10. Gemeinsame Innen- und Justizpolitik Flashcards

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Q

Einführung

A

vertraglich: Art. 3 EUV
Innen- und Justizpolitik (IJP) dient der Herstellung eines „Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“:
-besonderes Handlungsfeld da es den Schutz der Bürger aber auch Migranten und Asylsuchenden sucht
—Spannungsfeld zwischen Ziel der Sicherheit und der Freiheit
——politische Handeln muss stärker legitimiert werden

Teilnehmer: nationale Ministerien, Sicherheitsbehörden und Migrationsverwaltungen

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Q

Entstehung

TREVI — Maastricht

A

ER (1975) beschloss eine Arbeitsgruppe der iNnen- und Justizminister einzurichten (TREVI = Terrorism, Radicalism, Extremism, Violence International) die außerhalb der vertraglichen und institutionellen Strukturen der EWG operieren sollte

  • ohne Beteiligung von Parlament, Kommission und Gerichtshof
  • Sitzungen der Minister wurden von „Hohen Beamten“ aus den zuständigen nationalen Ministerien vorbereitet

TREVI-Arbeitsgruppen:

  • Informationsaustausch und die Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus (AG I)
  • Polizeitechnik und -ausbildung (AG II)
  • Organisierte Kriminalität (AG III)
  • Abbau der Grenzkontrollen (AG IV)
  • AG zur Schaffung von Europol

Binnenmarktprogramm bzw. EEA definierten das Ziel bis 1992 einen Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen zu schaffen:

  • Einbußen bei der Sicherheit vermieden werden
  • Schaffung einer IJP als Bedingung für die Personenfreizügigkeit

Schengener Durchführungsübereinkommen von 1990, Pilotprojekt:

  • Außengrenzkontrolle, Visa-, Asyl- und Einwanderungspolitik, justizellen Rechtshilfen in Strafsachen und die polizeilichen Zusammenarbeit gemeinsamen Regeln unterworfen
  • Schengen-Staaten verpflichteten sich dazu, von Binnengrenzkontrollen abzusehen — dafür strengere Kontrollen an den Außengrenzen

Schengener Informationssystem:

  • System zur Personen- und Sachfahndung
  • Verhinderung illegaler Einreise

Übereinkommen von Dublin (Dublin I [1990 unterzeichnet; 1997 in Kraft]) überlagerte das Schengener Durchführungsabkommen:
-Dublin I: Mitgliedstaaten zuständig für das Asylverfahren, dessen Territorium zuerst von der asylsuchenden Person betreten wird
—dominierten mit TREVI, Schengen und Dublin I die intergouvernmentale Muster

Maastrichter Vertrag 1993:

  • Schaffung der „3. Säule“ die primärrechtliche Grundlage für die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres
  • ohne Nennung konkreter Ziele

Bereiche der Zusammenarbeit (nach Maastricht):

  • Asylpolitik
  • Außengrenzpolitik
  • Einwanderungspolitik
  • Bekämpfung der illegalen Einwanderung
  • Kampf gegen Drogenkriminalität und internationale Betrügereien
  • Justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen
  • Polizeiliche Zusammenarbeit
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3
Q

Entstehung

Stimmrecht — Amsterdam

A

einstimmig entscheidet der Rat der Innen- und Justizminister:
-Kommission teilte sich ihr Initiativrecht mit den Mitgliedstaaten bzw. besaß in der polizeilichen und strafjustizellen Zusammenarbeit gar kein Initiativrecht

Parlament und EuGH kaum eigene Kompetenzen

Rechtsakte (gemeinsamer Standpunkt und gemeinsame Maßnahme) kamen selten zum Einsatz:
-Mitgliedstaaten zogen es vor, zwischenstaatliche Instrumente für dieses Handlungsfeld einzusetzen

Europol:
-1999 aufnahme der Arbeit auf Grundlage eines völkerrechtlichen Übereinkommens

Amsterdamer Vertrag 1999:

  • führte zur Intensivierung der Zusammenarbeit
  • Schengener Regeln in den Besitzstand der EU (außer Dänemark, Irland und GB)
  • Bereiche Außengrenzen, Einwanderungs- und Asylpolitik,, ziviljustizelle Zusammenarbeit, Zollkooperation und Bekämpfung von Betrug vergemeinschaftet (so dass Verordnung und Richtlinie erlassen werden konnten)
  • Einstimmigkeitsverfahren wurde durch das ordentliche Gesetzgebungsverfahren abgelöst
  • Kommission erhielt das Initiativmonopol
  • EP wurde zum gleichberechtigten Gesetzgeber neben dem Rat
  • Polzei und Strafjustiz verblieben jedoch im intergouvernmentalen Modus

RFSR wurde im lichte der Terrorepisoden in Europa ab 2001 weiterentwickelt:

  • Aktionsplan zur Bekämpfung des Terrorismus
  • Gründung der Grenzschutzagentur Frontex (seit 2016 Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache)

Vertrag von Lissabon:

  • polizeilichen und strafjustiziellen Zusammenarbeiten in die supranationale Politk überführt
  • seitdem das ordentliche Gesetzgebungsverfahren für alle Bereiche des Handlungsfeldes

praktische Umsetzung:
-bislang Probleme (2015)

IJP im Zeitverlauf:

  • von einem ursprünglich flankierendes Politikfeld
  • zu einem eigenständigen Politikfeld mit entsprechender eigenständigen Zielsetzungen

„Vertrag von Amsterdam den Grundstein für die differenzierte Integration, die den RFSR bis heute kennzeichnet. Das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark trugen die vertragliche Vertiefung der EU-Justiz- und Innenpolitik nicht mit. Sie erlangten spezielle Opt-out-Rechte hinsichtlich der Anwendung von EU-Rechtsakten im Bereich Justiz und Inneres“ (Trauner 2019: 3)

(Zusammenhang, das die vier Nicht-EU Schengen-Staaten beid er IJP mitmachen)

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4
Q

Dublin-System

A

Dublin-Verordnungen definieren die Grundlinien der europäischen Asylpolitik

  1. Dublin-Verordnung (1990):
    - Eckpfleier der Asylpolitik definiert (bevor sie in den Kompetenzbereich der EU fiel)
    - Rechtsgrundlage: Genfer Flüchtlingskonvention (1951) und Protokoll von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge

EU-Verträge beanspruchen in der Asyl- und Einwanderungspolitik Solidarität und eine (auch finanziell) gerechten Verteilung:
-für den letzteren Aspekt gibt es den Asyl-, Migrations- und Integrationsfond (AMIF)

  1. Dublin-Verordnung (2003):
    -ersetzt Abkommen von 1990
    -legt Kriterien bezüglich des für die Bearbeitung eines Asylantrags zuständigen Landes fest
    -Grundsatz fest, dass ein einziger Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist
    -Ziel: vermeiden, dass Asylsuchende von einem Land ins andere zurückgeschickt werden
    -verhindern, dass eine Person mehrere Asylanträge stellt
    —3. Dublin-Verordnung von 2013 im Vergleich zur 2., sind die Grundsatzurteile des EuGH für Menschenrechte in Straßburg und des EuGH in Luxemburg berücksichtigt
  2. Dublin-Verordnung:
    -Fingerabdrücke von Asylsuchenden können gespeichert werden
    -Polizei und andere Sicherheitsbehörden haben Zugang zu den gespeichert Daten
    -sieht vor, dass Asylsuchende den Asylantrag im Land ihrer Einreise oder Erstregistrierung stellen müssen (belastet besonders EU-Grenzstaaten)
    -Mitgliedstaaten können bei humanitären Notlagen die Zuständigkeit für Asylverfahren zu übernehmen und Abschiebungen in die Länder der Ersteinreise abzusehen
    —nach 2015 sollte das Dublin-System reformiert werden (Entwurf eines Verteilungsschlüssel)
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5
Q

Europol

A

Agentur in Den Haag

  • unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der internationalen Kriminalität und des Terrorismus
  • arbeitet dabei auch mit Partnerländern außerhalb der EU und internationalen Organisationen
  • nimmt eine Reihe von operativen Tätigkeiten wahr (z.B. in den Bereichen der Geldfälschung, Computerkriminalität oder des Menschenhandels)

Dienstleistungen von Europol:

  • Zentrum zur Unterstützung von Strafverfolgungsmaßnahmen
  • Zentrale Schaltstelle für Informationen über kriminelle Aktivitäten
  • Kompetenzzentrum für die Strafverfolgung

Rat der Justiz- und Innenminister trägt die Verantwortung für die Kontrolle und Leitung von Europol:

  • ernennen den Direktor und die stellvertretenden Direktoren von Europol
  • genehmigen gemeinsam mit dem EP den Haushaltsplan der Behörde
  • zusammen mit dem EP kann der Rat auch Verordnungen erlassen (in denen die Tätigkeit von Europol geregelt wird)
  • legt dem EP jedes Jahr einen Sonderbericht über die Arbeit von Europol vor
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6
Q

Frontex

A

europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache:

  • 2004 gegründet
  • Ziel: Mitgliedstaaten und Schengen-assoziierten Länder beim Schutz der Außengrenzen des EU-Raums des freien Verkehrs zu unterstützen
  • Sitz: Warschau

2016 ausgebaut und verstärkt:

  • Aufgabe nun von der Kontrolle der Migrationsströme auf Grenzschutz erweitert worden
  • dadurch auch verantwortlich für die Bekämpfung von grenzüberschreitender Kriminalität
  • nimmt auch Such- und Rettungsaufgaben
  • operationelle ausgerichtet
  • Exekutivdirektor nimmt regelmäßig an den Sitzungen des EP und des Rates der EU für Inneres und Migrationsfragen teil
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7
Q

Schengen-Staaten

A

alle EU-Staaten mit Ausnahmen von Irland und Zypern
-ausgeschlossen sind die Färöer Inseln und Grönland

Bulgarien, Rumänien und Kroation wenden den Schengen-Acquis teilweise an
-Personenkontrollen an den Binnengrenzen weiterhin bestehen bleiben

Island, Norwegen, Liechtenstein und Schweiz als Nicht-EU-Mitgliedstaaten

Andorra unterzeichnete die Schengener Übereinkommen nicht explizit
-aber es bestehen keine Grenzkontrollen zu Spanien und Frankreich

San Marino unterzeichnete das Übereinkommen nicht explizit
-jedoch keine Grenzkontrollen zu Italien
—selbe für Monaco

Schengen-Bestimmen beziehen sich nicht nur auf das übergeordnete Ziel (keine Personenkontrollen Binnen aber Außen)
-für begrenzten Zeitraum können aus gegebenem Anlass Binnen stattfinden

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8
Q

Intergouvernementale Elemente

A

nach Lissabon Besonderheiten die das intergouvernmentale Erbe der IJP zum Ausdruck bringen:
-IJP die nationalen Politiken ergänzen und nicht ersetzen will

Mitgliedstaaten können auch außerhalb der EU-Strukturen zusammenarbeiten (vgl. Art. 73 AEUV)
-IJP kann aus dieser Perspektive eine Art Miniprogramm angesehen werden, welches die „willigen“ Mitgliedstaaten ausweiten und ergänzen können
—wird deutlich, Rat auf Vorschlag der Kommission oder eines 1/4 der Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Gewährleistung der Verwaltungszusammenarbeit zwischen den Dienststellen der Mitgliedstaaten beschließen kann (vgl. Art. 74 AEUV)

-trotz Frontex sehen es die Mitgliedstaaten den Grenzschutz als hoheitliche Aufgabe:
—keine Bestrebung einen supranationalen Grenzschutz zu etablieren

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9
Q

Rolle der EU-Organe

A

ER besitzt eine herausgehobene Rolle bei der IJP, da er die strategischen Leitlinien für die gesetzgeberische und operative Programmplanung definiert (Art. 68 AEUV)
-entscheidet fast immer einstimmig

hat verschiedene Programme verabschiedet:

  • Tampere (2000-2005)
  • Haager (2005-2010)
  • Stockholmer (2010-2015)
  • Post-Stockholm-Programm (2015-2020)

„Eine besondere Rolle würde dem Europäischen Rat zukommen, wenn Mitgliedstaaten von der Notbremse-Regel der Artikel 82 Abs. 3 und 83 Abs. 3 AEUV Gebrauch machen, weil sie durch einzelne Gesetzgebungsvorhaben grundlegende Aspekte ihrer Strafrechtsordnung bedroht sehen“ (Knelangen 2020: 939)

Rat der EU:
-stimmt mit QM ab, versucht aber insbesondere bei Fragen der IJP einen Konsens herzustellen, um Problemen bei der Umsetzung der Beschlüsse vorzubeugen

Kommission:

  • erst mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam zu einer wichtigen Mitspieler geworden
  • anfangs noch zurückhaltend beim Gebrauch ihres Initiativrechts (aufgrund fehlender Expertise)

Generaldirektionen haben eine merkliche personellen Aufwuchs erfahren

EP:
-massive Aufwertung (in allen Politikfeldern)

besonders relevant: Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres

  • Aufgabenbereich auch die Bereiche Bürgerrechte, Menschenrechte und Grundrechte umfasst
  • wichtig bei der Investitur der Kommission (denn sie sind an den Anhörungen der Innen- bzw. Justizkommissare beteiligt)

Europäische Gerichtshof:
Vertrag von Maastricht
-eröffnete dem EuGH völkerrechtliche Übereinkommen auszulegen und überprüfen
-Rechtsakte der 3. Säule war für eine Überprüfung nicht vorgesehen

Vertrag von Amsterdam
-führte Kontrollmöglichkeiten ein (begrenzt)

Vertrag von Lissabon

  • EuGH nun volle Auslegungs- und Kontrollbefugnisse
  • Irland und Dänemark sind von der Rechtssprechung des Gerichtshofes bei der IJP ausgeschlossen

-bringt sich zwischenzeitlich vor allem durch Vorabentscheidungen ein

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10
Q

Fazit

A

Anfänge der IJP der EU bis in die 70ern zurück

erst seit Vertrag von Lissabon unterliegen:
-Grenzkontrollen
-Asyl
-Einwanderung
-Ziviljustiz
-Polizei und Strafjustiz 
—der supranationalen Politikgestaltung 
—damit gilt das ordentliche Gesetzgebungsverfahren (aber es gibt noch einige intergouvernmentalen Elementen in der IJP)

bedeutet EP gleichberechtigt mitentscheidet und die Politikergebnisse der Rechtsprechung des EuGH unterliegen

zentrales Problem:

  • einige Mitgliedstaaten notwendigen Reformen verschließen bzw. sich nicht an getroffene Vereinbarungen halten wollen
  • vor allem in der Asylpolitik
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