Leitfragen Flashcards

1
Q

Womit befasst sich die Differentielle und Persönlichkeitspsychologie?

A

Die Differentielle und Persönlichkeitspsychologie befasst sich mit der Beschreibung, Erklärung, Vorhersage und Modifikation individueller Einzigartigkeit (Persönlichkeitspsychologie im engeren Sinne) sowie interindividueller Unterschiede (Differentielle Psychologie) im menschlichen Verhalten und Erleben​
.

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2
Q

Was umfasst/bedeutet „Persönlichkeit“ (im weiteren und engeren Sinne)?

A

Im weiteren Sinne wird Persönlichkeit als die Gesamtheit aller Merkmale verstanden, die eine Person relativ stabil kennzeichnen und sie von anderen unterscheiden. Dazu gehören Temperament, Fähigkeiten, Körperbau, Bedürfnisse und Einstellungen.
Im engeren Sinne wird Persönlichkeit als „Temperament“ verstanden​
.

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3
Q

Wie kann Persönlichkeit definiert werden?

A

Stern (1923): Persönlichkeit ist eine Einheit aus verschiedenen Teilfunktionen, die eine zielstrebige Ganzheit bildet.
Allport (1959): Persönlichkeit ist die dynamische Ordnung derjenigen psychophysischen Systeme im Individuum, die sein charakteristisches Verhalten bestimmen.
Guilford (1959): Persönlichkeit ist das einzigartige Muster von Traits (Eigenschaften), das eine Person ausmacht​

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4
Q

Erläutern Sie den idiographischen vs. nomothetischen Ansatz in der
Persönlichkeitspsychologie.

A

Idiographischer Ansatz: Dieser Ansatz betont die Einzigartigkeit jeder Person und betrachtet Persönlichkeit als mehr als die Summe einzelner Merkmale. Er nutzt qualitative Methoden wie Fallstudien und ist weniger darauf ausgerichtet, allgemeingültige Regeln abzuleiten. Ein Nachteil ist die geringe Übertragbarkeit auf andere Personen​
.
Nomothetischer Ansatz: Dieser Ansatz zielt darauf ab, allgemeingültige Regeln über Persönlichkeit zu formulieren, indem universelle Eigenschaftsdimensionen erfasst werden. Er verwendet quantitative Methoden wie Korrelationsanalysen und ermöglicht Vergleiche zwischen Individuen​
.

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5
Q

Erläutern Sie eine ausgewählte Forschungsstrategien zur Beschreibung
(inter)individueller Unterschiede nach W. Stern.

A

Variationsforschung: Untersucht ein Merkmal an vielen Individuen, z. B. Intelligenz oder Ängstlichkeit in einer Population​
.
Korrelationsforschung: Analysiert Zusammenhänge zwischen zwei oder mehr Merkmalen über viele Individuen hinweg, z. B. zwischen Intelligenz und Berufserfolg​
.
Psychografie: Betrachtet ein Individuum in Bezug auf mehrere Merkmale, z. B. in der Eignungsdiagnostik​
.
Komparationsforschung: Vergleicht zwei oder mehr Individuen hinsichtlich mehrerer Merkmale, z. B. im Bereich der Berufsberatung​
.

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6
Q

Warum ist Persönlichkeit ein Konstrukt und was bedeutet dies für deren
Erfassung?

A

Persönlichkeit ist ein theoretisches Konstrukt, das nicht direkt beobachtbar ist. Sie muss daher aus Verhalten erschlossen und messbar gemacht (operationalisiert) werden​
.
Eigenschaften werden durch Beobachtung ähnlicher Verhaltensweisen in ähnlichen Situationen abgeleitet. Beispielsweise wird eine Person, die in verschiedenen Situationen ängstlich reagiert, als „ängstlich“ eingestuft​
.
Da Persönlichkeit ein Konstrukt ist, gibt es unterschiedliche Methoden zu ihrer Erfassung, die stets auf Interpretationen und Modellen beruhen​
.

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7
Q

Was versteht man unter Konsistenz und Stabilität in der Diff. und
Persönlichkeitspsychologie bzw. in Bezug auf Persönlichkeitseigenschaften?

A

Transsituationale Konsistenz: Die Tendenz einer Person, in verschiedenen Situationen zu einem bestimmten Zeitpunkt ähnlich zu reagieren (z. B. eine Person, die samstags in der Kneipe immer aggressiv wird)​
.
Transtemporale Konsistenz: Die Tendenz, über verschiedene Zeitpunkte hinweg in verschiedenen Situationen ähnlich zu reagieren (z. B. eine Person, die über Jahre hinweg in verschiedenen Kontexten aggressiv ist)​
.
Absolute Stabilität: Ein Persönlichkeitsmerkmal bleibt über die Zeit konstant, z. B. ein IQ-Wert von 100 im Alter von 20 und 40 Jahren​
.
Relative Stabilität: Die Rangordnung eines Merkmals innerhalb einer Gruppe bleibt erhalten, auch wenn sich die absoluten Werte verändern​
.

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8
Q

Nennen Sie Vor- und Nachteile der Erfassung von Persönlichkeitseigenschaften
durch Fragebögen.

A

Vorteile:
Ökonomisch und einfach durchzuführen​
.
Kann die einzige sinnvolle Erhebungsmethode sein, da Menschen sich selbst am besten kennen​
.
Nachteile:
Subjektive Verzerrungen, da Personen ihre Antworten bewusst oder unbewusst anpassen​
.
Soziale Erwünschtheit kann Antworten beeinflussen, daher werden oft Lügenskalen eingesetzt​
.
Tendenz zur Mitte oder Ja-Sage-Tendenz kann das Ergebnis verfälschen​
.

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9
Q

Zentrale Annahmen/Merkmale der psychodynamischen Persönlichkeitstheorie Freuds

A

Mensch als Energiesystem: Psychische Prozesse erfordern und verbrauchen Energie​

Homöostase- und Hedonismusprinzip: Streben nach Gleichgewicht und Lustgewinn​

Rolle des Unbewussten: Verhaltensunterschiede entstehen durch intrapsychische Prozesse, das Unbewusste beeinflusst Verhalten​

Drei Modelle:
Dynamisches Modell (Trieblehre): Verhalten ist durch Triebe (Eros und Thanatos) motiviert​

Topographisches Modell: Unterscheidung von Bewusstem, Vorbewusstem und Unbewusstem​

Strukturmodell (Instanzenlehre): ES (Triebe), ICH (Realitätskontrolle), ÜBER-ICH (Moral) stehen in Konflikt​

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10
Q

Unterschiede in der Persönlichkeit nach Freud

A

Individuelle Unterschiede entstehen durch:
Angeborene Unterschiede in der Triebstärke​
.
Erfahrungen während der psychosexuellen Entwicklung (Fixierungen)​
.
Unterschiedliche Strategien des ICHs im Umgang mit den Trieben und den moralischen Anforderungen des ÜBER-ICH​
.

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11
Q

Zwei Abwehrmechanismen nach Freud

A

Verdrängung:
Unerwünschte Gedanken, Wünsche oder Erlebnisse werden ins Unbewusste abgeschoben​
.
Beispiel: Jemand erinnert sich nicht an ein traumatisches Ereignis aus der Kindheit​

Projektion:
Eigene unerwünschte Gedanken oder Emotionen werden auf andere übertragen​
.
Beispiel: Jemand, der untreu ist, verdächtigt ständig seinen Partner der Untreue​
.

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12
Q

Kritik an Freuds Theorien und heutige Bedeutung

A

Kritik:

Nicht empirisch überprüfbar, viele Annahmen sind unfalsifizierbar​
.
Problematische Datenquellen (Selbstinterpretation durch Freud, keine Kontrollgruppen)​
.
Langwierige und unökonomische Therapiemethoden​

Heutige Bedeutung:

Konzepte wie das Unbewusste haben weiterhin Einfluss auf die moderne Psychologie (z.B. Priming, implizite Assoziationstests)​
.
Erkenntnisse zur Bedeutung frühkindlicher Erfahrungen werden heute in der Entwicklungspsychologie bestätigt​
.

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13
Q

Needs und Presses sowie deren Zusammenspiel nach Murray

A

Needs (Bedürfnisse):
Interne Antriebe, die das Verhalten steuern​
Viszerogene Needs: angeborene Bedürfnisse (z. B. Hunger)​
Psychogene Needs: soziale, gelernte Bedürfnisse (z. B. Leistungsmotiv)​

Presses (Situativer Verhaltensdruck):
Externe Faktoren, die Bedürfnisbefriedigung erleichtern oder erschweren​
Alpha-Press: Objektive Merkmale einer Situation​
Beta-Press: Subjektive Wahrnehmung der Situation​

Zusammenspiel:
Verhalten wird durch die Interaktion von Needs und Presses bestimmt​
.
Beispiel: Eine Person mit hohem Machtmotiv (Need) wird in einer Führungsposition (Alpha-Press) besser gedeihen​
.

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14
Q

Zwei zentrale Kriterien zur Erkennung von Bedürfnissen nach Murray

A

Selektive Wahrnehmung:
Bedürfnisse beeinflussen, worauf eine Person ihre Aufmerksamkeit richtet​
.
Beispiel: Eine hungrige Person nimmt Restaurants eher wahr​

Emotionale Reaktionen:
Bedürfnisbefriedigung führt zu positiven Emotionen, Nichterfüllung zu Frustration​
.
Beispiel: Eine Person mit hohem Anschlussmotiv fühlt sich in Gesellschaft wohler​
.

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15
Q

Homöostase- und Heterostaseprinzip bei Maslow

A

Homöostaseprinzip (Mangelbedürfnisse):
Streben nach Gleichgewicht (z. B. Hunger → Essen)​
Bedürfnis tritt nur bei Mangel auf und führt zur Spannungsreduktion​

Heterostaseprinzip (Wachstumsbedürfnisse):
Selbstverwirklichung als dauerhafter Prozess​
Keine Spannungsreduktion, sondern kontinuierliche Zielsetzung​
Beispiel: Ein Musiker möchte sich stetig verbessern​
.

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16
Q

Einfluss von Konditionierung auf Persönlichkeitsunterschiede

A

Klassische Konditionierung (Pawlow):
Erlernte Assoziationen beeinflussen emotionale Reaktionen​
Beispiel: Ein Kind entwickelt eine Angststörung, weil es als Baby oft von Hunden erschreckt wurde​
.
Operante Konditionierung (Skinner):
Verhalten wird durch Belohnung und Bestrafung geformt​
Beispiel: Ein Kind, das für Pünktlichkeit gelobt wird, entwickelt eine gewissenhafte Persönlichkeit​
.
Modelllernen (Bandura):
Verhalten wird durch Beobachtung gelernt​
Beispiel: Kinder ahmen aggressives Verhalten aus Medien nach (Bobo-Doll-Experiment)​
.

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17
Q

Basisannahmen der Kognitiven und Handlungstheorien der Persönlichkeit

A

Abkehr vom behavioristischen Menschenbild: Denkvorgänge als zentrale Aspekte des Verhaltens​
.
Handlungen entstehen durch vernünftige Überlegungen und Entscheidungen in spezifischen Situationen und auf Basis vorheriger Lernerfahrungen​
.
Menschen sind aktive Gestalter ihrer Umwelt, die:
Ziele setzen,
Mittel zur Zielerreichung beurteilen,
langfristige Handlungspläne erstellen,
Konsequenzen antizipieren​
.
Wichtige Vertreter: George Kelly (Persönliche Konstrukte), Julian Rotter (Generalisierte Erwartungen), Albert Bandura (Selbstwirksamkeit)​
.

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18
Q

Menschenbild und zentrale Annahmen der Persönlichkeitstheorie von George Kelly

A

Menschenbild: Der Mensch ist ein „Wissenschaftler“, der seine Umwelt interpretiert und eigene Hypothesen über sie bildet​
.
Zentrale Annahmen:
Es gibt keine objektive Realität – jede Person interpretiert ihre Umwelt individuell​
.
Menschen versuchen, Gesetzmäßigkeiten zu erkennen, um zukünftige Ereignisse vorherzusagen​
.
Persönliche Konstrukte sind individuelle Begriffe, die Menschen zur Beschreibung ihrer Realität verwenden​
.
Persönlichkeit ist die Summe der individuellen Konstrukte und ihrer Organisation​
.

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19
Q

Generalisierte Erwartungen nach Rotter & Beispiel (Locus of Control)

A

Menschen entwickeln auf Basis ihrer Erfahrungen generalisierte Erwartungen, um zukünftige Situationen schnell bewerten zu können​
.
Drei zentrale generalisierte Erwartungen nach Rotter:
Problemlöseerwartungen
Erwartungen hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit anderer (Interpersonal Trust)
Kontrollüberzeugung (Locus of Control)​
.
Locus of Control:
Internale Kontrollüberzeugung: Verstärker (z. B. Erfolg, Gesundheit) hängen von eigenem Verhalten ab​
.
Externale Kontrollüberzeugung: Verstärker sind durch Glück, Schicksal oder andere Menschen bestimmt​
.

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20
Q

Selbstwirksamkeit und Ergebniserwartung nach Bandura

A

Selbstwirksamkeit: Die Erwartung einer Person, eine Handlung erfolgreich ausführen zu können​
.
Ergebniserwartung: Die Erwartung, dass eine Handlung zu einem bestimmten Ergebnis führt​
.
Zusammenspiel:
Hohe Selbstwirksamkeit + hohe Ergebniserwartung → hohe Motivation​
.
Hohe Selbstwirksamkeit + niedrige Ergebniserwartung → geringe Motivation (z. B. Person kann sich gut auf Prüfungen vorbereiten, glaubt aber, dass der Prüfer unfair benotet)​
.

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21
Q

Grundzüge, Ziele und methodisches Vorgehen der Trait-Theorien

A

Grundzüge:
Traits sind stabile, überdauernde Persönlichkeitsmerkmale​
Traits erklären und sagen Verhalten vorher​
.
Ziele:
Struktur der Persönlichkeit identifizieren​
Messinstrumente zur Erfassung von Traits entwickeln​
.
Methodisches Vorgehen:
Traits werden durch Verhaltensbeobachtung erschlossen​
Hierarchische Modellierung von Traits​
Verwendung der Faktorenanalyse, um zentrale Persönlichkeitseigenschaften zu bestimmen​
.

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22
Q

Lexikalischer Ansatz von Gordon Allport

A

Grundannahme: Alle wichtigen Persönlichkeitsmerkmale sind in der Sprache repräsentiert​
.
Vorgehen:
Analyse des Webster’s Dictionary → Identifikation von 17.953 beschreibenden Begriffen​
.
Kategorisierung in stabile Traits (ca. 4.500 Begriffe), Zustände, soziale Bewertungen und Rollen​
.
Diese Liste diente später als Basis für die Eigenschaftsforschung von Cattell​
.

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23
Q

Cattells 16-Faktoren-Modell & seine inhaltliche Unterteilung von Persönlichkeit

A

Inhaltliche Unterteilung:
Fähigkeiten: Wie gut kann eine Person etwas tun? (z. B. Intelligenz)​
.
Dynamische Eigenschaften: Warum tut eine Person etwas? (z. B. Bedürfnisse, Motive)​
.
Temperamentseigenschaften: Wie tut eine Person etwas? (z. B. Impulsivität, Emotionalität)​

16-Faktoren-Modell:
Basierend auf dem lexikalischen Ansatz​
.
4500 Traits → Reduktion auf 16 Faktoren mithilfe der Faktorenanalyse​
.
Diese 16 Faktoren bilden die Grundlage des 16PF-Persönlichkeitstests​
.

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24
Q

Cattells Datenquellen (L, Q, T) zur Beschreibung der Persönlichkeit

A

L-Daten (Life-Data):
Lebensläufe, biografische Informationen, Fremdratings​
.
Q-Daten (Questionnaire-Data):
Selbstbericht-Fragebögen​
.
T-Daten (Test-Data):
Standardisierte Tests zur objektiven Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen​
.
Cattell kombinierte alle drei Datenquellen, um eine umfassende Persönlichkeitsbeschreibung zu gewährleisten​
.

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25
Q

Big Five (Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit)

A

Fünf stabile und universelle Persönlichkeitsdimensionen:​
Neurotizismus: Emotionale Labilität vs. Stabilität.
Extraversion: Geselligkeit, Aktivität, Frohsinn.
Offenheit für Erfahrungen: Kreativität, Neugier.
Verträglichkeit: Altruismus, Mitgefühl.
Gewissenhaftigkeit: Disziplin, Ordnungsliebe.
Historischer Ursprung:
Entwickelt aus dem lexikalischen Ansatz​
.
Cattells 16 Faktoren wurden durch Faktorenanalyse auf fünf reduziert​
.
Messinstrumente:
NEO-PI-R: 240 Items, erfasst Big Five und deren Facetten​
.
NEO-FFI: 60 Items, misst nur die Big Five​
.
BFI-10: 10 Items, ökonomische Erfassung​
.

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26
Q

Kognitive und Handlungstheorien der Persönlichkeit

A

Menschen als aktive Gestalter ihres Verhaltens, basierend auf Denkvorgängen, Zielen und Erwartungen​
.
Kelly: Menschen sind Wissenschaftler, die durch persönliche Konstrukte ihre Realität interpretieren​
.
Rotter: Generalisierte Erwartungen beeinflussen Verhalten (z. B. Locus of Control: internale vs. externale Kontrollüberzeugung)​
.
Bandura: Selbstwirksamkeit (Glaube an eigene Fähigkeiten) + Ergebniserwartung (Erfolgsaussicht) bestimmen Motivation​
.

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27
Q

Trait-Theorien (Eigenschaftstheorien)

A

Traits sind stabile Persönlichkeitsmerkmale, die Verhalten vorhersagen​
.
Allport: Lexikalischer Ansatz – wichtige Traits sind in der Sprache verankert​
.
Cattell: 16-Faktoren-Modell, basierend auf L-Daten (Lebensdaten), Q-Daten (Fragebögen), T-Daten (Tests)​
.
Big Five (Fünf-Faktoren-Modell):
Neurotizismus (emotionale Labilität),
Extraversion (Geselligkeit, Aktivität),
Offenheit (Kreativität, Neugier),
Verträglichkeit (Mitgefühl, Altruismus),
Gewissenhaftigkeit (Disziplin, Ordnung)​
.

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28
Q

Menschenbild & Annahmen von George Kelly

A

Menschen als Wissenschaftler, die Hypothesen über ihre Umwelt aufstellen.
Sie nutzen persönliche Konstrukte, um ihre Realität zu interpretieren und Verhalten vorherzusagen​
.

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29
Q

Generalisierte Erwartungen nach Rotter & Locus of Control

A

Menschen nutzen generalisierte Erwartungen, um neue Situationen einzuschätzen.
Locus of Control:
Intern: Erfolg hängt von eigenem Verhalten ab.
Extern: Erfolg wird durch äußere Umstände bestimmt​
.

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30
Q

Selbstwirksamkeit & Ergebniserwartung (Bandura)

A

Selbstwirksamkeit: Glaube, ein Verhalten ausführen zu können.
Ergebniserwartung: Glaube, dass das Verhalten zum gewünschten Ergebnis führt.
Zusammenspiel: Hohe Selbstwirksamkeit + hohe Ergebniserwartung → hohe Motivation​

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31
Q

Cattells 16-Faktoren-Modell & Persönlichkeitsstruktur

A

Unterteilung:
Fähigkeiten (z. B. Intelligenz)
Motive (z. B. Bedürfnisse)
Temperament (z. B. Impulsivität)​
.
4500 Traits → Reduktion auf 16 Faktoren per Faktorenanalyse (16PF-Test)​
.

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32
Q

Cattells Datenquellen (L, Q, T)

A

L-Daten: Lebensläufe, Fremdratings.
Q-Daten: Fragebögen (Selbstbericht).
T-Daten: Objektive Tests​
.

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33
Q

Big Five (Fünf-Faktoren-Modell)

A

Neurotizismus, Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit​
.
Entwickelt aus dem lexikalischen Ansatz und durch Faktorenanalyse bestätigt.
Messinstrumente: NEO-PI-R, NEO-FFI, BFI-10​
.

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34
Q

Basisannahmen der Kognitiven und Handlungstheorien der Persönlichkeit

A

Abkehr vom Behaviorismus: Nicht nur Reize und Reaktionen sind entscheidend, sondern auch kognitive Prozesse.
Zielgerichtetes Verhalten: Menschen setzen sich aktiv Ziele, planen Handlungen und bewerten Konsequenzen​
.
Drei zentrale Vertreter:
Kelly: Menschen als „Wissenschaftler“, die Hypothesen über ihre Umwelt aufstellen.
Rotter: Verhalten basiert auf Erwartung über Konsequenzen und deren Verstärkungswert.
Bandura: Selbstwirksamkeit und Erfolgserwartung bestimmen Verhalten​
.

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35
Q

Menschenbild & zentrale Annahmen der Persönlichkeitstheorie von George Kelly

A

Menschen als Wissenschaftler: Sie bilden Theorien über die Umwelt, um zukünftige Ereignisse vorherzusagen​
.
Persönliche Konstrukte: Individuelle Denkmuster, die zur Interpretation der Realität genutzt werden.
Unterschiede in der Persönlichkeit entstehen durch verschiedene Konstruktsysteme​
.

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36
Q

Generalisierte Erwartungen nach Rotter & Beispiel: Locus of Control

A

Verhalten wird durch Erfahrungen mit vorherigen Verstärkungen beeinflusst​
.
Drei zentrale generalisierte Erwartungen:
Problemlöseerwartungen: Fähigkeit, Probleme zu bewältigen.
Interpersonal Trust: Vertrauen in andere.
Locus of Control: Überzeugung, ob Verstärker durch eigenes Handeln (intern) oder durch äußere Umstände (extern) kontrolliert werden​
.

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37
Q

Zwei zentrale Kritikpunkte am FFM (Fünf-Faktoren-Modell)

A

Kritik von Jack Block (1995/2010):

Lexikalischer Ansatz fragwürdig: Nicht alle psychologisch relevanten Konzepte sind in der Alltagssprache erfasst​
.
Subjektivität der Faktorenanalyse: Die Anzahl der Faktoren ist nicht klar (z. B. gibt es im HEXACO-Modell sechs statt fünf Faktoren)​
.
Kritik von Hans-Jürgen Eysenck:

Fehlende theoretische Basis: Das FFM beschreibt Persönlichkeit nur, liefert aber keine Erklärung für deren Ursprung​
.
Fehlende biologische Grundlage: Das Modell verknüpft nicht Persönlichkeitsmerkmale mit biologischen Prozessen​
.

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38
Q

Grundzüge der revidierten Fünf-Faktoren-Theorie (FFT)

A

Basistendenzen: Biologisch verankerte Traits, die durch Reifung und genetische Variabilität geformt werden​
.
Umwelteinflüsse: Historische, soziale und kulturelle Bedingungen beeinflussen die Persönlichkeitsentwicklung​
.
Charakteristische Anpassungen: Individuelle Werte, Ziele und Verhaltensweisen, die sich aus Basistendenzen und Umwelt ergeben​
.
Empirische Evidenz: Studien zeigen hohe Replizierbarkeit der Big Five über verschiedene Kulturen und eine Erblichkeit von ca. 47–66 %​
.

39
Q

Grundlegende Annahmen/Ziele Biopsychologischer Persönlichkeitstheorien

A

Persönlichkeitsunterschiede beruhen auf neurobiologischen Systemen (z. B. Neurotransmitter, Hormone)​
.
Genetische Einflüsse spielen eine große Rolle, können aber durch Erfahrungen modifiziert werden​
.
Ziel: Verbindung zwischen biologischen Strukturen und individuellen Persönlichkeitsunterschieden erklären​
.

40
Q

Neuroanatomische Grundlage von Extraversion (E) und Neurotizismus (N) nach Eysenck

A

Extraversion (E):

Gesteuert durch das aufsteigende retikuläre Aktivierungssystem (ARAS).
ARAS reguliert kortikale Erregung – Introvertierte haben ein höheres Grundarousal als Extravertierte​
.
Neurotizismus (N):

Beruht auf der Aktivität des Visceral Brain Systems (VBS) (z. B. limbisches System, Amygdala).
Personen mit hohem Neurotizismus zeigen stärkere emotionale Reaktionen und höhere Stressanfälligkeit​
.

41
Q

Optimal Level of Arousal nach Eysenck

A

Arousal (Erregung) hat eine umgekehrte U-förmige Beziehung zu Leistung und Wohlbefinden​
.
Introvertierte haben ein höheres Grundarousal als Extravertierte und benötigen daher weniger Stimulation​
.
Extravertierte brauchen mehr äußere Reize, um ein optimales Erregungsniveau zu erreichen (z. B. laute Musik, gesellige Aktivitäten)​
.

42
Q

Verhaltensunterschiede zwischen Extravertierten und Introvertierten nach der Psychophysiologischen Aktivierungstheorie (PAT)

A

Introvertierte:

Höheres Grundarousal → meiden intensive Reize, bevorzugen ruhige Umgebungen.
Zeigen stärkere physiologische Reaktionen auf Stimulation (z. B. stärkerer Speichelfluss im „Lemon-Drop-Test“).
Wählen niedrigere Umgebungslautstärken bei Aufgaben und zeigen bessere Leistung unter niedriger Reizintensität​
.
.
Extravertierte:

Niedrigeres Grundarousal → suchen aktiv Stimulation, um ein optimales Erregungsniveau zu erreichen.
Risikofreudiger, sozial aktiver, neigen zu impulsivem Verhalten.
Bevorzugen höhere Umgebungslautstärken und zeigen bessere Leistung in stimulierenden Umgebungen​
.
.
Experimentelle Belege:

„Lemon-Drop-Test“: Introvertierte produzieren mehr Speichel nach Gabe eines Zitronentropfens, da sie empfindlicher auf sensorische Reize reagieren.
Lärmempfindlichkeit (Geen, 1984): Introvertierte wählten eine niedrigere Lautstärke für Aufgaben als Extravertierte; ihre Leistung verschlechterte sich unter zu hoher Reizintensität​
.

.

43
Q

Grundzüge der Reinforcement Sensitivity Theory (RST) nach Gray (klassische & revidierte Fassung)

A

Gray entwickelte die Reinforcement Sensitivity Theory (RST) als Alternative zu Eysencks Modell, mit Fokus auf Verstärkungssensitivität statt kortikaler Erregung. Die Theorie beschreibt drei neurobiologische Systeme:

Klassische RST (Gray, 1970er-2000)

Behavioral Inhibition System (BIS)
Reagiert auf Bestrafung, Nicht-Belohnung und neue Reize.
Führt zu Verhaltenshemmung, Angst, Erregung und erhöhter Aufmerksamkeit für potenziell bedrohliche Reize.
Biologische Basis: Septohippocampales System, beeinflusst durch Noradrenalin (NA) & Serotonin (5-HT).

Behavioral Activation System (BAS)
Reagiert auf Belohnung und Nicht-Bestrafung.
Führt zu Annäherungsverhalten, positiver Emotion (Freude, Erleichterung).
Biologische Basis: Basalganglien (Striatum, insb. Nucleus accumbens), beeinflusst durch Dopamin.

Fight-Flight-Freeze System (FFFS)
Reagiert auf unkonditionierte Bestrafung (existenzielle Bedrohung).
Führt zu Flucht, Kampf oder Erstarren.
Biologische Basis: Medialer Hypothalamus, Zentrales Höhlengrau (Steuerung von Flucht- und Angstreaktionen).
Revidierte RST (Gray & McNaughton, 2000)
Die ursprüngliche RST wurde angepasst, um den Einfluss konditionierter und unkonditionierter Reize besser zu erklären:

BAS (unverändert)
Reagiert auf alle Hinweisreize für Belohnung (konditioniert & unkonditioniert).
Fördert Annäherungsverhalten und verstärkt positives Lernen.

FFFS (erweiterte Funktion)
Reagiert jetzt auf sowohl unkonditionierte als auch konditionierte Hinweisreize für Bestrafung.
Verantwortlich für aktive Vermeidung von Gefahren durch Flucht oder Kampf.

BIS (neue Funktion als Konfliktdetektor)
Reagiert nicht mehr direkt auf Bestrafung, sondern registriert Konflikte zwischen FFFS & BAS.
Detektiert Approach-Avoidance-, Avoidance-Avoidance- & Approach-Approach-Konflikte.
Führt zu Angst, Grübeln, gesteigerter Aufmerksamkeit und verstärkter Erregung.
Beispiel: Jemand hat Flugangst, möchte aber in den Urlaub fliegen → BIS aktiviert, führt zu Unsicherheit und innerem Konflikt.

Fazit
In der klassischen RST war das BIS direkt für Bestrafungssensitivität verantwortlich, in der revidierten RST ist es primär ein Konfliktdetektor.
Das FFFS übernimmt nun die direkte Reaktion auf Bedrohung.
Meta-Analysen bestätigen die Annahmen der revidierten RST empirisch​
.

44
Q

Mit welchen Persönlichkeitseigenschaften ist die RST verknüpft?

A

BIS: Hohe Aktivierung führt zu Ängstlichkeit und Vermeidungstendenzen.
BAS: Hohe Aktivierung führt zu Impulsivität, Risikobereitschaft und Belohnungssuche.
FFFS: Hohe Aktivierung führt zu reaktiver Furcht und Fluchtverhalten.
Zusammenhang mit Eysenck:
Ängstlichkeit (BIS) entspricht hohem Neurotizismus + Introversion.
Impulsivität (BAS) entspricht hohem Neurotizismus + Extraversion​
.

45
Q

Rolle des BIS in der revidierten RST

A

In der revidierten RST ist das BIS nicht mehr direkt durch Bestrafung aktivierbar.
Neue Funktion: Konfliktdetektor, wenn BAS und FFFS gleichzeitig aktiviert sind.
Reaktion: Angst, erhöhte Aufmerksamkeit, Erregung, Grübeln.
Beispiele für Konflikte:
Approach-Avoidance: Urlaub vs. Flugangst.
Avoidance-Avoidance: Lernen vs. Putzen.
Approach-Approach: Geld vs. Auto​
.

46
Q

Sensation Seeking nach Zuckerman

A

Bedürfnis nach neuen, intensiven und komplexen Reizen, oft mit Risikobereitschaft verbunden.
Vier Dimensionen:
Thrill and Adventure Seeking (TAS): Erleben von Aufregung (z. B. Extremsport).
Experience Seeking (ES): Suche nach neuen Erfahrungen (z. B. Reisen, Kunst).
Disinhibition (DIS): Soziale Stimulation (Partys, Alkohol, Sexualkontakte).
Boredom Susceptibility (BS): Unverträglichkeit gegenüber monotonen Situationen​
.

47
Q

Augmenting/Reducing und Sensation Seeking

A

Augmenting:
Personen mit hohem Sensation Seeking zeigen bei intensiven Reizen eine verstärkte kortikale Reaktion (stärkere N1/P1-Amplituden im EEG).
Reducing:
Personen mit niedrigem Sensation Seeking haben eine kortikale Schutzhemmung, die verhindert, dass sie auf starke Reize übermäßig reagieren.
Interpretation: Sensation Seeker brauchen intensivere Stimulation, weil ihr Gehirn Reize weniger abschwächt​
.

48
Q

Botenstoffsysteme bei Sensation Seeking

A

Dopamin (DA): Erhöhte Aktivität fördert Annäherungsverhalten, Belohnungssuche.
Serotonin (5-HT): Geringe Aktivität führt zu verminderter Verhaltenshemmung (Impulsivität).
Noradrenalin (NA): Geringe Aktivität ist mit niedrigem Arousal verbunden, was zu Risikoverhalten führt.
Monoaminoxidase-B (MAO-B): Geringe Aktivität steht in Verbindung mit höherem Sensation Seeking​
.

49
Q

2D:4D Ratio und Persönlichkeit

A

Definition: Verhältnis der Länge des Zeigefingers (2D) zum Ringfinger (4D).
Marker für pränatale Testosteronexposition:
Niedrigere 2D:4D Ratio (längerer Ringfinger) → höheres pränatales Testosteron.
Höhere 2D:4D Ratio (gleich lange Finger) → niedrigeres pränatales Testosteron.
Assoziationen mit Verhalten:
Niedrigere 2D:4D Ratio: Höhere Aggressivität, Dominanz, Sensation Seeking.
Studien:
Negative Korrelation zwischen 2D:4D und Verkehrsdelikten.
Fußballer mit niedrigem 2D:4D erhalten mehr rote Karten.
Männer mit niedrigerem 2D:4D haben mehr Sexualpartner​
.

50
Q

Immunologische Effekte von Stressexposition

A

Akuter Stress (z. B. Fallschirmsprung):
Kurzfristige Aktivierung des Immunsystems (mehr natürliche Killerzellen, höhere Zytokin-Ausschüttung).
Stärkung der Immunabwehr gegen Infektionen​
.
Chronischer Stress (z. B. Pflegende Angehörige, Arbeitslosigkeit):
Langfristige Immunsuppression → reduzierte Antikörperproduktion und verringerte Killerzell-Aktivität.
Erhöhtes Risiko für Infektionen, Entzündungen, Autoimmunerkrankungen​
.
Psychoneuroimmunologie:
Wechselseitige Beeinflussung von Nervensystem, Hormonsystem und Immunsystem.
Positive Emotionen können vor Erkältungskrankheiten schützen​
.

51
Q

Was besagt die Social Investment Theory?

A

Diese Theorie geht davon aus, dass Persönlichkeitsentwicklung durch soziale Rollen beeinflusst wird.
Menschen investieren in neue Rollen (z. B. Partnerschaft, Elternschaft, Berufsleben), die mit normativen Erwartungen verbunden sind.
Diese sozialen Verpflichtungen fördern Veränderungen in Eigenschaften wie höhere Gewissenhaftigkeit und geringeren Neurotizismus.
Empirische Belege: Studien zeigen, dass Personen, die früher Erwachsenenrollen übernehmen, früher Persönlichkeitsreifungseffekte zeigen​
.

52
Q

Die vier Prinzipien der Eigenschaftsstabilität

A

Prinzip der Plastizität
Eigenschaftsstabilität nimmt über die Zeit ab, da Umweltfaktoren Menschen in unterschiedliche Richtungen entwickeln lassen.

Prinzip der Unterschiedlichkeit der Stabilität
Unterschiedliche Persönlichkeitsbereiche haben unterschiedliche Stabilitäten (z. B. IQ am stabilsten, Selbstwert am wenigsten stabil).

Prinzip der Umweltabhängigkeit
Stabilität sinkt bei stark veränderlicher Umwelt (z. B. Schulwechsel, Umzug, neue soziale Netzwerke).

Prinzip der Altersabhängigkeit
Stabilität ist in der Kindheit geringer, nimmt im Erwachsenenalter zu und sinkt im hohen Alter wieder ab (z. B. durch gesundheitliche Veränderungen)​
.

53
Q

Was ist Selbstwert und wie kann man ihn erfassen?

A

Selbstwert (Selbstwertgefühl): Subjektive Bewertung der eigenen Person und Zufriedenheit mit sich selbst.

Messung:
Expliziter Selbstwert: Selbstberichtsverfahren (z. B. Rosenberg-Skala).
Impliziter Selbstwert: Indirekte Verfahren (z. B. Name-Letter-Task, Implicit Association Test (IAT)).

Universelle Entwicklung:
Sinkt in der Kindheit und Jugend, steigt im Erwachsenenalter, fällt im hohen Alter wieder leicht ab​
.

54
Q

„Big-Fish-Little-Pond“-Effekt

A

Selbstwert ist nicht nur von der eigenen Leistung abhängig, sondern auch vom sozialen Vergleich mit der Bezugsgruppe.
Schüler, die in einer durchschnittlichen Klasse gute Leistungen erbringen, haben höheren Selbstwert als gleich talentierte Schüler in einer leistungsstarken Umgebung.
Beispiel: Ein Schüler mit guten Mathefähigkeiten fühlt sich in einer durchschnittlichen Klasse als „Big Fish“ (hoher Selbstwert), aber in einer Hochbegabtenklasse als „Little Fish“ (geringerer Selbstwert)​
.

55
Q

Sozimetertheorie (Leary, 1999)

A

Selbstwert dient als sozialer Indikator für soziale Akzeptanz.
Hoher Selbstwert signalisiert soziale Inklusion, niedriger Selbstwert warnt vor sozialer Ablehnung.
Experimentelle Evidenz:
Sozialer Ausschluss führt zu einem Absinken des Selbstwerts, während sozialer Einschluss ihn erhöht​
.

56
Q

Was versteht man unter Intelligenz?

A

Intelligenz ist eine allgemeine geistige Fähigkeit, die unter anderem folgende Aspekte umfasst:

Schlussfolgerndes Denken
Problemlösen
Planen und Abstrahieren
Schnelles Lernen und Erfahrungsnutzung​
.
Wichtige Definitionen:

Wechsler (1964): Fähigkeit, zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich effektiv mit der Umwelt auseinanderzusetzen.
Stern (1950): Fähigkeit, sich auf neue Anforderungen einzustellen​
.

57
Q

Grundzüge des 2-Faktoren-Modells von Spearman & Thurstone’s Primärfaktorenmodell

A

Spearman (1904): Zwei-Faktoren-Modell

g-Faktor (generelle Intelligenz): Gemeinsamer Faktor, der allen kognitiven Leistungen zugrunde liegt.
s-Faktoren (spezifische Fähigkeiten): Leistung in spezifischen Bereichen (z. B. Mathematik, Sprache)​
.
Empirische Basis: Hohe Korrelationen zwischen verschiedenen Intelligenztests deuten auf eine gemeinsame Fähigkeit hin​

Thurstone (1938): Primärfaktorenmodell

Intelligenz ist kein einheitlicher g-Faktor, sondern besteht aus sieben unabhängigen Primärfaktoren:
Verbal Comprehension (v) – Sprachverständnis
Word Fluency (w/f) – Wortflüssigkeit
Number (n) – Rechenfähigkeit
Memory (m) – Gedächtnisleistung
Perceptual Speed (p) – Wahrnehmungsgeschwindigkeit
Reasoning (i/r) – Schlussfolgerndes Denken
Spatial Ability (s) – Räumliches Denken​
.

58
Q

Warum führten die Analysen von Spearman und Thurstone zu unterschiedlichen Modellen?

A

Methodische Unterschiede:

Spearman analysierte homogenere Stichproben mit stärker korrelierenden Aufgaben, was zu einem dominanten g-Faktor führte.
Thurstone nutzte heterogenere Testaufgaben, die untereinander weniger korrelierten, wodurch mehrere unabhängige Faktoren sichtbar wurden​
.
Statistische Ansätze:

Spearman ließ keine Interkorrelationen zwischen Faktoren zu.
Thurstone erlaubte Korrelationen zwischen Primärfaktoren, wodurch eine mehrdimensionale Struktur entstand​
.
Spätere Erkenntnisse:

Thurstone erkannte später, dass seine Primärfaktoren miteinander korrelierten, was doch auf einen übergeordneten g-Faktor hindeutet.
Lösung: Entwicklung hierarchischer Intelligenzmodelle (z. B. Vernon, Cattell, Carroll)​
.

59
Q

Was versteht Cattell unter gf und gc? Warum ist sein Modell „integrativ“?

A

Fluide Intelligenz (gf):

Fähigkeit, neue Probleme zu lösen, logische Beziehungen zu erkennen und abstrakt zu denken.
Angeboren oder durch beiläufiges Lernen erworben.
Nimmt mit dem Alter tendenziell ab​
.
Kristallisierte Intelligenz (gc):

Fähigkeit, erworbenes Wissen anzuwenden (z. B. Wortschatz, Allgemeinwissen).
Abhängig von Bildung und Kultur, bleibt im Alter meist stabil oder steigt an​
.
Warum ist Cattells Modell integrativ?

Es verbindet Spearmans g-Faktor mit Thurstones Primärfaktoren.
Hierarchischer Aufbau:
gf & gc auf einer mittleren Ebene über den Primärfaktoren.
gf & gc fallen zusammen in Spearmans g-Faktor auf höchster Ebene​
.

60
Q

Investmenttheorie von Cattell

A

Grundidee:

Fluide Intelligenz (gf) ist das Potenzial, das zur Entwicklung kristallisierter Intelligenz (gc) „investiert“ wird.
Menschen mit hoher gf profitieren mehr von Bildung, da sie Wissen leichter aufnehmen.
Ohne Umweltstimulation bleibt gc unterentwickelt​
.
Belege:

Kulturelle Unterschiede in gc hängen mit Bildungssystemen zusammen.
Personen mit höherer gf zeigen schnelleres Lernen in neuen Bereichen​
.

61
Q

Wie vereinigt das BIS-Modell Annahmen von Spearman & Thurstone?

A

Berliner Intelligenz-Struktur-Modell (BIS, Jäger 1984):

Kombination von hierarchischer und multipler Intelligenzstruktur.
Enthält Elemente von:
Spearman (g-Faktor auf höchster Ebene).
Thurstone (unterscheidet multiple Fähigkeiten).
Guilford (unterscheidet zwischen Inhalts- und Prozessdimensionen)​
.
Modellstruktur:

Zwei Hauptdimensionen:
Inhalte: Figural, verbal, numerisch.
Operationen: Verarbeitungskapazität, Bearbeitungsgeschwindigkeit, Gedächtnis, Einfallsreichtum​
.
Zusammenfassung:

Das BIS-Modell vereint die Idee eines allgemeinen Intelligenzfaktors (g) mit spezifischen kognitiven Fähigkeiten, ähnlich wie die Modelle von Spearman und Thurstone​
.

62
Q

Neurokognitive/zentralnervöse Korrelate von Mental Speed & Neurale Effizienz

A

Mental Speed (Verarbeitungsgeschwindigkeit):

Kognitive Leistungsfähigkeit hängt stark von der Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung ab.
Methoden zur Messung:
Inspektionszeit: Wie lange benötigt eine Person, um eine einfache visuelle Unterscheidung zu treffen?
Reaktionszeit-Experimente (z. B. Hick-Paradigma): Trennung von Entscheidungszeit und motorischer Antwortzeit​
Zusammenhang mit Intelligenz:
Höhere Intelligenz korreliert mit schnellerer Reaktionszeit und kürzerer Inspektionszeit.
Metaanalysen zeigen eine Korrelation von r ≈ -0.30 bis -0.50 zwischen Mental Speed und Intelligenz​
.

Neurale Effizienz:

Grundannahme: Intelligentere Menschen zeigen eine effizientere neuronale Verarbeitung.
Belege:
PET-Studien (Haier et al., 1988): Hohe Intelligenz ist mit geringerem Glukosemetabolismus im Gehirn verbunden → geringerer Energieverbrauch bei kognitiven Aufgaben.
EEG-Studien (Neubauer et al.): Intelligentere Personen zeigen geringere, aber fokussierte kortikale Aktivierung, insbesondere im Alpha-Band​

63
Q

Erklärung der String Length Hypothese

A

Entwickelt von Hendrickson & Hendrickson (1980).
Annahme: Intelligente Personen haben eine präzisere und weniger verrauschte neuronale Signalverarbeitung.
Messung:
EEG-Studien: Personen mit hoher Intelligenz zeigen eine komplexere Evoked Potential (EP)-Struktur.
Interpretation:
Je intelligenter eine Person ist, desto länger ist die „String-Length“ der EEG-Wellen, weil mehr feine Informationsverarbeitung erfolgt.
Belege:
Positive Korrelation zwischen IQ und String-Length (r = .77 in ersten Studien).
Spätere Replikationen zeigten gemischte Ergebnisse​
.

64
Q

Einfluss von Neural Pruning und Myelinisierung auf Intelligenz

A

Neural Pruning (Neuronale Bereinigung):
Synapsenreduktion während der Entwicklung:
Im Kindesalter werden viele synaptische Verbindungen gebildet.
Durch Pruning werden ineffiziente Verbindungen eliminiert, was zu fokussierterer und effizienterer Informationsverarbeitung führt.
Hypothese: Personen mit intelligenterer Informationsverarbeitung haben ein effizienteres Pruning, was Energieverbrauch reduziert​
.
Belege:
Studien zeigen eine negative Korrelation zwischen Dendritendichte und Intelligenz (je intelligenter, desto weniger Dendriten in der Großhirnrinde)​
.

Myelinisierung:
Definition: Myelin ist eine Isolationsschicht um Axone, die die Nervenleitgeschwindigkeit erhöht.
Zusammenhang mit Intelligenz:
Gut myelinisierte Neuronen leiten Signale schneller und effizienter → schnelleres Denken.
Intelligente Personen haben stärkere Myelinisierung im Gehirn, was zu geringeren Reaktionszeiten und weniger „cross talk“ zwischen Neuronen führt​
.
Neurale Effizienz-Hypothese:
Weniger Glukoseverbrauch, da Signale effizienter weitergeleitet werden​
.

65
Q

Zusammenhang zwischen Hirnvolumen und Intelligenz

A

Grundannahme: Größere Gehirne könnten eine größere Anzahl von Neuronen oder besser organisierte neuronale Netzwerke enthalten.

Empirische Befunde:

Meta-Analysen (Pietschnig et al., 2015; Rushton & Ankney, 2009):
Durchschnittliche Korrelation zwischen Hirnvolumen und Intelligenz: r = 0.24 – 0.40.
Erklärungsmöglichkeiten:
Mehr Neuronen → Höhere Informationsverarbeitungskapazität.
Höhere Konnektivität zwischen Arealen → Effizientere Koordination zwischen Gehirnbereichen.
Myelinisierung: Schnellere Signalübertragung​
.
Gegenargumente:

Frauen haben durchschnittlich kleinere Gehirne als Männer, aber keine signifikanten IQ-Unterschiede.
Höheres Hirnvolumen allein erklärt nur ca. 16 % der Intelligenzvarianz​
.

66
Q

Bedeutung der Arbeitsgedächtniskapazität für Intelligenz(unterschiede)

A

Definition: Das Arbeitsgedächtnis ist eine begrenzte kognitive Ressource, die Informationen kurzfristig speichert und verarbeitet.
Zusammenhang mit Intelligenz:
Starke Korrelation zwischen Arbeitsgedächtnis (AG) und Intelligenz (r ≈ 0.60 - 0.80).
Fluide Intelligenz (gf) ist besonders von der Verarbeitungskapazität des AG abhängig​
.
Neuroanatomische Korrelate:
Frontale & Parietale Regionen sind entscheidend für das AG.
Linkshemisphärische Aktivierung für verbales AG, rechtshemisphärische Aktivierung für räumliches AG (Smith & Jonides, 1997)​
.

67
Q

Ist Intelligenz durch AG-Training steigerbar? Kritik an Studien

A

Jaeggi et al. (2008):
Zeigten, dass AG-Training (n-back Aufgaben) fluide Intelligenz steigern kann.
Effekt war größer bei längerer Trainingsdauer​
.
Kritikpunkte:
Keine aktive Kontrollgruppe → Placebo-/Hawthorne-Effekt nicht ausgeschlossen.
Gemischte Befunde: Einige Studien fanden keine langfristigen Transfereffekte (Redick et al., 2013)​
.
Effekte sind oft kurzfristig und schwer übertragbar auf reale Problemstellungen.
AG-Training verbessert AG-Tests, aber nicht unbedingt Intelligenz als Ganzes​
.

68
Q

Rolle der Intelligenz für Schul-/Berufs-/Ausbildungserfolg

A

Schulleistung:
Intelligenz ist der beste Prädiktor für Schulerfolg (r ≈ 0.50 - 0.70).
Verbale Intelligenz beeinflusst alle Fächer, numerische & figurale Intelligenz speziell Mathe/Naturwissenschaften​
.
Berufserfolg:
Intelligenz korreliert mit Berufserfolg, insbesondere bei komplexen Berufen (r ≈ 0.40 - 0.50)​
.
Warum sinkt die IQ-Vorhersagekraft in höheren Stufen?
Schrumpfung der Intelligenzvarianz (nur leistungsstärkere bleiben im System).
Zunehmende Bedeutung von Erfahrung, Wissen und Motivation.
Berufliche Leistung erfordert mehr als nur kognitive Fähigkeiten (z. B. soziale Kompetenzen)​
.

69
Q

Entwicklung der Intelligenz über die Lebensspanne

A

Fluide Intelligenz (gf):
Nimmt ab ca. 25 Jahren ab → altersbedingte Verlangsamung der Verarbeitungsgeschwindigkeit.
Stark abhängig von neuronaler Plastizität​
.
Kristallisierte Intelligenz (gc):
Bleibt stabil oder steigt bis ins hohe Alter, da sie auf Wissen basiert.
Kohorteneffekte: Spätere Generationen erzielen höhere Werte (bessere Bildung)​
.
Längsschnittstudien (Schaie, 2005):
Frühere Querschnittsstudien unterschätzten Intelligenz im Alter, da sie Kohorteneffekte nicht berücksichtigten​
.

70
Q

Geschlechtsunterschiede in der Intelligenz & Ursachen

A

Allgemeine Intelligenz:
Keine signifikanten Unterschiede in IQ-Mittelwerten (Männer: 100.64, Frauen: 100.48).
Männer zeigen größere IQ-Varianz (mehr Hoch- und Niedrigbegabte)​
.
Spezifische kognitive Unterschiede:
Frauen: Bessere sprachliche & verbale Fähigkeiten.
Männer: Bessere räumliche Fähigkeiten (insb. mentale Rotation)​
.
Mögliche Ursachen:
Biologisch: Testosteron korreliert mit räumlichen Fähigkeiten (Moffat & Hampson, 1996).
Sozialisation: Stereotype beeinflussen Selbstbild & Leistung (z. B. „Stereotype Threat“ bei Frauen in Mathe; Spencer et al., 1999)​
.

71
Q

Was bedeutet der Begriff Erblichkeit und was ist bei der Interpretation zu beachten?

A

Definition: Erblichkeit (Heritabilität, h²) bezeichnet den Anteil der Merkmalsvarianz in einer Population, der auf genetische Unterschiede zwischen Individuen zurückgeht​
.
Wichtige Punkte zur Interpretation:
Erblichkeit bezieht sich auf Populationen, nicht auf Individuen (ein individueller IQ ist nicht „50 % genetisch“).
Erblichkeit ist nicht fix, sondern variiert je nach Umweltbedingungen (z. B. steigt die Erblichkeit von Intelligenz mit zunehmendem Alter)​
.
Eine hohe Erblichkeit bedeutet nicht Unveränderbarkeit – Umwelteinflüsse spielen dennoch eine große Rolle​
.

72
Q

Annahmen und Erblichkeitsschätzung in Adoptionsstudien

A

Grundannahmen:
Adoptivkinder teilen keine Gene mit Adoptiveltern, aber eine gemeinsame Umwelt.
Ähnlichkeiten zwischen Adoptivkindern und leiblichen Eltern deuten auf genetische Einflüsse hin.
Ähnlichkeiten zwischen Adoptivkindern und Adoptiveltern deuten auf Umwelteinflüsse hin​
.
Erblichkeitsschätzung:
Wenn z. B. die Korrelation zwischen Adoptivkindern und leiblichen Eltern r = 0.50 beträgt und zwischen Adoptivkindern und Adoptiveltern r = 0.00, wird die Erblichkeit als h² = 2 × r(Biologische Eltern) berechnet​
.
Beispielrechnung: Ist die Korrelation zwischen leiblichen Eltern und Kindern r = 0.40, beträgt die geschätzte Erblichkeit h² = 2 × 0.40 = 0.80 (80%)​
.

73
Q

Grundlagen und Erblichkeitsschätzung in Zwillingsstudien

A

Grundannahmen:
Eineiige Zwillinge (EZ) teilen 100 % ihrer Gene, zweieiige Zwillinge (ZZ) nur 50 %.
Beide wachsen meist in derselben Umwelt auf, sodass genetische Effekte über die Differenz der Korrelationen geschätzt werden​
.
Falconer-Formel zur Schätzung der Erblichkeit:
h² = 2 × (rEZ – rZZ)
Falls z. B. die Korrelation für eineiige Zwillinge r = 0.60 und für zweieiige Zwillinge r = 0.40 ist:
h² = 2 × (0.60 – 0.40) = 2 × 0.20 = 0.40 (40%)​
.

74
Q

Berechnung der Erblichkeit für Kreativität

A

Gegebene Korrelationen:
Eineiige Zwillinge (EZ): r = 0.60
Zweieiige Zwillinge (ZZ): r = 0.40
Erblichkeitsformel:
h² = 2 × (rEZ – rZZ) = 2 × (0.60 – 0.40) = 2 × 0.20 = 0.40 (40%)
Bedeutung:
40 % der Kreativitätsvarianz in der untersuchten Population ist genetisch bedingt.
60 % sind auf Umwelteinflüsse zurückzuführen​
.

75
Q

Methodische Probleme bei Erblichkeitsschätzungen anhand getrennt aufgewachsener eineiiger Zwillinge

A

Gemeinsame pränatale Umwelt:
Eineiige Zwillinge teilen die intrauterine Umgebung, was zu Ähnlichkeiten führen kann, die fälschlicherweise als genetisch interpretiert werden​
.
Ähnliche Adoptivfamilien:
Zwillinge werden oft in sozial und kulturell ähnlichen Familien untergebracht, was Umwelteinflüsse verstärkt und genetische Effekte überschätzen kann​
.
Selektive Platzierung:
Falls Adoptionsagenturen ähnliche Eltern für Zwillinge wählen, könnten Korrelationen überschätzt werden​
.
Kontakt zwischen getrennt aufgewachsenen Zwillingen:
Manche Zwillinge bleiben trotz Trennung in Kontakt, was zu ähnlichen Erfahrungen und erhöhter Korrelation führt​
.

76
Q

Geteilte vs. nicht-geteilte Umwelteinflüsse

A

Geteilte Umwelteinflüsse (c²)

Umweltfaktoren, die von Geschwistern im selben Haushalt gleichermaßen erlebt werden.
Beispiele:
Sozioökonomischer Status der Familie
Erziehungsstil der Eltern
Wohnumgebung, Schulbildung, kulturelles Umfeld​
.Geteilte Umweltfaktoren erklären Ähnlichkeiten zwischen Geschwistern, unabhängig von genetischen Faktoren.

Nicht-geteilte Umwelteinflüsse (e²)

Individuelle Erfahrungen, die nur eine Person betreffen und zur Unähnlichkeit zwischen Geschwistern beitragen.
Beispiele:
Individuelle Freundschaften
Einschneidende Lebensereignisse (Unfall, Krankheit, Traumata)
Unterschiedliche Wahrnehmung derselben elterlichen Erziehung
Gene-Umwelt-Interaktionen, die zu unterschiedlichen Entwicklungswegen führen​
.

77
Q

Anlage × Umwelt-Interaktion vs. Anlage-Umwelt-Kovariation

A

Anlage × Umwelt-Interaktion (G × U)

Genotypen reagieren unterschiedlich auf Umwelteinflüsse.
Beispiel: Kinder mit einer genetischen Veranlagung zu Aggressivität werden in einem strengen Elternhaus möglicherweise noch aggressiver, während andere Kinder durch denselben Erziehungsstil angepasst reagieren​
.
Anlage-Umwelt-Kovariation (Genotyp-Umwelt-Korrelation, G-U-Kovariation)

Gene beeinflussen, welche Umwelten eine Person erlebt.
Drei Formen:
Passive Kovariation: Eltern geben sowohl Gene als auch Umwelt weiter.
Beispiel: Musikalische Eltern erziehen ihre Kinder in einem musikalischen Umfeld.
Evokative Kovariation: Genetische Merkmale rufen bestimmte Umweltreaktionen hervor.
Beispiel: Ein sozial ängstliches Kind wird seltener in soziale Aktivitäten eingebunden.
Aktive Kovariation (Nischenwahl): Personen suchen Umwelten, die zu ihren genetischen Neigungen passen.
Beispiel: Hochintelligente Kinder bevorzugen herausfordernde Lernumgebungen​
.

78
Q

Berechnung des nicht-geteilten Umwelteinflusses bei einer Korrelation von EZ = 0.50 in Kreativität

A

Gegeben:

rEZ = 0.50 (Korrelation zwischen eineiigen Zwillingen)
Reliabilität des Kreativitätstests = 0.85
Berechnung:

Varianz durch nicht-geteilte Umwelt:
e² = Reliabilität – rEZ
e² = 0.85 – 0.50 = 0.35 (35 %)
Interpretation:

35 % der Varianz in Kreativität sind auf nicht-geteilte Umwelteinflüsse zurückzuführen.
Die restlichen 65 % sind durch Erblichkeit (h²) und potenziell geteilte Umwelteinflüsse (c²) erklärbar​
.

79
Q

Was versteht man unter dem Phänomen der „Missing Heritability“?

A

Problem: Obwohl Zwillings- und Adoptionsstudien eine hohe Erblichkeit (z. B. für Intelligenz ~50 %) zeigen, konnten spezifische Genvarianten bisher nur einen kleinen Teil dieser Erblichkeit erklären.
Gründe für Missing Heritability:
Viele Gene mit kleinen Effekten: Persönlichkeitsmerkmale und Intelligenz sind polygenetisch, d. h., viele Gene tragen jeweils nur minimal zur Varianz bei.
Epigenetische Mechanismen: Gene können durch Umweltfaktoren an- oder abgeschaltet werden, was in klassischen genetischen Studien nicht erfasst wird.
Unentdeckte Gen-Umwelt-Interaktionen: Bestimmte Gene beeinflussen Persönlichkeitsmerkmale nur unter bestimmten Umweltbedingungen​
.

80
Q

Was versteht man unter dem Endophänotypenansatz?

A

Definition: Endophänotypen sind messbare biologische oder kognitive Marker, die als Zwischenschritte zwischen Genotyp und Phänotyp dienen.
Warum wichtig?
Viele psychologische Merkmale (z. B. Intelligenz, Neurotizismus) sind sehr komplex – Genvarianten wirken oft indirekt über neurobiologische Mechanismen.
Beispiele für Endophänotypen:
Neuronale Reaktionsmuster (z. B. Amygdala-Aktivierung bei ängstlichen Personen).
Neurotransmittersysteme (z. B. Serotoninregulation bei Depression).
Arbeitsgedächtniskapazität als Vermittler zwischen Genetik und Intelligenz​
.

81
Q

Zwei grundlegende Strategien zur Identifikation von Genvarianten für Persönlichkeit/Psychopathologie

A
  1. Kandidatengenstudien
    Hypothesengeleitete Auswahl von Genen, die mit einer bestimmten Eigenschaft assoziiert sein könnten.
    Beispiel: 5-HTTLPR als Kandidatengen für Neurotizismus und Depressionsrisiko (Beeinflussung der Serotonintransporter).
    Problem: Häufig mangelnde Replizierbarkeit – viele frühe Studien waren nicht robust​
    .
  2. Genomweite Assoziationsstudien (GWAS)
    Hypothesenfreie Suche nach genetischen Variationen (SNPs) in großen Stichproben.
    Ergebnis:
    Neurotizismus (GWAS mit 329.000 Personen): 116 SNPs signifikant assoziiert, aber einzelne SNPs erklärten nur sehr geringe Varianz.
    Kognitive Fähigkeiten (GWAS mit 112.151 Personen): 47 Regionen mit signifikanten Zusammenhängen, aber unklare funktionale Bedeutung​
    .
    Vorteil: Identifikation neuer Gen-Phänotyp-Zusammenhänge.
    Nachteil: Sehr große Stichproben nötig, oft schwer interpretierbare Ergebnisse.
82
Q

Epigenetische Veränderungen & langfristige Effekte auf Persönlichkeit und Stressregulation

A

Definition:

Epigenetische Mechanismen modifizieren die Genexpression, ohne die DNA-Sequenz zu verändern.
Beispiele:
DNA-Methylierung: Anhängen von Methylgruppen → Inaktivierung eines Gens.
Histonmodifikation: Verändert die Zugänglichkeit der DNA für Transkriptionsprozesse​
.
Langfristige Effekte auf Persönlichkeit & Stressreaktivität:

Epigenetische Programmierung durch frühe Erfahrungen:
Studie an Ratten: Geringe mütterliche Fürsorge → erhöhte Methylierung des Glukokortikoid-Rezeptor-Gens → stärkere Stressreaktivität.
Humanstudien: Kindheitstraumata führen zu epigenetischen Veränderungen, die mit Depression und Angststörungen assoziiert sind.
Beispiel aus der Dunedin-Studie:
Menschen mit dem kurzen 5-HTTLPR-Genotyp entwickeln nur dann ein erhöhtes Depressionsrisiko, wenn sie hohem Stress ausgesetzt waren.
Transgenerationale Epigenetik:
Epigenetische Muster können möglicherweise über Keimbahnzellen an nachfolgende Generationen weitergegeben werden (Dias & Ressler, 2014: Mäuse vererben eine erworbene Geruchsfurcht)​
.

83
Q

Definieren Sie die Konzepte Needs und Presses aus der Bedürfnistheorie von H. Murray und erläutern Sie das Zusammenspiel von Needs und Presses.

A

Needs: Innere Bedürfnisse/Motive, die Verhalten antreiben (z. B. Macht, Zugehörigkeit).
Presses: Umweltbedingungen, die Needs beeinflussen (z. B. soziale Erwartungen).
Zusammenspiel: Verhalten entsteht aus der Interaktion zwischen Needs und Presses – z. B. ein hoher Leistungs-Need wird nur in einer herausfordernden Umgebung aktiviert.

84
Q

Welche Bedingung muss auf der Ebene der Primärfaktoren gegeben sein, damit sich Sekundärfaktoren in hierarchischen Persönlichkeitsmodellen bilden können?

A

Primärfaktoren müssen miteinander korrelieren, damit sie zu übergeordneten Sekundärfaktoren zusammengefasst werden können.
Beispiel: Wenn Offenheit, Neugier und Kreativität stark korrelieren, könnte ein gemeinsamer Faktor „Intellektuelle Offenheit“ entstehen.

85
Q

Wie können die Grundtendenzen laut der Fünf-Faktoren-Theorie der Persönlichkeit verändert werden?

A

Genetische Einflüsse bestimmen Grundtendenzen, aber Umweltfaktoren können sie modifizieren.
Lebensereignisse (z. B. Beruf, Partnerschaft) können zu stabilen Veränderungen führen.
Plastizität über die Lebensspanne, besonders in jungen und älteren Jahren.

86
Q

Nennen Sie zwei Kritikpunkte am Fünf-Faktoren-Modell von J. Eysenck und J. Block.

A

Eysenck: Fehlende biologische Grundlage – FFM ist nur deskriptiv und erklärt nicht, warum Persönlichkeitsmerkmale existieren.
Block: Lexikalischer Ansatz problematisch – Sprache bildet nicht zwingend alle relevanten Persönlichkeitsmerkmale ab.

87
Q

Was ist die Kernannahme der Social Investment Theory?

A

Persönlichkeitsentwicklung wird durch soziale Rollen beeinflusst.
Investitionen in neue Rollen (z. B. Berufsleben, Elternschaft) verändern Eigenschaften (z. B. steigende Gewissenhaftigkeit).

88
Q

Was versteht man unter dem „Big-Fish-Little-Pond“-Effekt im Zusammenhang mit Selbstwert?

A

Selbstwert hängt von sozialem Vergleich ab.
Schüler in einer leistungsschwächeren Klasse (Big Fish) haben oft höheren Selbstwert als gleich talentierte Schüler in einer Hochbegabtenklasse (Little Fish).

89
Q

Was versteht R. Cattell unter gf und gc? Wie hängen sie über die Lebensspanne zusammen?

A

gf (fluide Intelligenz): Fähigkeit, neue Probleme zu lösen; nimmt mit dem Alter ab.
gc (kristallisierte Intelligenz): Erworbenes Wissen; bleibt stabil oder steigt im Alter.
Zusammenhang: gf fördert gc – schnelles Lernen (gf) ermöglicht den Aufbau von Wissen (gc).

90
Q

Welche methodischen Probleme gibt es bei der Erblichkeitsschätzung anhand getrennt aufgewachsener eineiiger Zwillinge?

A

Pränatale Umwelt geteilt → könnte genetische Effekte überschätzen.
Ähnliche Adoptivfamilien → Umweltähnlichkeit könnte Erblichkeit überschätzen.
Selektive Platzierung → Zwillinge werden oft in ähnliche soziale Umfelder vermittelt.

91
Q

Warum sollten sich gemeinsam aufgewachsene eineiige Zwillinge einander stärker ähneln als gemeinsam aufgewachsene zweieiige Zwillinge?

A

Eineiige Zwillinge (EZ) teilen 100 % ihrer Gene, zweieiige (ZZ) nur 50 %.
Wenn ein Merkmal erblich ist (z. B. Extraversion), sollte die Korrelation bei EZ höher sein als bei ZZ.
Annahme der Verhaltensgenetik: Gleiche Umwelt → Unterschiede müssen durch Genetik erklärt werden.

92
Q

Erläutern Sie das Menschenbild und die zentrale Theorie von Abraham Maslow.

A

Humanistisches Menschenbild: Der Mensch strebt nach Selbstverwirklichung.
Bedürfnishierarchie: Physiologische Bedürfnisse → Sicherheit → Soziale Zugehörigkeit → Anerkennung → Selbstverwirklichung.
Höhere Bedürfnisse werden erst relevant, wenn niedrigere erfüllt sind

93
Q

Mit welchem Ansatz hat R. Cattell die Intelligenzforschung vorangetrieben?

A

Entwicklung des gf/gc-Modells (fluide vs. kristallisierte Intelligenz).
Anwendung der Faktorenanalyse, um Intelligenzstrukturen zu ermitteln.
Einführung des 16-Persönlichkeitsfaktoren-Modells (16PF).