1. Teil Lernen (OLAT) Flashcards
Erläutern Sie das Herkunftsgebiet der Germanen und die Herkunft dieser Bezeichnung selbst.
Beziehung zu den Römern und charakteristisches Gesellschaftselement?
Ursprung in Nordeuropa (Südskandinavien, Dänemark, Schleswig)
• Begrifflichkeit (wie auch frühe Beschreibungen) aus der antiken Literatur
• stark archaische Gesellschaft
• Lange Zeit relative Balance zwischen
– römischem Schutzbestrebungen/imperialer Ausbreitung
– Defensive und begrenzter Integration von Germanen
Welche Herrschaftsstrukturen wiesen die Germanenstämme auf und durch welche Elemente waren sie geprägt?
Heeres- und wohl auch Sakralkönigtum
• Egalitäre Elemente
– Wahlakklamation
– Thing
– freilich nur auf adeliger Ebene
Welche politischen Zielvorstellungen wurden in der Geschichtsschreibung auf die Germanen projiziert?
bisweilen behauptet:
– „germanische Freiheit“,
– „demokratische Vorstufen“
– Dies aber eher Projektionen eigener politischer Zielvorstellungen in die Geschichte im Interesse der Traditionsbildung
Was war die Völkerwanderung?
Völkerwanderung (375/568):
– Auslöser: Kriegerischer Konflikt
– sog.„Hunnensturm“ aus dem Osten
– Wanderbewegungen der bedrängten Völker durch Europa
Was waren die Folgen der Völkerwanderung?
– Beseitigung Westroms und Neugestaltung der Herrschaftsordnungen in Europa
– Zurückdrängen der römischen Rechtskultur
– Entstehung von Stammesherrschaften
– Basis für Normbildungen
Beschreiben Sie die Entwicklung politischer Herrschaftsstrukturen unmittelbar nach der Völkerwanderung auf dem Gebiet des ehemaligen weströmischen Imperiums.
Herrschaftsbildungen unter verschiedenen Königen im Gebiet des weströmischen Imperium mit kontinuierlichen kriegerischen Auseinandersetzung
Zwischenzeitliche teilweise Restauration römischer Herrschaft unter dem oströmischen Kaiser Justinian I. (526-565)
• Aber: Etablierung neuer Reiche mit expansiver Tendenz, insbesondere durch
– Franken
– Westgoten
– Burgunder
– Langobarden
- dadurch eine „formative period“ zw. römischem und neuem Recht
Nennen Sie charakteristische Neuerungen der politischen Herrschaftsordnung in der Zeit Karls des Grossen.
Karl der Grosse (768 – 814) errichtet fränkisches Grossreich
• Neuerungen
– Grafen als Repräsentanten königlich-kaiserlicher Herrschaft
– Zusätzlich: Einsetzung von missi (Königsboten)
– Gerichtsorganisation auf neue Grundlagen gestellt
– Karolingische Bildungsreform (einschliesslich einer neuen Schrift)
– In diesem Zusammenhang auch Entstehung eines kaiserlichen Hofes (mit Hofkapelle als kirchlicher Zentralinstitution)
• Aber: Einheit des Reiches letztlich nur durch überragende Persönlichkeit des Herrschers aufrecht zu erhalten
Wie entwickelte sich das karolingische Reich nach dem Tod von Karl dem Grossen weiter?
In der Folgezeit: Aufspaltung in Teilreiche und Ausformung selbständiger Herrschaften
• Seit dieser Zeit Spaltung v.a. in
– Westfranken
– Ostfranken
– Burgund
- Definieren Sie den Begriff Stammesrechte.
- Zeigen Sie auf, wie die Stammesrechte entstanden sind.
• Häufig herrscherlich veranlasste
• Schriftliche Aufzeichnung
• Eines Komplexes von Regelungen
• Für eine bestimmte ethnische Gruppe (einen Stamm)
• als lex gekennzeichnet (in der älteren Literatur: leges barbarorum – Germanen als „Barbaren“)
• Stammesrechte entstehen in der Zeit von Völkerwanderung und karolingischer Herrschaft
– Entstehung zunächst regelmäßig im Zusammenhang mit neu gebildeten Reichen
– Nach ihrer Selbstbeschreibung (und bisweilen auch erzählenden Quellen)
Stammesrechte wurden niedergeschrieben. Welches waren die Zwecksetzungen solcher Verschriftlichungen?
Beachte: Verschriftlichtes Recht benutzt als
– als Ausdruck königlicher politischer Herrschaft (König als Gesetzgeber)
– Als Instrument der kollektiven Identitätsbildung/Identitätsbeschreibung
– Häufig Betonung der Rechtsverbesserung im Interesse der Streitschlichtung
• Hier also: Elementarfunktionen von Rechtsetzung und Rechtsnovellierung für ethnische Gruppen erkennbar
Welche zwei Kategorien von Leges können unterschieden werden?
• Leges Romanae:
– Aufzeichnungen römischen Rechts für die ehemals römischen Einwohner eroberter Gebiete
– Beispiele: lex Romana Burgundionum, lex Romana Visigothorum
– hier Funktion vergleichbar einem Einführungsgesetz
• Übrige Leges
– Verschriftlichung von bestehenden Gebräuchen (wie bereits gesehen)
– Versuch zur Gestaltung der sozialen Wirklichkeit (Fehdewesen, Handel) durch neue Normen
Welche Inhalte wiesen die Stammesrechte in erster Linie auf?
• Normen zum Ausgleich von Unrecht
– kennzeichnend für archaische Welt: Recht wird als Schutzinstrument gegen Bedrohung von Leib, Leben und anderen Rechtsgütern gedacht.
– Etablierung von Verfahrensnormen
Wie nennt man das Prinzip, nach dem sich der Adressatenkreis der Stammesrechte richtete?
• Geltung von Leges: Grundsätzlich Personalitätsprinzip, nicht territorial
Wie könnten Kapitularien beschrieben werden, ab wann lassen sie sich nachweisen?
• Zu deuten wohl als gesetzesähnliche Herrschaftsanordnungen
• Kapitularien erstmals belegt im 8. Jahrhundert
Wie unterscheiden sich Kapitularien und Leges?
• Unterschied zu den Leges
– Kapitulare grundsätzlich eindeutig als herrscherliche Erlasse erkennbar (nicht lediglich Aufzeichnungen)
– Regelungsbereich auch Verwaltung/Königsgericht
– Kapitulare damit Ausdruck von Verdichtung königlicher Herrschaft
• Kapitularien lösen Stammesrechte ab und bilden bis etwa Ende des 9. Jahrhunderts den wichtigsten Normtyp
Welche Rechtsmaterien regelten die Kapitularien?
• Kapitularien enthielten insbesondere:
– Regelungen zur Ahndung von Unrecht
– Erbrechtliche Normen
– Verwaltungsregelungen insbesondere über Strukturen der höfischen Verwaltung und die Gerichtsverfassung
– Regelungen über die Struktur der Kirche und deren Schutz
Was war der Ausgangspunkt der Fehde, und worin liegt das Prinzip der Talion?
• Ausgangspunkt: Rache, archaisches Vergeltungsdenken ohne normative Begrenzungen
• Ursprünglich begrenzende Sanktion für Unrecht: Rache durch Zufügung (nur) des gleichen Unrechts
Was bedeutet der Begriff Fehde und welche Ziele verfolgte sie?
• Fehde (faih-iþō = westgerm.: feindselig)
– Ausgleich von Unrecht durch öffentliche, rituell gebundene Vergeltung
• Ziele:
– (Wieder-)Herstellung der verletzten Ehre des Familienverbandes durch öffentlichen Akt der Gewalt
– Genugtuung durch Sühnehandeln in Form von erlaubter Selbsthilfe durch Gewalt gegen den Täter
Erläutern Sie den Begriff Kompositionen. Gehen Sie dabei auf die Begrifflichkeit, die Entstehungszeit und das Ziel der Kompositionen ein.
• Kompositionen
– Begrifflichkeit: Compositio = Busse
– Entstehung im Rahmen der Stammesrechte im Interesse der Eindämmung von Gewalt durch Selbsthilfe seit etwa 5. Jh.
Welche Pflichten waren mit der compositio verbunden?
Gibt es besondere Formen von bussähnlichen Zahlungsverpflichtungen?
• Pflichten
– Zahlungspflicht des Täters in je vorgeschriebener Form
– Verzicht des Opfers auf Selbsthilfe und Einigung mit dem Täter
• Sonderformen:
– Wergeld (Vir = Mann) – Ersatzzahlung an die Familie des Opfers für Tötung
– Fredus/Friedensgeld: Zusätzliche Zahlung an einen Hoheitsträger
Welche Funktionen lassen sich der Busse zuschreiben?
• Funktionen (in unterschiedlicher Form verwirklicht):
– Ausgleichsfunktion: Beseitigung des materiell eingetretenen Schadens
– Genugtuungsfunktion: Herstellung der verletzten Ehre durch Anerkennung von Fehlverhalten in Form von Geldzahlung
– Befriedungsfunktion: Herstellung des sozialen Friedens durch Ausgleich zwischen den Parteien
Was war das Thing?
• Gerichtsversammlung, auf der Urteile vermutlich durch alle Versammelten beschlossen wurden.
Wodurch und wie veränderte sich das Thing seit etwa 770?
• Seit etwa 770:
– Fallweise eingesetzte Rachinburgen (vgl. Pactus legis Salica)
(Rachinburgen = Urteiler, nicht Richter)
– Dauerhaft (lebenslang) eingesetzte Scabini
– Vorsitz hat ein Richter (Graf oder Zentenar = Sendbote oder Vicarius oder thunginus) als Repräsentant der Gerichtsgewalt ohne eigenständige Entscheidung
Welche Ausformung eines Miteinanders („Dualismus“) von zwei Seiten entwickelte sich?
• Ausformung eines Miteinanders („Dualismus“) von zwei Seiten
– Richter (als Träger der Gerichtsgewalt – Garantie für Verbindlichkeit und Vollstreckung der Urteile)
– Urteiler (als Repräsentanten der Gerichtsgemeinde)
Wie war die Zuständigkeit der Gerichte vor und seit der Epoche Karls des Grossen ausgestaltet?
• Ausdifferenzierung von Zuständigkeiten
– Ursprünglich: Allkompetenz aller Gerichte (v. a. Königsgericht, Grafengerichte, Schöffengerichte)
– Seit Karl dem Grossen: Unterscheidung zwischen
• Causae maiores (Tötungen, Körperverletzungen) = Grafengericht
• Causae minores (Übrige Fälle) = Zentenar oder niederer Adel
– Etwa seit dem 12. Jh.: Unterscheidung zwischen Hoch-(Blut-) und Niedergerichtsbarkeit