Integrative Erklärungsmodelle: Bio-Psycho-Soziales Risikomodell Flashcards
Was ist ein Risikofaktor?
Risikofaktoren sind Merkmale, die die Wahrscheinlichkeit eines Problemverhaltens oder einer Fehlanpassung erhöhen oder Kennzeichen eines erhöhten Risikos für Fehlentwicklungen sind.
Welches Verhältnis besteht zwischen Risikofaktor (RF) & dem Auftreten von antisozialem/kriminellem Verhalten
- > probabilistischer Zusammenhang
- > keine deterministische Wenn - Dann - Beziehung
- > nicht zwangsläufig kausal
Welche 2 Wirkweisen von RF kann man unterscheiden?
1) distale Wirkung (direkt)
2) proximale Wirkung (über Mediatorvariablen)
Was lässt sich bzgl. der Änderbarkeit von RF sagen?
1) statische RF
2) dynamische RF
Was bedeuten die Begriffe “Äquifinalität” & “Multifinalität”
I) Äquifinalität: unterschiedliche Ausgangsbedingungen können zum gleichen Zustand führen
II) Multifinalität: konkrete Konstellationen von Risiken können unterschiedliche Folgen haben
Welche Gruppen/Bereiche von Risikofaktoren lassen sich unterscheiden?
- Multi - Problem - Milieu
- Biologische Risikofaktoren
- Kognitive Entwicklungsdefizite, ADHS
- Schwieriges Temperament
- Familiäre Risikofaktoren
- Geringe Soziale Kompetenz
- Verzerrte Informationsverarbeitung
- Peer- & Freizeitbezogene Risikofaktoren
- Schulisch-Berufliche Risikofaktoren
Multi-Problem-Milieu (was ist das?, Beispiele, distale/proximale Wirkung?)
> > geboren in Milieu, in dem sich versch. familien-strukturelle & sozio-ökonomische Risikobedingungen anhäufen & wechselseitig bedingen
- geringes Einkommen, finanz. Probleme
- Arbeitslosigkeit, Bildungsferne
- Eltern nutzen seltener Versorgungsangebote
- Alkohol- und Drogenmissbrauch i. d. Familie
- sehr junge & alleinerziehende Mütter
- Gewalt/Vandalismus i. d. Nachbarschaft
- > meist distaler Einfluss, indem weitere RF hervorgerufen werden
- > erschwerende Ausgangsbedingungen für Entwicklung eines Kindes
Biologische Risikofaktoren (Varabilitätsaufklärung, distal/proximal, Beispiele)
> > Genetische Faktoren klären zwischen 30 - 50% der Variabilität von antisozialem Verhalten auf
Wirkung distal, indem Entwicklungsprozesse beeinflusst werden, welche Entstehung antisozialer Persönlichkeitszüge begünstigen
- chronische Untererregung des autonomen NS
- Ausprägung risikoerhöhender Temperamentseigenschaften
- Reifung von Hirnstrukturen: Exekutivfunktionen (SK) & andere kogn. Fähigkeiten
-> physiologische & neurologische Beeinträchtigungen können auch durch Schwangerschafts- & Geburtskomplikationen hervorgerufen werden
> Substanzmissbrauch
> Intoxikationen
> Sauerstoffunterversorgung
Kognitive Entwicklungsdefizite, ADHS
I) geringe intellektuelle Kompetenz, insbes. im verbalen Bereich
- teilweise über Schulleistungen mediiert
- verbale Defizite erschweren Entw. von SK, Emotionsregulation, Empathie
- Probleme im abstrakten Denken: Handlungskonsequenzen können schlechter antizipiert werden
II) Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung
- Komorbidität: Störung mit opposit. Trotzverhalten/d. Sozialverhaltens
- neg. Rückmeldungen soz. Umfeld -> erschwert Erlernen soz. Kompetenzen
- teilweise über Schulleistungen mediiert
Schwieriges Temperament (stabil/veränderbar?, welche Eigenschaften, distal/proximal?)
> > sehr stabiles Persönlichkeitssyndrom mit starker genetischer Komponente
- geringere Ausprägungen in Impulskontrolle, Selbstkontrolle & Geduld
- emotionale Labilität & negative Grundstimmung
- geringe Rythmizität, hohe Irritierbarkeit, erhöhte Erregbarkeit
- Sensation Seeking, Unruhe & Hyperaktivität
(direkter RF)
> zusätzlich indirekt: Belastungen für familiäres Klima & soziale Beziehungen
- > erhöhter fam. Stress -> höhere Wkt. aversiver/harscher Erziehungspraktiken
- > Ablehnungserfahrungen -> erschwert Aufbau soz. Kompetenzen
Familiäre Risikofaktoren (Bsp.)
> > Familie bildet insbesondere in der Kindheit den primären Entwicklungskontext
I) Elterliche Erziehungsdefizite
> überharte Erziehungspraktiken, Misshandlung [feindselig verzerrte SIP, delinqu. Peers, Fremdunterbringung, Trauma etc.]
> inkonsistentes Erziehungsverhalten [erschwert Normlernen, aggr. & opp. Verhalten, Zwangs - IA]
> Vernachlässigung/Mangel elterlicher Fürsorge + Unterstützung [Bindungsprobleme, mangelnde Vermittlung Wärme/Empathie/Ermutigung/…]
> geringes Monitoring [dev. Kontakte, unstruktur. Freizeitgestaltung]
II) Paarkonflikte + Gewalt zw. Eltern [Erwerb aggr. Konfliktlösungen, Beschr. elterl. Ressourcen]
III) Eltern - Kind - Konflikte [geringer Selbstwert, delinquente Peers]
IV) broken homes (unvollständige Familienstruktur)
V) Substanzabhängigkeit & psych. Störungen d. Eltern [Vernachlässigung etc.]
VI) Dissozialität v. Eltern + Geschwistern (transgenerationale Kontinuität) [Etikettierung, Modelllernen, gen+soz. RF]
Geringe soziale Kompetenz (wie entsteht sie?, was macht Soziale Kompetenz aus, was für eine “Abwärtsspirale” entsteht?)
> > Folge von Ablehnungserfahrungen neg. IA mit Eltern + Gleichaltrigen -> häufig geringe soziale Kompetenzen
Was ist soziale Kompetenz?
- Bildung von Peer - Bez. (Gespräche initieeren, Hilfe anbieten, …)
- Selbstmanagement (Emotionskontrolle, adäquater Umgang mit Kritik, …)
- schulisches Lernen (Zuhören, Ablenkungen ignorieren, um Hilfe bitten, …)
- Verlässlichkeit (Anweisungen anerkennen, Versprechen einhalten, …)
- soziale Durchsetzung (Formulierung & angemessene Durchsetzung eig. Bedürfnisse, …)
ABWÄRTSPIRALE…
–> gering ausgeprägte soziale Fähigkeiten -> Anschluss an delinquente Peers -> erhöhte Wslkt. für schulischen Misserfolg + delinquentes Verh.
Verzerrte Informationsverabeitung (wie entseht sie? wie ist sie gekennzeichnet?)
> > Probl. Erfahrungen im fam. + soz. Umfeld -> Ausformung dysfkt. kogn. & emot. Wissensstrukturen -> wirken sich auf Infoverarbeitung in soz. Situationen aus
> hostile perception bias
hostile attribution bias
egozentrische & dissoziale Zielsetzungen
geringere Variabilität in Reaktionsalternativen, mehr impulsive + aggr. Reaktionen
kurzsichtigere Bewertung v. Konsequenzen, höhere Erw. pos. Konsequenzen bei aggr. Verh.
Peer- und freizeitbezogene Risikofaktoren
> > Adoleszenz: Peers lösen Fam. als primäre Sozialisationsinstanz ab
> > Ablehnng durch Gleichaltrige erhöht Wslkt. für Anschluss an deviante Peers
- Vermeidung der Beaufsichtigung durch Erw.; unstrukturiertes Freizeitverhalten
- Modelle für Problemverhalten (Drogen, Alk.)
- gegenseitige Bekräftigung probl. Einstellungen & Verh.weisen
- > erhöhte Dissozialität (verstärkt Anschluss dev. Peers weiter)
> > Gewalthaltige Medien:
- Gewöhnung an Opferleid
- Übernahme neg. Stereotypen & Feindbilder
- Lerneffekt: aggr. Konfliktlösungen = effektiv
Schulisch - Berufliche Risikofaktoren (mittelfristige + langfristige Folgen)
> > Schule = wichtiger Sozialisationsraum für KiJu
Einflüsse “Schule” + “Peers” in enger Wechselwirkung
Kreislauf:
a) schwache schul. Leistungen
b) Disziplinprobleme, Absentismus
c) neg. schul. Einstellungen/Bindung
I) mittelfristige Folgen:
- Anschluss: deviante Peers
- unstrukturiertes Freizeitverhalten
- Schul- & Ausbildungsabbrüche
II) langfristige Folgen:
- instabile Beschäftigungsverhältnisse
- Arbeitslosigkeit, finanzielle Probleme
- Geringe soz. Kontrolle & Bindungen