Erläuterung von Begrifflichkeiten, Untersuchungsmethoden Flashcards
Begriff “Verbrechen” (Unterscheidung)
I) STRAFRECHTLICH (FORMELL)
- -> alle Handlungen, die durch ein Strafgesetz mit Strafe bedroht sind
- -> abhängig vom Gesetzgeber; veränderlich, konstruiert [Zeit, Land, geltene moral. Überzeugungen] (Bsp: Blasphemie, Homosexualität)
II) SOZIALWISSENSCHAFTLICH (MATERIELL)
- -> jegliches als sozialschädlich bewertetes Verhalten
- -> abhängig von der Kultur/Gesellschaft
III) NATÜRLICH
- -> alle Handlungen, die von allen Kulturen & zu allen Zeiten als verwerflich galten (Bsp: Mord)
- -> Grundmoral/Menschenrechte; unveränderlich, engster Verbrechensbegriff
- -> „delicta mala per se“
Dissoziales Verhalten
„Verhaltensweisen, die gegen altersgemäße soziale Erwartungen, Regeln und formelle sowie informelle Normen verstoßen.“
–> Entwicklungswissenschaftliche Perspektive: Dissozialität ist relativ stabile Personeneigenschaft = persistent, die sich im Entwicklungsverlauft auf unterschiedliche Weise manifestiert = heterotypische Kontinuität
Kindheit: Lügen, Stehlen
Jugendalter: Substanzmissbrauch, Schulabsentismus
Jugend und Erwachsenenalter: Eigentums- und Gewaltkriminalität
Aggression
„Aggression ist jegliche Form von Verhalten, das mit der Absicht und der Erwartung ausgeführt wird, einem anderen Lebewesen zu schaden oder es zu verletzen, wobei dieses Lebewesen bestrebt ist, dies zu vermeiden.”
- -> wichtig: Schädigungsabsicht des Täters + Vermeidungsabsicht des Opfers!
- -> typische Ausformungen von Aggression unterscheiden sich nach Alter und Geschlecht, kultureller/soz. Zugehörigkeit
- -> Jungs sind physisch, psychisch und direkt aggressiv - Mädchen eher relational, verbal und indirekt.
Delinquenz
„Delinquenz beschreibt Verhaltensweisen, deren Unrechtsgehalt in der Abweichung vorherrschenden sozialen Normen besteht.“
Delinquenz schließt kriminelles Verhalten mit ein.
Zusammenhang:
a) Kriminalität
b) Delinquenz
c) aggressives Verhalten
d) antisoziales/dissoziales Verhalten
- -> Überlappungen
- -> Schaubild
Untersuchungsmethoden
> > Offizialdaten (Kriminalstatistiken, Statistiken von Versicherungen, behördliche Datenbanken)
Systematische Befragungungen ab Tätern, Opfern und Informanten
Fallstudien
Verhaltensbeobachtungen
Experimentelle Studien
Was versteht man unter den Begriffen “Kriminalität” & “Dissozialität”? Wie stehen sie zu einander in Beziehung?
> Kriminalität: strafrechtlichter (formeller) Verbrechensbegriff: alle Handlungen, die durch ein Strafgesetz mit Strafe bedroht sind -> abhängig vom Gesetzgeber; umfasst den “natürlichen Verbrechensbegriff” (“delicta mala per se”): Delikte, die kultur- & zeitunabhängig als verwerflich gelten (Mord etc.)
> Dissozialität: Verhaltensweisen, die gegen altersgemäße soziale Erwartungen, Regeln und formelle sowie informelle Normen verstoßen
> jedes kriminelle Verhalten ist auch dissozial, Dissozialität ist aber nicht immer gleich kriminell.
Es gibt viele dissoziale Handlungen (z.B. Lügen oder oppositionelles Verhalten von Kindern), die nicht dem Kriminalbegriff entsprechen.
Frühes dissoziales Verhalten mündest jedoch oftmals in späterem kriminellen Verhalten
Untersuchungsmethoden
“Welche Möglichkeiten gibt es, um Verbreitung, Erscheinungsformen, und Verläufe von Kriminalität zu erforschen?“
> > OFFIZIALDATEN (Kriminalstatistiken, Statistiken von Versicherungen, behördliche Datenbanken)
- > Nur querschnittliche Betrachtung (meist 1 Kalenderjahr)
- > bei personenbezogenen Abfrage behördlicher Datenbanken (z. B. BZR) auch längsschnittliche Betrachtung möglich
> > SYSTEMATISCHE BEFRAGUNGEN an Tätern, Opfern und Informanten (Bsp. Lehrer - Kriminalität i.d. Schule)
-> längsschnittliche Betrachtung möglich
> > FALLSTUDIEN (Akten einsehen etc.)
- > längsschnittliche Betrachtung möglich
- > kleine Stichproben; für Einschätzung von Prävalenzen ungeeignet; eher Erfassung von qualitativen Aspekten, Zusammenhängen und Ursachen
> > VERHALTENSBEOBACHTUNGEN
-> kleine Stichproben; für Einschätzung von Prävalenzen ungeeignet; eher Erfassung von qualitativen Aspekten, Zusammenhängen und Ursachen
> > EXPERIMENTELLE STUDIEN
-> kleine Stichproben; für Einschätzung von Prävalenzen ungeeignet; eher Erfassung von qualitativen Aspekten, Zusammenhängen und Ursachen
Polizeiliche Kriminalstatistik = PKS
–> enthält
> der Polizei bekannt gewordene Straftaten
(einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche)
> In der PKS werden teilweise auch Straftaten als Kriminalität erfasst, bei denen kein Straftatbestand vorliegt
–> enthält NICHT
•Staatsschutzdelikte, Verkehrsdelikte und Ordnungswidrigkeiten
•Delikte, die nicht zum Aufgabenbereich der Polizei gehören (z.B. Finanz-und Steuerdelikte) und
•Straftaten, die unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft angezeigt werden
–> offizielles Hellfeld
Absolutes Dunkelfeld
weder durch die PKS noch durch Dunkelfeldforschung aufzuhellen
Relatives Dunkelfeld
Differenz zwischen den amtlich registrierten Straftaten – dem Hellfeld – und der vermutlich begangenen Kriminalität
–> erfasst über systematische Befragungen von Opfern, Tätern und Informanten. (Dunkelfeldforschung)
Faktoren, die das Hellfeld beeinflussen
- Anzeigeverhalten (z. B. Veränderungen durch versicherungsrechtl. Bestimmungen; Sensibilisierung in der Bevölkerung)
- Polizeiliche Kontrollmaßnahmen bzw. Kontrolldichte
- Statistische Erfassung (z. B. „echte TV-Zählung“)
- Änderung der demographischen Struktur
- Änderung des Strafrechts (neue Tatbestände oder Wegfall)
- Echte Kriminalitätsänderung
Wo sind Schwierigkeiten bei der Erfassung des Hellfeldes?
1) Divergenz: Alltagskonzept vs. juristische Konzepte
2) Erwartung bzgl. Nutzen der Anzeige
3) Bekanntheitsgrad mit Täter
Determinanten des Anzeigeverhaltens
Anzeigeverhalten ist u. a. abhängig von:
• Bewertung einer Handlung als Straftat
• Art und Schwere der Tat (schwer > leicht)
• Erwartung bzgl. Nutzen einer Anzeige
• Alter des Opfers und des Täters (jung weiblich)
> Bekanntheitsgrad mit dem Täter (unbekannt > bekannt)
–> Hell-und Dunkelfeld stehen nicht in konstant proportionaler Beziehung
Wo sind Schwierigkeiten bei der Erfassung des Dunkelfeldes?
1) Falschauskünfte der Befragten (schwere Taten werden verschwiegen, Prahlerei)
2) Repräsentativität schwer zu gewährleisten
3) Divergenz: Alltagskonzept vs. juristische Konzepte
4) (großer) Aufwand
5) Bei Opferbefragungen werden Handlungen ohne direkte Opfer nicht erfasst