Deliktsrecht - § 823 I Flashcards

1
Q

Lehre vom Erfolgsunrecht vs. Lehre vom Handlungsunrecht

A
  • bei unmittelbaren Verletzungshandlungen: Lehre vom Erfolgsunrecht indiziert Rechtswidrigkeit
  • bei mittelbaren Verletzungshandlungen und Unterlassen: Lehre vom Verhaltensunrecht erfordert positive Feststellung der Rechtswidrigkeit (Verletzung von Verkehrspflichten)
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2
Q

Systematisierung von Verkehrspflichten

A

1) Herrschaft über eine Gefahrenquelle: Verkehrssicherungspflichten
2) Ausübung einer gefährlichen Tätigkeit oder eines gefährlichen Berufes
3) Vorangeganges gefährliches Tun
- > unabhängig davon, ob Herrschaft über Gefahrenquelle fortbesteht
- > unabhängig davon, ob Gefahrschaffung selbst pflichtwidrig war

=> Rspr: rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst alle Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren
-> letztlich Abwägung zwischen Handlungsfreiheit des Schädigers und Schutzinteressen des Geschädigten (Kriterien: Wahrscheinlichkeit und Intensität der Schädigung; Bedrohung für Kinder)

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3
Q

P: Abgrenzung der Verkehrspflichtverletzung von der Fahrlässigkeit (§ 276 II)

A
  • eA (mM): Verkehrspflichtverletzung ist mit der Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt identisch
    con: Prüfung auf Schuldebene weitgehend bedeutungslos
  • aA (hM): diff: Verkehrspflichten nach engeren Maßstäben zu definieren:
    -> äußere Sorgfalt: welche Vorkehrungen erscheinen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt
    der letzten mündlichen Verhandlung (ex post) geboten, um Rechtsgutsverletzungen zu vermeiden (objektive Abgrenzung von Verantwortungssphären)
    -> innere Sorgfalt (-> Fahrlässigkeit): Frage, ob ein durchschnittlicher Angehöriger des betreffenden Verkehrskreises die objektiv gebotenen Anforderungen im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses (ex ante) hätte erkennen und erfüllen können (Schuld)
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4
Q

Rechtfertigung - allgemeine Gründe

A
  • §§ 227ff.: Notwehr, Notstand, Selbsthilfe
  • Sonderfälle des Selbsthilferechts: § 562b, ggf iVm § 581 II oder § 704
  • §§ 859, 860, 910, 962
  • Angriffsnotstand: § 904
  • berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag
  • §§ 34, 193 StGB, 127 StPO
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5
Q

Rechtfertigung - Einwilligung

A
  • Disponibilität des Rechtsguts ((-) bei eigenem Leben, aber beachte: Weigerung der lebensverlängernden Maßnahmen)
  • Einwilligungsfähigkeit
  • > aber: § 228 StGB
  • > mutmaßliche Einwilligung
  • speziell: Einwilligung bei ärztlicher Behandlung: § 630d (wohl auch im Deliktsrecht zu beachten, arg. Einheit der Rechtsordnung)
  • Handeln auf eigene Gefahr?
  • > nach neuerer Rspr auf der Ebene der Schuld (§ 254) zu behandeln
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6
Q

Bezugspunkt des Verschuldens

A

allein die haftungsbegründende Kausalität

  • > haftungsausfüllende Kausalität mitsamt dem Schaden muss nicht vom Verschulden erfasst sein
  • > Prüfung der haftungsausfüllenden Kausalität nach dem Verschulden, obwohl sie an sich zum Tatbestand des § 823 I gehört
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7
Q

Einsicht (§ 828 III)

A

hM: die abstrakte Fähigkeit, die Gefährlichkeit des infrage stehenden Verhaltens und die Verantwortlichkeit für die Folgen des eigenen Tuns zu erkennen
-> Steuerungsfähigkeit, anders als im Strafrecht, wird nicht vorausgesetzt

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8
Q

Anwendungsbereich des § 828 II

A
  • teleologische Reduktion, wenn sich im Unfall keine
    typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat.
    -> BGH: Entwicklungsdefizite von Kindern im fließenden Verkehr häufiger; in Ausnahmefällen aber auch Privilegierung im ruhenden Verkehr
    => keine strikte Unterscheidung nach Verkehrsart
  • hM: § 828 II umfasst auch Privilegierung hinsichtlich etwaigen Mitverschuldens des Kindes als Geschädigter
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9
Q

Entschuldigungsgründe

A
  • § 35 StGB -> Geschädigter hat ggf aber einen Schadensersatzanspruch aus § 904 S. 2 analog
  • Putativnotwehr: Rechtfertigung ausgeschlossen; bei unvermeidbarem Irrtum: fehlendes Verschulden möglich
  • Notwehrexzess nach § 33 StGB: schließt die deliktische Haftung des Schädigers im Allgemeinen nicht aus; vorausgehender Angriff des Geschädigten kann jedoch eine Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens (§ 254) rechtfertigen
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10
Q

Schutzgut: Körper und Gesundheit

A
  • Körper: Eingriff in körperliche Integrität
  • Gesundheit: Verursachung einer Krankheit
  • > viele Überschneidungsfälle, aber auch Sonderfälle:
  • -> Abschneiden der Haare: Körper (+), Gesundheit (-)
  • -> HIV-Infektion: Gesundheit (+), auch wenn Krankheit AIDS noch nicht ausgebrochen
  • -> Schutz der Leibesfrucht (+)
  • -> abgetrennte Körperteile grds. (-), aber Ausnahme, wenn später wieder eingegliedert werden soll (Knochen- oder Hautteile zur Transplantation; Eizellen; Sperma)
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11
Q

Schutzgut: psychische Gesundheit (insbesondere: Schockfälle)

A
  • Rspr: mit Trauerfall verbundenen Störungen der seelischen Funktionen (-); aber (+), wenn pathologisch fassbare gesundheitliche Beeinträchtigungen über das Maß hinausgehen, dem Hinterbliebene bei der
    Nachricht vom Tod eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind
    pro: § 823 I soll klar umrissene Tatbestände bilden
  • aA: weites Verständnis von Gesundheit
    -> Rpsr. nimmt teleologische Reduktion vor, die nicht angezeigt ist, das Gesetzgeber mit den klar umrissenen RG nur Ausdehnung auf Haftung für Vermögens- und Handlungsfreiheitsverletzungen verhindern wollte; genannte RG sollen aber umfassend verstanden werden
  • erforderlich außerdem: Zurechenbarkeit
    -> naher Verwandter
    -> Geschädigter unmittelbar am Unfall beteiligt
    (- grds. bei Polizeibeamten; nicht unfallbeteiligten Dritten)
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12
Q

Schutzgut: Freiheit

A
  • restriktiv aufzulegen (nicht jede Art 2 I-Beeinträchtigung): nur körperliche Bewegungsfreiheit
  • > bspw. nicht berechtigte Festnahme
  • > (-) bei Stau, da Bewegungsfreiheit des Autofahrers per se nicht eingeschränkt
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13
Q

Schutzgut: Eigentum: Verletzungsformen

A

-> Eigentum nach § 903 S. 1 dahingehend umschrieben, dass der Eigentümer mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen kann -> umfassendes Herrschaftsrecht

  • Verletzung des Eigentumsrechts als solches (bspw. Veräußerung an gutgläubigen Erwerber)
  • Substanzbeeinträchtigung
  • Entziehung des Besitzes
  • Beeinträchtigung des Gebrauchs (maßgeblich: Zuweisungsgehalt)
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14
Q

Schutzgut: Eigentum: Gebrauchsbeeinträchtigung

A
  • Fleetfall: nur eingeschlossenes Schiff
  • > BGH: Zuweisungsgehalt des Eigentums am Schiff umfasst nur abstrakte Verwendbarkeit als Transportmittel, nicht konkrete Transporte (außerhalb des Fleets: können nach wie vor für andere Transporte benutzt werden)
  • Zufahrtsunterbrechung zu Grundstück/Betrieb
  • > Diff. danach, welcher Aspekt der Nutzungsmöglichkeit des Eigentums wie intensiv beeinträchtigt ist
  • Unterbrechung der Stromversorgung
  • > Produktionsausfallschaden (-), da Anbindung an das Stromnetz nicht vom Zuweisungsgehalt des Eigentums erfasst (aber ggf. Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb)
  • > bereits existierende, dadurch zerstörte Produkte (+) (Eier)
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15
Q

Rechtsgut: Eigentum: Produktionsschaden

A
  • bei Anfertigung neuer Sachen
  • SE des Käufers unter dem Aspekt der Eigentumsverletzung der durch die Verbindung unbrauchbar gewordenen eigenen Teile
  • > Eigentumsverletzung bereits durch die Verbindung (+), eine Beschädigung der Teile beim Ausbau nicht erforderlich
  • funktionsunfähige Gesamtsache (-)
  • > SEfähig ist nur das Integritätsinteresse, nicht das Äquivalenzinteresse des Käufers
  • Übertragbar wohl auch auf den Fall, wenn auf einem belasteten Grundstück ein Gebäude errichtet wird, das dann infolgedessen Mängel aufweist
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