Meinungsbildungsprozesse bei Sachabstimmungen Flashcards
Aggregatdaten (offizielle Abstimmungsergebnisse) : allg.
- Kantons-, Bezirks- oder Gemeindeebene
- beschreibende Untersuchung von Tendenzen und Spaltungen
Aggregatdaten (offizielle Abstimmungsergebnisse) : Vorteile
- Fülle von Daten vorhanden (seit 1848)
- methodisch hohe Qualität (praktisch perfekte Reliabilität & Validität)
Aggregatdaten (offizielle Abstimmungsergebnisse) : Probleme
- ökologischer Fehlschluss ( “ecological fallacy” )
- wenn man von Aggregatdaten auf individuelles Verhalten schließt
- Bsp. Zahl Hochschulabsolventen & Wähler korrelieren
→ heißt nicht, dass kausaler Zusammenhang auf Individualebene besteht
- Motive können nicht ermittelt werden
- Bsp. Euroskeptizismus in AI vs. TI
Atlas Politischer Landschaften
- Faktoranalyse (Zusammenfassung vieler einzelner Faktoren)
- Farben = Sprachen
- 3D-Berge = Bevölkerungszahlen
Wer beteiligt sich (nicht)?
insgesamt sinkender Trend, in letzter Zeit Stabilisierung auf niedrigem Niveau
- 1919: 80%
- 2019: ca. 45%
große Unterschiede je nach Vorlage
- hohe Beteiligung: Armeeinitiative, EWR-Abstimmung, Masseneinwanderungsinitiative
- niedrige Beteiligung: Bildung, Abschaffung Volksinitiative
St.Gallen & Genf: Stimmregisterdaten
- erheben, wer gestimmt hat
- in 10 Abstimmungen nehmen 90% mindestens 1x teil
Beteiligung: Knappheits-Hypothese
Leute beteiligen sich eher, wenn sie knappes Resultat erwarten und das Gefühl haben, dass ihre Stimme einen entscheidenden Unterschied machen könnte
Beteiligung: intensive Abstimmungskampagne:
- Leute beteiligen sich eher, wenn große Kampagne
- Methode: 6 Wochen vor Abstimmung werden Zeitungsinserate gezählt und Fläche gemessen
Zusammenführung Knappheit & Kampagnen-Intensivität
→ Zusammenhang zwischen beidem: Es wird nur in intensive Kampagne investiert, wenn knappes Ergebnis erwartet wird.
Nachbefragungen (VOX-Analysen) allg.
- (einige Zeit VOTO-Analysen genannt)
- n = ca. 1000
Nachbefragungen (VOX-Analysen): Fragen:
- Ob gewählt wurde
- links-rechts-Selbsteinordnung
- soziodemographische Merkmale
Nachbefragungen (VOX-Analysen): Vorteile:
- Daten und Resultate auf Individualebene
- Motive ermittelbar
Nachbefragungen (VOX-Analysen): Probleme:
- ressourcenaufwändige Ergebung (früher Telefon, heute Internet)
- Repräsentativität des Samples?
- Verzerrung durch disproportionale Stichprobe → Gewichtung nötig
- mehr Leute stimmen Interview zu, die “Ja” gestimmt haben
- individualistischer Fehlschluss ( “individualistic fallacy” )
- limitierte Größe des samples → Verzerrung durch zu kleine Auswahlgesamtheit (man schließt von zu wenigen auf Allgemeinheit)
Nachbefragungen (VOX-Analysen): Lösung für Probleme
- Zusammenführung von VOX-Datensätzen
- ca. 140 000 Fälle
- VOXIT-Datensatz bei SwissUbase enthält alles
Beteiligung: individuelle Faktoren:
- Geschlecht, Alter, Bildungsniveau
- Betroffenheit
- Interesse a Politik
- politische Kompetenz: Selbst-Zensur
- Personen, die Vorlage nicht verstehen, bleiben zu Hause
Beteiligung: Kontextfaktoren:
- Intensität der Kampagne → Interaktionseffekt
- Komplexität der Vorlage
- Vertrautheit mit Gegenstand ( “awareness” )
Kompetenz & Verständnis der Wähler
- “Worum ging es bei Vorlage?”
- Motivfrage: “Warum haben Sie ja/nein gestimmt?”
- Argumententest: “Zu welcher Vorlage gehört Argument xy?”
3 Studien (1983, 1993, 2005)
gutes/mittleres Verständnis
- unterschiedlich
(20/50, 45/25, 40/30)
schlechtes bzw. kein Verständnis
- immer ca. 30%
Strategien der Meinungsbildung : heuristische Strategien:
Vereinfachung”, “Entscheidungshilfen”
- Status-Quo-Heuristik
- “Neinsager” zu allem, was aktuelle Situation verändert
- Vertrauensheuristik
- man folgt Regierung & Parlament (geben Abstimmungsempfehlung ab)
- Parteiheuristik
- man folgt Partei-Abstimmungshilfen ( “SP empfiehlt Nein” )
Strategien der Meinungsbildung : systematische Strategien:
inhaltliche Auseinandersetzung
- ersetzen heuristische Strategien bzw. können aus ihnen münden
- bedeutender bei hoher Kampageneintensität
- Kampagnen tragen zur Aufklärung bei
Regulierung Abstimmungskampagnen: staatliche Instanzen
- Verbot politischer Werbung in Fernsehen & Radio
- keine öffentlichen Gelder für Propaganda
- Stellungnahme in Abstimmungskampf erlaubt
- Informationspflicht: sachlich & ausgewogen
Regulierung Abstimmungskampagnen: private Organisationen
= Parteien (gelten als Vereine), Zeitungen, Interessenverbände…
- praktisch keine Regulierungen, Grenze ist nur Strafrecht
- keine Transparenzpflicht der Finanzierung (anders als in DE, FR…)
Studien zu Auswirkungen der Abstimmungspropaganda
signifikanter Zusammenhang zwischen Werbetätigkeit in Zeitungen & Abstimmungsresultat
→im Prinzip sind Abstimmungen also käuflich
ABER:
- Referenden: Geld spielt größere Rolle
- Initiativen: Geld spielt keine große Rolle bzw. hat wenig Einfluss auf Resultat
- Parteikonstellationen sind wichtig
- Intensität & Richtung der Kampagne sind relevant
Fazit: “Geld hilft” → ist bei knappen Resultaten evtl. ausschlaggebend
partizipatorischer Ansatz:
“Direkte Demokratie als Schule für die Bürger”?
→ inkompetentes Abstimmen ist verbreitet
elitistischer Ansatz:
→ relativ konsistente Stimmentscheide; intensive Kampagnen erhöhen Verständnis
Referendum Ja / Nein
Ja = Annahme des Gesetzes
Nein = Ablehnung des Gesetzes
VI: Ja / Nein
Ja: Annahme der VI
Regierungserfolg
≠ Annahmerate
Referendum: Ja (Annahme des Gesetzes)
VI: i.d.R. Nein (Ablehnung der VI)