5 Quantitative Erhebungsmethoden (Sedlmeier) Flashcards

1
Q

Mündliche Befragung: Vorteile und Nachteile

A

Vorteile:

  • Umfassenderes Bild der befragten Person, z.B. durch nonverbale Signale
  • Reaktion auf befragte Person möglich, z.B. durch Nachfragen oder Erklären
  • Flexible Reaktion auf neue Ideen und Erkenntnisse
  • Bei sensiblen Themen ergiebiger, wenn Vertrauensverhältnis besteht

Nachteile:

  • Kosten und Zeitaufwand für beide beteiligten Parteien
  • Ungünstig bei sensiblen Themen, da Befragte besorgt um Anonymität sein könnten
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2
Q

Schriftliche Befragung: Vorteile und Nachteile

A

Vorteile:

  • Sehr ökonomisch und hohes Maß an Standardisierung
  • Kein Interviewer-Einfluss und höherer Grad an Anonymität

Nachteile:

  • Geringe Rücklaufquote (oft unter 50%)
  • Oft keine oder nur unvollständige Ausfüllung der Fragebögen
  • Keine Aussagen darüber möglich, in welchem Kontext der Fragebogen ausgefüllt wurde und wie lange die Bearbeitungszeit gedauert hat
  • Mangelnde Flexibilität, z.B. wenn wichtige Aspekte im Fragebogen ausgelassen
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3
Q

Benutzen neuer Technologien

A

Traditionelle Befragungsformen –„Face-to-face“-Interview und Papierfragebogen – werden immer öfter durch Telefoninterviews und elektronische Fragebögen ersetzt

  • Telefonbefragung
  • Elektronische Fragebögen
  • Emails oder Chatting
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4
Q

Telefonbefragung

A
  • Deutlich ökonomischer als herkömmliche mündliche Befragung
  • Teilweise Wahrnehmung nonverbale Signale -> aber Beobachtung entfällt
  • Lösung: Computertelefonie mit Bildübertragung?
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5
Q

Elektrische Fragebögen

A
  • Deutlich ökonomischer als Papierfragebögen
  • Befragte glauben eher an Gewährleistung der Anonymität -> offeneres Antworten
  • Weniger nachvollziehbar und kontrollierbar als bei Papierfragebögen, wer den Fragebogen ausgefüllt hat
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6
Q

Emails oder Chatting

A
  • Flexibles Eingehen auf Äußerungen der Versuchsteilnehmer
  • Zumindest eingeschränkte Verfügbarkeit von Zusatzinformationen, z.B. Reaktionszeit, Rechtschreibung
  • Bislang jedoch kaum Erfahrungswerte über Vor- und Nachteile
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7
Q

Festgelegte Antwortmöglichkeiten (quantitative Befragung)

A
  • Bei überwiegender Mehrzahl der psychologischen Studien, in denen Befragung stattfindet
  • Vorteile:
  • > Schnell und leicht auswertbare Ergebnisse
  • > Einfacher und weniger aufwendig für Befragte
  • > Bessere Vergleichbarkeit und Standardisierung
  • Antwortmöglichkeiten müssen theoretisch fundiert sein
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8
Q

Freie Antwortmöglichkeiten (qualitative Befragung)

A
  • Weit häufigere Verwendung bei mündlichen als bei schriftlichen Befragungen
  • Eröffnen Forscher Möglichkeit, wirkliche Neuigkeiten zu erfahren
  • > V.a. zu Beginn einer neuen Forschungsrichtung sehr nützlich
  • Nachteil: meist mühselige Analyse der Gesprächsaufzeichnungen
  • Analyse in Zahlen (Häufigkeit für bestimmte Kategorien) oder verbalen Zusammenfassungen
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9
Q

Einzelbefragung

A
  • Bei mündlichen Befragungen oft unumgänglich -> hohes Maß an Flexibilität seitens des Befragenden notwendig
  • Bei sensiblen Themen weniger Zurückhaltung als in Gruppe -> Vertrauensverhältnis wichtig!
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10
Q

Gruppenbefragung

A
  • Vorteile:
  • > Ökonomischer als Einzelbefragung
  • > Bei Untersuchung von Gruppenprozessen inhaltlich sinnvoller
  • > Ziele der Befragung: Brainstorming und Fokusgruppen
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11
Q

Brainstorming

A
  • Finden kreativer Lösung für ein Problem
  • Merkmale: Nicht-Bewertung der Äußerung und Einbindung in Gruppenprozess
  • Nachteil: „schnelle“ Teilnehmer dominieren, „langsame“ werden demotiviert
  • Abhilfe: Nominal Group Technique: Gruppenmitglieder notieren Einfälle zunächst für sich selbst, Sammlung der Einfälle erst nach gewisser Zeit
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12
Q

Fokusgruppen

A

Beschäftigung mit vorher festgelegter Fragestellung

  • Z.B. wenn kein umfassender Einblick in Lebenswelt der Erforschten
  • Ideal: Forscher stellt keine Fragen, Gruppe leistet – unbeeinträchtigt von Vorstellungen des Forschers – gesamte Arbeit
  • Gruppe muss dafür für den zu untersuchenden Fokus interessiert werden
  • Häufig Preisgabe von relativ intimen Informationen durch vertrauensvolle und offene Atmosphäre -> bei anderem kulturellen Hintergrund oder anderer Sprache im Einzelinterview nur schwer zu erreichen
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13
Q

Wie sehr standardisieren?

A
  • Befragung soll so weit standardisiert werden, wie es für Untersuchung einer Forschungsfrage sinnvollerweise möglich ist
  • Vorteile hoher Standardisierung: vergleichbare Aussagen der Befragten, leichte Auswertung
  • Nachteile: ohne entsprechende theoretische Vorarbeit möglicherweise Vorenthalten interessanter und wichtiger Info, weil im (unzureichend) geplanten Interview nicht erfragt
  • Geringe Standardisierung:
  • Narratives oder episodisches Interview (selten in der Psychologie)
  • Gruppendiskussionen
  • Minimalmaß an Struktur notwendig: Fragen nach interessierenden Einzelheiten, Verhalten bei Abschweifen, wann Beendung des Interviews -> Leitfaden
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14
Q

Leitfaden-Interviews

A
  • Z.B. Fokussiertes Interview, halbstandardisiertes Interview, problemzentriertes Interview, Experten-Interview, ethnografisches Interview
  • Leitfadenerstellung: detaillierte Gedanken, was man wissen möchte; auf welche Fragen/ Fragenkomplexe möchte man antworten bekommen
  • > Festlegung des äußeren Ablaufs: Begrüßung, Einführung des Themas, Einsatz technischer Hilfsmittel, zeitliche Vorgaben, Abschluss des Interviews
  • Gedächtnisstütze während des Interviews: Wortlaut und Reihenfolge unwichtig
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15
Q

Standardisiertes Interview

A
  • Fragen und Abfolge sind vorgegeben

- > Mündlich: bei Analphabeten oder Interesse am nonverbalen Verhalten

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16
Q

Erhebung bei Großteil psychologischer Studien

A

Standardisierte Fragebögen und Tests

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17
Q

Standardisierte Verfahren

A
  • Theoriearbeit muss vorher geleistet werden
    (Leitfaden-Interviews: Theoriearbeit beginnt meist erst nach Datenerhebung richtig)
  • Auswertung: Ergebnisse meist Zahlen -> statistische Verfahren
  • (Nichtstandardisierte Verfahren: Ergebnisse in Zahlen transformieren oder mit sehr aufwendigen Verfahren verbal interpretieren)
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18
Q

Wichtigste Schritte beim Erstellen standardisierter Fragebögen und Tests

A
  1. Theoretische Vorarbeit
  2. Entscheidung über Form des Fragebogens
  3. Auswahl der Items (mit anschließender Revision): häufig Faktorenanalyse, um unpassende Items auszusondern
  4. Itemanalyse (Schwierigkeits- und Trennschärfenanalyse, mit anschließender Revision der Itemauswahl) (Trennschärfe = Item misst dasselbe wie gesamte Testskala)
    Ziel der Itemanalyse: brauchbarer Kompromiss zwischen Schwierigkeit und Trennschärfe (abhängig von Intention des Tests, z.B. Hochbegabten-Test = mehr S., weniger T.)
  5. Reliabilitätsbestimmung
  6. Validitätsbestimmung
  7. Normierung: Umwandlung der Rohwerte in Testwerte für unterschiedliche Gruppen -> Konstruktion einer Normalverteilung für die Testwerte mit festgelegtem Mittelwert und festgelegter Streuung
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19
Q

Potenzielle Probleme bei der Gestaltung und Anordnung von Items

A
  • Soziale Erwünschtheit
  • „Zusatzinformationen“ in der Frage
  • Gestaltung der Antwortvorgaben
  • Praktische Interpretation von Skalenwerten
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20
Q

Soziale Erwünschtheit

A

Kontrolle durch Itemkonstruktion und –selektion

  • Bei vergleichbaren Items: Item mit geringerer sozialer Erwünschtheit auswählen
  • „Ich schließe nicht leicht Bekanntschaften“ statt „Ich bin wenig kontaktfreudig“

Kontrolle durch Antwortmodus

  • Entscheidung zwischen mehreren Items mit vergleichbarer sozialer Erwünschtheit
  • „Ich helfe gern, wenn jemand in Schwierigkeiten ist“ (Hilfsbereitschaft) vs. „Ich gebe immer mein Bestes“ (Leistungsbereitschaft)

Kontrolle durch Tempo-Instruktion
- Befragte haben wenig Zeit, sich über soziale Erwünschtheit Gedanken zu machen

Kontrolle durch garantierte Anonymität

Kontrollskalen, um Tendenz einer Person einzuschätzen, sozial erwünscht zu antworten
- Getrennte Auswertung für Personen mit hoher und niedriger Tendenz

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21
Q

„Zusatzinformationen“ in der Frage

A
  • Bei steigender Zahl von Antwortvorgaben sinkt Wahrscheinlichkeit, dass spezifische Vorgabe ausgewählt wird
  • Wenn bei gleicher Antwortanzahl eine sehr relevante nur mit eher irrelevanten vergleicht wird, steigt Wahrscheinlichkeit, dass erstere ausgewählt wird
  • Lösung: vorherige inhaltliche Analyse, um alle relevanten Antwortmöglichkeiten zu finden
  • Zeitraum, der in der Frage angesprochen wird (Ärgernisse der letzten Woche vs. des letzten Jahres) -> präzisere Formulierung (welche Art von Ärgernissen ist gemeint?)
  • Änderung der Vergleichsrichtung = Umkehrung der Vergleichsurteile (Ausgangsbasis hat mehr Gewicht)
22
Q

Gestaltung der Antwortvorgaben

A

Unipolare (0 bis 10) vs. bipolare (-5 bis +5) Skalenwerte
- Höhere Einschätzung bei bipolarer Skala

Kleinere vs. größere Intervalle in den Antwortmöglichkeiten

  • Tendenz zur Mitte -> bei größeren Intervallen größerer Mittelwert
  • Lösung: direkt nach (relativer) Häufigkeit fragen

Allgemein: Antworten in der Mitte werden häufiger angekreuzt als Antworten am Rand
- Lösung: unterschiedliche Varianten der Skala ausgeben und Werte mitteln

23
Q

Praktische Interpretation von Skalenwerten

A
  • Skalenwerte sind häufig nicht eindeutig interpretierbar
  • Lösung: Skalenwerte mit gut interpretierbaren Verhaltensmaßen verbinden, oder direkt mit Verhaltensmaßen arbeiten (Skalenwerte: z.B. Zufriedenheit mit eigener Ehe auf einer Skala von 0-10, Verhaltensmaße: Anzahl, Länge und Schwere der Streitereien pro Woche)
24
Q

Interviewereffekte

A
  • Interviewer sollte sich seiner Meinungen und Einstellungen in Bezug auf befragte Gruppe/Thema der Befragung bewusst sein, um nicht durch gezeigte Erwartungen/Vorurteile das Verhalten der Befragten zu beeinflussen
  • > Vermeidung von suggestiven Formulierungen und voreiligen Interpretationen
  • Inhaltliche Kompetenz, Interesse für Thema und andere Menschen, Flexibilität bei sich ändernden Situationen, psychische Belastbarkeit
  • Ältere Interviewer scheinen insgesamt erfolgreicher zu sein als jüngere
25
Q

Antwortverweigerung

A
  • Verweigerungsquote bei mündlichen Befragungen geringer als bei schriftlichen
  • Was hat Interviewte davon? Geld, Aufklärung über Untersuchungsergebnisse, Mitteilungsdrang
26
Q

Theoriengenerierung vs. Theorienüberprüfung

  • Bei Start neuer Forschungsrichtung: Entwicklung eines standardisierten Fragebogens verfrüht, da nicht alle inhaltlichen Aspekte erfasst sind
  • Erkenntnisse aus nicht-standardisierten Befragungen für Modifikationen nutzen
  • Bei gut ausgearbeiteten Theorien -> Theorienüberprüfung durch Erarbeitung fundierter Fragebögen
A

Theoriengenerierung vs. Theorienüberprüfung

  • Bei Start neuer Forschungsrichtung: Entwicklung eines standardisierten Fragebogens verfrüht, da nicht alle inhaltlichen Aspekte erfasst sind
  • Erkenntnisse aus nicht-standardisierten Befragungen für Modifikationen nutzen
  • Bei gut ausgearbeiteten Theorien -> Theorienüberprüfung durch Erarbeitung fundierter Fragebögen
27
Q

Theoriengenerierung vs. Theorienüberprüfung

A
  • Bei Start neuer Forschungsrichtung: Entwicklung eines standardisierten Fragebogens verfrüht, da nicht alle inhaltlichen Aspekte erfasst sind
  • Erkenntnisse aus nicht-standardisierten Befragungen für Modifikationen nutzen
  • Bei gut ausgearbeiteten Theorien -> Theorienüberprüfung durch Erarbeitung fundierter Fragebögen
28
Q

Sensible Themen

A

Bei umfassender Untersuchung eines Themas:

  • Vertrauensvolle persönliche Basis und Gewährleistung der Anonymität
  • Am besten: mündliches, wenig strukturiertes Interview -> mehrere anstatt nur eins

Bei gemachter theoretischer Arbeit und Bestreben nach generalisierbaren Aussagen:
- Schriftliche Befragung mit Gewährleistung der Anonymität

29
Q

Ablaufplanung

A
  • Bei jeder Art der Befragung Klärung des zeitlichen und organisatorischen Ablaufs: Finanzierung, Personal, Zeitumfang, Umgang mit wenig Rücklauf, Beendigung
  • Besonders wichtig beim mündlichen Interview
30
Q

Probedurchgänge

A

Mit Probanden der Zielgruppe -> Vermeidung von „Betriebsblindheit“

31
Q

Gestaltung von Fragebögen und standardisierten Interviews

A

Vor Einsetzen (auch vor Probedurchgang) Fragen auf Sinnhaftigkeit, Verständlichkeit und passende Reihenfolge überprüfen:

  • Ist jede Frage erforderlich? Wiederholungen? (evtl. funktional) Sequenzeffekt?
  • Einfache und eindeutige Formulierung? (Zu allgemein oder Doppelverneinung?)
  • Sensibel genug formuliert? Angemessene Antwortvorgaben?
  • Beantwortbare Fragen? Wenig informativ? (Jeder antwortet mit ja)
  • Eindeutige Interpretation möglich? Genügend Abwechslung?
  • Extreme Quantifizierung? (immer, alle, nie, keiner)
  • Gut durchdachte Eröffnungs-/Schließungsfragen?
32
Q

Theorie und Beobachtung

A

In der Psychologie wird meist gut ausgearbeitete Theorie genutzt, um Beobachtung zu strukturieren und systematisch zu planen
-> erst Theorie, DANN Beobachtung

33
Q

Offen oder verdeckt?

A
  • Verdeckt selten möglich: Untypische Reaktionen bei offener Beobachtung dauern meist aber nur kurz an, und normalisieren sich schnell wieder
  • Beobachtungen in natürlichen sozialen Kontexten (Kneipe, Kaufhaus) häufig offen, werden dennoch nicht bemerkt -> ethische Vertretbarkeit
  • Verdeckt Beobachtungen sind in vielen Fällen unethisch, v.a. bei Nachteilen für Beobachtete
  • Beobachtungen sollten –wenn möglich– offen durchgeführt werden
34
Q

Wie sehr in die Beobachtungssituation eingreifen?

A
  • Bei selten auftretenden Verhaltensweisen -> Präparierte Situationen (bekannt durch Piaget)
  • > Häufig in Entwicklungspsychologie (z.B. Beobachten von Lösungsstrategien)
  • Gezielte Variation der Untersuchungsbedingungen
  • Z.B. Crusco & Wetzel (1984): Männer gaben weiblicher Bedienung mehr Trinkgeld als Frauen
  • > Gaben mehr Trinkgeld, wenn sie berührt wurden (Schulter/Hand: kein Unterschied)
  • Beobachtungssituation kann auch in Gänze neu geschaffen werden
  • > Bei vielen Experimenten in psychologischen Laboren der Fall
  • Bei Generalisierungen aufs Alltagsleben: möglichst wenig Eingreifen
  • Bei Kausalschlüssen: Ausschluss von Alternativerklärungen in Laborexperimenten mit maximaler Kontrolle
35
Q

Teilnehmend oder nicht?

A
  • Bsp. für teilnehmende Beobachtung: Jahoda, Lazarsfeld & Zeistel (1932)
  • > Auswirkungen von Langzeitarbeitslosigkeit in Marienthal (bei Wien)
  • In Psychologie sind längere teilnehmende Beobachtungen eher selten
  • Rosenhan et al. (1973): Einschleichen in Psychiatrie ohne entdeckt zu werden
  • Durch teilnehmende (oft verdeckte) Beobachtungen: tiefe Einblicke in unübliche Situationen
  • Nachteil: „going native“ -> nach einiger Zeit des Mitlebens schwierig objektiv zu bleiben
36
Q

Wie sehr standardisieren?

A
  • Wenig standardisieren, wenn wenig bekannt, um wichtige Verhaltensweisen nicht zu übersehen / viel standardisieren, wenn umfassende Theorie besteht
  • Zeitstichprobe (Beobachtung zu bestimmten Zeiten) vs. Ereignisstichprobe
  • Generell: Beobachtungen sollen so sehr standardisiert werden, wie möglich
  • > Erleichtert Beobachtung, ermöglicht Vergleichbarkeit, vereinfacht Auswertung
37
Q

Selbstbeobachtung

A

Klassische Form: Introspektion (Beobachtung eigener Denk- und Urteilsprozesse)

  • Professor als VP, Assistent als VL -> „Selbstbeobachter“ soll besser erfassen als VL
  • Wurde im Laufe der Zeit aufgegeben

-> Selbstbeobachtung gewinnt wieder an Bedeutung: Forschung nach Bewusstseinszuständen

38
Q

Kritik an Selbstbeobachtung

A
  • Kritik von Nisbett & Wilson (1977): geringe Genauigkeit, möglicherweise kaum Zugriff auf eigene kognitive Prozesse möglich
  • White (1988): Argumente von Nisbett & Wilson treffen nur teilweise zu -> Beschriebene Studien mit untrainierten College-Studenten/unerfahrenen Forschern
39
Q

Ericsson & Simon (1984): Bedingungen unter denen Selbstbeobachtung sinnvoll ist

A
  • Bei expliziten Denkprozessen: Wie muss man vorgehen, um IKEA-Regal aufzubauen?
  • Nicht bei automatischen Denk- und Handlungsprozessen: Fahrrad fahren
  • Selbstbeobachtung braucht Übung
  • Ein zweiter geschulter Beobachter assistiert bei der Selbstbeobachtung
  • Hindernis: sofort Interpretation der Beobachtung -> Berichten der Interpretation
  • > Zweiter Beobachter sensibilisiert Selbstbeobachter
  • > Sollte inhaltlich Bescheid wissen, um Selbstbeobachter zu verstehen
40
Q

Non-reaktive Beobachtung

A
  • Beobachtung von Spuren -> kann keine Reaktion vom Beobachteten hervorrufen
  • > z.B. Graffiti, die auf Weltanschauungen von Jugendlichen hindeuten; Flaschen im Müll auf Alkoholkonsum; verkaufte Lebensmittel über Ernährungsgewohnheiten
  • Studium von Statistiken oder Archiven, z.B. Steuerstatistik, Zeitungsüberschriften, …
  • Müssen sich nicht immer auf Vergangenes beziehen
  • > Auch verdeckte Beobachtungen können non-reaktiv sein
  • Gigerenzer (2004): in 3 Folgemonaten nach 9/11 mehr Tode durch Autounfälle als durch Terroranschläge auf Flugzeuge -> Furcht vor Terroranschlägen steigerte Risiko, tödlich zu verunglücken (Autofahren gefährlicher als Flugzeug)
41
Q

Fehlermöglichkeiten bei Beobachtungen

A
  • Ungenaue Beobachtungen
  • Reaktivität der Beobachteten
  • Observer-Bias
  • Interpretationsfehler
  • Gedächtnisfehler
42
Q

Maßnahmen gegen ungenaue Beobachtungen

A
  • Aufzeichnung der Beobachtung -> sorgfältige Planung, evtl. Drehbuch
  • Schulungen für Beobachter
  • Erhöhung des Standardisierungsgrades
  • Beobachtungsgüte überprüfen: Vergleich der Ergebnisse mehrerer Beobachter
43
Q

Reaktivität der Beobachteten und Gegenmaßnahmen

A
  • Abschätzung der Größe des direkten Beobachtungseffekts durch Befragung von Bezugspersonen („Ist Tilman sonst auch so aufgedreht?“)
  • Rosenthal-Effekt: Beobachtete reagieren auf Erwartungen des Beobachtenden
  • > Auch Pygmalion-Effekt -> griechische Mythologie
  • Gegenmaßnahme: Blind- bzw. Doppelblindstudie -> Beobachtete (und Beobachtende) wissen nicht, welche Ergebnisse erwartet werden
44
Q

Observer-Bias und Gegenmaßnahmen

A
  • Effekte, die die Wahrnehmung des Beobachters systematisch verfälschen
  • Halo-Effekt: Gesamteindruck bzw. bestimmtes Merkmal beeinflusst Wahrnehmung anderer Merkmale
  • Observer-Drift: Standard des Beobachters verändert sich über die Zeit hinweg systematisch
  • > Z.B. durch Ermüdung, nachlassende Motivation, zunehmende Vertrautheit mit Beobachtungsgegenstand
  • > V.a. Problem, wenn Beobachtungskategorien nicht genau definiert sind
  • Gegenmaßnahme: hohes Maß an Standardisierung und Beobachtungsperioden, die Beobachter ohne Konzentrationsverlust durcharbeiten kann
  • Kontrasteffekt: unmerklich bessere Leistungen werden nach schlechter überbewertet
  • Anker-Effekt: mittelmäßige Leistung wird als sehr gut kategorisiert
  • > Auch alle folgenden mittelmäßigen Leistungen werden als sehr gut eingeschätzt
  • Gegenmaßnahme: Standardisierung -> genaue Spezifikation der zu benutzenden Bewertungskategorien
45
Q

Interpretationsfehler und Gegenmaßnahmen

A
  • Irrelevante Einflüsse (z.B. Aussehen, soziale Herkunft) haben Einfluss auf Interpretation
  • Gegenmaßnahme: hohes Maß an Standardisierung -> durch gründliche theoretische Vorarbeit gewährleistet
46
Q

Gedächtnisfehler und Gegenmaßnahmen

A
  • Systematische Verfälschung von Gedächtnisinhalten, wenn Beobachtungen aus Gedächtnis wiedergegeben werden
  • Gegenmaßnahme: Videoaufnahmen oder unmittelbare Protokollierung mit möglichst gut standardisierter Vorgabe; Schulung der Beobachter
47
Q

Wann welche Form von Beobachtung?

A
  • Am Anfang einer Forschungsrichtung: Beobachtung so frei wie möglich
  • Bei Theorieprüfung: hohes Maß an Standardisierung
48
Q

Was sollte vor der Beobachtung vorbereitet sein?

A

Zumindest grober Ablaufplan sollte vorliegen (ähnlich der mündlichen Befragung)

  • Wann beobachten? Wie verhalten? Was beobachten? …
  • Technische Belange und vorheriges Training der Beobachter
49
Q

Generalisierbarkeit von Befragungs- und Beobachtungsergebnissen

A
  • Externe Validität: bei für die Population repräsentativer Stichprobe können Ergebnisse auf die Population generalisiert werden
  • Repräsentativität hängt von Aspekten der verwendeten Situationen und der untersuchten Personen ab
50
Q

Auswahl der Situation

A
  • Bei Verhalten, das stark von sozialen Werten, Normen und der Ab- und Anwesenheit anderer Personen abhängig ist -> Beobachtungsstudie/Interview in entsprechender Situation
  • Wenn Untersuchungsergebnisse nicht von Untersuchungssituation abhängen, z.B. bei Wahrnehmung oder Informationsverarbeitung -> Untersuchung im Labor
51
Q

Auswahl der Studienteilnehmer

A
  • Getrennte Analyse nach Einkommen, Alter, usw.
  • Zufallsauswahl, z.B. aus dem Melderegister -> bester Garant für hohe externe Validität
  • 1948 falsche Vorhersage von Wahlergebnissen trotz „Quotenmethode“:
  • Republikaner im Durchschnitt wohlhabender und besser ausgebildet -> hatten mit höherer Wahrscheinlichkeit Telefon und lebten in schöneren Gegenden innerhalb der vorgegebenen Wohnbezirke -> leichter aufzufinden und zu interviewen
  • Republikaner-Kandidat wurde fälschlicherweise Wahl-Sieg vorausgesagt