F10 Psychische + Verhaltensst. durch Alkohol (inkl. Therapie bei Entzug und Abhängigkeit) Flashcards

1
Q

ICD Kriterien Alkoholabhängigkeit

A

Drei oder mehr der folgenden Kriterien sollten zusammen mindestens einen Monat lang bestanden haben; falls sie nur für eine kürzere Zeit aufgetreten sind, sollten sie innerhalb von zwölf Monaten wiederholt bestanden haben.
1. Starkes Verlangen (Craving) oder eine Art Zwang, die Substanz zu konsumieren.
2. Kontrollverlust über Beginn, Beendigung oder Menge aber auch über geplanten Zeitraum
des Substanzkonsum oder diesen zu verringern oder zu kontrollieren.
3. Entzugssymptome, wenn Substanz reduziert oder abgesetzt wird
4. Toleranzentwicklung mit Dosissteigerung
5. Einengung auf Substanzgebraucht mit Interessensverlust an alltäglichen Aktivitäten.
6. Anhaltender Substanzgebrauch trotz deutlicher und bewusster Folgeschäden

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2
Q

Epidemiologie und Gefährdungsgrenze der Alkoholabhängigkeit

A

14% riskanter Alkoholkonsum (= tgl. Alkohol an >5d/Woche, bei Frauen 20g, bei Männern 30-40g) -> noch keine gesundheitlichen / sozialen Probleme

Alkoholabhängigkeit:
5% der ÖsterreicherInnen (340.000)
3,4% Männer (v.a. Selbstständige, Freiberufler, ungelernte Arbeiter)
1,4% Frauen (v.a. obere soziale Schichten)
12% gefährdet

Gefährdungsgrenze für körperliche Schädigung (Hochrisikokonsum beginnt hier):
Frauen: 40g/d
Männer: 60g/d

Harmlosigkeitsgrenze:
ca. 20g/d
(Frauen: 16g/d
Männer: 24g/d)

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3
Q

Wirkung von Alkohol und neurobiolog. Entstehung der Abhängigkeit

A

Erste Wirkung
- hemmt Glutamat
- fördert GABA (erregungsdämpfend)
-> entspannte Euphorie
-> biphasische Wirkung: Euphorie, dann Sedierung
-> Alkohol dockt an NMDA-, GABA-, Glycin-, Serotonin-, Acetylcholin-, Opioid-Rezeptoren

Toleranzentwicklung:
- Rezeptordichte von GABA reduziert sich
- Rezeptordichte von Glutamat erhöht sich

Dopamin = verhaltensverstärkend, für Verlangen und Suchtgedächtnis verantwortlich, Aufrechterhalten d. Trinkgewohnheit, Kontrollminderung, Craving, Ausmaß der Dopaminfreisetzung korreliert mit hohem Rückfallrisiko

Endocannabinoid/Opioidsystem:
Endorphin/Enkephalinbildung + Ausschüttung -> hedonistische Gefühle (Genusssüchtig)

Aktivierung von Stresssystemen die zur Aufrechterhaltung des Trinkens führen (neg. Verstärkereffekte)

Zentral in der Entwicklung der Abhängigkeit: mesolimbisches dopaminerges Belohnungssystem

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4
Q

Entstehung der Alkoholabhängigkeit

A

1. Präalkoholische Phase: ENtwicklung hin zu tägl. Trinken, Erleichterungstrinken

2. Prodromalphase: heimliches Trinken, Schuldgefühle, Alkoholvorräte, erste Filmrisse

3. kritische Phase: Unvermögen auf Alkohol zu verzichten

4. chronische Phase: Trunkenheit über den ganzen Tag und situationsunabhängig

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5
Q

Verlauf der Alkoholabhängigkeit nach Jelinek

A

1) Kontrollverlust
2) Gewohnheit
3) psychische Abhängigkeit
4) Dosissteigerung/Toleranzentwicklung
5) körperliche Abhängigkeit/ Entzugssymptomatik
-> Trias: Tremor, Hyperhirdrosis (nachts besonders), Insomnie/DSST

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6
Q

Körperlicher Alkoholentzug

A

Trias:
- Tremor
- Hyperhirdrosis
- Insomnie

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7
Q

Promille Wirkung

A

0,5-1,2%. Akute Wirkung (Enthemmung, etwas verlangsamt, diskrete Berauschung)

1,3-3%. Berauschende Wirkung (Sedierung, Doppeltsehen, Sprache verwaschen)

> 3%. Präkoma bis Koma (Hypothermie, Atmung verlangsamt, Erlöschen geistiger Fähigkeiten)

ab 4%. Letalität möglich

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8
Q

Diagnostik der Alkoholabhängigkeit

A
  • Anamnese, Fremdanamnese
  • Atemalkohol
  • Labor:
  • GGT (erhöht bei tgl. Alkohol über 4-6 Wo.)
  • GOT (ASAT, geringe Sens. und Spezifität)
  • GPT (ALAT)
  • MCV (bei ca. 50% erhöht, Normal bei Absetzen innerhalb von 2-4 Mo.)
  • Ammoniak
  • Blutalkohol
  • CDT (höhere Spezifität, HWZ 14 Tage)
  • Ethylglucuronid (hohe Sensitivität + Spezifität! Konsummarker -> 72h Nachweis, Urin + Haar + Serum -> Stoffwechselprodukt v. Alkohol)
    -> erh. Leberwerte sind indirekte Zustandsmarker bei chron. Alkoholkonsum mit Leberschädigung
    (Cholesterin???)
  • Phosphatidylethanol im Blut (Wert korreliert mit Trinkmenge), Phosphatidylethanol (PEth) und Fettsäureethylester (FAEEs) (Konsensus, noch aktuell?)
  • EtG und FAEEs in Haaren monatelang nachweisbar
  • Screening:
  • MALT Münchner Alkoholismustest
  • CAGE Test
  • AUDIT Alcohol Use Disorder Identification Test
  • AUDIT-C (Kurzform)
  • FAST Test

Beurteilung des Schweregrads der Abhängigkeit
- CIDI (Composite INternational Diagnosis Interview)
- SKID IV
- Trierer Alkoholismus Inventar
- Göttinger Abhängigkeitsskala

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9
Q

(Somatische Diagnostik bei Alkoholabhängigkeit Konsensus, inhaltlich doppelt)

A
  • Traditionelle Biomarker: GGT, CDT; MCV, GOT, GPT (weniger spezifisch als GGT). Sind alles
    indirekte Zustandsmarker für potenziellen Leberschaden zum Nachweis chronischen Alko-
    holkonsums.
  • Zur Erhöhung der Sensitivität und Spezifität können Antilla-index oder Alc-Index berechnet
    werden (aus GGT und CDT)
  • Direkte Stoffwechselprodukte: Ethylglucuronid (EtG) im Harn oder in den Haaren, Ethyl-
    sulfat (EtS), Phosphatitylethanol (PEth), Fettsäureethylester (FAEEs). Haben hohe Sensitivi-
    tät und Spezifität. Decken komplementäre Zeitfenster des Konsumnachweises ab (EtG, EtS -
    > 1-3 Tage) (PEth -> 2-4 Wochen). EtG und FAEEs sind monatelang in Haaren nachweisbar.
    PEth ist einziger Biomarker, zu dem Korrelation zwischen Trinkmenge und Höhe des Wertes
    besteht.
  • Direkte Zustandsmarker: EtG in Haaren und PEth im Blut
  • Typische körperliche Symptome: reduzierter AZ, Inappetenz, Gewichtsverlust, Muskelatro-
    phie (primär der Waden), gerötete Gesichtshaut mit Teleangiektasien, Spidernävi, Gastro-
    enteritiden, Magen- und Duodenalulzera, vermehrte Schweißneigung, feuchte/kühle Akren,
    Schlaf- und Potenzstörungen
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10
Q

(Psychologische Tests bei Alkoholabhängigkeit)

A
  • AUDIT (Alcohol Use Disorders Identification Test): Erkennen riskanten Konsumverhaltens in
    Frühphase; AUDIT-C als Kurzversion (3 Frage)
  • MALT (Münchner Alkoholismus Test)
  • LAST (Lübecker Alkoholabhängigkeits- und missbrauchs-Screening-Test)
  • CAGE-Test: einfaches Screening-Instrumen für hausärztlichen Alltag
  • SMAST (Short Michigan Alcoholism Screening Test)

Anmerkung:

Der CAGE-Test ist ein einfaches Screening-Instrument zur Identifizierung von problematischem Alkoholkonsum. Der Name “CAGE” leitet sich von den Anfangsbuchstaben der englischen Begriffe der vier Fragen ab, die im Test gestellt werden:

1.	Cut down: “Haben Sie jemals darüber nachgedacht, weniger zu trinken?” (Have you ever felt you should Cut down on your drinking?)
2.	Annoyed: “Ärgerten Sie sich über Kritik an Ihrem Trinkverhalten?” (Have people Annoyed you by criticizing your drinking?)
3.	Guilty: “Haben Sie sich jemals wegen Ihres Trinkverhaltens schuldig gefühlt?” (Have you ever felt Guilty about your drinking?)
4.	Eye-opener: “Haben Sie jemals als Erstes am Morgen Alkohol getrunken, um sich zu beruhigen oder den Tag zu beginnen?” (Have you ever had a drink first thing in the morning to steady your nerves or get rid of a hangover? (Eye-opener))

Jede Frage, die mit “Ja” beantwortet wird, deutet auf ein potenzielles Alkoholproblem hin. Bereits zwei positive Antworten gelten als signifikant und können auf einen problematischen Alkoholkonsum hinweisen, was weitere diagnostische Maßnahmen nach sich ziehen sollte.

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11
Q

Was ist die Widmark Formel und wozu dient sie?

A

-> Bestimmung des Alkoholgehalts im Blut

Promille Wert = (Konsum der Alkoholmenge in Gramm - Resorptionsdefizit (=10-20%) / (Körpergewicht x Reduktionsfaktor (Mann: 0,7 Frau 0,6)

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12
Q

Psychosoziale Folgen der Alkoholabhängigkeit

A
  • gestörter Paarbeziehung
  • Probleme im Berufsleben
  • gestörtes Verhältnis zu den Kindern
  • gestörte Wohnverhältnisse
  • Gesetzeskonflikte
  • Verkehrsdelikte, 2/3 verlieren Führerschein

-> sozialer Abstieg

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13
Q

Psychiatrische Komorbiditäten der Alkoholabhängigkeit

A
  • ADHS
  • Affektive Störungen (unipolar + bipolar)
  • Angststörungen
  • PTBS
  • Schizophrenien und akute (einmalige) psychotische Störungen
  • Persönlichkeitsstörungen (v.a. antisoziale PS bei Männern, Borderline-PS bei Frauen)
  • Suizidversuche
  • Abhängigkeit von anderen Substanzen bei 10% (v.a. Tabak, Medikamente)

30-60% der Frauen und 20-40% der Männer haben psychiatrische Komorbidität

Diagnostik psychiatrischer Komorbiditäten außerhalb der Exazerbationsphasen

Therapie der psychiatrischen Erkrankungen parallel zur Alkoholtherapie

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14
Q

Depressive Episode und Alkoholabhängigkeit

A

Schweregrad? Aussagekraft? → erst nach ausreichend langer Periode der
Abstinenz endgültig beurteilbar, ob echte Komorbidität vorliegt

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15
Q

Körperliche Symptome der Alkoholabhängigkeit

A

reduzierter AZ
red. Gewicht, Inappetenz
gerötete Gesichtshaut, Teleangiektasien, Spider-Naevi
Muskelatrophien (v.a. Wade)
Gastritis, Magen/Duodenalulcera
Erbrechen, Durchfälle
Schwitzen
feuchte, kühle Akren
Schlafstörung
Potenzstörungen
Polyneuropathien

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16
Q

Alkoholfolgeerkrankungen (bzw. somatische Komorbiditäten)

A

-> Oropharynx, Ösophagus, Magen, Darm, Leber, Pankreas, Herz-Kreislauf, Krebs, Stoffwechselerkr., Knochenödem, Muskelatrophie, ZNS, PNP

ZNS: Alkoholhalluzinose, Wernicke-Encephalopathie, Korsakow-Syndrom (Thiaminmangel), Delirium tremens, Kleinhirndegeneration, Alkoholbedingte Persönlichkeitsänderung und Demenz, zentrale pontine Myelinolyse, hämorrhagischer/ischämischer Insult

Hirnentwicklungsstörung: Alkoholembryopathie

PNS: Polyneuropathie

Pankreas: Akute Pankreatitis; chron. kalzifizierende Pankreatitis

Leber: Fettleber, Fettleberheptatitis, äthyltox. Leherzirrhose, hepatozell. Karzinom, Aszites

GI: morgendliches Erbrechen, Durchfall, zirrhosebed. Ösophagusvarizen, akute Erosive Gastritis, Ulcus, Mallory Weiss Syndrom, Stomatitis, Gingivitis, Zungen-/Pharynx-Ca, Refluxösophagitis, Ösophaguskarzinom

Traumen - Frakturen
COPD
Mangelernährung

Augen: Tabak-Alkohol-Amblyopie (ernährungsbed. Schädigung des Sehnervs)

Muskeln/Knochen: Myopathie, tox. Knochenödem

Herz: äthyltox. Kardiomyopathie, Herzrhythmusstörungen (u.a. Holiday Heart), art. Hypertonus, KHK? stumme Infarkte (wegen PNP)

Endokrin: Hyperkortisolismus, Hodenatrophie, sek. DM, metabol. Syndrom,Störung von Glukose- und Lipidstoffwechsel, Hyperlipidämie, Hypetriglyceridämie, Hyperurikämie, Libidoverlust, Impotenz, Oligo- und Amenorrhö

Blut: Folsäuremangel mit hyperchromer Anämie, Leukozytose, Thrombozytopenie

Neoplasien: Darm, Brust, Mundboden, Kehlkopf, Ösophagus, Magen, Colon, Leber

PROGNOSE:
hohe Mortalität wegen somat. und psychischen Folgeerkrankungen, hohe Suizidrate

17
Q

Wernicke Encephalopathie

A

akuter lebensbedrohlicher Zustand

Symptome:
* Augenbewegungsstörugen (Nystagmus, Ophthalmoplegie, Diplopie)
* Ataxie
* Verwirrung (Desorientierung, Bewusstseinsveränderungen, kogn. Beeinträchtigung)

18
Q

Korsakow Syndrom

A

chronische irreverible Schädigung aus der Wernicke Encephalopathie heraus wenn diese nicht adäquat behandelt wird

Symptome:
* anterograde Amnesie (Speicherung neuer Informationen)
* retrograde Amnesie (Verlust v. Erinnerungen vor Beginn der Erkrankung)
* Konfabulationen (Erfinden von Details um Erinnerungslücken zu schließen)
* Apathie und Desorientierung

Ursache: schwerer Thiaminmangel

19
Q

Indikationen zur Therapie bei Alkoholabhängigkeit

A

<10% sind in suchtspezifischer Behandlung

Therapie bei:
1. noch nicht manifester Alkoholabhängigkeit (Prävention + Frühintervention)
2. Alkoholmissbrauch / -abhängigkeit (qualifizierte Entzugsbehandlung)
3. chron. Abhängigkeit / gescheiterter qualifizierter Entzug (Entwöhnungsbehandlung)

Motivation für Abstinenz als Voraussetzung
- Krankheitseinsicht
- Krankheitsmodell
- soziale Unterstützung
- Angst vor Sanktionen (Verlust v. Partner, Job, Führerschein)

Erstes Ziel oft Trinkmengenreduktion (harm reduction), oft fremdmotiviert prim.

20
Q

Therapieziele bei Alkoholabhängigkeit

A
  • kompetenter Gebrauch
  • totale Abstinenz (v.a. bei schwerer Entzugssymptomatik vordergründiges Ziel)
  • partielle Abstinenz, Trinkmengenreduktion
  • “harm reduction”, supportive Maßnahmen
21
Q

Therapie der Alkoholabhängigkeit

A

-> indivualisiert, je nach Ressourcen und Defiziten

Kombi aus:
- somatomedizinisch
- suchtmedizinisch: Alkoholentzug
- psychiatrisch, psychopharmakologisch: Behandlung der Grundstörung
- psychotherapeutisch: Motivationsförderung, Verhaltensänderung
- sozialtherapeutisch
- Ergotherapie, Sport, Kreativtherapien

22
Q

Frühintervention bei Alkoholmissbrauch

A
  • Hausärzte als Erstanlaufstelle, Langzeitbeziehung
  • Screening AUDIT (C), CAGE
  • Riskanter Konsum? Missbrauch? Abhängigkeit?
  • Psychoedukation, Aufklärung, Information
  • Konfrontation / kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Alkoholkonsum
  • motivierende Gesprächsführung
  • Frauen profitieren davon mehr (?)
23
Q

Ambulante Entzugsbehandlung

A
  • langsame Reduktion der Trinkmenge
  • körperliche / psychische Belastbarkeit
  • stabiles / unterstützendes soziales Umfeld
  • engmaschige klinische Kontrolluntersuchungen
24
Q

Stationäre Entzugsbehandlung Indikation

A
  • Ind.: zu erwartende schwere Entzugssymptome (Krampfanfall, Delir)
  • im akuten Alkoholentzug: glutamaterge Hyperaktivität -> neuronale Schädigung -> unbehandelte Alkoholentzüge korrelieren mit kognitiver Störung
  • Gesundheitl., soziale Rahmenbedingungen
  • schwere multiple somat. oder psychische Begleit- und Folgeerkrankungen
  • Suizidalität
  • Misserfolg v. teilstat. / amb. Entzug
  • langjährige Dauer
  • Mehrfachabhängigkeit

bei Entzugssyndrom mit Delir: intensivmedizinische Überwachung wenn keine orale Medikation mehr möglich ist
evt. Elektolytausgleich, Vitamin B1, Benzo i.v. (Diazepam, Midazolam, Lorazepam), evt. Haloperidol, Clonidin, keine Anticholinergika

25
Q

Qualifizierte Entzugsbehandlung

A
  • an psychiatr. Klinik
  • Dauer 2-3 Wochen
  • Suchtproblematik: Ursachen, Risikofaktoren
  • Krankheitseinsicht
  • Motivationsarbeit
  • Vermittlung, weiterführende Entwöhnungsbehandlung
  • bessere Erfolge, weniger Rückfallraten
26
Q

Medikamentöse Behandlung des Alkoholentzugssyndroms

A

Ziel: sichern Vitalfunktionen, Reduktion vegetativer Entzugssymptome, Vermeidung schwerer Komplikationen

1. Wahl Benzodiazepine
-> Benzodiazepine wirksamer als Antiepileptika zur Prävention v. Entzugsanfällen, Beginn bei <1,5%. oder sobald Entzugssymptome beginnen, mittellange HWZ + keine akt. Metaboliuten

Oxazepam Praxiten® 75-150mg (50-500mg), z.B. Praxiten 50mg 4xtgl. und 4x 1/2 bei Bedarf

oder Diazepam wegen antikonvulsiver Wirkung oder erwartbarer schwerer ES, 10mg 1/1/1/1/2 + 4x1/2 bei Bedarf, bei multiplem Substanzgebrauch, reine Medikamentenabh., CAVE: Kumulationsgefahr

oder Lorazepam Temesta® (eher nicht wegen höherem Suchtpotential), 5-7,5mg (max. 20mg)

-> Ausschleichen der Benzodiazepine über 10 Tage

-> evt. zusätzlich Tiaprid Delpral® 200-400mg (keine Daten für Monotherapie, v.a. bei vegetativen NW)

Antiepileptika zur Vorbeugung von Entzugsanfällen -> nur in begründeten Fällen zusätzlich (SHT, Meningitis, Epilepsie, zu erwartenden schweren Entzug)
- -> Levetiracetam Keppra® v.a. bei Leberschädigung
ansonsten:
- Carbamazepin (CAVE WW, belastet Leber)
- Valproinsäure 600-2000mg
- Oxacarbamazepin 600-2400mg
- Caroverin 160-240mg/d

zusätzlich bei unzureichender Benzodiazepinwirkung:
- Quetiapin
- Tiaprid

zusätzlich parenterale Thiamin-Gabe

(lt. Konsensus Ersatzmedikation neben BZOs auch Tiaprid und Chlomethiazol), evt. Anfallsprophylaxe (Valproinsäure, Carbamazepin, Oxcarbamazepin, Caroverin), evtl. Magnesium))

27
Q

Medikamentöse Behandlung zur Rückfallprophylaxe

A

1) Disulfiram (Aversionsbehandlung) = Antabus®, irreversible Inhibition Aldehyddehydrogenase -> Vergiftung durch Verhinderung des Alkoholabbaus (Akkumulation Acetaldehyd -> Übelkeit, Kopfschmerz, Erythem, RR-Schwankung, Synkopen, Herzfrequenzschwankungen)
DAS = Disulfiram-Alkohol-Reaktion
Second line bei fehlender Response auf Acamprosat, Naltexon
zur Aufrechterhaltung des Abstinenzverhaltens
KI: KHK, schwerwiegende Herzrhythmusstörungen, CMP, cerebrale Durchblutungsstörungen, Hypothyreose, Ösophagusvarizen, Leberzirrhose, Asthma bronchiale, Major Depression, schizophrene Psychose
Dosierung: 1. Tag 1,5g; 2. Tag 1,0g; 3. Tag 0,5g (Erhaltungsdosis)

2) Acamprosat = Campral®
Anti-Craving-Substanz
mind 6 Monate Behandlungsdauer,
3x2Tbl. tgl.
Wirkweise: red. Craving (relief craving)
Wirkung über glutamaterges System (Bindung an NMDA Rezeptor) -> wirkt Überaktivität entgegen und blockiert extrazelluläres Dopamin, (auch Wirkung an GABA?)
KI: schwere Leberinsuff!, SS, Stillzeit, Niereninsuff. (Krea >120mcmol/l)
NW: initial GI-Beschwerden, Diarrhoe, Juckreiz, Kopschmerz
Dosis: 3x2 Tbl. à 333mg

3) Naltrexon = Dependex® (Anti-Craving)
mind. 6 Monate Behandlungsdauer
Wirkweise: kompetetiver Opioidrezeptor-Antagonist (Endorphine), reduziert alkoholinduzierte Belohnungserlebnisse (Hemmung v. endorphonvermittelten angenehmen Effekte von Alkohol), reduziert Verlangen, nur für die Behandlung exzessiven Cravings (reward craving)
negativer Naltrexon-Provokationstest vorher notwendig
verträgt sich mit Alkohol -> Trinkmengenreduktion möglich
antagonisiert Opiate -> Harntest vorher
KI: schwere Leberinsuffizienz, akute Heptatitis, Opioidanalgetika
Dosis: 25 mg für 1 Woche, dann 50mg/d, abendliche Einnahme
NW: Übelkeit, Schwindel, Müdigkeit, GI-Beschwerden, Kopfschmerz

4) Kombination Acaprosat + Naltrexon bei Versagen der EInzelsubstanzen

(5) Nalmefen Selincro® (Trinkmengenreduzierende Behandlung), nicht am Markt
Wirkung: Opioid-System-Modulator (Antagonist am my-Rez., Agonist am kapa-Rez.)
Indikation: Alkoholabh. mit Konsum auf hohem Risikoniveau ohne ENtzugssyptome
KI: Opioidanalgetika, schwere Leber/Nierenfunktionsst.
Dosis: 18mg/d (1 Tbl.))

(6) GHB Gammahydroxybuttersäure = Alcover® off Label, keine Empfehlung, Senkung Krampfschwelle, hohes Suchtpotential

(7) Baclofen = Lioresal®, erhöhte Krampfschwelle?)

(8) Topiramat als Anti-Craving Substanz)

9) SSRI oder Trazodon zur Behandlung der Begleitsymptome, 2-3 Wochen nach Entzug ggf. Antidepressiva

28
Q

Psychotherapie/ psychosoziale Therapie der Alkoholabhängigkeit

A
  • Unterstützung bei Selbstmanagement (Rückfallprophylaxe, kontrolliertes Trinken)
  • Motivierende Gesprächsführung (MI)
  • Psychoedukation
  • Entspannungs-/körperorientiertes Training
  • Soziales Kompetenztraining
  • Ergo-/Arbeitstherapie
  • Sozialtherapie (soziale Integration, Arbeitsfähigkeit)
  • Psychotherapie im engeren Sinn (iVT, Psychodynamik, systemisch, humanistisch), auch weiter im ambulanten Setting
  • Selbsthilfegruppen (12-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker)

Ziel:
- Schaffung der Änderungsmotivation, Alkohol als Störfaktor
- Erlernen von alternativen Verhaltensweisen zum Konsum
- Beeinflussung innerpsychischer Faktoren
- Erhöhung sozialer Kompetenz
- Veränderung des Erlebens der eigenen Persönlichkeit
- Einbezug v. Angehörigen
- Lebensneugestaltung, autonom, freudvoll
- Basis: vertrauensvolle wertschätzende Beziehung

29
Q

Psychotherapie bei Alkoholabhängigkeit

A

KVT, psychodymaische Kurzzeittherapie
* Einzel und Gruppentherapie
* Gruppe: Informationsvermittlung, Entspannungsverfahren
* Gruppe+Einzel: Techniken zur Rückfallprävention
* EInzel: Verhaltensanalyse und kognitive Umstrukturierung
* Paar-, Angehörigenarbeit
* Selbsthilfeliteratur

30
Q

Langzeitentwöhnung

A

Ziel: Festigung der Abstinenz
individuelle Dauer 2-4 Monate, 4-6 Monate

31
Q

Amb. Nachbetreuung bei Alkoholikern

A
  • Selbsthilfegruppen (AA, Blaues Kreuz)
  • Amb. Suchtberatungsstellen
  • regelm. Besuche v. HA wegen körperl. Symptomen
  • Einzel- und Gruppentherapie
32
Q

Unterschiede bei Alkoholabh. im Alter

A

Early onset Alkoholabh. (EOA) < 60a:
niedriger sozioökonomischer Status
geringere Bildung
exzessiveres Trinkverhalten in Familie
alleinstehend, geschieden
Vermeidungverhalten in Konflikten
Häufig Probleme m. Justiz
Langzeit Nikotinkonsum
instabile PS
häufige Intoxikationslage
geringeres Therapieansprechen

Late onset Alkoholabh. (LOA) > 60a:
höherer sozioökonom. Status
höhere Bildung
weniger fam. Trinkerfahrung
fam. Bindung /Hilfe vorhanden
problemlösungsorientiertes Verhalten
seltener Probleme m. Justiz
häufiger Nichtraucher
stabilere Persönlichkeiten
Beginn oft Verlusterlebnis
Medikation: Blutungsrisiko unter ASS, mehr zentral sedierende Effekte v. Benzos, Antidepr.
bessere Prognose