stabilisierenden Kräfte?
• Werte und Normen: Welche Wertvorstellungen, Überzeugungen und Meinungen bestimmen das Familienleben?
Wie funktioniert die Skulpturarbeit Virginia Satir’s
- Satir abstrahierte die anfänglich theatralische systemische Arbeit des Psychodramas
- die Betonung lag auf “Strukturen und zugrunde liegende Identifizierungsprofilen und Beziehungsgeflechten im System”
- die Abstraktion wurde durch eine mehrtägige Skulpturarbeit vorbereitet, in der die Geschichte der Familie über mehrere Generationen aus allen Blickwinkeln beleichtet wurde
- sie wandelte das Ausagieren in szenischer Form in ein Spiel von Körperhaltung, Gestik und Mimik, welche die tragenden Emotionen ausdrücken sollten.
- die Wahl bestimmter Stehplätze (Positionen) gab durch ihre Entfernungsverhältnisse und
Blickrichtungen ebenfalls Auskunft über die Beziehungen. Diese Informationen
waren den Patienten zuvor meist nicht bewusst. - in den 60ern erkannte sie, dass Körperhaltung, Gestik, Mimik und Position eine bestimmte Emotion oder innere Bilder hervorrufen - unabhängig von der Person, die sich in diese Körperhaltung begab
- in der Folge begann sie, statt der Familien- oder Systemmitglieder so genannte Stellvertreter aufzustellen
- die Stellvertreter gaben später an, ähnliche Gefühle zu haben wie die Familien- oder Systemmitglieder
Wie sollte man bei einem Familien- oder Paargespräch beginnen?
- zum Einstieg sollte man etwas Small Talk halten oder über das kommende Gespräch und den Ablauf reden
- am Verhalten der beteiligten Personen lernt man bereits in dieser Phase einiges über die Rollen im System (wer spricht zuerst, wer setzt sich wo hin, etc.)
- in der Folge sollte man das Problem mit spezifischen Fragen konkretisieren und eingrenzen
- gemeinsam sucht man dann nach Zielen und Ressourcen
- alles in allem standardmäßiges Vorgehen
Erläutere die von Duhl und Kantor entwickelte Form der systemischen Familien- und Organisationsberatung
- diese hatte ihren Ursprung in der Skulpturarbeit Jakob Morenos
- sie gingen davon aus, dass es vorteilhaft wäre, die problemrelevanten Teile eines Systems räumlich durch die betreffenden Personen oder durch Stellvertreter dieser Personen zu repräsentieren.
- dieses Aufstellen von Personen nannten sie System-Skulpturen. Die Repräsentationen waren auf diese Weise „greifbar“ für:
• Identifikationen,
• Rollentausch,
• Empathie und
• Intervention. - die Organisationen konnten dabei Familien, Vereine oder Firmen sein. Aus der Idee dieser Arbeit entwickelten sich verschiedene therapeutische Methoden.
Erläutere den Begriff “familiäres Ordnungsgefüge” und die Folgen, wenn dieses aus den Fugen gerät
- der Begriff beschreibt die Rollen innerhalb der Familie
- Eltern sind Eltern und nicht Freunde oder Gleiche
- Kinder sind Kinder und nicht die Vertrauten der Eltern
- Erstgeborene sind zuerst da und die Nachgeborenen kommen erst an nächster Stelle
- nimmt ein Kind eine scheinbare Elternrolle ein (bspw. es versucht die Ehe zu kitten) kommt es zu einer sog. Parentifizierung
- wenn nun beispielsweise ein Elternteil ein Kind in ein Geheimnis einweiht, zieht es das Kind aus diesem Ordnungssystem
- dies ist eine sog. Triangulierung
- Ergebnis ist oftmals, dass das Kind überfordert ist mit der Situation und von den anderen Kindern ferner Neid erfährt
Welche Arten von Verstrickungen können in Familien auftreten?
- verstrickte Menschen übernehmen Verantwortlichkeiten im System, für die sie eigentlich nicht zuständig sind (siehe z.B. das Beispiel mit der Ehe)
- neben der Triangulierung und der Parentifizierung gibt es noch eine weitere Form der Parentifizierung: die Identifizierung mit Glaubenssätzen, emotionalen Zuständen oder persönlichen Eigenschaften der Eltern
aus dieser Identifizierung können auch Fremdgefühle entstehen - ein weiterer wichtiger Punkt ist die “Nachfolge” des Elternschicksals
- dabei trägt ein Kind das schwere Los der Eltern oder anderer Vorfahren weiter, als wäre es sein eigenen
Welche drei Gefühlsarten werden unterschieden?
Das Primärgefühl
- es ist von kurzer Dauer und kann nicht konserviert werden.
- es überfällt einen Menschen impulsiv, der im erlebten Augenblick ganz davon erfüllt ist. Das kann ein unverfälschtes und klares Gefühl des Glücks, der Liebe, des Hasses, der Wut, der Verzückung, der Erregung sein.
- dieses Gefühl ist ungetrübt (ohne jedes Aber) und für einen Beobachter mitreißend oder ansteckend.
Das Sekundärgefühl
- dieses „Ersatzgefühl“ ist nicht identisch mit einem dahinter anklingenden Primärgefühl.
- der Verhaltenskodex, soziale Normen oder innere Glaubenssätze lassen
uns manchmal die primären Gefühle als unpassend erscheinen: Im Schwimmbad
die eigene Frau heftig und leidenschaftlich zu küssen (wenn es einen überkommt)
wäre sehr mutig. Oder: Eine tiefe Wut gegenüber den verstorbenen Eltern auszuleben scheint undankbar und verboten.
- stattdessen werden in den genannten Beispielen Gefühle des Umsorgens für die
Ehefrau empfunden („Soll ich dir Pommes von der Bude holen, Schatz?“). Oder es
wird das Gefühl von übermäßiger und lähmender Trauer gegenüber den toten
Eltern erlebt.
- diese Gefühle werden subjektiv als echt erlebt. Wir können zahlreiche gute
Gründe für unsere Gefühle auflisten (rationalisieren), die nach außen auch stichhaltig
erscheinen: „Ach, es waren ja so gute Eltern. Es ist so schade, dass . . .“
- sekundärgefühle können länger andauern und wirken auf Beobachter eher langweilig und verwirrend oder wecken Überdruss. Ihnen haftet etwas Schaustellerisches an, so als wollte der Akteur den Zuschauer manipulieren.
- trotzdem erregen Sekundärgefühle bei den meisten professionellen Helfern und
Beratern den Wunsch, etwas aufzudecken oder ins rechte Licht zu rücken: Sie
wecken den inneren Fremd-Helfer im Coach.
Fremdgefühle
- diese lassen sich aus dem Kontext, also aus der Situation und dem Erleben,
weder für die betroffene Person noch für einen Beobachter erklären. Gute Gründe
für dieses Gefühl kann der Betreffende selten nennen.
- es handelt sich meist um einen gefühlsmäßigen Dauerzustand, der unterschwellig vorhanden ist: Perspektivlosigkeit, Hadern mit dem Schicksal, Hilf- und Hoffnungslosigkeit,
Leichtsinn . . .
- auf Beobachter wirken Fremdgefühle lähmend. Man weiß nicht weiter und verliert wie in einem Nebel den Überblick.
Nach Hellinger werden Fremdgefühle durch Identifikation erworben.
Woran kann man Ersatzgefühle oder Verstrickungen erkennen?
- sprache, Gestik, Mimik und Emotion des Klienten geben uns Hinweise auf Ersatzgefühle oder Verstrickungen. Die Beratung ist jedoch nicht der geeignete Rahmen, um familiäre Verstrickungen zu lösen. Sie berühren damit die Grenze zur Therapie.
- trotzdem können Sie dem Klienten vielleicht wichtige Anregungen geben oder das Interesse an einer späteren Selbsterfahrung wecken.
- als Berater können Sie viele Sackgassen vermeiden, wenn Sie die fremden Gefühle und unangemessenen Verantwortlichkeiten aus der Vergangenheit Ihrer Klienten kennen lernen und klären. Folgende „Indizien“ können auf diese alten Verbindungen hinweisen:
• Der Klient spricht sehr lebhaft, bildreich und ausführlich von seinen Problemen und lässt Ihnen keinen Raum, zur Ressource oder zum Ziel umzuschwenken.
• Mit alten Familiengeschichten möchte der Klient sich nicht beschäftigen. Er reagiert mit Unwillen auf den „alten Kram“.
• Der Klient bietet gehäuft Rationalisierungen an und versucht Ihnen „Therapeutenfutter“ anzubieten: Klischees einer schlechten Kindheit oder Ungerechtigkeit,
auf die sich Berater und Therapeuten gern stürzen, die aber vom Thema wegführen.
• Der Klient wirkt unbeteiligt, gelangweilt, abwesend. Sie selbst als Berater können sich dann ebenso fühlen. Oder Sie haben das Gefühl, dass irgendetwas überhaupt nicht stimmt, ohne dass Sie das näher analysieren können.
• Der Klient benutzt Redewendungen, die auf Verstrickungen direkt hinweisen: „Hoffentlich werde ich nie wie mein Vater . . ., ich hänge so an . . ., es geht
mir genauso wie damals meiner Mutter . . ., davon kann ich mich nicht befreien . . .“
• Jammern, Vorwürfe, stolpernde, hastige Rede, unpassende Sprache in Melodie und Wortwahl. Beispiel: Kinderton eines Managers, pathetischer Ton eines jungen Studenten.
• Der Klient hat nicht das „eigene Gesicht“ oder verhält sich inkongruent: Bei erwachsenen Klienten findet sich das Lächeln eines angepassten oder eines gehorsamen und loyalen Kindes. Weitere Beispiele: Lächeln bei Depression
oder schwerem Schicksalsschlag, betrübtes Gesicht trotz eines schönen Ereignisses oder eines großen Erfolges, heiteres Geplauder über einen schweren Verlust, gleich bleibender trauriger Gesichtsausdruck . . .
• Die Körperhaltung und die Erscheinung entspricht nicht der erwarteten Person: Der Klient sieht zu alt oder zu jung aus oder zeigt ein gegengeschlechtliches Verhalten.