2. Teil Lernen (OLAT) Flashcards
Nennen Sie zwei Entwicklungspunkte bei der Annäherung von Kirche und Staat in der Spätantike.
• Seit dem Toleranzedikt von Mailand (313) und dem Edikt von Thessaloniki (380) setzt enge Verbindung zwischen Kirche und Kaisertum ein
Nennen Sie zwei lange Zeit dominierende Typen kirchlicher Rechtsnormen.
– Canones: Normen eines Konzils
– Dekretale: Päpstlich gesetzte Regel zur Entscheidung einer Einzelfrage mit Anspruch auf allgemeinverbindliche Gültigkeit
Wodurch kennzeichnet sich die Beziehung zwischen Kaisertum und Kirche in der karolingische Epoche?
• Verflechtung auch der Organisationsstrukturen von Kaisertum und Kirche
– Herrschaft des Königs über die Kirche: Bischöfe, Einfluss auf Papstbestellung
– Ausstattung der Bischöfe mit Grundbesitz durch Herrscher und Privilegierung der Kirche (Text 3)
Die ottonische Dynastie (919-1024) machte die Bischöfe weitgehend zu Dienstleuten des Kaisertums. Zeigen Sie auf, worin sich dies äussert.
– Einsetzung (Investitur) des Reichsepiskopats durch den Kaiser (Auswahl über Hofkappelle)
– Ausstattung der Bischöfe mit (abgeleiteten) kaiserlichen Befugnissen und Grundbesitz
– Dienstpflichten der Bischöfe gegenüber dem Kaiser
– Rückfall dieser Ausstattung nach dem Tod des Bischofs an den Kaiser – und nicht an die bischöfliche Familie
– Beachte: Kaisertum organisiert damit erste Ansätze „amtsförmiger“ Herrschaft – neue Qualität „proto-staatlicher“ Herrschaftsorganisation
Welche kirchliche Bewegung entwickelte sich seit dem 10. Jahrhundert und was waren ihre Erkenntnisse und Kritik?
• Seit dem 10. Jahrhundert: Reformbewegung, ausgehend vom Kloster Cluny
– Rückbesinnung auf Kontemplation und Weltferne
– Kritik an der starken weltlichen Dominanz im kirchlichen Raum: libertas ecclesiae
Nennen Sie einige der Forderungen der Amtskirche gegenüber der weltlichen Gewalt seit Mitte des 11. Jahrhunderts.
• Forderung der Amtskirche etwa seit Mitte des 11. Jahrhunderts
– Autonomie der Kirche gegenüber der weltlichen Gewalt
– Selbstbestimmungsrecht der Kirche insbesondere bei der Bestimmung der Bischöfe
– Unabhängigkeit der Papstwahl vom Kaisertum
– Stärkung des römischen Primats
Welche grundsätzlichen Differenzen zwischen Kaisertum und Papsttum lassen sich bereits im Investiturstreit des 11. Jahrhunderts ausmachen?
(2 Punkte)
• Bereits im Investiturstreit beginnende Auseinandersetzung über
– Theologische Legitimation des Kaisertums
– Verhältnis des Kaisertums zum Papsttum
Welche Ereignisse des 11. Jahrhunderts führten zur Zuspitzung des Investiturstreits?
• 1059: Papstwahldekret von Nikolaus II. (1058-1061)
– Neuordnung der Papstwahl und Streben nach prinzipieller Unabhängigkeit vom Kaiser (beachte aber Streit um den „Kaiserparagraphen“)
• 1075:
– Dictatus Papae Gregors VII. (1073-1085) – Forderung nach umfassender päpstlicher Herrschaftsbefugnis
– Warnung des Papstes an Heinrich IV. (1056-1106) vor weiteren Bischofsbestellungen
• 1076/1077: Eskalation:
– Wechselseitige Absetzung von Heinrich IV./Gregor VII.
– Januar 1077: Canossagang Heinrichs IV.
Was stellte aus der Perspektive des Rechts die Besonderheit der Konfrontation zwischen Kaiser und Papst dar?
• Die Frage um die Legitimation von Herrschaft stand zwar im Vordergrund, doch im Hintergrund trat erstmals die zentrale Bedeutung spezifisch rechtlicher Argumentationen im politischen Konflikt hervor.
Die Zweigewaltenlehre von Papst Gelasius I.: Nennen Sie die These, das die These unterstützende Argument und den Ausgangspunkt der Zweigewaltenlehre.
• Wurzel in der Zweigewaltenlehre von Papst Gelasius I. (492-496)
– These: Papsttum und weltliche Gewalt regieren die Welt – aber höhere Bedeutung des Priestertums
– Arg.: Priestertum muss Rechenschaft vor Gott auch für die Könige ablegen
Skizzieren Sie die Kernaussage der Zweischwerterlehre.
• Ausgangspunkt: Lk 22,38: „Herr, hier sind zwei Schwerter. Jesus: Es ist genug“
• In der Schlussphase des Investiturstreits Aufgreifen diese Gleichnisses: Kaiser und Papst zwei potestates distinctae
Welche Deutungsansätze entwickelten sich für die Zweischwerterlehre in der Folgezeit?
• Im 13. Jahrhundert zunehmend päpstliche (kuriale) Deutung: Papsttum verwaltet beide Schwerter
• Höhepunkt päpstlichen Machtanspruchs 1302: Unam Sanctam
=> ganzer Erdkreis Papst unterworfen (analog zu dictatus papae gregors)
• Heftiger Widerspruch durch Dante Alighieri und v. a. Marsilius von Padua: Legitimation des Kaisers nur durch den weltlichen Bereich
• 1338: Kaisergesetz Licet Juris – Kaiserbestellung unabhängig vom Papst
• Bekräftigt 1356 durch die Goldene Bulle: Massgeblich weltlicher Bestellungsakt
Welche Bilanz der Auseinandersetzung zwischen Papst und Kaiser lässt sich ziehen?
• Keine Seite kann sich dauerhaft durchsetzen, beide Seiten verlieren letztlich an Rückhalt
• Grundsätzliche Bedeutung:
– Legitimation von Herrschaft und Normsetzung als Voraussetzung für ihre Durchsetzbarkeit rückt in den Vordergrund
– Entstehung von Ordnungsentwürfen von politischer Herrschaft, die an (zum Teil auch rechtliche) Regeln gebunden wird
– Trennung von weltlicher und kirchlicher Ordnungssphäre