4. Teil Lernen (OLAT) Flashcards
Welche Entwicklungstendenzen lassen sich ungefähr seit dem 11. Jh. zunehmend beobachten?
Herrschaftsarten/Organisationsarten
Kontinuierlich wachsende Bedeutung von Recht für Strukturbildungen politischer Herrschaft
– Leges und Kapitularien als Instrumente zur Ausübung königlicher Herrschaft
– Hierarchisierte Amtsverfassung der Amtskirche als Ordnungsprinzip von Herrschaft
• Zwei grundlegende Tendenzen
Rechtliche Strukturierung von Asymmetrien politischer Herrschaft durch
– allmählich auftauchendes Lehnswesen
– Herrscherliche Normsetzung und Normanwendung mit Bezug auf Territorien
Vergemeinschaftungen von Herrschaft durch autonome Unterwerfung unter gemeinsame Regeln
– Gottes- und Landfrieden
– Autonome Verbandsbildungen als coniurationes (Schwurgemeinschaften)
Wie lässt sich das Lehnsrecht idealtypisch beschreiben?
Lehnsrecht als Ordnung von Herrschaft unter Freien/Adeligen: Lehnsrecht als Baustein in der Ordnung des mittelalterlichen Herrschaftsgefüges
= Königliche Herrschaft lehnsrechtlich abgestützt, Beziehung des Hochadels zum König lehnsrechtlich hervorgehoben (merke: Lehnsabstufungen um Beziehungen mittels Eid zu bekräftigen/verbindlich machen) + politische Überlegungen (Lehen um bestimmte Dienste zu erhalten, bspw. von Beamten etc.)
Hierarchisierung einer adeligen Welt mit den Mitteln des Rechts (Verdichtung in der sog. Heerschildordnung) = Recht als Rahmen und Werkzeug für das Lehnswesen
insb. mit effektiven Sanktionen bei Verstössen:
- Lehnsgericht
- Hilfe vom eigenen Lehnsherr verlangen
– Miteinander eines personalen und eines dinglichen Elementes
– Vasallität, Vasallentum: Persönliche Leistungs- und Treuepflicht (durch Eid bekräftigt)
– Beneficium, Lehen: Gabe des Lehnsherrn an den Vasallen
- Landbesitz
- Herrschaftsrechte (insbesondere Ämter), seit 12. Jahrhundert sowie Geld (Geldlehen)
Wie wurde das Lehnsrecht begründet? Wie wurde es beendet?
• Begründung:
– Treueid des Vasallen und des Herren
– seit 11. Jahrhundert zusätzlich auch vasallitische Huldleistung in Form des homagium (Anerkennung der Überordnung des Lehnsherren)
– Vergabe des Lehens durch Lehnsherren (investitura)
• Ende: Grundsätzlich mit dem Tod des Herren oder des Vasallen (Mannfall), aber Erneuerung des Lehensverhältnisses durch Erben möglich
Welche Pflichten trafen, idealtypisch gesehen, den Vasallen, welche den Lehnsherrn?
• Pflichten des Vasallen
– Heeresfolge
– Begleitung zum Hof des Herrschers
– Mitwirkung am Lehnsgericht (zuständig für Konfliktschlichtung zwischen Lehnsherren und Vasallen)
– Rat und Hilfe (consilium et auxilium)
– Treuepflicht – bei Verstoss (Felonie – fello: Verräter): Entzug des Lehens
• Pflichten des Lehnsherrn
– Vergabe des Lehens
Was bedeutet der Begriff Heerschild? Welche Fragen wurden durch die Heerschildordnung geregelt?
• Wer von wem Lehen empfangen kann
• Wer an wen Lehen vergeben kann
• Ausformung bei Eike in insgesamt sechs Ebenen – Heerschilden
• Vorstellung von Verbot der Lehenniederung:
– Lehen können nur vom je höheren Heerschild empfangen werden
– Anderenfalls – wegen Homagium – Abstieg unter Lehnsstufe des neuen Lehnsherren
Was bedeutete das Lehnsrecht für das Herrschaftsgefüge im spätmittelalterlichen Reich? Welche Rolle spielte dabei der Kaiser?
• Lehnsrecht damit Baustein für rechtlich geordnete Herrschaftsgefüge
– Königliche Herrschaft lehnsrechtlich abgestütztc
– Beziehung des Hochadels zum König lehnsrechtlich hervorgehoben
– Kennzeichnend: Reichsfürsten im Reich
• Belehnung durch den Kaiser mit Territorien aus Reichsgut
Welche zwei Typen von Reichsfürsten werden unterschieden? Seit wann ist dies belegt?
• Zwei Typen
– Geistliche Reichsfürsten (Szepterlehen)
– Weltliche Reichsfürsten (Fahnenlehen)
• Belegt seit dem 12. Jahrhundert als Träger eines besonderen honor imperii (Friedrich I.)
Ab welchem Jahrhundert entstand eine neue Herrschaftsform, auf welcher Ebene spielte sich diese ab und was für eine Änderungen brachte sie mit sich?
• Seit etwa dem 13. Jh. entsteht neue Herrschaftsform auf der Ebene der Territorien
– Herrschaft beruht auf der Zugehörigkeit zu einem Gebiet
– Herrschaft wird damit abstrakt – in Kategorien von Sachherrschaft – vermittelt
– 1231/32: Bezeichnung der Landesherren als domini terrae
Welche Instrumente spätmittelalterlicher Landesherrschaft lassen sich benennen?
• Intensivierung von Herrschaft durch domini terrae
– Gerichtsrechte
– Entstehung von Strukturen einer Verwaltung
Einsatz von Ministerialen, die nicht durch Lehen, sondern anderweitig entschädigt werden
Entstehung von zentralen Verwaltungsinstitutionen (v. a. Rat) zur Ordnung von Herrschaft
– Erste Ansätze von Steuererhebung (Beden)
– Normsetzung für Herrschaftsunterworfene
Welche Gegenspieler erwuchsen den domini terrae seit dem 13. Jahrhundert zunehmend?
• Den Landesherren stehen die Adeligen und der Klerus (teilweise auch die Städte) des Landes gegenüber
• Bereits 1231 Rechtssatz, wonach Landesherr ohne consensus maiores et meliores terre kein neues Recht schaffen kann
• Organisation von ländlichem Adeligen, Klerus in sog. Landständen/Landtage oder ähnlichen Körperschaften – Beispiel: Magna Charta 1215 mit parliamentum
Definieren Sie den Terminus Gottesfriede. Danach zeigen Sie dessen Ursprung und spätere Entwicklung auf.
(eig Reaktion auf Scheitern der compositio)
• Gottesfriede
– Pax dei – convenientia pacis – pactum sive treuga
– Kirchlich gesetzter, v. a. aber mit den principes eidlich gelobter Sonderfriede
– Verbreitungszeit: 10.-12. Jahrhundert, ausgehend von Frankreich
– Geltungsgrund
• Ursprünglich
Bischöfliches Gebot, sanktioniert durch Exkommunikation
Teilweise: Herrscherliches Gebot gegenüber Untertanen
• Später: (Kirchlich vermittelte) Schwureinung der Waffenträger
Wann wurde der Terminus Landfrieden erstmals in Quellen überliefert? Welche Entwicklungsformen hatte er?
• Landfrieden
– Terminus seit spätem Mittelalter in Quellen überliefert, allgemein auch auf frühere Zeit übertragen
– Entwicklungsformen
• Ursprünglich begrenzte lokale beschworene Einungen mit Friedensgarantien zur Zurückdrängung der Fehde
• Seit Friedrich Barbarossa (1152-1190) Übergang zu königlicher Gesetzgebung (mit Elementen der Eidesverpflichtung)
Welche Regelungselemente lassen sich in Landfrieden ausmachen?
• Fehdebegrenzungen mit territorialen Anknüpfungspunkten
• Strafrechtsnormen mit Wirkung für alle Friedensbeteiligten:
– Kriminalität wird damit Angelegenheit aller
– Abkehr von Modell horizontalen Unrechtsausgleichs (Fehde, Busse)
– Entstehung des öffentlichen Strafrechts: Strafverfolgung als Angelegenheit hoheitlicher Gewalt
• Bestimmungen über Gerichtsbarkeit: Stärkung der Gerichtsgewalt
• Sanktionen
– Friedensbruch mit Sanktionen durch Eidgemeinschaft und/oder Herrscher
– Sanktionen für Begehung von Delikten, auch und gerade durch peinliche Strafen/Todesstrafen
Inwiefern waren Landfrieden eigentlich Schwurgemeinschaften (coniurationes)? Können Sie weitere Beispiele für eine Schwurgemeinschaft nennen?
• Eid als Grundlage selbstbestimmter Normsetzung und Landfriedensgemeinschaften Ausgangspunkt für weitere Verbandsbildungen
• Typisches Beispiel: Eidgenossenschaft – Grundlage („Erster“) Bundesbrief (angeblich 1291, wohl erst kurz nach 1300)
Bundesbrief als Defensivbündnis
Bundesbrief als Landfriedensbündnis
Bundesbrief damit als Grundlage von überregionaler Verbandsbildung mit allerdings zunächst begrenzter institutioneller Dichte
- Aber: Ausgangspunkt für zunehmende Verflechtung durch weitere Bundesbriefe und Bündnisse
Lehnsherrschaft vs. Grundherrschaft
Diese beiden Formen oszillieren in der frühen Zeit (Karolinger) relativ stark, in der späteren Entwicklung (12., 13. Jhdt.) sind sie sehr stark rechtlich getrennt
Lehnsbeziehung:
▪ Unterordnungsbeziehung
▪ Lehen gegen Lehnsdienst
▪ Freiheit des Vasallen bleibt erhalten
▪ Geschuldet werden neben Treue v. a. Heeresdienste, Folgepflicht und Hoffahrt („höhere Dienste“)
Grundherrschaft:
▪ Unterordnungsbeziehung
▪ Schutz und Schirm sowie Erbleihe gegen Bauerndienst
-> daher Synallagma ähnliche Beziehung
▪ Unfreiheit des Bauern
▪ Geschuldet werden Frondienste und Abgaben („niedere Dienste“)