8 Ein Überblick: Von der Fragestellung zur empirischen Untersuchung Flashcards

1
Q

Anlegen einer Ideensammlung

A
  • Untersuchungsideen mit Datum notieren -> eigene Ideengeschichte (Interessenverlagerung)
  • Notieren der Quelle (Lehrveranstaltung, Gespräch, Teilnahme an Untersuchung als Vp) erleichtert bei späterem Aufgreifen weiterführende Literaturrecherchen oder Eingrenzungen der vorläufigen Untersuchungsproblematik
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2
Q

Replikation von Untersuchungen

A
  • Weniger attraktiv im Vergleich zur Untersuchung eigener Ideen
  • Unerlässlich, wenn es um Festigung und Erweiterung des Kenntnisstandes einer Wissenschaft geht
  • V.a. erforderlich, wenn eine Untersuchung zu unerwarteten, mit derzeitigem Kenntnisstand nur wenig in Einklang zu bringenden Ergebnissen geführt hat, die jedoch eine stärkere Aussagekraft hätten, wenn sie sich bestätigen ließen
  • Auch Replikationen können originell und spannend sein, da völlig exakte Replikationen der Originalstudie unmöglich sind
  • Viele publizierte Studien enthalten im Diskussionsteil Anregungen für Anschlussstudien
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3
Q

Mitarbeit an Forschungsprojekten

A

Bei Mitarbeit an größeren Forschungsprojekten ergeben sich gelegentlich Teilfragestellungen für eigenständige Qualifikationsarbeiten
- Gewährt Einblick in komplexen Forschungsbereich

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4
Q

Weitere Anregungen

A
  • Letzte Möglichkeit: Gezielte Themensuche
    o Auswahl eines Themenbereichs, der gezielt nach offenen Fragestellungen, interessanten Hypothesen oder Widersprüchlichkeiten durchsucht wird
  • Kreative Suchstrategien:
    o Intensive Fallstudien: gründliche Beobachtung einzelner Personen (müssen nicht auffällig/herausragend sein -> meist ganz normale Personen)
    o Introspektion: Selbstbeobachtung in Bezug auf Widersprüchlichkeiten
    o Sprichwörter: Erfahrungen vieler Generationen -> Testen
    o Funktionale Analogien: Übertragung bekannter Prinzipien/Mechanismen auf neuartige Probleme (wird erschwert durch „funktionale Fixierungen“)
    o Paradoxe Phänomene: z.B. Lachen bei Trauer, müde aber nicht einschlafen können
    o Analyse von Faustregeln: z.B. Warum ist Ehe in 7. Jahr besonders gefährdet?
    o Veränderungen von Alltagsgewohnheiten: Ursachen für neue Mode, veränderte Freizeitgewohnheiten, gesellschaftlicher Umgangsformen
    o Gesellschaftliche Probleme
    o Widersprüchliche Theorien: eigenständige Prüfmöglichkeiten oder Entwicklung eines allgemeineren theoretischen Ansatzes, der beide vereint
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5
Q

Präzision der Problemformulierung

A
  • Unbrauchbar: Unklarheit über eigentlichen Forschungsgegenstand bzw. Vielschichtigkeit des Forschungsgegenstandes aus der viele unterschiedliche Fragestellungen resultieren
  • Unbrauchbar: Verwendung von unklaren, mehrdeutigen oder schlecht definierten Begriffen
  • Begriffe gelten als vorläufig genügend klar definiert, wenn sie kommunikationsfähig sind: Ein Gesprächspartner, der meint mich verstanden zu haben, muss in der Lage sein, einem Dritten zu erklären, was ich mit meinem Begriff meine
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6
Q

Empirische Untersuchbarkeit

A
  • Ungeeignet: Untersuchungsideen mit religiösen, metaphysischen oder philosophischen Inhalten (Leben nach dem Tod, Sinn des Lebens) oder unklaren Begriffen (Seele, Charakterstärke), sofern keine besondere Strategie zur Präzisierung dieser Ideen verfolgt wird (z.B. Vorstellungen über Sinn des Lebens zw. verschiedenen Bevölkerungsgruppen)
  • Ungeeignet: unangemessener Arbeitsaufwand, z.B. Untersuchung ungewöhnlicher Personen (psychische Probleme von Kleinwüchsigen) oder Situationen (Ursachen für Panikreaktionen bei Massenveranstaltungen)
  • Ungeeignet: sehr zeitaufwendige Untersuchungen (Längsschnittuntersuchungen)
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7
Q

Wissenschaftliche Tragweite

A
  • Unbrauchbar: keine praktische Bedeutung, keine Bereicherung der Grundlagenforschung
  • Durch lange und kostspielige Ausbildung besondere Verantwortung der Hochschulangehörigen für Themen mit prinzipiell erkennbarem Nutzen
  • Entscheidung, ob bei bereits intensiver Erforschung eigene Studie Mehrwert bringt
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8
Q

Ethische Kriterien

A

Güterabwägung: Wissenschaftlicher Fortschritt oder Menschenwürde
- Bei geringstem Zweifel an ethischer Unbedenklichkeit: außenstehende, erfahrene Fachleute und die zu untersuchende Zielgruppe zu Rate ziehen

Persönliche Verantwortung
- Vl muss Vpn auf Gefährdungen und Recht auf Verweigerung hinweisen

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9
Q

Informationspflicht

A
  • „Informed Consent“: Proband entschließt sich nach Kenntnisnahme aller relevanten Informationen zur Teilnahme an der Untersuchung
  • Debriefing: Aufklärung der Teilnehmer nach Abschluss der Untersuchung über wahre Zusammenhänge
  1. Freiwillige Untersuchungsteilnahme
  2. Vermeidung psychischer und körperlicher Beeinträchtigungen
    - Lewin (1979) unterscheidet drei Arten von Beeinträchtigungen
    o Vermeidbare Beeinträchtigungen: Untersuchungsteilnehmer kommen aus Mangel an Sorgfalt, aus Unachtsamkeit oder wegen überflüssigen, für die Untersuchung nicht unbedingt erforderlichen Maßnahmen zu Schaden
    o Unbeabsichtigte Beeinträchtigungen: trotz sorgfältiger Planung und Durchführung -> Vl muss unverzüglich eingreifen
     Persönliches Gespräch oder sachliche Aufklärung können helfen, über unbeabsichtigte Beeinträchtigung hinwegzukommen
    o Beabsichtigte Beeinträchtigungen: bei Untersuchung von Angst-, Schuld- und Schamgefühlen -> so wenig Belastung wie möglich
  3. Anonymität der Ergebnisse
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10
Q

Untersuchungsplanung

A
  • Der wichtigste Abschnitt einer empirischen Forschungsarbeit ist die Untersuchungsplanung
  • Keine Scheu, Aufarbeitung einer Untersuchungsidee abzubrechen, wenn Planungsphase Hinweise ergibt, die positiven Ausgang der Untersuchung zweifelhaft erscheinen lassen
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11
Q

Zum Anspruch der geplanten Untersuchung

A
  • Planungsarbeit beginnt mit möglichst realistischer Einschätzung des Anspruchs des eigenen Untersuchungsvorhabens in Abhängigkeit vom Zweck der Untersuchung
    Prüfungsordnungen
  • „selbstständiger Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung“ (Dissertation) vs. „Nachweis, selbst ein wissenschaftliches Thema bearbeiten zu können“ (Abschlussarbeit)
    Vergleichbare Arbeiten
  • Durchsehen verschiedener Qualifikationsarbeiten, um Anspruch und Umfang einzuschätzen
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12
Q

Literaturstudium

A
  • Einordnen der vorläufigen Untersuchungsidee in den bereits vorhandenen Wissensbestand
  • Ziel: eigene Untersuchungsidee nach Maßgabe bereits vorhandener Ergebnisse und Theorien einzugrenzen bzw. noch offene Fragen oder widersprüchliche Befunde zu entdecken

Orientierung
- Lexika, Wörterbücher, Handbücher -> zentrale Begriffe und Verweis auf erste einführende Literatur -> Verweise auf spezielle Monographien oder Zeitschriftenartikel
- Überblicksreferate
o (Aktuelle) Sammelreferate (Reviews): Auswertung und Zusammenfassung der wichtigsten Literatur zu einem Thema für einen begrenzten Zeitraum
o Metaanalysen: empirische Befunde zu Forschungsthematik statistisch aggregiert
o Für die Psychologie: Annual Review of Psychology, Psychological Review
- Universitätsbibliotheken, Fachinformationsdienste, Datenbanken, Internet

Vertiefung

  • Bibliographien, Kongressberichte und Abstractbände für Detailsuche
  • Literaturverzeichnisse der gefundenen Zeitungsartikel als Fundgrube einschlägiger Beiträge
  • Thesauri: Unterstützen bei Stichwortsuche, indem sie synonyme und inhaltlich ähnliche Fachbegriffe zu dem jeweiligen Suchbegriff angeben
  • Bietet Literatur keine Anknüpfungspunkte -> Erkundungsstudie

Dokumentation
- Traditionelles Karteikartensystem und elektronische Literaturdatenbank haben sich am besten bewährt:
o Für jede Publikation wird Karteikarte angelegt, die vollständige bibliographische Angaben enthält, die für Literaturverzeichnis benötigt werden
o In Stichworten Angaben über Theoriebezug, Fragestellung, verwendete Methode und Ergebnisse
o Wörtliche Zitate (mit Seitenzahl!), die für Untersuchungsbericht geeignet
o Bibliothekssignaturen, die späteres Nachschlagen erleichtern

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13
Q

Wahl der Untersuchungsart

A

Erstes Kriterium: Stand der Forschung:
Entscheidung, ob Stand der Forschung Ableitung und Überprüfung einer gut begründeten Hypothese zulässt (explanative Untersuchung) oder ob wissenschaftliches Neuland betreten wird, welches gezielte Hypothesensuche erfordert (explorative Untersuchung)
-> Explorative vs. populationsbeschreibende vs. hypothesenüberprüfende Untersuchungen

Zweites Kriterium: Gültigkeit der Untersuchungsbefunde

  • Experimentelle vs. quasiexperimentelle Untersuchung (-> personenbedingte Störvariablen)
  • Felduntersuchungen vs. Laboruntersuchungen (-> untersuchungsbedingte Störvariablen)
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14
Q

Explorative Untersuchungen

A
  • Richtlinien für Planung der Untersuchung und Anfertigungen des Untersuchungsberichtes weniger verbindlich als für hypothesenüberprüfende Untersuchungen
  • Folgende methodische Ansätze sind charakteristisch (qualitative Methoden):
    o Offene Befragungen, Feldbeobachtung
    o Aktionsforschung: Wissenschaftler und Betroffene definieren gemeinsam die Problemstellung, suchen nach Ursachen (Hypothesengenerierung, Theoriebildung) und entwerfen Lösungsvorschläge (Interventionen), gemeinsame Evaluation
    o Analyse von Einzelfällen: in Form von Selbst- oder Fremdbeobachtung
    o Nonreaktive Messungen: auf Basis von Verhaltensspuren, Ablagerungen und Abnutzungen wird auf vergangenes Verhalten geschlossen (-> dingliche Umgebung)
    o Qualitative Inhaltsanalysen
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15
Q

Populationsbeschreibende Untersuchungen

A
  • Beschreibung von Populationen hinsichtlich ausgewählter Merkmale
  • Unterscheidung populationsbeschreibender Untersuchungen
    o Mit einfach Zufallsstichproben
    o Mit geschichteten Stichproben: prozentuale Verteilung von Schichtungsmerkmalen (Alter, Geschlecht, Beruf) entspricht prozentualer Verteilung in Population
    o Mit Klumpenstichproben: mehrere ausgewählte Klumpen (Krankenhäuser, Wohnblocks, Schulklassen) werden vollständig erhoben
    o Mit mehrstufigen Stichproben: Auswahl erfolgt nach mehreren Schichtungs- oder Klumpenmerkmalen
    o Studien nach dem Bayes’schen Ansatz, der Stichprobeninformationen und „subjektive“ Informationen für eine Parameterschätzung kombiniert
  • Deskriptive bzw. populationsbeschreibende Studie, z.B. in Unternehmen, soll nicht allgemeine Aussagen machen, sondern Handlungsanweisungen geben
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16
Q

Hypothesenüberprüfende Untersuchungen

A
  • Unspezifische Hypothesen: Forschung ist noch nicht genügend entwickelt, um genaue Angaben über Größe des hypothesengemäß erwarteten Zusammenhangs, Unterschiedes oder der Veränderung zu machen (nur dass)
    o Nachteil: Führen bei großen Stichproben eigentlich immer zu signifikantem Ergebnis
  • Spezifische Hypothesen: Konkretisieren den Betrag des Effektes bzw. die Effektgröße, weil bereits genügend Erfahrungen mit Untersuchungsthematik und -instrument vorhanden
    o Sollten formuliert werden, wann immer Möglichkeit besteht, für Zusammenhang/ Unterschied/Veränderung Mindestgröße festzulegen, die praktisch bedeutsam ist
    o Ergänzen Konzept der statistische Hypothesenprüfung (Signifikanzkriterium) durch Kriterien der praktischen Bedeutsamkeit von Untersuchungsergebnissen
  • „Optimaler“ Stichprobenumfang für hypothesenüberprüfende Untersuchung nur kalkulierbar, wenn spezifische Hypothese mit Effektgröße formuliert wurde
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17
Q

Zweites Kriterium: Gültigkeit der Untersuchungsbefunde

A
  • Cook & Campbell (1979) ergänzen interne Validität um statistische Validität
  • Konstrukt-/Variablenvalidität als Ergänzung zur externen Validität: durch ungenaue Operationalisierungen der aus den Konstrukten abgeleiteten Variablen gefährdet
  • Campbell (1986): Statt Internal Validity -> Local Molar Causal Validity
    o Local: Begrenzung der internen Validitt auf konkrete Untersuchung
    o Molar: Komplexität des mit einem Treatment verbundenen Wirkprozesses, der aus vielen molekularen Teilwirkungen bestehen kann
    o Causal: Wirkungen müssen tatsächlich eindeutig auf die geprüfte Behandlung rückführbar sein
  • Campbell (1986): Statt External Validity -> Proximal Similarity
    o Similarity: Spezifische Untersuchungscharakteristika weisen eine hohe Ähnlichkeit zu Populationen und Situationen auf, für die Untersuchung gültig sein soll
    o Proximal: Die für Generalisierung erforderliche Ähnlichkeit bezieht sich auf naheliegende/relevante Untersuchungscharakteristika
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18
Q

Experimentelle vs. quasiexperimentelle Untersuchung (-> personenbedingte Störvariablen)

A
  • Experiment: Stufen der UV werden durch unterschiedliche Behandlungen von Personen hergestellt
    o UV heißt experimentelle Variable oder Treatmentvariable
  • Quasiexperiment: Stufen der UV werden durch Auswahl bestimmter Probanden realisiert
    o UV heißt Personenvariable oder organismische Variable
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19
Q

Felduntersuchungen vs. Laboruntersuchungen (-> untersuchungsbedingte Störvariablen)

A
  • Wenn bereits viele Felduntersuchungen zu einem Thema (-> externe Validität gesichert), dann sollten Laboruntersuchungen durchgeführt werden (-> um interne V. zu sichern) v.v.
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20
Q

Kombinationen: Experimentell vs. Quasiexperimentell, Feld vs. Labor

A
  1. Experimentelle Feldforschung (Interne V. +, Externe V. +)
  2. Experimentelle Laborforschung (I +, E -)
  3. Quasiexperimentelle Feldforschung (I-, E+)
  4. Quasiexperimentelle Laborforschung (I-, E-)
21
Q

Thema der Untersuchung

A
  • (Vorläufige) Festlegung des Untersuchungsthemas kann folgende Aufgaben akzentuieren:
    o Überprüfung spezieller theoretisch begründeter Hypothesen oder Forschungsfragen
    o Replikation wichtiger Untersuchungen
    o Klärung widersprüchlicher Untersuchungen oder Theorien
    o Überprüfung neuer methodischer oder untersuchungstechnischer Varianten
    o Überprüfung des Erklärungswertes bisher nicht beachteter Theorien
    o Erkundung von Hypothesen
  • Bei neuem Forschungsgebiet allgemeinere Formulierung des Arbeitstitels
    o Durch Untertitel kann verwendete Methodik genannt werden
  • Untersuchungen, die speziellen Beitrag zu Forschungsgebiet mit langer Forschungstradition liefern, werden mit eindeutig formuliertem, scharf abgrenzendem Titel überschrieben
  • Endgültige Formulierung zweckmäßigerweise erst nach Abschluss der Gesamtplanung
22
Q

Begriffsdefinitionen und Operationalisierung

A
  • Überbrückungsproblem (Steyer & Eid, 1993): Aufgabenstellung, theoretische Konstrukte wie Aggressivität, Intelligenz oder Ehrgeiz mit konkreten, empirisch messbaren Variablen zu verbinden
  • Real- und Nominaldefinitionen
  • Analytische Definitionen (-> qualitativ)
  • Operationale Definitionen (-> quantitativ)
23
Q

Real- und Nominaldefinitionen

A
  • Realdefinition (Sacherklärung): Definition, die Aussagen oder über Eigenschaften eines Gegenstandes/Sachverhaltes enthält, die im Hinblick auf diesen Gegenstand/Sachverhalt für wesentlich gehalten werden -> Mit Realdefinition wird Wahrheitsanspruch erhoben
    o Genus proximum: nächsthöhere Gattung
    o Differentia specifica: artbildenden Unterschied
    o Bsp. „Die Psychologie ist eine empirische Sozialwissenschaft (Genus proximum), die sich mit Verhalten und Erleben des einzelnen Menschen, mit Dyaden und Gruppenprozessen beschäftigt (Differentia specifica).“
  • Nominaldefinition: Festlegung der Bedeutung eines Begriffs (Defiendum) durch bereits bekannte (realdefinitierte) Begriffe (Defiens)
    o Bsp.: „Unter „AWT“ sei im nachfolgenden Text Arbeitswerttheorie verstanden.“
  • Explikation: Präzisierung eines alltagssprachlichen Begriffes für wissenschaftliche Zwecke
24
Q

Analytische Definitionen (-> qualitativ)

A
  • Klärt einen Begriff durch die Analyse seiner Semantik und seiner Gebrauchsweise
    o Empirische Bedeutungsanalyse erfasst und systematisiert kommunikatives Geschehen
    o Keine von Wissenschaftlern eingeführten Konventionen -> empirisch überprüfbar
    o Anschließend operationale Definition
    o Ob Definition richtig ist, zeigt spätere Forschungspraxis
25
Q

Operationale Definitionen (-> quantitativ)

A
  • Standardisiert einen Begriff durch die Angabe der Operationen, die zur Erfassung des durch den Begriff bezeichneten Sachverhaltes notwendig sind, oder durch Angabe von messbaren Ereignissen, die das Vorliegen des Sachverhaltes anzeigen (Indikatoren)
  • Sind analytischen Definitionen nachgeordnet und ohne sie bedeutungslos
  • Brauchbarkeit der Definition abhängig von Bewährung in der Praxis
  • Bridgman (1927):
    1. Die operationale Definition ist synonym mit einem korrespondierenden Satz von Operationen. (Der Begriff „Länge“ beinhaltet nicht mehr und nicht weniger als eine Reihe von Operationen, mit denen eine Länge ermittelt wird.)
    2. Ein Begriff sollte nicht bezüglich seiner Eigenschaften, sondern bezüglich der mit ihm verbundenen Operationen definiert werden.
    3. Die wahre Bedeutung eines Begriffes findet man nicht, indem man beobachtet, was man über ihn sagt, sondern indem man registriert, was man mit ihm macht.
    4. Unser gesamtes Wissen ist an den Operationen zu relativieren, die ausgewählt wurden, um unsere wissenschaftlichen Konzepte zu messen. Existieren mehrere Sätze von Operationen, so liegen diesen auch mehrere Konzepte zugrunde.
26
Q

Probleme der Operationalisierung

A
  • Auch präzise analytische Definitionen lassen häufig verschiedene Operationalisierungen zu
  • Führen verschiedene Operationalisierungen desselben Begriffs zu widersprüchlichen Resultaten, ist Begriff offensichtlich noch nicht präzise genug definiert
  • Operationale und analytische Definitionen tragen wechselseitig zu ihrer Präzisierung bei
  • Stand der Forschung entscheidet über Genauigkeit der analytischen Definition und damit auch über Eindeutigkeit der Operationalisierung
27
Q

Operationalisierungsvarianten

A
  • Häufigkeit, Reaktionszeit, Reaktionsdauer, Reaktionsstärke, Wahlreaktionen
  • Art der Operationalisierung entscheidet über Skalierungsniveau der AV
  • Skalierungsniveau entscheidet, wie Merkmal statistisch auszuwerten ist
  • Bemühung um metrisch skalierte AV
28
Q

Art und Größe der Stichprobe

A
  • Für explorative Studien unerheblich
  • Hypothesenüberprüfende Untersuchungen -> höhere Anforderungen an Auswahl
    o Verbindliche Angaben über Stichprobengröße nur bei vorgegebener Effektgröße
29
Q

Anwerbung von Untersuchungsteilnehmern

A
  • Individuelles und persönliches Ansprechen von potenziellen Teilnehmern (mündl., schriftl.)
  • Inhaltliche Erläuterung des Untersuchungsvorhabens (-> wenn möglich) mit Angabe, wem Untersuchung potenziell zugute kommt
  • Evtl. Angaben, wie und wann Teilnehmer seine individuellen Ergebnisse erfahren kann
  • Anwerbung durch Person mit möglichst hohem sozialen Status (Rosenthal & Rosnow, 1975)
  • Gerade psychologische Forschung ist auf persönliches Vertrauen der Teilnehmer angewiesen -> dadurch weniger absichtliche Täuschungen und bewusste Fehlreaktionen
30
Q

Merkmale der freiwilligen Untersuchungsteilnehmer (nach Rosenthal & Rosnow, 1975)

A
  • Bessere schulische Ausbildung (bessere Notendurchschnitte) als Verweigerer
    o V.a. bei Untersuchungen, in denen Kontakte zwischen Vp und Vl nicht erforderlich
    o Bei Schülern ist Schulleistung für freiwillige Teilnahme irrelevant
  • Schätzen eigenen sozialen Status höher ein als Verweigerer
  • Höhere Intelligenz
  • Benötigen mehr soziale Anerkennung als Verweigerer
  • Sind geselliger als Verweigerer
  • Geben sich in Untersuchungen über geschlechtsspezifisches Verhalten unkonventioneller
  • Weibliche Personen eher bereit zur freiwilligen Teilnahme als männliche
  • Weniger autoritär als Verweigerer
  • Tendenz zu konformen Verhalten ist bei Verweigerern stärker ausgeprägt
     Sozial privilegierte und weibliche Personen
31
Q

Merkmale der Untersuchung für Förderung der Freiwilligkeit (nach Rosenthal & Rosnow, 1975)

A
  • Interesse der Personen am Forschungsgegenstand
  • Einschätzung der Untersuchung als bedeutend
  • Kleine persönliche Geschenke und Aufmerksamkeiten, die vor Entscheidung zu Teilnahme überreicht werden, fördern Freiwilligkeit mehr als Entlohnungen in Form von Geld
  • Anwerbende Person ist persönlich bekannt -> „persönlicher Anstrich“ der Anwerbung
  • Untersuchung wird öffentlich unterstützt, Teilnahme gehört „zum guten Ton“
  • Besonderheiten freiwilliger Untersuchungsteilnahme sollten in Diskussion einfließen
    o In welcher Weise können Ergebnisse durch Verweigerung verfälscht sein?
  • Psychologische Reaktanz (Brehm, 1966): Abwehrmechanismen der Teilnehmer, die sich vor Verletzung der persönlichen Freiheit schützen, die mit Untersuchung einhergehen kann
    o Lösungsansatz: entspannte Anwerbung und Durchführung, die persönliche Freiheit und Handlungsspielraum der Teilnehmer möglichst wenig einengen
32
Q

Studierende als Versuchspersonen

A
  • In den meisten Studien hoher Anteil an Studenten -> leichter verfügbar
  • V.a. bei Untersuchungen über entwicklungsbedingte, sozialbedingte und durch Altern bedingte Prozesse im kognitiven und intellektuellen Bereich -> falsche Schlüsse
33
Q

Empfehlungen bzgl. der Freiwilligkeit

A
  • Beachtung der Determinanten der Freiwilligkeit von Rosenthal & Rosnow
  • Variablen, die zwischen Freiwilligen und Verweigerern differenzieren, miterheben, um im Nachhinein Einfluss kontrollieren zu können
  • Kein Verzicht auf Diskussion möglicher Konsequenzen durch freiwillige Teilnahme
  • Abschließende Befragung über Gefühle während Teilnahme und Häufigkeit an bisherigen Teilnahmen -> Einfluss der Untersuchungsbereitschaft auf Untersuchungsergebnis
  • Erforschung der persönlichen Motive für Teilnahme (z.B. durch PRS-Skala von Adair)
  • Externe Validität der Ergebnisse ist v.a. bei studentischen Stichproben zu problematisieren
34
Q

Planung der Untersuchungsdurchführung

A
  • Gewisse Flexibilität der Planung, da immer Unvorhergesehenes passieren kann
  • Festlegung von zeitlichem Ablauf, Einsatz/Verwendung von Hilfspersonal, Räumen, Apparaten und ggf. auch Finanzen
  • Beachtung von allgemeinen Regeln und Erkenntnissen, die Verhalten des Vl betreffen
35
Q

Aufbereitung der Daten

A
  • Statistische Datenanalyse setzt numerische Quantifizierung voraus
    o Qualitative Angaben zu Kategorien zusammenfassen und numerisch kodieren
  • Abhängig vom Umfang computergestützte oder manuelle Auswertung
36
Q

Planung der statistischen Hypothesenprüfung

A
  • Art und Weise wie Hypothesen statistisch getestet werden, muss vor Erhebung feststehen
  • Wenn für in Aussicht genommene Daten keine verlässlichen Verfahren zur Auswertung -> Korrekturen an Erhebungsinstrumenten und -art, Auswahl und Anzahl der Probanden
  • Nennung des statistischen Tests, mit dem Hypothese zu prüfen ist
  • Formulierung statistischer Hypothesen
  • Bei „Indikationsfragen“ ggf. Rat von Experten einholen
37
Q

Voraussetzungen für statistische Hypothesenprüfung

A
  • Überlegungen dazu, ob die zu erwartenden Daten diejenigen Eigenschaften aufweisen, die der in Aussicht genommene statistische Test voraussetzt
    o Erwartetes Skalenniveau
    o Umgang mit „Missing Data“
    o Techniken zur Bestimmung der Reliabilität der Daten
    o Festlegung des Signifikanzniveaus
    o Festlegung von Effektgrößen -> Teststärke
     Rationale Basis für Kalkulation des einzusetzenden Stichprobenumfangs
38
Q

Statistische Programmpakete

A
  • Welche statistischen Verfahren (z.B. t-Test, Varianzanalyse, Faktorenanalyse, Korrelationsanalyse) sollen eingesetzt werden?
  • Welche Statistiksoftware ist für die geplanten Analysen geeignet, zugänglich und in der Benutzung vertraut? -> gängig: SPSS, SAS, Systat
  • Mit welchen Programmbefehlen können die gewünschten Analysen ausgeführt werden, welche Zusatzoptionen sind wichtig?
  • In welcher Weise sollen die elektronisch erfassten Daten vorbereitet und bereinigt werden?
39
Q

Interpretation möglicher Ergebnisse

A

Alle denkbaren Ausgänge vor Augen führen: Welche Ergebnisse sprechen eindeutig für und welche eindeutig gegen die inhaltliche Hypothese?

40
Q

Exposé und Gesamtplanung

A
  • Planungsarbeit endet mit Anfertigung eines schriftlichen Berichts über die einzelnen Planungsschritte -> Exposé
    o Sollte mit der wichtigsten Literatur beginnen und (bei hypothesenüberprüfenden Untersuchungen) mit Bemerkungen über statistische Auswertung und Interpretation enden
    o Je nach Art der Fragestellung mehr Raum für Auswahl der Untersuchungsart, -objekte oder Fragen der Operationalisierung
    o Gute Grundlage für spätere Anfertigung des Untersuchungsberichtes
  • Nach Abschluss der Planung -> endgültiger Titel der Untersuchung
  • Anhang zu Exposé: zeitliche Gesamtplanung
    o Bei größeren Untersuchungen auch finanzielle, personelle und räumliche Aspekte
  • Exposé als „Visitenkarte“, die guten Einblick in Untersuchungsvorhaben vermitteln sollte
41
Q

Theoretischer Teil der Arbeit

A
  • Gründe, theoretischen Teil der Arbeit vor Durchführung zu schreiben
    o Arbeitsökonomie: vorher angefertigtes Exposé noch gut in Erinnerung -> theoretischer Teil sollte leichter fallen
    o Unabhängigkeit von Hypothesenformulierung und Hypothesenüberprüfung
    1. Darstellung des inhaltlichen Problems
    1. Literaturbericht: kommentierende Verbindung und Integration von Forschungsberichten
      o Diskussion von Widersprüchen und Akzentsetzung bei peripheren Informationen
    1. Zusammenfassung des Literaturteils: Kennzeichnung und Bewertung des Stands der Theoriebildung
    1. Ableitung theoretisch begründeter inhaltlicher Hypothesen bzw. Formulierung statistischer Hypothesen
  • Auch bei explorativen Studien theoretische Überlegungen vor empirischer Phase
42
Q

Auswertung der Daten

A
  1. Eingangskontrollen, z.B. nach Tippfehlern
  2. Stichprobendeskription: Häufigkeitstabellen und Durchschnittswerte für gängige sozialstatistische Merkmale (Geschlecht, Alter, Familienstand, Bildungsgrad, Einkommen etc.)
    a. Unplausible Merkmalsverteilungen = Hinweise auf Eingabe- und Kodierungsfehler
    - Explorativ: Zusammenfassung der Daten in statistische Kennwerte, Tabellen oder Grafiken
43
Q

Gliederung und Inhaltsverzeichnis des Untersuchungsberichts

A
  • Titelblatt, Abstract, Inhaltsverzeichnis, ggf. Tabellen-, Abbildungs- und Abkürzungsverzeichnis
    1. Einleitung
    2. Forschungsstand und Theorie
    3. Methode
    4. Ergebnisse
    5. Diskussion
    6. Literatur
  • Anhänge, z.B. Untersuchungsmaterialien
  • Evtl. Glossar und Personen- und Sachregister (Index)
  • Drei Gliederungsebenen sind gängig
  • Abstract, Einleitung und Diskussion = wichtigste Teile -> zuerst gelesen
44
Q

Abstract

A
  • 100-120 Worte über Thema, Theorie, Methode und Hauptergebnisse
    o Für jeden Hauptteil also nur 1-2 Sätze
  • Wird erst nach Fertigstellung des Berichts geschrieben und i.d.R. mehrfach überarbeitet
  • In deutscher und englischer Sprache zu verfassen
  • Extended Abstracts: 300-800 Worte -> wenn man bei wissenschaftlichen Konferenzen Vortrag anmelden möchte
45
Q

Einleitung

A
  • Warum ist das gewählte Forschungsthema interessant und relevant?
  • Beginn z.B. mit Anekdote, Sprichwort, Beispiel, Witz oder Zitat
46
Q

Forschungsstand und Theorie

A
  • „Forschungsdesiderate“: Inhalte, die bislang ungenügend erforscht wurden und deren Untersuchung wünschenswert erscheint
  • Wichtiger als pure Wiedergabe ist kritische Reflexion, Selektion und Weiterentwicklung der bisherigen Theorien
  • Arbeit mit und an vorliegenden Theorien mündet in eigenes theoretisches Modell, möglichst mit Grafik veranschaulicht
  • Formulierung einer Hypothese bzw. Fragestellung (fragt nach Ausprägung von Variablen -> wenn weniger Gewissheit)
47
Q

Methode

A
  • So exakt, dass Replikation möglich
    1. Charakterisierung des Untersuchungsdesigns
    1. Beschreibung der Instrumente, sowie -wenn eingesetzt- Messgeräte und Materialien
      o Instrumente sind mit ihren Gütekriterien zu charakterisieren
      o Bei selbsterstellten Instrumenten: Darstellung des Konstruktionsprozesses
    1. Stichprobenkonstruktion: Zusammenstellung, Auswahl, Umfang und Anwerbung
    1. Beschreibung der Untersuchungsdurchführung: Wann und wo erfolgte Datenerhebung, welche besonderen Vorkommnisse traten auf, wie reagierten die Teilnehmer?
    1. Evtl. kurze Skizzierung der Datenanalyse: Welche Software/statistischen Verfahren?
48
Q

Ergebnisse

A
    1. Stichprobenbeschreibung: Merkmale und Zusammensetzung der Stichprobe
      o Soziodemografische Variablen und für Untersuchung relevante Merkmale
    1. Bericht über Befunde zu einzelnen Fragestellungen/Hypothesen
      o Grafiken für besonders wichtige Ergebnisse
  • Balance zwischen präziser Information durch zahlreiche statistische Befunde und flüssiger Lesbarkeit
  • Nach APA sind folgende Angaben erforderlich
    o Größe des in Untersuchung ermittelten Effekts
    o Sog. Konfidenzintervall für diesen Effekt
    o Teststärke der Untersuchung
  • Außerdem: Bekanntgabe des erwarteten Effekts, der Teststärke maßgeblich mitbestimmt und welche Art von Nullhypothese geprüft wurde
49
Q

Diskussion

A
    1. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
    1. Verarbeitung der Einzelbefunde zu Gesamtinterpretation und Gesamtfazit
      o Wichtig: Rückbezug auf eigenes theoretisches Modell!
    1. Kritische Reflexion der Grenzen der eigenen Studie
    1. Schonungslose Offenlegung der methodischen Schwächen
    1. Würdigung der Stärken
    1. Ausblick: Welchen Nutzen für weitere Forschung oder Praxis?
      -> manchmal separater Gliederungspunkt
  • Beendigung mit Pointe oder Zurückkommen auf ersten Satz im Sinne der Schließung des Argumentationskreises