7 Qualitative Forschung Flashcards

1
Q

Zielsetzung qualitativer Forschung: Drei Sichtweisen

A

1) Ergänzung zu konventionellen Verfahren
2) Gleichberechtigte Ansätze
3) Alternative zum konventionellen Ansatz

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2
Q

1) Ergänzung zu konventionellen Verfahren

A
  • Viele Mainstream-Forscher arbeiten auch mit qualitativen Methoden, z.B. Befragung nach Eindrücken nach Experiment, nicht/nur teilweise strukturierte mündliche Interviews, …
  • Qualitative Forschung ist jedoch mehr als bloß eine Ergänzung
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3
Q

2) Gleichberechtigte Ansätze

A
  • Bei manchen Fragestellungen ist qualitative Vorgehensweise geeigneter, z.B. bei Untersuchung des Bewusstseins
  • Qualitative Forschung schließt große Lücke im wissenschaftlichen Vorgehen, indem sie Wege aufzeigt, wie man systematisch Theorienbildung betreiben und somit induktive Vorgehensweise weniger fehleranfällig machen kann
  • > Zentrale Rolle bei Entwicklung, nicht bei Überprüfung von Theorien
  • > Häufig beziehen sich Theorien darauf, wie Menschen ihre Umwelt erleben und mit ihr umgehen
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4
Q

3) Alternative zum konventionellen Ansatz

A
  • Wenn es keine von uns unabhängig existierende Welt inkl. Gesetzmäßig ablaufender psychischer Prozesse gibt, ist es auch wenig sinnvoll, nach allgemeinen Gesetzmäßigkeiten für diese Welt zu suchen
  • Es ist nicht sinnvoll etwas zu quantifizieren, was nicht quantifizierbar ist (z.B. Inhalte eines Diskurses)
  • Forschungsgegenstand: Weltbilder oder Konstruktionen der untersuchten Personen und deren Auswirkung auf Erleben und Verhalten
  • > Analyse und Aufdecken allgemeiner Muster oder Strukturen
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5
Q

Die wissenschaftliche Methode: Qualitative Version

A
  1. Qualitative Analyse
    - Fragestellung
    - Begriffs- und Kategorienfindung
    - Analyseinstrumentarium
  2. Qualitative oder quantitative Analyse
    - Anwendung des Analyseinstrumentariums je nach Gegenstand und Ziel der Analyse unter Zuhilfenahme quantitativer Verfahren
  3. Qualitative Analyse
    - Rückbezug der Ergebnisse auf die Fragestellung
    - Interpretation
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6
Q

Wissenschaftliche Methode der qualitativen Forschung nach Miles und Huberman

A
  • Mehrzahl qualitativ arbeitenden Forscher identifiziert sich eher mit diesem Modell
  • Keine vorstrukturierte lineare Abfolge -> Forschungsprozess kann überall beginnen
  • Datensammlung, Datendarstellung, Datenreduktion, Schlussfolgern: ziehen/verifizieren
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7
Q

Zeitliche Strukturierung der Bestandteile des qualitativen Forschungsprozesses (Miles & Huberman)

A
  • Datenreduktion vor, während oder nach Datensammlungsperiode
  • Datenerstellung und Schlussfolgern während oder nach Datensammlungsperiode
  • Datenreduktion + Datenerstellung + Schlussfolgern = Analyse
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8
Q

Vielfalt qualitativer Ansätze

A
  • Anzahl der Ansätze unüberschaubar groß, weil sie manchmal nur für Untersuchung einer bestimmten Fragestellung konzipiert wurden
  • Nach Tesch (1990) gibt es (neben der Reflexion) drei Typen qualitativer Forschung, die sich danach unterscheiden, worin der Schwerpunkt des Forschungsinteresses besteht:
  • > Merkmale der Sprache zu untersuchen
  • > Regelmäßigkeiten zu entdecken
  • > Bedeutung eines Textes oder einer Handlung zu verstehen
  • Die Grenzen zwischen einzelnen qualitativen Verfahren sind oft unscharf und die benutzten Begriffe nicht immer eindeutig definiert
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9
Q

Qualitative Inhaltsanalyse

A
  • Dient zur systematischen Bearbeitung von Protokollen kommunikativer Prozesse
  • Analyseverfahren für Texten, aber auch für musikalisches, bildliches, plastisches o.ä. Material, das in Form eines Protokolls festgehalten ist
  • Keine Vorgaben für die Datensammlung, keine Festlegungen in Bezug auf die Verwendung des Analyseergebnisses für die Theoriebildung
  • Abgrenzung von quantitativer Inhaltsanalyse: Kontext und „latente Sinnstrukturen“ werden nur unzureichend erfasst, Logik der Analyse zu wenig linguistisch fundiert
  • > Überwindung dieser Unzulänglichkeiten durch höhere Flexibilität
  • Abgrenzung zur „freien Textinterpretation“: willkürliche und verzerrte Interpretationen werden durch hohes Ausmaß an Strukturiertheit vermieden
  • Drei Arten der Inhaltsanalyse nach Mayring
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10
Q

Mayring (1995) schlägt drei Arten von Inhaltsanalyse vor

A
  • Zusammenfassende Inhaltsanalyse: Material wird so reduziert, dass die wesentlichen Inhalte übrig bleiben –> Ergebnis: überschaubarer Kurztext
  • Explizierende Inhaltsanalyse: bei unklaren Textteilen wird Zusatzmaterial herangezogen, um Textstellen zu explizieren/verständlich zu machen
  • Strukturierende Inhaltsanalyse: vorher festgelegte Ordnungskriterien, filtert bestimmte Struktur aus Material heraus
  • > Strukturierungsdimensionen müssen aus Fragestellung abgeleitet und theoretisch begründet werden
  • 2004 Ergänzung: induktive Kategorienbildung: Schrittweise Entwicklung von Kategorien aus dem Material, Fragestellung wirkt sich auf provisorische Festlegung der Kategorien aus
  • > „Intercoder-Reliabilität“: Besonders in Anfangsphase begleitende (formative) Reliabilitätsprüfung, bei der mehrere „Inhaltsanalytiker“ ihre Codierungsergebnisse vergleichen; auch abschließende Reliabilitätsprüfung
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11
Q

Grounded Theory

A
  • Wahrscheinlich am besten ausgearbeiteter, qualitativer sozialwissenschaftlicher Ansatz, von Barney Glaser und Anselm Strauss; später mehrfache Modifizierung
  • Ziel: Entwicklung von auf empirische Forschung geründete (grounded) Theorien
  • Datengrundlage: Texte im weiteren Sinn (transkribierte Interviews, Notizen während des Forschungsprozesses, Beobachtungsprotokolle usw.), die systematisch analysiert werden
  • > Aus Analyse resultieren Konzepte und Einsichten oder Schlussfolgerungen (sog. Memos), die miteinander vernetzt werden und als Grundlage für Entwicklung einer Theorie dienen
  • Keine eindeutige Festlegung der erkenntnistheoretischen Grundannahmen: meisten Anwender gehen von unabhängig existierender Realität aus, auf die zugegriffen werden kann
  • Mittlerweile verschiedene Versionen der Grounded Theory
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12
Q

Verschiedene Versionen der Grounded Theory

A

Unterscheidung darin, ob Ansatz als „Kunstlehre“ oder „Technik“ verstanden wird

  • V.a. Auswirkung auf Analyseprozess
  • Glaser: Kategorien sind unmittelbar aus Daten ersichtlich, Transkribieren ist Zeitverschwendung, für guten Analytiker sind wichtige Inhalte offensichtlich
  • Strauss: Methode muss lehr- & lernbar sein, detaillierte Regeln für Codierung
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13
Q

Codieren

A

Codiervorgang als Interaktion mit einem Text, bei der Interpretationen immer wieder am Text überprüft werden müssen

  1. Zeilenweises Codieren (Line Coding)
  2. Fokussiertes Codieren (focused coding)
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14
Q

Zeilenweises Codieren (Line Coding)

A

Für jede Zeile oder kleine Texteinheit wird versucht, eine geeignete Zusammenfassung zu finden, indem man die darin vorkommenden Aktionen oder Ereignisse definiert
-> Aufteilung in kleine Bedeutungseinheiten soll persönliche Interpretationen bzw. unreflektiertes Übernehmen verhindern

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15
Q

Fokussiertes Codieren (focused coding)

A

Zusammenfassen größerer Textteile oder Extrahieren übergreifender Themen

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16
Q

Offenes Codieren

A
  • Zeilenweises und fokussiertes Codieren = „offenes Codieren“
  • Ergebnis: Konzepte und Kategorien (Kategorien stärker ausdifferenziert)
  • Bei Ableitung von Konzepten und Kategorien sollte immer „Methode des konstanten Vergleichs“ (constant comparison) angewandt werden
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17
Q

Methode des konstanten Vergleichs

A

Daten (Textstellen) in demselben und in unterschiedlichen Interviews miteinander vergleichen, aber auch resultierende zeilenweise und fokussierte Codes, sowie Einbettung der Konzepte und Kategorien in Kontext des analytischen Geschehens

  • Bei Diskrepanzen muss Analyse revidiert werden
  • Methode des konstanten Vergleichs soll sicher stellen, dass Analyseergebnisse so objektiv wie möglich -> sollte in allen Stadien der Analyse verwendet werden
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18
Q

Axiales Codieren

A

Umstrittener (von Glaser nicht empfohlener) Schritt in Codierungsarbeit

  • Dimension einer Kategorie wird spezifiziert
  • Als zentral angesehene Kategorien (Achsenkategorien) werden in Beziehungsnetz eingebettet, das aufgrund sehr kurzer Textsegmente, aber auch größerer Textabschnitte oder sogar des gesamten Textes erstellt wird
  • Bsp.: Wenn man viel getrunken hat (Kontext) hat man (Bedingung) Kopfschmerzen (Achsenkategorie). Dann nimmt man Aspirin (Handlungsstrategie) und bald darauf geht es einem wieder besser (Konsequenzen).
  • Schema des axialen Codierens nach Böhm:
    Kontext und intervenierende Bedingungen, ursächliche Bedingungen und Handlungsstrategien spielen in die Kategorie. Kategorie spielt in Konsequenzen.
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19
Q

Selektives Codieren

A

Später im Analyseprozess –> aus den bis dahin erarbeiteten Kategorien, Notizen, Memos, Bedingungsgefügen usw. wird eine Synthese gebildet

  • Geschieht im Rahmen der Erstellung der ersten Fassung des Berichts
  • Evtl. zeigen sich nun bisherige Informationen als inkonsistent/unzureichend
  • > erneute Analysen, Sammlung von zusätzlichen Daten
20
Q

Reihenfolge des Codierens

A
  1. Offenes Codieren = Zeilenweises und fokussiertes Codieren
  2. Axiales Codieren
  3. Selektives Codieren
21
Q

Memos schreiben

A
  • Memos gründen sich auf Eindrücke und Einfälle während der Datenerhebung, die Ergebnisse des Codierens und auf Eindrücke aufgrund der Daten selbst
  • Memos sind eine Art Zwischenbilanz, fördern Distanzierung von den Daten und tragen dazu bei, über rein deskriptive Arbeit hinaus zu gelangen
  • Dienen dazu, über zugrunde liegende Prozesse oder inhaltliche Verbindungen zwischen Bestandteilen des analysierten Materials nachzudenken
  • Haben keine festgesetzte Form
  • Können zu allen Phasen des Forschungsprozesses geschrieben werden
  • Memos beziehen sich nicht selten auf mehrere Interviews
  • Memos sind Versuche, übergreifende Muster und Strukturen aufzudecken und somit wichtige Vorstufe zur Generierung der so entstehenden Grounded Theory
22
Q

Theoretical Sampling

A

= Theoretisch fundiertes Stichprobenziehen

  • Theoriegeleitet bedeutet, dass gezielt nach Personen gesucht wird, die entweder die Analyseergebnisse bei einem früheren Interview bestätigen oder widerlegen können, oder nach Personen, die geeignet sind, noch offene Fragen zu beantworten
  • > Kann auch bedeuten, dass dieselbe Person noch einmal befragt wird
  • > Anders als repräsentative Stichprobe beim konventionellen Ansatz
  • Wird im Idealfall erst abgebrochen, wenn hinsichtlich der untersuchten Forschungsfrage eine Sättigung erreicht ist
23
Q

Theoriebildung (Grounded Theory)

A
  • Fängt nicht erst nach der Analyse der Daten an -> schon bei Memos oder Kategorienbildung
  • Wenn bedeutsame Kategorien extrahiert und samt ihrer Kontexte analysiert sind, beginnt mit Schreiben der ersten Fassung der eigentliche (analytische und synthetische) Prozess, der letztlich zu einer Theorie führen soll
  • Bestandteile der Analyse müssen logisch verknüpft und Verknüpfung muss explizit gemacht werden, damit sie für Leser nachvollziehbar ist
  • Erste Fassung ist i.d.R. nur eine von vielen -> nicht mit Gliederung beginnen, sondern mit Memos und Hauptkategorien
  • Durch Prozess des Schreibens werden Inkonsistenzen und nicht integrierte Analyseergebnisse deutlich -> Revision des Manuskripts
  • Empfehlung: Forschungsliteratur erst nach Erstellen der ersten Fassung studieren
  • Nicht voreingenommen bei erster Fassung
  • Aber anschließend Berücksichtigung bei erneuter Revision
24
Q

Bestandteile der Grounded THeory

A
  1. Codieren
  2. Memos schreiben
  3. Theoretical Sampling
  4. Theoriebildung
25
Q

Art der Theorien (Grounded Theory)

A
  • Methode der Grounded Theory ist relativ weit verbreitet und wird zur Theoriebildung in ganz unterschiedlichen Bereichen eingesetzt, z.B. Theorien über die Struktur von „healing stories“, Auswirkungen von Psychotherapie, emotionale Befindlichkeit von Mördern etc.
  • Grounded Theory ist eher nicht geeignet für Entwicklung sehr umfassender Theorien
  • Wird naturgemäß in Bereichen angewendet, in denen subjektives Erleben große Rolle spielt
26
Q

Diskursanalyse

A
  • Sammelbezeichnung für unterschiedliche konstruktivistische Ansätze, deren Vertreter annehmen, dass der Diskurs die soziale Realität konstruiert und/oder zum Erreichen sozialer Absichten und Ziele eingesetzt wird
  • „Diskurse“ = Sprache im weitesten Sinne, unter Einbeziehung aller Arten von symbolischem, zur Selbstdarstellung verwendetem Material
27
Q

Diskursive Psychologie

A

Untersucht, wie Menschen Sprache in einer weit gefassten Bedeutung (Diskurse) benutzen, um ihre Interessen in sozialen Interaktionen durchzusetzen
- Was tun die Leute mit ihrer Sprache? Worauf zielen sie ab?

28
Q

Analyse eines Textes in der diskursiven Psychologie

A
  1. Lesen: aufmerksames Lesen des gesamten Textes -> erster Eindruck
  2. Codieren: Vorbereitung zur Analysearbeit (anders bei Grounded Theory: Analysearbeit): Auswahl der relevanten Textteile, Hervorheben von wichtigen Passagen
  3. Analyse: Leitfragen „Warum lese ich diese Passage auf diese Weise?“, „Welche Eigenschaften des Textes erzeugen diese Leseart?“
    –> Suche nach Mustern (z.B. systematische Gemeinsamkeiten und Unterschiede in unterschiedlichen Stellen eines oder mehrerer Texte in Abhängigkeit der thematisierten Kontexte) und nach Funktionen und Konsequenzen –> Terminologie, stilistische und grammatikalische Eigenheiten, präferierte Metaphern und Wendungen?
  4. Schreiben: Schreiben selbst führt zu klärender Analyse –>Versuch, klare und kohärente Erklärung zu finden, ermöglicht Diskursanalytiker, Inkonsistenzen aufzuspüren und Spannungen im Text aufzudecken, die wiederum zu neuen Einsichten führen können;
    Schreiben wird als „Rekonstruktion“ der Bedeutung des Texts gesehen, dem eine „Dekonstruktion“ (Identifikation von wichtigen Inhalten) vorausging
29
Q

Foucault’sche Diskursanalyse

A
  • Geht zurück auf Michael Foucault: 1926-1984, wurde in den 70ern in Psychologie eingeführt
  • Zentrale Fragen: „Was charakterisiert die diskursiven Welten, in denen Menschen leben?“, „Was sind die Implikationen dieser diskursiven Welten für mögliche Lebensweisen?“
  • Wie beeinflussen Diskurse ihre Benutzer?
30
Q

6 Schritte der Foucault’schen Diskursanalyse nach Willig (2003)

A
  1. Diskursive Konstruktionen: Auswahl von und Suche nach diskursiven Objekten
    - Welche Objekte ausgewählt werden hängt von Fragestellung ab
    - Z.B. diskursives Objekt „Krankheit“: im Text „der Zustand“, „die schlimme Sache“
  2. Diskurse: Art des Diskurses, z.B. medizinisch, romantisch
  3. Handlungsorientiertheit: „Was wird gewonnen, wenn Objekt auf diese Weise konstruiert wird?“, „Was ist die Funktion der Konstruktion und wie hängt sie mit anderen Konstruktionen im umgebendem Text zusammen?“, z.B. medizinischer Diskurs = Übertragung der Verantwortung an die Ärzte
  4. Positionierungen: Wie positionieren sich die Protagonisten mit ihren Konstruktionen?
  5. Praxis: Welche Handlungsmöglichkeiten bietet der Diskurs?
  6. Subjektivität: Was könnten die Protagonisten ausgehend von ihrem Diskurs fühlen, denken und erfahren? –> sehr spekulativ
31
Q

Art der Theorien (Diskursanalyse)

A
  • Diskurse haben immer Funktionen, die häufig mit Machtfragen zu tun haben
  • Bsp.: Theorie, die Therapeut aufgrund Gesprächsprotokollen über Patienten erstellt
  • Auch allgemeine Aussagen: Wie rechtfertigen Raucher ihr Rauchen und wie kann das für Präventionsprogramme genutzt werden?
  • Welche Funktion haben Gespräche beim Essen?
  • Art der Theorien naturgemäß eingeschränkt auf inhaltliche Bereiche, in denen Diskurse gibt
  • Diskursive Psychologie sieht Sprecher als aktiv Handelnden, der diskursive Strategien benutzt, um Ziele zu erreichen
  • Foucault’sche DA: Diskurs und seine Auswirkungen auf Beteiligte im Vordergrund
  • Mittlerweile Versuche, unterschiedliche Ansätze in allgemeinen Ansatz zu integrieren
32
Q

Datensammlung in der qualitativen Forschung

A
  • Häufig explorative Studien, mit Intention, Hypothesen oder Theorien zu generieren
  • Am häufigsten angewandte Methode der Datenerhebung: Leitfadeninterviews
  • Untersuchte Fragen befassen sich häufig mit subjektivem Erleben und dafür müssen oft passende Fragetechniken erst entwickelt werden
  • Bei introspektiven Techniken sehr hohe Fehleranfälligkeit, da Befragte direkt interpretieren -> besondere Vorsichtsmaßnahmen
  • Forscher sollten eigene Erwartungen und Vorstellungen möglichst ausblenden
  • Zugang zu relevanten Gedächtnisinhalten manchmal nicht einfach –> Vorbereitung!
  • Weitere, relativ verbreitete Methode: Gruppenbefragungen, insb. Fokusgruppen
  • Alle Arten von verbalen bzw. verbalisierten Daten (z.B. Filme, Beobachtungsprotokolle) können Ausgangsbasis für qualitative Analysen sein
33
Q

Datenanalyse in der qualitativen Forschung

A
  • Forscher als „Analyseinstrumente“ -> große Gefahr für Fehleinschätzungen und unzutreffende Interpretationen
  • Qualitative Datenanalyse deutlich aufwendiger und anspruchsvoller als konventionelle
34
Q

Datenanalyse in der qualitativen Forschung: Kunst oder Technik?

A
  • Sensibilität angeboren, aber möglicherweise trainierbar
  • Nachvollziehbarkeit muss gewährleistet sein –> Technik statt Kunst
  • Miles und Hubermann (1994) beschreiben viele Techniken im Detail -> „nicht nur Techniken, auch typischer Ablauf qualitativer Studien folgt bestimmtem Muster“
  • Qualitative Methoden i.d.R. erlernbar und keine (angeborenen) Kunstfertigkeiten
35
Q

Datenanalyse in der qualitativen Forschung: Generelle Vorgehensweise

A
  • In allen Ansätzen Ausgangsbasis für Analyse -> Text häufig Transkription von Interview/Gespräch oder „verschriftlichte“ Verhaltensbeobachtung
  • Nur relevante Bestandteile sollten transkribiert werden (sonst zu zeitaufwändig)
    1. Analyseschritt: Unvoreingenommenes Lesen, Eindrücke festhalten
    1. Analyseschritt: Codieren -> gut ausgearbeiteter Vorschlag: Grounded Theory -> Kategorisieren: Kategorien in Kontext stellen, nach Gemeinsamkeiten, Unterschieden, Verbindungen und Wirkungen suchen (innerhalb des Textes und im Vergleich zu anderen); Interpretationen während des Codierens festhalten (z.B. in Form von Memos)
  • Nach (vorläufigem) Abschluss der Textanalyse: Rückbezug zu früheren Schritten -> Finden von bedeutsamen Mustern und Strukturen
  • Nicht sinnvoll Theorie auf ein einziges Interview zu gründen: allgemeingültige Aussagen durch Finden entsprechender Strukturen in Texten von unterschiedlichen Personen
36
Q

Gütekriterien qualitativer Forschung

A
  • Unterschiedliche Ansichten zwischen qualitativen Forschern
  • Mehrheit: Gütekriterien der konventionellen Forschung nicht erreichbar/anwendbar, dennoch Notwendigkeit, Gütekriterien zu benutzen (die denen recht nahe kommen)
  • Prozedurale Reliabilität
  • Alternative Sicht der Validität
  • Triangulation
  • Verallgemeinerung
37
Q

Prozedurale Reliabilität

A
  • Höhere Vertrauenswürdigkeit von Daten und Interpretationen durch weitgehendes Standardisieren der Prozedur (entspricht eher Objektivität, als Reliabilität)
  • Z.B. Konventionen für Aufzeichnung von Notizen, Leitfäden für Leitfadeninterviews, Interviewer-Schulung, Vorgehen bei Codierung und Interpretation nachvollziehbar machen
  • Methode des konstanten Vergleichs in der Grounded Theory erhöht prozedurale Reliabilität
38
Q

Alternative Sicht der Validität

A
  • Validität in qualitativer Forschung: wie gut ist das Verhältnis zwischen den tatsächlichen Zusammenhängen und der Version, die der Forscher davon liefert
  • Beeinträchtigung z.B., wenn Interviewsituation Interviewten dazu bewegt, bewusst oder unbewusst, die Unwahrheit zu sagen -> Analyse der Untersuchungssituation
  • Kommunikative Validierung: Befragten werden Ergebnisse von Analyse und Interpretation vorgelegt, welche Stellung dazu nehmen können (-> direkte Fragen oder indirekte Techniken)
39
Q

Triangulation

A

Forschungsgegenstand wird von mindestens zwei Perspektiven aus betrachtet

Denzin (1978): vier Arten der Triangulation

  • Daten-Triangulation: neben Interviewdaten bspw. auch Video-Daten oder Fotos
  • Forscher-Triangulation: unterschiedliche Beobachter/Interviewer (-Verzerrung)
  • Theorien-Triangulation: verschiedene theoretische Sichtweisen werden nebeneinander gestellt, um ihre Nützlichkeit und Erklärungskraft zu prüfen
  • Methodologische Triangulation:
  • > Within-Method-Triangulation: Verwendung verschiedener Interviewtechniken
  • > Between-Method-Triangulation: Kombination eines Leitfaden-Interviews mit einem Fragebogen
40
Q

Verallgemeinerung

A
  • Da keine repräsentativen und Zufallsstichproben -> keine externe Validität
  • Verallgemeinerung der Ergebnisse durch:
  • Methode des konstanten Vergleichs (GT): Gemeinsamkeiten über verschiedene Fälle hinweg
  • Theoretical Sampling (GT): Suche nach „Extremfällen“, um Aussagen zu falsifizieren
  • Weiterentwicklung der Methode des konstante Vergleichs:
  • Fallkontrastierung und Idealtypenbildung: „minimaler Vergleich“ von möglichst ähnlichen Fällen und „maximaler Vergleich“ von möglichst unterschiedlichen Fällen auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten
  • > Finden der Endpunkte (durch den max. Vergleich) und des Zentrums (durch den min. Vergleich) des im empirischen Material enthaltenen Spektrums
41
Q

3 Vorgehensweisen (die auch im konventionellen Ansatz nicht schaden können)

A
  • Interpretationen und Schlussfolgerungen sollten immer wieder anhand eines Rückbezugs auf die Datengrundlage überprüft werden, um unzutreffende Schlussfolgerungen zu vermeiden
  • Unabhängige Analyse durch mehrere (geschulte) Personen
  • Kritisches Feedback von unabhängigen Kollegen
42
Q

Das Repräsentationsproblem bei qualitativen Messungen

A
  • Auch bei konventioneller Messung stehen Zahlen oft für Kategorien
  • Bei qualitativer Messung wird Text in Kategorien übersetzt -> findet also mind. auf Nominalskalenniveau statt, Repräsentationsproblem im Prinzip gelöst
  • Wahrscheinlichkeit für falsche Messung im qualitativen Ansatz höher (z.B. durch fehlerhafte Kategorisierung) und Komplexität der Kategorien häufig relativ hoch
43
Q

Die Subjektivität qualitativer Messungen

A
  • Qualitativ arbeitende Forscher sind selbst „Mess- und Interpretationsinstrumente“
  • Hohes Maß an Subjektivität -> erwünscht, da sie Einsichten in subjektives Erleben anderer Menschen erst ermöglicht (mit konventionellen Methoden kaum machbar)
  • Subjektivität auch als Gefahr -> Sachverhalte sehen, die nicht vorhanden sind
  • Objektivität nie erreichbar -> Subjektivität immer Teil des Forschungsprozesses
  • Theoriegenerierung und -modifizierung und Auswahl der Hypothesen enthält hohes Maß an Subjektivität (auch in konventioneller Forschung)
  • Auch bei Auswahl von Designs oder Analyseverfahren subjektive Elemente
  • Selbst bei Signifikanztests subjektive Entscheidungen
  • Subjektivität von qualitativen Methoden ist kein Grund, auf sie zu verzichten
  • Wann immer Subjektivität des Forschers eine Rolle spielt, sollte man versuchen, damit in methodischer Art und Weise umzugehen
44
Q

Variablen untersuchen vs. nach Variablen suchen

A
  • Konventionelle Forschung: Theorie, Hypothese, Variablen = bekannt, V. werden untersucht
  • Auffinden interessanter und relevanter Variablen und Erkenntnisse über mögliche Ausprägungen dieser Variablen -> wichtigster Nutzen der qualitativen Forschung
45
Q

Qualitative Methoden und Falsifizierbarkeit

A
  • Qualitative Methoden nicht zur Überprüfung, sondern zur Generierung von Theorien
  • Dennoch: Sicherstellen, dass generierte Theorien nicht falsch sind
  • Sorgfältige Theoriengenerierung: Methode des konstanten Vergleichs, mehrere unabhängige Codierer, gezielte Suche nach widersprechender Evidenz durch Theoretical Sampling
  • Aus brauchbarer Theorie können Vorhersagen abgeleitet werden, die überprüfbar sein müssen -> dadurch kann auch Theorie falsifiziert werden
  • Überprüfung auch mit passenden konventionellen Methoden
  • Grenzen für Falsifizierbarkeit von Theorien bei konstruktivistischer Grundeinstellung, wie bspw. bei einigen diskursanalytischen Ansätzen
  • Wenn jedes Individuum seine Welt selbst konstruiert, kann sich eine Theorie nur auf dieses Individuum beziehen und nur in Bezug auf dieses Individuum falsifiziert werden -> schwierig -> entsprechende Theorien für Wissenschaft nicht interessant
46
Q

Wie man qualitative Forschung nicht betreiben sollte

A
  • Manchmal feststellbare gewisse Beliebigkeit der Anwendung qualitativer Methoden
  • „Verwissenschaftlichung“ von plausiblen Ideen durch vorgegebene Anwendung der „Qualitativen Inhaltsanalyse“ oder „Grounded Theory“
  • Anschließend nur Bericht der Ergebnisse und „ausgewählter Beispiele“
  • Gegenmaßnahme: detaillierte Beschreibung des gesamten Prozesses
47
Q

Wann sind qualitative Methoden nützlich?

A
  • Wenn konventionelle Methoden zur Untersuchung einer Fragestellung/Hypothese ausreichen, kein Grund für zusätzliche qualitative Methoden (-> großer Aufwand)
  • Qualitative Methoden, wenn subjektives Erleben untersucht werden soll
  • Qualitative Methoden sinnvoll, wenn Forschungsprozess, bedingt durch die Art des Untersuchungsgegenstandes, wenig strukturiert und wenn Kontext eine wichtige Rolle spielt
  • Qualitative Vorgehensweise erlaubt „Untersuchungsteilnehmer“ als „Forschungspartner“ zu betrachten -> nützlich für Untersuchung komplexer Fragestellungen
  • Konventioneller Ansatz sollte, wann immer das sinnvoll ist, um qualitative Methoden erweitert werden