Formverstoß, § 125 Flashcards

1
Q
  1. Aufbauschema
A

I. Bestehen eines Formbedürfnisses

II. Reichweite eines Formbedürfnisses

III. Einhaltung der Form

IV. Rechtsfolge der Nichteinhaltung der Form

____

Exkurs: Formzwecke sind insbes. Warn- und Schutzfunktion, Beweisfunktion, Belehrungsfunktion, Erkennbarkeit des Rechtsgeschäftes für Dritte.

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2
Q

I. Bestehen eines gesetzlichen Formbedürfnisses (Fallgruppen)

  1. Schriftform, § 126
A

a) § 766 S. 1 Bürgschaft (Achtung: § 350 HGB)
b) § 780 Schuldversprechen
c) § 781 Schuldanerkenntnis
d) § 492 I Verbraucherdarlehen (Modifizierung)
e) § 550 Wohnraummiete (Rechtsfolge des Verstoßes ist aber nicht NIchtigkeit, sondern Entfristung)
f) § 1154 Übertragung der Forderung, die durch eine Hypothek gesichert ist
g) § 1192 I, 1154: Übertragung der Grundschuld

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3
Q

I. Bestehen eines gesetzlichen Formbedürfnisses (Fallgruppen)

  1. Elektronische Form, § 126a
A

a) Grundsätzlich ausreichend, wenn Schriftform angeordnet, § 126 III
b) Ausnahmsweise ausgeschlossen bei:
aa) § 623 Kündigung von Arbeitsverhältnissen
bb) § 630 Zeugniserteilung
cc) § 766 S. 2 Bürgschaftserklärung
dd) § 780 S. 2 Schuldversprechen
ee) § 781 S. 2 Schuldanerkenntnis

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4
Q

I. Bestehen eines gesetzlichen Formbedürfnisses (Fallgruppen)

  1. Textform, § 126b
A

a) § 477 II Garantieerklärung bei Verbraucherverträgen
(auf Verlangen des Käufers; bei Verstoß trotzdem wirksam)

b) § 555c I Modernisierungsmaßnahmen (Mietrecht)
c) § 556a II 1 Betriebskosten
d) § 558a I Mieterhöhung

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5
Q

I. Bestehen eines gesetzlichen Formbedürfnisses (Fallgruppen)

  1. Notarielle Beurkundung
A

a) § 311b I 1, Verplfichtung zum Erwerb- oder zur Übereignung von Eigentum an Grundstücken

aa) Gesamter Vertragsinhalt (auch Nebenabreden) ist beurkundungspflichtig.
(P) Falschbeurkundung des Kaufpreises (der beurkundete Vertrag ist als Scheingeschäft nichtig, § 117 I, der gewollte Vertrag kann wirksam sein (§ 117 II), ist aber idR formnichtig - Heilung des gewollten Vertrages ggf. gem.
§ 311b I 2

bb) Auch bedingte Verpflichtungen / Vorverträge sind formbedürftig
cc) Kein Formerfordernis mehr nach Auflassung
b) § 518 I Schenkungsversprechen
c) § 1410 Ehevertrag
d) § 2276 Erbvertrag
e) § 2 I GmbHG, Gesellschaftervertrag der GmbH
f) § 15 III u. IV GmbHG Abtretung v. Gesellschaftsanteilen an einer GmbH u. Verpflichtung dazu
g) § 53 II GmbHG Satzungsänderungen
h) § 23 I AktG Satzung der AG

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6
Q

I. Bestehen eines gesetzlichen Formbedürfnisses (Fallgruppen)

  1. Öffentliche Beglaubigung
A

a) § 403 Beglaubigung einer Abtretung auf Wunsch des neuen Gläubigers
b) § 1154 I 2 Beglaubigung einer Hypothekenabtretung auf Wunsch des neuen Gläubigers

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7
Q

I. Bestehen eines gesetzlichen Formbedürfnisses (Fallgruppen)

  1. Gleichzeitige Anwesenheit
A

a) § 925 I Auflassung vor dem Notar (Stellvertretung möglich)
b) § 1310 Eheschließung vor dem Standesbeamten (und höchstpersönlich)

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8
Q

I. Bestehen eines gesetzlichen Formbedürfnisses (Fallgruppen)

  1. Eigenhändigkeit (monographisch)
A

§ 2247 Testament (und höchstpersönlich).

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9
Q

II. Reichweite des Formbedürfnisses

  1. Gesetzliche Form
A

Formbedürfnis nur für das Zustandekommen und Änderung des Vertrages.

Eine Vertragsaufhebung ist formfrei.

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10
Q

II. Reichweite des Formbedürfnisses

  1. Vereinbarte Form
A

Formbedürfnis für Zustandekommen.

Änderung des Vertrages nach hM formfrei, es sei denn qualifiziertes Schriftformerfordernis (sog. “doppelte Schriftklausel”).

Vertragsaufhebung im Zweifel formfrei.

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11
Q

III. Einhaltung der Form

Allgemeines

A

Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen muss die Willenserklärung in der erforderlichen Form zugehen.

Ausnahme: Bei notarieller Beurkundung reicht Beurkundung der Annahmeerklärung, § 152!)

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12
Q

III. Einhaltung der Form

  1. Gesetzliche Form
A
  1. Gesetzliche Form
    a) Schriftform, § 126
    aa) Urkunde eigenständig unterschrieben
    bb) Bei Vertrag Unterzeichnung auf derselben Urkunde, es sei denn, es gibt gleichlautende Ausfertigungen, dann Unterschrift auf jeweils einer Urkunde.
    cc) Grds. Ersetzung durch elektr. Form möglich, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist
    dd) Notarielle Beurkundung ersetzt Schriftform
    b) Elektronische Form, § 126a
    aa) elektronischer Erklärung muss Name und qualifizierte elektronische Signatur gem. Signaturgesetz hinzugefügt werden
    bb) Bei Vertrag genügt Signierung von Angebot und Annahme
    cc) Keine Anwendung in ges. bestimmten Fällen
    c) Textform, § 126b

Nennung der Person des Erklärenden und dauerhafte Wiedergabe der Erklärung möglich sowie Nachbildung des Namenszeichens am Schluss der Erklärung oder anderweitige Kenntlichmachung des Abschlusses der Erklärung (zB E-Mail, USB-Stick, CD-Rom, etc.).

d) Notarielle Beurkundung, § 128
aa) Beurkundung durch Notar
bb) Beurkundungsverfahren gem. BeurkundungsG
cc) Bei gerichtlichem Vergleich wird Beurkundung durch Protokoll ersetzt, § 127a
dd) Zugangsentbehrlichkeit der Annahme gem. § 152

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13
Q

III. Einhaltung der Form

  1. Vereinbarte Form
A
  1. Vereinbarte Form
    a) Schriftform, §§ 127, 126
    aa) Geltung des § 126 im Zweifel (abweichende Bestimmungen möglich)
    bb) telekommunikative Übermittlung reicht (idR genügt daher Textform, § 126b)
    cc) Bei Vertrag genügt Briefwechsel
    b) Elektronische Form, §§ 127, 126a
    aa) Geltung des § 126a nur “im Zweifel” (abweichende Bestimmungen möglich)
    bb) Elektronischer Erklärung muss Name und elektronische Signatur hinzugefügt werden (auch andere als qualifzierte!)
    cc) bei Vertrag Signierung eines jeweils gleichlautenden Dokumentes
    c) Textform, §§ 127, 126b

keine Besonderheiten.

d) Notarielle Beurkundung, §§ 127 analog, 128

Geltung des § 127 analog, dh auf rechtsgeschäftlich vereinbarte notarielle Beurkundung ist § 128 im Zweifel entsprechend anzuwenden.

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14
Q

IV. Rechtsfolge bei Nichteinhaltung der Form

  1. Bei gesetzlich vorgeschriebener Form
A

Bei gesetzlich vorgeschriebener Fomr, § 125 S. 1, grds. Nichtigkeit. Ausnahmsweise Modifikation (§ 550) oder Wirksamkeit, weil nur vorteilhaft für den anderen Teil
(§ 477 II).

Ist eine Nebenabrede vergessen, Teilnichtigkeit, die gem. § 139 zur Gesamtnichtigkeit führen kann.

a) Heilung des Formmangels, wenn angeordnet:
aa) durch Erfüllung gem. §§ 311b I 2, 766 S. 2 BGB, 15 Iv 2 GmbHG
bb) Durch Bewirken des geschenkten Vermögenswertes gem. § 518 II
cc) Durch Übergabe / Bewirken gem. § 507 II 2 bei Teilzahlungsgeschäft, aber Modifikation nach § 507 II 3-5; dito § 494 II 1 u. 2 für Verbraucherdarlehensverträge

Die Heilung tritt ex nunc ein.

b) Ausnahmsweise kann Berufung auf den Formmangel gegen § 242 verstoßen, wenn:
aa) Existenzvernichtung oder Existenzgefährdung
bb) Oder eine besonders schwere Treuepflichtverletzung des anderen Teils gegeben ist (bsp vorsätzliche Verhinderung der Einhaltung der Form)

ACHTUNG: Wird jemand nur fahrlässig vom formgerechten Vertragsabschluss abgehalten, so kommt ein Anspruch aus § 311 II, 241 II, 280 I in Betracht.

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15
Q

IV. Rechtsfolge bei Nichteinhaltung der Form

  1. Bei vertraglich vereinbarter Form
    a) Allgemein
A

Der Mangel der vertraglich vereinbarten Form hat im Zweifel Nichtigkeit zur Folge, § 125 S. 2.

Hat die Formwahrung nur Klarstellungs- und Beweisfunktion, so ist die formwidrige Erklärung gültig.
Ist die Form Gültigkeitsvoraussetzung, so ist die Erklärung hingegen nichtig.

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16
Q

IV. Rechtsfolge bei Nichteinhaltung der Form

  1. Bei vertraglich vereinbarter Form
    b) Auslegung formbedürftiger Erklärungen
A

Auch formbedürftige Erklärungen sind auslegungsfähig, §§ 133, 157.

Die Auslegung erfolgt in zwei Schritten:

  1. Zunächst wird der wirkliche Wille des Erklärenden, wie er vom objektiven Empfängerhorizont zu verstehen ist, ermittelt.
  2. Dann ist festzustellen, ob der ermittelte Wille formgerecht zum Ausdruck gekommen ist. Nach der hM muss dabei ein aus Umständen außerhalb der Urkunde ermittelter Wille in der Urkunde einen, wenn auch nur unvollkommenen, Ausdruck gefunden haben (Andeutungstheorie).

Ist jedoch ein übereinstimmender Wille der Parteien festzustellen, so gilt dieser, auch wenn er in der Erklärung keinen Ausdruck gefunden hat (falsa demonstracio non nocet). Bei absichtlichen Falschbeurkundungen gilt § 117.

Die Erklärungen in der Urkunde haben die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich.
Dies gilt bei den formbedürftigen Verträgen für alle Abreden, für die ein Formzwang besteht.
Bei mündlichen Vereinbarungen, die in der Urkunde nicht aufgenommen worden sind, kann grds. davon ausgegangen werden, dass die Parteien sie nicht aufrecht erhalten wollten.
Die Beweislast für die Widerlegung der Vermutung trägt die Partei, die einen weiteren oder einen anderen Vertragsinhalt behauptet.