F10 Psychische + Verhaltensst. durch Alkohol (inkl. Therapie bei Entzug und Abhängigkeit) Flashcards
ICD Kriterien Alkoholabhängigkeit
Drei oder mehr der folgenden Kriterien sollten zusammen mindestens einen Monat lang bestanden haben; falls sie nur für eine kürzere Zeit aufgetreten sind, sollten sie innerhalb von zwölf Monaten wiederholt bestanden haben.
1. Starkes Verlangen (Craving) oder eine Art Zwang, die Substanz zu konsumieren.
2. Kontrollverlust über Beginn, Beendigung oder Menge aber auch über geplanten Zeitraum
des Substanzkonsum oder diesen zu verringern oder zu kontrollieren.
3. Entzugssymptome, wenn Substanz reduziert oder abgesetzt wird
4. Toleranzentwicklung mit Dosissteigerung
5. Einengung auf Substanzgebraucht mit Interessensverlust an alltäglichen Aktivitäten.
6. Anhaltender Substanzgebrauch trotz deutlicher und bewusster Folgeschäden
Epidemiologie und Gefährdungsgrenze der Alkoholabhängigkeit
14% riskanter Alkoholkonsum (= tgl. Alkohol an >5d/Woche, bei Frauen 20g, bei Männern 30-40g) -> noch keine gesundheitlichen / sozialen Probleme
Alkoholabhängigkeit:
5% der ÖsterreicherInnen (340.000)
3,4% Männer (v.a. Selbstständige, Freiberufler, ungelernte Arbeiter)
1,4% Frauen (v.a. obere soziale Schichten)
12% gefährdet
Gefährdungsgrenze für körperliche Schädigung (Hochrisikokonsum beginnt hier):
Frauen: 40g/d
Männer: 60g/d
Harmlosigkeitsgrenze:
ca. 20g/d
(Frauen: 16g/d
Männer: 24g/d)
Wirkung von Alkohol und neurobiolog. Entstehung der Abhängigkeit
Erste Wirkung
- hemmt Glutamat
- fördert GABA (erregungsdämpfend)
-> entspannte Euphorie
-> biphasische Wirkung: Euphorie, dann Sedierung
-> Alkohol dockt an NMDA-, GABA-, Glycin-, Serotonin-, Acetylcholin-, Opioid-Rezeptoren
Toleranzentwicklung:
- Rezeptordichte von GABA reduziert sich
- Rezeptordichte von Glutamat erhöht sich
Dopamin = verhaltensverstärkend, für Verlangen und Suchtgedächtnis verantwortlich, Aufrechterhalten d. Trinkgewohnheit, Kontrollminderung, Craving, Ausmaß der Dopaminfreisetzung korreliert mit hohem Rückfallrisiko
Endocannabinoid/Opioidsystem:
Endorphin/Enkephalinbildung + Ausschüttung -> hedonistische Gefühle (Genusssüchtig)
Aktivierung von Stresssystemen die zur Aufrechterhaltung des Trinkens führen (neg. Verstärkereffekte)
Zentral in der Entwicklung der Abhängigkeit: mesolimbisches dopaminerges Belohnungssystem
Entstehung der Alkoholabhängigkeit (Krankheitsverlauf nach Jellinek)
1. Präalkoholische Phase: ENtwicklung hin zu tägl. Trinken, Erleichterungstrinken
2. Prodromalphase: heimliches Trinken, Schuldgefühle, Alkoholvorräte, erste Filmrisse
3. kritische Phase: Unvermögen auf Alkohol zu verzichten
4. chronische Phase: Trunkenheit über den ganzen Tag und situationsunabhängig
Symptomatische Phase
* Erleichterungstrinken
* Gelegentliches Erleichterungstrinken geht über die Erhöhung der Alkoholtoleranz in ein ständiges Erleichterungstrinken über
* Anfangs schreibt der Trinker die Erleichterung der Situation zu (lustige Gesellschaft)
* Er sucht Gelegenheiten, bei denen beiläufig getrunken wird
Prodromale Phase
* Quantitativer UND Qualitativer Missbrauch
* Manifestwerden der psychischen Abhängigkeit
* Vom Genussmittel zum Medikament (Selbstheilungsversuch)
* Gieriges, heimliches Trinken, Erklärungsversuche, Bagatellisierung, Alkoholvorräte, Schuldgefühle (!)
* Zunehmende Erinnerungslücken (Palimpseste)
Kritische Phase
* Kontrollverlust
* Schon nach dem Konsum kleiner Mengen entsteht das Verlangen (Craving) nach mehr
* Psychopathologische Wesensveränderung: Eifersuchtsideen, Depressionen, Suizidtendenzen, Aggressionsdurchbrüche
* Alkoholikeralibis (Ich trinke weil.., Ein Gläschen in Ehren.., der Fisch muss schwimmen..)
* Soziale Isolation, Verstrickung in Lügen
Chronische Phase
* Endet in der Zerstörung des Menschen
* Nahrungsvernachlässigung, Abnahme des Sexualtriebes, Organschäden, Alkoholpsychosen, Entzugssymptome
* Änderung der Trinkgewohnheiten, Räusche werden länger, morgendliches oder auch nächtliches Trinken
* Toleranzbruch
* Zusammenbruch sämtlicher Erklärungssysteme
Verlauf der Alkoholabhängigkeit nach Jelinek
1) Kontrollverlust
2) Gewohnheit
3) psychische Abhängigkeit
4) Dosissteigerung/Toleranzentwicklung
5) körperliche Abhängigkeit/ Entzugssymptomatik
-> Trias: Tremor, Hyperhirdrosis (nachts besonders), Insomnie/DSST
Körperlicher Alkoholentzug
Trias:
- Tremor
- Hyperhirdrosis
- Insomnie
Promille Wirkung
0,5-1,2%. Akute Wirkung (Enthemmung, etwas verlangsamt, diskrete Berauschung)
1,3-3%. Berauschende Wirkung (Sedierung, Doppeltsehen, Sprache verwaschen)
> 3%. Präkoma bis Koma (Hypothermie, Atmung verlangsamt, Erlöschen geistiger Fähigkeiten)
ab 4%. Letalität möglich
Diagnostik der Alkoholabhängigkeit
- Anamnese, Fremdanamnese
- Atemalkohol
- Labor und Harn: -> Substanznachweis + biolog. Biomarker (Folgeerkrankungen)
- GGT (erhöht bei tgl. Alkohol über 4-6 Wo.)
- GOT (ASAT, geringe Sens. und Spezifität)
- GPT (ALAT)
- MCV (bei ca. 50% erhöht, Normal bei Absetzen innerhalb von 2-4 Mo.)
- Ammoniak
- Blutalkohol
- CDT (höhere Spezifität, HWZ 14 Tage)
-
Ethylglucuronid (hohe Sensitivität + Spezifität! Konsummarker -> 72h Nachweis, Urin + Haar + Serum -> Stoffwechselprodukt v. Alkohol)
-> erh. Leberwerte sind indirekte Zustandsmarker bei chron. Alkoholkonsum mit Leberschädigung
(Cholesterin???) - Phosphatidylethanol im Blut (Wert korreliert mit Trinkmenge), Phosphatidylethanol (PEth) und Fettsäureethylester (FAEEs) (Konsensus, noch aktuell?)
- EtG und FAEEs in Haaren monatelang nachweisbar
- Screening:
- MALT Münchner Alkoholismustest
- CAGE Test
- AUDIT Alcohol Use Disorder Identification Test
- AUDIT-C (Kurzform)
- FAST Test
Beurteilung des Schweregrads der Abhängigkeit
- CIDI (Composite INternational Diagnosis Interview)
- SKID IV
- Trierer Alkoholismus Inventar
- Göttinger Abhängigkeitsskala
FA Kurs:
Bilirubin: bei Leberhepatitis erhöht
GPT: wenn dreistellig -> Hepatitis
GGT: nutritix toxische Hepatopathie
Ammoniak: ätzende Base, wenn erhöht: durchbricht Blut-Hirnschranke -> Hirnschaden!
MCV: Indikator für Langzeitkonsum bei jeder Hepatopathie!
(Somatische Diagnostik bei Alkoholabhängigkeit Konsensus, inhaltlich doppelt)
- Traditionelle Biomarker: GGT, CDT; MCV, GOT, GPT (weniger spezifisch als GGT). Sind alles
indirekte Zustandsmarker für potenziellen Leberschaden zum Nachweis chronischen Alko-
holkonsums. - Zur Erhöhung der Sensitivität und Spezifität können Antilla-index oder Alc-Index berechnet
werden (aus GGT und CDT) - Direkte Stoffwechselprodukte: Ethylglucuronid (EtG) im Harn oder in den Haaren, Ethyl-
sulfat (EtS), Phosphatitylethanol (PEth), Fettsäureethylester (FAEEs). Haben hohe Sensitivi-
tät und Spezifität. Decken komplementäre Zeitfenster des Konsumnachweises ab (EtG, EtS -
> 1-3 Tage) (PEth -> 2-4 Wochen). EtG und FAEEs sind monatelang in Haaren nachweisbar.
PEth ist einziger Biomarker, zu dem Korrelation zwischen Trinkmenge und Höhe des Wertes
besteht. - Direkte Zustandsmarker: EtG in Haaren und PEth im Blut
- Typische körperliche Symptome: reduzierter AZ, Inappetenz, Gewichtsverlust, Muskelatro-
phie (primär der Waden), gerötete Gesichtshaut mit Teleangiektasien, Spidernävi, Gastro-
enteritiden, Magen- und Duodenalulzera, vermehrte Schweißneigung, feuchte/kühle Akren,
Schlaf- und Potenzstörungen
(Psychologische Tests bei Alkoholabhängigkeit)
- AUDIT (Alcohol Use Disorders Identification Test): Erkennen riskanten Konsumverhaltens in
Frühphase; AUDIT-C als Kurzversion (3 Frage) - MALT (Münchner Alkoholismus Test)
- LAST (Lübecker Alkoholabhängigkeits- und missbrauchs-Screening-Test)
- CAGE-Test: einfaches Screening-Instrumen für hausärztlichen Alltag
- SMAST (Short Michigan Alcoholism Screening Test)
Anmerkung:
Der CAGE-Test ist ein einfaches Screening-Instrument zur Identifizierung von problematischem Alkoholkonsum. Der Name “CAGE” leitet sich von den Anfangsbuchstaben der englischen Begriffe der vier Fragen ab, die im Test gestellt werden:
CAGE:
1. C - Cut down drinking
“Haben Sie jemals daran gedacht, weniger zu trinken?”
2. A - Annoyance
“Haben andere Menschen Sie jemals verärgert, weil Sie nach deren Meinung zu viel trinken?”
3. G - Guilty
“Haben Sie sich jemals wegen Ihres Trinkens schuldig gefühlt?”
4. E - Eye opener
“Haben Sie jemals morgens zuerst Alkohol getrunken, um sich nervlich zu stabilisieren oder den Start in den Tag zu erleichtern?”
Jede Frage, die mit “Ja” beantwortet wird, deutet auf ein potenzielles Alkoholproblem hin. Bereits zwei positive Antworten gelten als signifikant und können auf einen problematischen Alkoholkonsum hinweisen, was weitere diagnostische Maßnahmen nach sich ziehen sollte.
AUDIT
AUDIT
Auswertung AUDIT
Was ist die Widmark Formel und wozu dient sie?
-> Bestimmung des Alkoholgehalts im Blut
Promille Wert = (Konsum der Alkoholmenge in Gramm - Resorptionsdefizit (=10-20%) / (Körpergewicht x Reduktionsfaktor (Mann: 0,7 Frau 0,6)
Körperliche Folgeerkrankungen von Alkoholabhängigkeit
- Chronisch entzündliche Prozesse im Magen-
Darm-Trakt: Gastritis, Morgendliches Erbrechen,
Durchfälle, - Unfähigkeit Nahrung aufzunehmen, dadurch
allgemeine Schwächung und geringe Abwehr - Gefäßerweiterung, erhöhte Hautdurchblutung,
Herabsetzung der Körpertemperatur, Belastung
des Kreislaufes, forcierte Atmung - Leberschäden (Fettleber, Fettleberhepatitis,
Leberzirrhose): Appetitlosigkeit, Übelkeit, Gewichtsverlust, Gelbfärbung der Skleren und Haut, Spider naevi, Aszites, Gynäkomastie - Pankreatitis
- Alkoholische Kardiomyopathie
- Optikusatrophie
- Potenzprobleme, Amenorrhoe
- Diabetes
- Hypertonie
- Alkoholtoxische Embryopathie
lt. FA Kurs
Psychisch-Neurologische Folgeerkrankungen von Alkoholabhängigkeit
- DELIRIUM TREMENS: Desorientiertheit, optische Halluzinationen, psychomotorische Unruhe, vegetative Störungen
- ALKOHOLHALLUZINOSE: meist akustische Halluzinationen, Angst, Depressionen
- ORGANISCHES PSYCHOSYNDROM: Gestörte Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit, Antriebslosigkeit
- ALKOHOLISCHE POLYNEUROPATHIE: Periphere Dysästhesien, Wadenkrämpfe; Vitamin-B-Gabe!
- WERNICKE-KORSAKOW-ENZEPHALOPATHIE: Amnestische Störungen, Gangstörungen, Sehstörungen, Störung der Konzentration, Konfabulation
lt. FA Kurs