Epilepsie Flashcards

1
Q

Epilepsie - Definition

A

Epilepsie:
Bezeichnet einen Zustand des Gehirns, der durch eine andauernde Prädisposition für epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Die Diagnose kann gestellt werden, wenn mindestens ein epileptischer Anfall aufgetreten ist und weitere spezifische Befunde vorliegen, die eine generell erhöhte Epileptogenität wahrscheinlich machen.

Epileptischer Anfall:
Vorübergehende, plötzliche Dysfunktionen des zentralen Nervensystems aufgrund von synchronen und hochfrequenten Entladungen der Nervenzellen der Hirnrinde.

Fokaler Krampfanfall:
Beginnt in einer begrenzten Region des Gehirns, die sich anhand der klinischen Präsentation oder durch weiterführende Diagnostik (EEG, MRT) bestimmen lässt.

Primär generalisierter Krampfanfall:
Betrifft von Anfang des Anfalls an beide Großhirnhemisphären vollständig.

Epilepsiesyndrome:
Unterformen der Epilepsie, die durch typische Epidemiologie, Klinik und Befunde in der Diagnostik gekennzeichnet sind.

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2
Q

Epilepsie - Fokale Krampfanfälle

A

Fokale Krampfanfälle:
Auf definierte Regionen des Gehirns beschränkt:
Einfach-fokal: Fokale Anfälle OHNE Bewusstseinsstörung.
Komplex-fokal: Fokale Anfälle MIT Bewusstseinsstörung.
Fokale Anfälle mit sekundärer Generalisierung (entspricht fokal eingeleiteten generalisierten Anfällen).

Symptome vom Ort der Störung abhängig, bspw:
Orale Automatismen: Temporallappenanfälle.
Komplexe Bewegungsabläufe: Frontale Anfälle.
Visuelle Halluzinationen: Okzipitallappenanfälle.

Komplex-fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörung.

Sekundär generalisierte, fokal eingeleitete Anfälle:
Symptome wie beim primär generalisierten Krampfanfall,
zusätzlich ggf. Aura: Sehstörungen, Sprachstörungen, motorische Erscheinungen, Déjà-vu- und Jamais-vu-Erlebnisse.

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3
Q

Epilepsie - Primär generlisierte Krampfanfälle

A

Primär generalisierte Krampfanfälle betreffen von Anfang an beide Großhirnhemisphären!
Sie werden nach ihrer klinischen Präsentation eingeteilt und gehen alle MIT Bewusstseinsstörungen einher:

Klassischer, tonisch-klonischer Anfall (Grand-mal).

Weitere generalisierte Anfälle:
Absencen: Manifestation zumeist im Kindesalter.
Typische Absencen.
Atypische Absencen. 
Myoklonische Anfälle.
Klonische Anfälle.
Tonische Anfälle.
Atonische Anfälle.

Mögliche Bestandteile der Anfälle sind:
Myoklonische Phasen: Ruckartige, unsystematische Muskelzuckungen (Myoklonien).
Klonische Phasen: Rhythmische Muskelzuckungen.
Tonische Phasen: Anspannen der Muskulatur.
Atonische Phasen: Plötzlicher Tonusverlust der Haltemuskulatur.
Postiktale Phase: Terminalschlaf, Verwirrtheit.

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4
Q

Epilepsie - Grand-mal-Anfall

A

Tonisch-klonischer Anfall (Grand-mal-Anfall):
Epidemiologie: Häufigste Anfallsform!

Ursache:
Als Gelegenheitsanfall, durch sekundäre Generalisierung bei fokaler Epilepsie, im Rahmen einer generalisierten Epilepsie oder z.B. bei Tumorerkrankung.

Symptome:
Typische Krampfanfälle mit Bewusstseinsverlust und rhythmischem Zucken.
Der klassische Ablauf ist wie folgt:
Ggf. Aura bei fokalem Beginn, dauert Sekunden bis Minuten.
1. Tonische Phase: Heftige Tonuserhöhung aller Muskeln, dauert Sekunden (Tonuserhöhung kann zu Initialschrei und lateralem Zungenbiss führen).
Arme eleviert, Beine leicht angewinkelt, Lider geöffnet, Pupillen lichtstarr und weit, Apnoe.

  1. Klonische Phase: Vibrieren → rhythmisches Zucken → unregelmäßiges, grobes Zucken → Erschlaffung, dauert Sekunden bis Minuten.
  2. Postiktale Phase: Terminalschlaf, Amnesie und Desorientiertheit, dauert Minuten bis Stunden.

Weitere mögliche Symptome:
Schaum vor dem Mund, Urin- und/oder Stuhlabgang.

EEG:
Im Anfall: Hochfrequente Spikes in der tonischen Phase, Spikes mit folgender Nachschwankung in der klonischen Phase, postiktal verlangsamter Grundrhythmus.

Im anfallsfreien Intervall:
Abhängig von der Ursache des Anfalls.

Therapie:
1. Wahl: Valproat.
2. Wahl: Lamotrigin oder Topiramat.
Vor dem 6. Lebensjahr: Kaliumbromid.
Bei Grand-mal im Rahmen einer Eklampsie: Magnesiumsulfat i.v.

Sonderfälle: Teilweise treten die Anfälle bevorzugt während des Schlafens oder der Aufwachphase auf.

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5
Q

Epilepsie - Diagnostik

A

Anamnese und Fremdanamnese:
Für einen abgelaufenen epileptischen Anfall sprechen:
Hinweise auf eine Aura.

Iktaler Verlauf:
Dauer des Anfalls <2 min, Augen offen, starr, leer oder verdreht.
Hinweis auf Sturz ohne Abwehrreaktion (Kopfplatzwunde), Zungenbiss, Urinabgang.

Postiktale Phase:
Amnesie und initiale Desorientierung, erhöhtes Schlafbedürfnis, Muskelschmerzen, Todd’sche Paresen, Kopfschmerzen.

Auslösende Faktoren eruierbar (Schlafmangel, Alkoholentzug).

EEG:
Nachweis typischer Potentiale, z.B. Spikes, Sharp-Waves, Spikes and Waves, Hypsarrhythmie, hilft bei der Zuordnung zu Epilepsiesyndromen und zur Lokalisation der ursächlichen Hirnregion.

Kriterien für einen epileptischen Anfall:
Klarer Anfang und klares Ende,
Steigerung der Amplitude im Verlauf,
Veränderung der Frequenz im Verlauf.

cMRT (ggf. cCT, fMRT, SPECT, PET):
Der Ausschluss einer symptomatischen Epilepsie und ggf. der Nachweis struktureller Veränderungen sollte bei jedem Patienten mit gesichertem epileptischen Anfall erfolgen.

Evtl. Labor: Blutzucker, Elektrolyte, ggf. Liquoruntersuchung (z.B. bei Verdacht auf Enzephalitis), Kreatinkinase (Peak etwa 6 h nach tonisch-klonischem Anfall), evtl. Prolaktin.

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6
Q

Epilepsie - Therapie

A

Allgemeinmaßnahmen:
Bei symptomatischen Epilepsien:
Beseitigung der Ursache, sofern möglich.

Im Anfall:
Vitalparameter überwachen (insb. Oxygenierung mittels Pulsoxymetrie), Patient vor Verletzungen schützen.

Im anfallsfreien Intervall: 
Trigger meiden (Alkohol, Schlafentzug, Flickerlicht).

Medikamentöse Therapie:
Therapieprinzip:
Antikonvulsiva wirken je nach Substanz an unterschiedlichen Rezeptoren und Ionenkanälen, um eine Senkung der neuronalen Aktivität (neuronale Erregung↓, neuronale Hemmung↑) und somit eine Erhöhung der Krampfschwelle zu erreichen.
Die meisten Antiepileptika (vor allem die klassischen) wirken über eine Blockade von spannungsabhängigen Natriumkanälen!

Indikation:
2 Anfälle/6 Monate,
nach erstem Anfall nur wenn MRT oder EEG zur Klinik passende, spezifische Befunde zeigen (Ammonshornsklerose, Spike-Wave-Muster).

Durchführung:
Fokal (auch sekundär generalisiert):
1. Wahl: Lamotrigin, Levetiracetam,
2. Wahl: Carbamazepin, Gabapentin, Valproat, Oxcarbazepin, Pregabalin, Topiramat, Phenytoin.

Primär generalisiert:

  1. Wahl: Valproat,
  2. Wahl: Lamotrigin, Topiramat.

Bei nicht ausreichender Wirkung ist eine Kombinationstherapie indiziert:
Retigabin, Tiagabin, Pregabalin, Gabapentin.

Absencen: Valproat, Ethosuximid.

Zunächst Monotherapie, bei Unwirksamkeit: Umsetzen auf Monotherapie mit anderem Medikament.

Nicht-medikamentöse/interventionelle Therapie (bei Pharmakoresistenz):
Bei läsionellen Ursachen -> resektive Verfahren (Resektion von pathologischen Veränderungen/Herd).
Nichtresektive Verfahren → Kallosotomie (Durchtrennung des Corpus callosum): Zunächst partielle (i.d.R. der vorderen ⅔), bei weiterer Persistenz auch vollständige Durchtrennung .

Stimulationsverfahren (z.B. Nervus-vagus-Stimulation, tiefe Hirnstimulation des Hippocampus).

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7
Q

Status epilepticus - Definition und Therapie

A

Drei klinische Situationen können einen Status epilepticus definieren:
1. >5 Minuten anhaltender generalisierter tonisch-klonischer Anfall (Status generalisierter tonisch­-klonischer Anfälle, SGTKA).

  1. > 20–30 Minuten anhaltender fokaler Anfall oder Absence.
  2. Rezidivierende epileptische Anfälle in kurzer Abfolge, ohne eine vollständige Remission zwischen den Anfällen zu erreichen.

Therapie:
Ziele:
Unterbrechung des Status epilepticus,
Therapie kausaler Ursachen (wenn möglich).

Sofortmaßnahmen (Prähospitalphase):
Schutz des Patienten vor Verletzungen,
Freihalten der Atemwege,
Monitoring der Vitalparameter (Pulsoxymetrie, Blutdruck, EKG).
Legen mind. eines i.v.-Zugangs in anfallssicherer Lage und Blutentnahme,
Benzodiazepine als Beginn der antikonvulsiven Stufentherapie (s.u.).
+
Bedarfsgerechte Versorgung:
Ggf. O2-Gabe, Atemwegssicherung und kontrollierte Beatmung,
bei Hypoglykämie: Glucose 40% 60 mL i.v.,
bei V.a. Alkoholmissbrauch/-entzug: Thiamin i.v.,
Bei erhöhter Körpertemperatur (>37,5°C): Symptomatische Temperatursenkung, Paracetamol i.v.,
ggf. Flüssigkeitssubstitution.
Verlegung in Klinik mit Intensivstation.

Antikonvulsive Stufentherapie des Status generalisierter tonisch­-klonischer Anfälle (SGTKA):

Stufe 1 (schnellstmöglich, Therapie des initialen Status): Benzodiazepin:

  1. Wahl: Lorazepam i.v.,
  2. Wahl: Diazepam i.v., alternativ Clonazepam i.v.

Stufe 2 (bei anhaltendem Status nach 10 Minuten, Therapie des etablierten Status): Aufsättigung mit Phenytoin, alternativ Valproat, Levetiracetam oder Phenobarbital.

Stufe 3 (bei anhaltendem Status nach >30–60 Minuten, Therapie des refraktären Status): Eskalation auf Intensivstation mit Narkotika wie Thiopental, Midazolam oder Propofol.

Stufe 4 (bei anhaltendem Status nach >24 Stunden, Therapie des superrefraktären Status): 
Fortführung der antikonvulsiven und intensivmedizinischen Therapie.
Therapieversuche mit Ketamin, Inhalationsnarkotika (Isofluran, Desfluran), Magnesiumsulfat, Lidocain, etc.
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8
Q

Status epilepticus - Komplikationen

A
Komplikationen:
Entwicklung eines Hirnödems, 
kardiopulmonale Dysregulation,
Folgen exzessiver Muskelarbeit:
Elektrolytstörungen (Hyperkaliämie, Hyponatriämie),
metabolische Azidose (Laktatazidose) oder/und respiratorische Azidose (Ventilationsstörung),
Hyperthermie,
(Wirbel‑)Frakturen,
Rhabdomyolyse, akutes Nierenversagen.

Prognose:
Letalität: Etwa 10%.

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9
Q

Symptomatische fokale Epilepsien - Temporallappenepilepsie

A

Epidemiologie: Häufigste Epilepsieform!

Ursache:
Hippokampussklerose (Ammonshornsklerose),
Enzephalitis, Entwicklungsstörung, neurodegenerative Erkrankungen, Tumoren.

Klinik:
Anfälle treten meist gruppiert auf und haben folgenden Ablauf:
Zunächst Aura,
dann komplex-fokale Anfälle mit motorischen Symptomen (typisch sind oro-alimentäre Automatismen (z.B. Schmatzen), aber auch Nesteln, sich Strecken und Treten auf der Stelle), vegetativen Symptomen, und Bewusstseinsveränderung.

Seltener auch Geruchs- und Geschmacksmissempfindungen oder Aphasie,
sekundäre Generalisierung möglich.

Postiktale Reorientierungsphase mit Amnesie für das Anfallsgeschehen.

Interiktal kommt es teilw. zur Beeinträchtigung des limbischen Systems und des Gedächtnisses.

Prognose:
Ungünstig, 40% Anfallsfreiheit unter medikamentöser Therapie.

Therapie: Lamotrigin, Levetiracetam, bei Pharmakoresistenz ggf. OP.

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10
Q

Symptomatische fokale Epilepsien - Frontallappenepilepsie

A

Epidemiologie: 10% der fokalen Epilepsien!

Klinik:
Vielgestaltig, je nach betroffenem Gebiet innerhalb des Frontallappens.
Häufig mit Aura als erstem Symptom,
meist einfach-fokale Anfälle mit verschiedenen motorischen Symptomen: Tonisierung, Vokalisation, Blick- oder Kopfwendung zur gesunden Seite (vom epileptischen Herd weg).

Kann auch mit vegetativen Symptomen (Enuresis, Speichelfluss), Sprachhemmung und Aufmerksamkeitsstörungen (Pseudo-Absencen) einhergehen.

I.d.R. nur geringe postiktale Verwirrtheit.
Meist kurze Anfälle (≤30 s) in Serie und häufig aus dem Schlaf heraus.

Bei Beteiligung des motorischen Kortex sind ein march of convulsion und postiktal Todd’sche Paresen möglich!

Häufig sekundäre Generalisierung.

Subtyp: Motorischer Jackson-Anfall:
Tonische bzw. klonische Zuckungen, die sich von einer Körperregion auf benachbarte Bezirke ausbreiten (sog. march of convulsion).

Häufig Todd’sche Parese: Vorübergehende postiktale Lähmungen im Anfall betroffener Muskelgruppen, lässt häufig Folgerung auf den Anfallsursprung zu.

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11
Q

Symptomatische fokale Epilepsien - Parietallappen

A

Parietallappenepilepsie:
Einfach-fokale Anfälle mit sensiblen Symptomen (z.B. Parästhesien, Schmerzen), Dyslexie, Störungen des Sprachverständnisses.

Ausbreitung der Symptome im Sinne eines march of convulsion möglich (sensibler Jackson-Anfall).

Übergang in temporale und frontale Anfälle mit den jeweiligen Symptomen möglich.

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12
Q

Symptomatische fokale Epilepsien - Okzipitallappen

A

Epidemiologie: Selten.

Einfach-fokaler Anfall häufig mit visuellen Phänomenen oder Ausfallsymptomen Blickwendung.
Häufig Übergang in temporale und frontale Anfälle,
Generalisierung möglich.

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13
Q

Epilepsia partialis continua (Kojevnikov)

A

Ursache: Meist kortikale Schädigung/Läsion (z.B. Narbe, Enzephalitis, Tumor).

Klinik:
Klonische Zuckungen einer umschriebenen Körperregion (“partialis”), z.B. des Mundes oder eines Fingers über mehrere Tage (“continua”).
Gewissermaßen “fokaler Status epilepticus”.

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