Evidenzbasierten Medizin Leitlinien Flashcards

1
Q

Was heißt evident?

A

gleichbedeutend mit „evident“ einleuchtend, auf der Hand liegend
umfangreichere Bedeutung:
Beweismaterial oder Informationen, die einen Sachverhalt evident machen „available facts, circumstances, etc. indicating whether or not a thing is true or valid“ (Oxford Dictonary 1992)

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2
Q

Externe Evidenz

P

A

Beste verfügbare externe Evidenz meint
Klinisch relevante Forschung zur Genauigkeit von
• Diagnostischen Verfahren
• Prognostischer Faktoren
• Wirksamkeit und Sicherheit therapeutischer und präventiver Maßnahmen
Externe Evidenz führt zur Neubewertung bisher akzeptierter diagnostischer und therapeutischer Verfahren

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3
Q

EBM – Definition (Sackett)

P

A

EBM ist der gewissenhafte und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten

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4
Q

EBM – evidenzbasierte Entscheidungen

P

A
Von der Indikation zur Therapieentscheidung
Patient Werte & Überzeugungen
Evidenz
Zustand des Patienten 
Wahlmöglichkeiten
Entscheidung
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5
Q

EBM - Definition

Die Praxis der EBM ist die Integration von

A

• individueller klinischer Expertise mit
• bestmöglicher externer Evidenz aus systematischer Forschung
und
• Patientenwerten und -erwartungen

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6
Q

EBM – wozu?

EBM ist eine Reaktion auf

A
  • unerklärbare Praxisvariationen
  • Unverantwortliche Anwendung ineffektiver Verfahren
  • Verzögerte Einführung effektiver Verfahren
  • Vorschnelle Einführung scheinbar nützliche Verfahren
  • Rasche Abnahme medizinischer Erkenntnisse
  • Informationslawine
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7
Q

EBM - Verfahren
EBM besteht aus folgenden Komponenten
P

A
  • Formulierung beantwortbarer klinischer Fragen
  • Suche nach der besten externen Evidenz
  • Kritische Bewertung dieser Evidenz bezüglich Validität und klinischer Relevanz
  • Umsetzung dieser Erkenntnisse in die klinische Arbeit
  • Bewertung der eigenen Leistung
  • Zweifel am bisherigen Vorgehen und an der Gültigkeit von Lehrmeinungen in der Medizin
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8
Q

EBM – als Reaktion auf Informationslawine

A

• 2 Mio Artikel in 20.000 Fachzeitschriften/Jahr
• 9.000 randomisierte Studien/Jahr
• 200 Artikel + 70 Editorials in 10 führenden Zeitschriften für Innere Medizin/Monat
Um auf dem aktuellen Wissenstand zu sein, muß ein Internist ca. 17 Originalartikel pro Tag an 365 Tagen/Jahr lesen.

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9
Q

EBM - Ziele

A
  • Verhinderung der Einführung von Verfahren und Behandlungen, die ineffektiv sind oder deren Wirksamkeit nicht geprüft ist
  • Neubewertung von Verfahren und Behandlungen, die seit vielen Jahren durchgeführt werden
  • Förderung von Verfahren und Behandlungen, die mehr Nutzen als Schaden (zu akzeptablen Kosten) bringen
  • Förderung systematischer Reviews und randomisierter Studien für Verfahren und Behandlungen, die von unsicherem Wert sind
  • Gemeinsamer objektiver Bewertungsmaßstab für Ärzte, Patienten (Krankenkassen, Politik, Krankenhausführung)
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10
Q

EBM – Hierarchie der Evidenz

P

A

Stufe Evidenz-Typ
______________________________________________
Ia wenigstens 1 Metaanalyse auf der Basis hochwertiger RCTs
Ib wenigstens 1 ausreichend große, hochwertige RCT
IIa wenigstens 1 hochwertige Studie ohne Randomisierung
IIb wenigstens 1 hochwertige Studie anderen Typs
(quasi experimentelle Studie)
III mehrere hochwertige nichtexperimentelle Studien (Ver- gleichsstudien, Fall-Kontrollstudien, Korrelationsstudien)
IV Meinungen und Überzeugungen angesehener Autoritäten, Expertenkommissionen, beschreibende Studien
(V Fallserie oder Expertenmeinung)

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11
Q

EBM – die Verfahrensschritte

P

A
  1. Fragestellung formulieren
  2. Auswahl der relevanten Studien
  3. kritische Würdigung der Studien
  4. Resultat in praxisrelevante Angaben übersetzen
  5. Ergebnis auf den einzelnen Fall anwenden
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12
Q

EBM – Fragestellung formulieren (1)

A

• Problemstellung
• Präzise Fragestellung
(klinische Fragestellung, Patientenbeschreibung, Intervention, Vergleich, Endpunkt)
• Definition der Endpunkten (Outcomes)
• Festlegung von „Hauptendpunkten“ und „Nebenendpunkten“

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13
Q

EBM – Auswahl und Würdigung der Studien

A

Kriterien bei Auswahl und Auswertung der Literatur (2, 3)
• Prüfung, ob Studie die Fragestellung und Indikatoren tatsächlich untersucht
• Prüfung der Suchkriterien: wurden unveröffentlichte Studien identifiziert? (Publication bias)
• Prüfung, ob alle definierten Endpunkte berücksichtigt wurden
• Prüfung, ob untersuchtes Patientenklientel repräsentativ, ob Ein-
und Ausschlußkriterien klar definiert und eingehalten wurden, ob
das Patientenklientel repräsentativ ist
• Prüfung, ob die Behandlung verblindet war, ob die Patienten aller
Gruppen vor Intervention vergleichbar waren
• Prüfung, wie groß der Behandlungseffekt war, wie genau die
Schätzung des Behandlungseffektes war

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14
Q

BM – Auswahl der Studien (2)

A

Beispiel: Cochrane-Metaanalyse zum Effekt der salzarmen Diät
5088 Studien durch Stichwortsuche identifiziert
- 578 Duplikationen
- 4342 ausgeschlossen durch Sichtung der Abstracts
- 136 ausgeschlossen durch Full-text Sichtung
8 Studien eingeschlossen

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15
Q

EBM – Praxisrelevanz und Anwendung (4)

A
  • Lassen sich die Ergebnisse in der Praxis anwenden?
  • Sind die Ergebnisse im einzelnen Behandlungsfall reproduzierbar?
  • Sind die Ergebnisse für die Behandlung dieses Patienten relevant?
  • Loht es sich für eine Behandlungswirkung die möglichen Nebenwirkungen und Kosten einzugehen?
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16
Q

EBM – Anwendung am individuellen Fall (5)

A
Patientin aus Malawi ist HIV pos. und hat einen positiven Tuberkulin-Test. Entscheidung: Soll eine Tuberkulose-Therapie durchgeführt werden?
Eine Metaanalyse ergibt folgendes Ergebnis mit einer Subgruppenanalyse:
Erkrankungsrisiko Tbc bei HIV-Inf+ pos. Tuberkulintest
Tbc- Risiko/Jahr unbehandelt
Tbc- Risiko/Jahr behandelt
RRR
ARR
NNT/Jahr um Tbc zu vermeiden
Hohes Risiko (Afrika)
9%
3,6%
60%
5,5%
19
Mittleres Risiko (i.v. Drogennutzer, Südeuropa)
3%
1,2%
60%
1,8%
56
Niedriges Risiko (Europa)
1%
0,4%
60%
0,6%
167
Ergebnis: die Patientin aus Malawi profitiert von der Therapie (NNT 19)
Bei einer Patientin aus Europa wäre die Therapie bei einer NNT von 167 nicht gerechtfertigt (Nebenwirkungen)
17
Q

EBM – Bewertung Therapiestudien

P

A

Wichtige statistische Kennzahlen:
RRR (Relative Risikoreduktion)
RRR = (K – T) / K
K Risiko Kontrollgruppe, T Risiko Behandlungsgruppe
ARR (Absolute Risikoreduktion) ARR = K – T
NNT (Number needed to treat) NNT = 1 / ARR
NNH (Number needed to harm)
NNH = 1 / Inzidenz der Nebenwirkung)

18
Q

EBM – Bewertung von Studienergebnissen

A

Signifikanz und klinische Relevanz an einem hypothetischen Beispiel
Ziel:
Verhinderung eines Nierenversagens durch neues Behandlungsverfahren
Studiendesign:
3jähriger Beobachtungszeitraum Studienkollektiv:
1000 Patienten mit neuer Behandlung (Behandlungsgruppe) 1000 Patienten Routinebehandlung (Kontrollgruppe)
Ergebnis:
150 Nierenversagen in Behandlungsgruppe 200 Nierenversagen in Kontrollgruppe
Statistisch signifikant weniger Nierenversagen durch neue Behandlung (p<0,05)
Signifikanz und klinische Relevanz an einem hypothetischem Beispiel
Ergebnis:
20% Nierenversagen (Kontrollgruppe)
15% Nierenversagen (Behandlungsgruppe)
Relativ Risikoreduktion RRR: 25% (5%/20%) Absolute Risikoreduktion ARR: 5%,
Bewertung:
bei 50 der 1000 Patienten kann ein Nierenversagen verhindert werden. Dazu müssen 950 Patienten behandelt werden, ohne von der Behandlung selbst zu profitieren.
NNT 20

19
Q

EBM – Bewertung von Studienergebnissen
Signifikanz und klinische Relevanz
P

A

Abhängigkeit vom Ausgangsrisiko

Ereignisrate Kontrolle
Ereignisrate Behandlung
RRR
ARR
NNT
20%
15%
25%
5%
20
2%
1,5%
25%
0,5%
200
0,2%
0,15%
25%
0,05%
2000
Bei einer absoluten RR von 0,5% stellt sich bereits die Frage, ob dieses signifikante Ergebnis noch klinisch relevant ist, da von 200 Patienten, die behandelt werden, nur 1 profitiert.
20
Q

EBM – Bewertung von Studienergebnissen

P

A

Genauigkeit des Behandlungseffektes
Ein Ergebnis (Risikoreduktion) wird nie den genauen Wert der wahren Risikoreduktion, sondern nur einen annähernden Schätzwert erhalten.
Konfidenzintervall (Vertrauensintervall) liefert Informationen über die Genauigkeit von Schätzungen
Bei einem 95% Konfidenzintervall liegt die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis eintritt in 95% der Fälle innerhalb dieses Intervalls
Beispiel:
Das 95% Konfidenzintervall bei der Studie zur Reduktion des Nierenversagens beträgt 9 – 38%. Das bedeutet, dass bei 100facher Wiederholung der Studie in 95% der Fälle die Risikoreduktion mindestens 9% und höchsten 38% beträgt.

21
Q

EBM – Bewertung diagnostischer Tests

P

A

Die Bewertungskriterien von Studien zur Diagnostik unterscheiden sich von Therapiestudien:
• Wurde der Test an Krankheitsbildern überprüft, die er später abgrenzen soll?
• Wurden die Ergebnisse blind und unabhängig mit dem Goldstandard verglichen?
• War die Durchführung des Goldstandards von dem Testergebnis abhängig?
• Wurde das Wahrscheinlichkeitsverhältnis für den test angegeben? Bzw. wurden Sensitivität und Spezifität angegeben?

22
Q

EBM – Diagnostikstudien

P

A

….

23
Q

EBM – Metaanalysen: Methodik

P

A

Meta-Analyse
Die Meta-Analyse ist eine Methode, Studien mittels systematischer computerisierter Literatursuche zu identifizieren und die Ergebnisse mit statistischen Methoden zu kombinieren und zu quantifizieren. Eine Meta- Analyse ist besonders hilfreich, wenn mehrere kleinere Studien keine zuverlässigen Schlüsse zulassen.
Mehrere Einzelstudien werden zu einer „großen“ Studie aggregiert.
Unterscheide:
Review (systematische Übersichtsarbeiten)
Zusammenfassung und Bewertung mehrerer einzelner Studien zur gleichen Fragestellung.

24
Q

Unterschiedliche Qualität von Studien

P

A

Manipulationen und Beeinflussung der Ergebnisse Beispiel: Einführung eines neuen Medikamentes
Hintergrund
die Entwicklung eines neue Medikamentes kostet ein Pharmaunternehmen ca. 500 Mio $
USA:
• 60% aller Medikamentenstudien werden durch private Forschungsinstitute durchgeführt
• nur 40% durch akademische Einrichtungen
• Damit haben industrielle Auftraggeber einen Einfluß auf Studiendesign, Studiendurchführung und Veröffentlichung (publication bias: negative Ergebnisse werden nicht veröffentlicht)

25
Q

EBM – aktuelle Bedeutung

P

A
  • EBM ist seit ca. 30 Jahren eine etablierte Methode für Entscheidungen in der Gesundheitsversorgung.
  • EBM versachlicht die Diskussion und schafft eine anerkannte Methodik als Grundlage für medizinische Entscheidungen.
  • Die Cochrane library gilt als das wissenschaftlich beste Institut zur Durchführung von Metaanalysen und Reviews.
  • Entscheidungen zur Gesundheitsversorgung werden in vielen Ländern auf dem Boden der EBM getroffen.
  • Auch in Deutschland ist die EBM Entscheidungsgrundlage im GBA. Die Analysen werden vom IQWiG, einem unabhängigen wissenschaftlichen Institut, durchgeführt.
  • EBM ist Grundlage in hochwertigen Leitlinien.