Konstitutionalismus Flashcards
Konstitutionalismus
- Zeitraum der Jahre nach dem sogenannten Ausgleich Österreich und Ungarn 1867 bis zum Zusammenbruch der Doppelmonarchie nach dem 1. WK 1918
- Kennzeichen ist eine Verfassung im formellen Sinn, die auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Monarchen und Volksvertretung erlassen wurde
(xx) Ausgleich mit Ungarn 1867
- Das Scheitern des Februarpatents und die Niederlage gegen Preußen im Deutschen Krieg führten zu großen Problemen für die Monarchie
- Franz Joseph fürchtete einen Zusammenbruch des Reichs
o Bereits mit dem Sistierungspatent zeigte er aber den Willen, das Reich zusammenzuhalten
o Also suchte er den Ausgleich mit der zweitgrößten Volksgruppe des Reiches: den Ungarn - De facto wurde nun das Kaiserreich Österreich in die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn umgebaut
o Franz Joseph war nun Kaiser von Österreich und König von Ungarn (k.u.k.)
o Rechtliche Grundlage waren die Pragmatische Sanktion, für Ungarn der Gesetzesartikel XII und für Österreich das sogenannte Delegationsgesetz (war ein Zusatz zum StGG über die Reichsvertretung) - Die Doppelmonarchie bestand aus zwei voneinander komplett getrennten Staaten, ausgenommen des Staatsoberhaupts und der Ministerien
o Es gab zwei Hauptstädte (Wien und Budapest)
o Zwei Regierungen
o Zwei Parlamente, die auch ihre eigene Politik machten
o Es gab aber pragmatische und dualistische Angelegenheiten
Pragmatische: Außen-/Kriegs-/Finanzministerium (gemeinsame Entscheidungen)
Dualistische Angelegenheiten: Wirtschaft („paktierte Gesetze“)
-> Prägorativen der Krone
(xx) Dezemberverfassung 1867 und die StGG
- Stellt kein einheitliches Verfassungsdokument dar
- Ein formelles Bekenntnis zum Konstitutionalismus unterblieb, es wurde keine „Verfassung“ erlassen
- In vielen Bereichen wurde auf die Verfassung 1849 zurückgegriffen, in anderen die Bestimmungen des Neoabsolutismus novelliert –> inhomogenes Ergebnis
- Gesetze stellen einen Kompromiss zwischen monarchischen Ansprüchen des Kaisers und den liberal-konstitutionellen Ideen der liberal-konstitutionellen Abgeordneten dar
- Diese Verfassung bestand jedoch nur für den österreichischen Teil der Monarchie (Ungarn hatte seine eigene weit weniger fortschrittliche Verfassung)
o Staatsgrundgesetz über die Einsetzung eines Reichsgerichts
Sollte in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts entscheiden -> Kompetenzkonflikte, öffentlich-rechtliche Ansprüche der Länder ggü des Staates sowie Rechte einzelner Personen
o Staatsgrundgesetz über die richterliche Gewalt
Garantierte ua. die Unabhängigkeit der Gerichte und die Wiedereinführung der Geschworenenprozesse
Trennung von Gerichtsbarkeit und Verwaltung
o Staatsgrundgesetz über die Ausübung der Regierungs- und Vollzugsgewalt
Person des Kaisers war „geheiligt, unverletzlich und unverantwortlich“, konnte Regierungsgewalt aber nur über die verantwortlichen Minister ausüben; insgesamt wurde die Kompetenzen der Monarchen geregelt
..und es normierte das Legalitätsprinzip
o Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger
War das Wichtigste für die Bürger: es stellte einen liberalen Grundrechtskatalog dar, der größtenteils sogar noch bis heute Bestand hat
Schwäche: Allerdings war in Art 20 normiert, dass die Grundrechte ausgesetzt werden können
Darin festgelegt sind ua. die Unverletzlichkeit des Eigentum, Presse-, Vereins-, Versammlungs- und Glaubensfreiheit
o Gesetz über die Verantwortlichkeit der Minister
Jeder Regierungsakt des Kaisers muss von einem verantwortlichen Minister gegengezeichnet werden
Minister konnten für eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der „Verfassung“ zur Verantwortung gezogen werden Ministeranklage vor dem Staatsgerichtshof
o Gesetz über die Reichsvertretung
Wie bisher bestand der Reichsrat aus Herren- und Abgeordnetenhaus
Gesetzesbeschluss bedurfte der Zustimmung beider Häuser sowie der Sanktion des Kaisers (hatte aber ein absolutes Vetorecht)
- Frühkonstitutionelle Elemente waren ua. das absolute Vetorecht und das Notverordnungsrecht des Kaisers; Reichsrat hatte kein Selbstversammlungsrecht, volle Staatsgewalt lag beim Kaiser;
Maigesetze 1868
- Werden drei Kirchengesetze bezeichnet, die im Mai 1868 vom Reichsrat beschlossen und von Franz Joseph bestätigt
- Darin wurde das Verhältnis zwischen Staat und Kirche neu geregelt und die Bestimmungen des Konkordats 1855 aufgehoben
o Weltliche Gerichte werden zuständig für die Ehegerichtsbarkeit
Erstmals gab es die Möglichkeit einer „Notzivilehe“, wenn religiöse aber keine staatlichen Ehehindernisse vorlagen
Unterrichts- und Erziehungswesen wurde unter der Leitung des Staates gestellt
Für alle Personen ab 14.Lj wurde die Option eines Austritts aus der Kirche oder Religionsgemeinschaft geschaffen
Wahlrechtsentwicklung
- Des Abgeordnetenhaus
o Erfolgte mittels Entsendung durch die ständischen Landtage -> Landtag wurde durch Zensuswahlrecht bzw. Kurienwahlrecht direkt gewählt
o Nur in Ausnahmen konnte der Monarch eine Volkswahl anordnen, wenn die Landtage die Beschickung verweigerten - Allgemeines Wahlrecht: Wahlrechtsdebatten im Konstitutionalismus
o 1. Zensuswahlrecht
Wahlrecht war von der Steuerleistung abhängig, da politische Mitwirkungsrechte eine wirtschaftliche Unabhängigkeit voraussetzten; politische Zielsetzung, die bürgerliche Oberschicht zu privilegieren
o 2. Kurienwahlrecht
Wahlberechtigte wurden in Wählerklassen gebündelt, den Kurien wurde unterschiedliche Mandatszahlen zugewiesen (Großgrundbesitzer; städtische Gemeindemitglieder; Mitglieder der Handels- und Gewerbekammern; Mitglieder das Landgemeinden); kein gleiches Wahlrecht
o 3. Ausschluss der Frauen vom Wahlrecht
Frauen wurden grundsätzlich ausgeschlossen mit dem Argument, sie könnten die Eigenschaft eines „Staatsbürgers“ nicht in Anspruch nehmen, da sie keinen Militärdienst leisten
o Taafsche Wahlrechtsreform
Steuerzensus wurde 1882 auf 5 Gulden gesenkt
o Badenische Wahlrechtsreform
Schafft eine fünfte, an keinen Wahlzensus gebundene Wählerklasse, in welcher alle männlichen Staatsbürger wahlberechtigt sind
* Abhängig von einer sechs-monatigen Sesshaftigkeit in einer Gemeinde
Stimme zählte entlang der Kurie deutlich weniger
o (xx) Beck’sche Wahlrechtsreform
1907 wurde das Kurienwahlrecht abgeschafft und das Prinzip des allgemeinen, gleichen, direkten und gemeinen Wahlrechts für Männer eingeführt (ab dem 24. Lebensjahr, ein Jahr bestehenden Wohnsitz in der Wahlgemeinde); Erweiterung der Ausschließungsgründe
Frauen bleiben von der Wahl ausgeschlossen
Erfolgte als absolute Mehrheitswahl
Strafdelikte führten zum Ausschluss vom Wahlrecht
Ausschlaggebend für diese Reform war die Wahlrechtsagitation der neu entstandenen Massenparteien
o Frauenwahlrecht
Rückschritt für Frauen, da die wenigen ausgeschlossen wurden, die in der 1. Kurien waren
1919! Erste Wahl der konstituierenden Nationalversammlung
(x) Kriegswirtschaftliches Ermächtigungsgesetz 1917
- war aus dem Jahr 1917, mit dem die Regierung der österreichischen Reichshälfte bevollmächtigt wurde
o während der Dauer des 1. WK zur Linderung des wirtschaftlichen Notlage
o Notverordnungen für die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft und
o für die Versorgung der Bevölkerung treffen - Voraussetzungen waren das Wirtschaftsleben zu fördern, Schäden abzuwenden und die Versorgung der Bevölkerung damit sicherzustellen
- Erlassene Anordnungen mussten dem Reichsrat zur Genehmigung vorgelegt werden
Staatsgerichtshof
- = Verfassungsgericht eines Staates
- Minister konnten für Verletzungen der Verfassung oder sonstiger Gesetze vor dem Staatsgerichtshof verurteilt werden
- Reichsgericht hingegen war die Bezeichnung des öffentlich-rechtlichen Gerichtshofes der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder Österreich-Ungarns
Nationalitätenkonflikt / Dualistische und trialistische Lösung
- Nach dem Ausgleich Österreich Ungarn fühlten sich andere Nationen übergangen bzw. zu Nationen zweiter Klasse degradiert
- Deutsch-Ö noch Ungarn sind zu einem Kompromiss bereit und unterdrücken je in ihrer Reichshälfte andere Nationalitäten
o Dualistische Lösung: Ausgleich Ö U wie er gewesen sit
o Trialistische Lösung: Wäre von Slowenien, Kroatien und Serbien gewünscht gewesen
Ordentliche und außerordentliche Gesetzgebung im Konstitutionalismus
- Ordentliche Gesetzgebung: der vom Kaiser einberufene Reichsrat arbeitet die Gesetze aus
- Außerordentliche Gesetzgebung: das sogenannte „Notverordnungsrecht“
o Zeigte die Beschränktheit der konstitutionellen Garantien
o §14 Notverordnungen für kaiserliche Verordnungen, wenn der Reichsrat nicht versammelt war
o Wurde vom Kaiser auch genutzt, wenn er keine Mehrheit bekam
o In den Kriegsjahren durchaus genutzt, um ohne dem Parlament zu herrschen („Kriegsabsolutismus“)
o Führte zum KWEG
Gründung der sozialdemokratischen Partei
Mai 1890