F76-100 Flashcards

1
Q
  1. Inwiefern bilden leitende Angestellte eine Sondergruppe im Arbeitsrecht?
A

Einige Gesetze nehmen die Gruppe der leitenden Angestellten aus ihrem Geltungsbereich aus.
Dies resultiert aus ihrer arbeitgeberähnlichen Stellung, die mit einer Vertretung durch den
Betriebsrat bzw. die Arbeiterkammer nicht vereinbar wäre.
Darüber hinaus liegt nahe, dass der leitenden Angestellte seine Interessen gegenüber dem
Arbeitgeber ohne Hilfestellung durch gewisse arbeitsrechtliche Schutzgesetze (AZG, ARG) selbst
durchsetzen kann.
Die Bezeichnung dieser Gruppe ist je nach Zielsetzung des Gesetzes nicht ganz deckungsgleich:
So spricht das ArbVG von „Leitenden Angestellten, denen maßgebender Einfluss auf die Führung
des Betriebs zusteht“
Etwas anders formuliert das AZG „Leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben
selbstverantwortlich übertragen sind“.
„Maßgebliche Führungsaufgaben“ iSd. AZG liegen vor, wenn ein Arbeitnehmer auf Grund seiner
Stellung Vorgesetztenfunktionen gegenüber Untergebenen ausüben kann.
Er muss sich auf Grund seiner besonderen Stellung aus der gesamten Angestelltenschaft
herausheben.
Dritter Begriff: Leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben übertragen wurden
(Arbeitsinspektionsgesetz).
Auch wenn für diese Arbeitnehmergruppe gesetzliche Regelungen (etwa hinsichtlich Arbeitszeit und
Arbeitsruhe) nicht zur Anwendung kommen, können sich Beschränkungen durch einschlägige
Bestimmungen anderer Rechtsquellen (Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung) ergeben.

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2
Q
  1. Was regelt das Hausbetreuungsgesetz und was das

Dienstleistungsscheckgesetz?

A

Das – unglücklich titulierte – Hausbetreuungsgesetz wurde 2007 zur Bekämpfung illegaler
Beschäftigung im Pflege und Betreuungsbereich beschlossen.
Ziel des Gesetzes ist die Schaffung einer adäquaten Rechtsgrundlage für die Rund-um-die-Uhr
Betreuung von pflegebedürftigen Personen.
Erfasst sind selbstständige wie unselbstständige Erwerbstätige, die sich um pflegebedürftige
Personen in deren Privathaushalten kümmern.
Die Betreuungstätigkeiten nach § 1 HBetrG sind insbesondere Hilfestellungen bei Haushalts- und
Lebensführung sowie notwendige Anwesenheit.
Für die in einem Arbeitsverhältnis stehende Betreuungsperson kommt grundsätzlich das
Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz (HGHAG) zur Anwendung.
(Generell erfasst das HGHAG alle, die Dienste für die Hauswirtschaft des Arbeitgebers leisten
müssen, unabhängig von der Aufnahme in den Haushalt.)
Für die Anwendung des HBetrG müssen darüber hinaus Voraussetzungen erfüllt sein:
- Pflegegeldanspruch,
- Arbeitsfreie Periode,
- Aufnahme in die Hausgemeinschaft der zu betreuenden Person,
- Arbeitszeithöchstgrenze binnen 2 Wochen
Hausbetreuungsgesetz ist eigentlich nicht für häusliche Pflege gedacht, dazu wäre eigentlich anderes
Personal nötig. In der Praxis ein Graubereich.
Das HBetrG ist kein AN Schutzgesetz, sondern will Schwarzarbeit eindämmen und 14 Tage
Rhythmus ermöglichen.
Neben HBetrG gelten HGHAG und der MLT.
Problem: Wohnraum ist im Entgelt des MLT eingerechnet, was bei ausländischen Arbeitskräften aber
unsozial ist, da diese trotzdem Wohnraum zu Hause benötigen.
Das Dienstleistungsscheckgesetz enthält für haushaltstypische Dienstleistungen (Reinigung,
Gartenarbeit, Babysitten) arbeits- und sozialrechtliche Sonderbestimmungen.
Voraussetzungen:
- AG: Natürliche Person im Privathaushalt
- Arbeitsverhältnis für maximal einen Monat befristet
- Entgelt höchstens Geringfügigkeitsgrenze (ASVG)
Kaufpreis des Dienstleistungsschecks = Wert + 2 Prozent
(Unfallversicherungsbeitrag und Verwaltungskostenanteil)
(Zu kaufen in Trafiken, Postämtern und bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau)
Dienstleistungsschecks sind am Tag der Arbeitsleistung auszufertigen.
Der AN hat den Scheck bis zum Ende des Folgemonats an die GKK zu übermitteln, diese überweist
dann den Wert auf sein Konto.
Liegen die Vorrausetzungen vor, können ausdrücklich nach DLSG befristet Arbeitsverhältnisse ohne
zahlenmäßige Beschränkung auch unmittelbar hintereinander abgeschlossen werden, ohne dass ein
unbefristetes Vertragsverhältnis entsteht.
(HGHAG und Mindestlohntarif sind natürlich trotzdem einzuhalten.)

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3
Q
  1. Was regelt bzw. für wen gilt der sogenannte Überzeugungsschutz?
A

Der Überzeugungsschutz gilt für Medienmitarbeiter.
Medienmitarbeiter (§ 1 Mediengesetz): Jeder, der in einem Medienunternehmen oder Mediendienst
an der inhaltlichen Gestaltung des Mediums mitwirkt, sofern er als Angestellter oder freier
Mitarbeiter diese journalistische Tätigkeit ständig ausübt, und nicht bloß als unbedeutende
Nebenbeschäftigung.
Der Überzeugungsschutz bzw. Gesinnungsschutz des Mediengesetzes ist eine der wenigen
Besonderheiten des Mediengesetzes.
Jeder Medienmitarbeiter hat das Recht, seine Mitarbeit an der inhaltlichen Gestaltung von
Beiträgen zu verweigern, die seiner Überzeugung in Grundsatzfragen oder journalistischen
Grundsätzen widersprechen.
Ausnahmen:
- grundlegende, veröffentlichte Richtung des Mediums
- bloß technische Bearbeitung eines Beitrags
- Nachrichten
Aus einer gerechtfertigten Weigerung darf einem Mitarbeiter kein Nachteil entstehen.

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4
Q
  1. Erläutern Sie die Behaltepflicht von Lehrlingen, insbesondere die
    Rechtsgrundlage und die inhaltliche Ausgestaltung.
A

§1 Berufsausbildungsgesetz (BAG):
Lehrlinge sind Personen, die aufgrund eines Lehrvertrages zur Erlernung eines Lehrberufs bei einem
Lehrberechtigten fachlich ausgebildet und im Rahmen dieser Ausbildung verwendet werden.
Nach Ablauf der Lehrzeit ist der Lehrling im Betrieb und im erlernten Beruf drei Monate lang
weiterzuverwenden (§ 18 BAG).
Man spricht in diesem Zusammenhang von der Behaltepflicht des Dienstgebers bzw. von Behaltezeit.
Die Behaltezeit ist unabdingbar, sie kann also selbst durch Vereinbarung zwischen Lehrling und
Lehrberechtigten nicht beschränkt werden.
Dies bedeutet eine Pflicht des Lehrberechtigten zum Abschluss eines Arbeitsvertrags für
mindestens diese Zeit mit dem Lehrling. Ein solcher Vertrag kommt nicht automatisch zustande.
Bei Nichtbefolgung dieser Pflicht durch den Arbeitgeber besteht Anspruch auf Schadenersatz für den
Lehrling.
Die integrative Berufsausbildung ermöglicht bei beeinträchtigten Personen die Verlängerung der
Lehrzeit sowie die Festlegung einer wirtschaftlich-verwertbaren Teilqualifikation.
Ähnlich:
Anlernling: Arbeitnehmer, die während eines gewissen Zeitraums angelernt werden (KVTerminologie)
Volontär: Wer in einem Ausbildungsverhältnis ohne Arbeitspflicht und Entgeltanspruch steht (kein
Arbeitnehmer)
Praktikant: Wie Voluntär, nur überwiegt Aspekt der Praxiserlangung nach einer bereits erfolgten
theoretischen Ausbildung.
-> Volontär und Praktikant sind als Arbeitnehmer zu werten, wenn die allgemeinen Merkmale
vorliegen.

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5
Q
  1. Für welchen Personenkreis kommt das Behinderteneinstellungsgesetz zur
    Anwendung?
A

Eine Behinderung nach § 3 Behinderteneinstellungsgesetz ist die Auswirkung einer nicht nur
vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder
Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist die Teilhabe am Arbeitsleben zu
erschweren.
(Nicht nur vorübergehend: mehr als 6 Monate)
Das Behinderteneinstellungsgesetz differenziert zwischen Begünstigten Behinderten und nicht
begünstigten Behinderten.
Begünstigte Behinderte sind Österreicher (inklusive EU Bürgern und Flüchtlingen, denen Asyl
gewährt wurde) mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50%.
Begünstigte Behinderte: Einstellungspflicht, besonderer Kündigungs- und Entlassungsschutz (…)
Einfache Behinderte: Nur der unionsrechtlich-determinierte Diskriminierungsschutz der §§7a ff.
BEinstG.
Nachweis: Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (nach
Einschätzungsverordnung)
(oder durch das Gericht)
Dann muss der Behinderte dem Bundesamt für S&BW bis zum Ende des 3. Monats nach Erhalt des
Bescheids mitteilen, dass er weiterhin dem Kreis der begünstigten Behinderten angehören will.
Eine Feststellung des Behindertengrads in einem anderen EU Land hat keine Wirkung.
Der Antrag muss in Ö neuerlich gestellt werden.
Der Arbeitgeber hat in dem Verfahren auf Zuerkennung des Behindertengrades keine Parteistellung,
obwohl sich das Ergebnis (arg Einstellungspflicht, Endigungsschutz) massiv auf ihn auswirkt.
Für Arbeitgeber mit mindestens 25 Arbeitnehmern im Bundesgebiet besteht die Pflicht, auf je 25 AN
mindestens einen Behinderten zu beschäftigen.
§7b BEinstG verbietet jede Form unmittelbarer wie mittelbarer Diskriminierung.
Sind in einem Betrieb ständig mindestens 5 begünstigte Behinderte Beschäftigt, sind von diesen
Behindertenvertrauenspersonen und deren Stellvertreter zu wählen.

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6
Q
  1. Was sind die Charakteristika der „AN-ähnlichen Person“? Was sind die
    Rechtsfolgen einer Zuordnung zum Kreis der arbeitnehmerähnlichen Personen?
A

Arbeitnehmerähnlich sind gemäß §51 ASGG Personen, die ohne in einem Arbeitsverhältnis zu
stehen im Auftrag und für Rechnung anderer Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich
unselbstständig sind.
Arbeitnehmerähnliche Personen sind nach § 51 ASGG Arbeitnehmern prozessual gleichgestellt.
Die Geltungsbereiche von DHG, Ausländerbeschäftigungsgesetz, Arbeitskräfteüberlassungsgesetz
und Gleichbehandlungsgesetz erstrecken sich auch auf arbeitnehmerähnliche Personen.
Das Kautionsschutzgesetz erstreckt sich zum Teil auf arbeitnehmerähnliche Personen.
Merkmale:
- Kein Arbeitsverhältnis
- Kriterien fremdbestimmter Arbeit
à Mittelstellung zwischen unselbstständigem Arbeitnehmer und selbstständigen Unternehmer.
Mögliche vertragliche Grundlagen: Auftrag, freier Dienstvertrag, Werkvertragselemente
Wichtigstes Kriterium: wirtschaftliche Unselbstständigkeit
- Entschlussfreiheit auf Minimum beschränkt
- Lohnabhängigkeit
- wirtschaftlich gleiche Situation wie typisch bei Arbeitnehmer
- faktische wirtschaftliche Abhängigkeit von einem oder wenigen Auftraggebern
Indizien:
- Keine eigene Betriebsstätte
- längere Dauer der Beschäftigung
- regelmäßiges Honorar
Beispiele: Handelsvertreter (Handtücher, Staubsauger), Stundenbuchhalter
Die Arbeitnehmerähnlichkeit wird durch die wirtschaftliche Lage, nicht durch die juristischen
Merkmale des Arbeitnehmerbegriffs gekennzeichnet.
Diese können in diese Richtung weisen, würden sie aber überwiegend vorliegen, ist sogar ein
Arbeitsverhältnis anzunehmen.

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7
Q
  1. Sind Heimarbeiter Arbeitnehmer? Unterliegen sie arbeitsrechtlichen
    Schutzbestimmungen?
A

Heimarbeiter ist, wer ohne unter die GewO 1859 zu fallen in der eigenen Wohnung oder an
einer selbstgewählten Arbeitsstätte im Auftrag und für Rechnung von Personen, die
Heimarbeit vergeben, mit der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Verpackung von
Waren beschäftigt ist.
OGH 1954: Heimarbeiter sind grundsätzlich nicht Arbeitnehmer, mangels persönlicher
Abhängigkeit und persönlicher Arbeitspflicht.
Unter den Geltungsbegriff des Heimarbeitergesetzes fallen nur mindere Tätigkeiten (mindere
Schreibarbeiten).
Werden qualifizierter Tätigkeiten erbracht, liegen Heimangestellte vor (z.B. Telearbeit via Internet).
Zu prüfen sind die allgemeinen Regeln des Arbeitnehmerbegriffs.
Bloß weil dislozierte Tätigkeit vorliegt, ist die Arbeitnehmereigenschaft nicht generell
ausgeschlossen.
Überwiegen die Merkmale eines Arbeitsverhältnisses, dann ist von einem Arbeitnehmer auszugehen.
Erfüllt dieser Angestelltentätigkeiten, dann kommt das AngG zur Anwendung.
Der Judikatur zufolge ist das Heimarbeitsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis zu sehen.
Trotzdem sind Heimarbeiter ähnlich schutzbedürftig wie „normale“ Arbeitnehmer.
Daher finden sich Bestimmungen zu Erholungsurlaub, Entgeltfortzahlung, Freistellungsanspruch
und Abfertigung im Heimarbeitergesetz gleich wie für herkömmliche Arbeitnehmer.
Kündigungsbestimmungen bestehen nicht, aber der AG muss den Heimarbeiter zumindest eine
Woche vor einer beabsichtigten Auflösung des Heimarbeitsverhältnisses verständigen.
Früher: Zwischenmeister
(wer disloziert unter Beiziehung von Familienangehörigen oder Dritten und mit eigener, wesentlicher
Mitarbeit Heimarbeit erledigt)

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8
Q
  1. Sind Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft Arbeitnehmer oder
    arbeitnehmerähnliche Personen?
A

Grundsätzlich ist bei Organmitgliedern von Kapitalgesellschaften zwischen Bestellung und
Anstellung zu unterscheiden.
Bestellung: Gesellschaftsrechtliche Akt der Infunktionsetzung
Anstellung: Ausgestaltung der schuldrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschaft und
Organmitglied
Diese Unterscheidung ist ebenso bei der Beendigung relevant.
Auch wenn die Bestellung jederzeit widerrufbar ist, bleibt das Arbeitsverhältnis unberührt.
Der neueren Rechtsprechung des OGH entsprechend ist ein Arbeitsverhältnis zwischen
Aktiengesellschaft und Vorstandsmitglied auf Grund des Prinzips der
Vorstandsunabhängigkeit bei der AG kategorisch abzulehnen.
In Frage kommen also Werkvertrag und freier Dienstvertrag.
Selbst wenn im Arbeitsvertrag die Anwendung des AngG vereinbart wird, ist ein freies
Dienstverhältnis anzunehmen.
Auch die Arbeitnehmerähnlichkeit von Vorstandsmitgliedern einer AG verneint der OGH
grundsätzlich.
Diese ist nur in Ausnahmefällen möglich, wenn die Abhängigkeit des Vorstands über das übliche
Maß deutlich hinausgeht.
(Verpflichtung zur Einhaltung der Kollektivarbeitszeiten, Führung von Überstundenaufzeichnungen,
örtliche Gebundenheit, Geltung des AngG …)
Des gleiche gilt für Vorstandsmitglieder in einer dualistischen SE.
Monistische SE (mit Verwaltungsrat): Für Geschäftsführende Direktoren wohl eher
Arbeitsverhältnis, sonstige Verwaltungsratsmitglieder wohl eher freier Dienstvertrag.
Löschnigg: Zu dem Ergebnis, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt kommt man schon dadurch, dass
man persönliche & wirtschaftliche Abhängigkeit als Charakteristika des AV prüft.
Wirtschaftliche Abhängigkeit (Lohnabhängigkeit) wird oft, aber nicht immer gegeben sein.
Persönliche Abhängigkeit scheidet bei einem Vorstand aber aus.

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9
Q
  1. Sind die Geschäftsführer einer GmbH Arbeitnehmer?
A

Ob der Geschäftsführer einer GmbH in einem Arbeitsverhältnis steht, hängt von der
Gesamtbeurteilung der durch das GmbHG, den Gesellschaftsvertrag und den Anstellungsvertrag
vorgezeichneten Rechtsbeziehungen des Geschäftsführers zur Gesellschaft im Einzelfall ab.
Gesellschaftsrechtliche Gründe (wie im Falle der AG) schließen die Arbeitnehmereigenschaft nicht
aus.
(Kein Prinzip der Vorstandsunabhängigkeit bei GmbH. Weisungsrechte der Gesellschafter möglich!)
Ist der Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter, so kommt eine Arbeitnehmereigenschaft nicht
in Betracht, wenn er kraft einer Beteiligung und der daraus erfließenden Rechte einen maßgeblichen
Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann.
Ein derartiger Einfluss ist bereits gegeben, wenn dem Gesellschafter Geschäftsführer zumindest eine
Sperrminorität zusteht, jedenfalls aber dann, wenn er über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile
verfügt.
Löschnigg: Arbeitnehmereigenschaft kann vorliegen, aber nicht wenn AN zu stark in
Eigentümer-Rolle ist.
Grundsätzlich ist auf die Grenze von 50% der Geschäftsanteile abzustellen.
In anderen Fällen, wo eigentümerähnlicher Einfluss ausgeübt werden kann,
genügt auch weniger (Sperrminorität, Vetorecht für Gesellschafter unabhängig
vom Gesellschaftsanteil …)

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10
Q
  1. Wann spricht man von einem mittelbaren Arbeitsverhältnis?
A

Man spricht von einem mittelbaren Arbeitsverhältnis, wenn sich zwischen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer eine Mittelsperson schiebt, die selbst Dienstgeberfunktionen übernimmt.
In der Regel schließt die Mittelsperson nur den Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer ab, die
Beschäftigung erfolgt dann beim übergeordneten Arbeitgeber.
a) Ein Arbeitnehmer wird beauftragt, im Namen seines Arbeitgebers Gehilfen anzustellen.
Mittelsperson = bevollmächtigter Arbeitnehmer.
-> unmittelbares Dienstverhältnis zwischen dem AG und dem Gehilfen
-> Der vermittelnde Arbeitnehmer wird davon nicht berührt.
-> Es liegt gar kein mittelbares Arbeitsverhältnis vor!
b) Einem AN steht es frei, im eigenen Namen Arbeitskräfte aufzunehmen.
Er hat dadurch die Möglichkeit, nach eigenem Ermessen seine Dienstleistung durch Heranziehung
weiterer Dienstnehmer zu verstärken.
Auch hier müsste man ein unmittelbares Arbeitsverhältnis zum Hauptarbeitgeber annehmen können,
weil dieser wissen musste, dass die Arbeitskraft ausschließlich ihm zugute kommt und der
ermächtigte AN nur formell den Arbeitsvertrag abschließt, nicht aber die Arbeitgeberfunktion
übernehmen kann.
Dennoch: Laut OGH kommt zwischen den neu aufgenommenen Arbeitskräften und dem
Hauptarbeitgeber kein Dienstverhältnis zustande.
Dienstgeber ist also die Mittelsperson als unmittelbarer Kontrahent.
Das bedeutet aber, dass der AN seine Forderungen aus dem Arbeitsvertrag nur gegen die
Mittelsperson, nicht gegen den in der Regel potenteren Arbeitgeber geltend machen kann. Ein
sozialpolitisch unbefriedigendes Ergebnis!
c) Der Arbeitgeber verpflichtet einen Dienstverschaffenden, der nicht selbst im Unternehmen
tätig ist, ihm Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen.
Zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitskräften wird kein Dienstverhältnis begründet.
Das Dienstverhältnis besteht zwischen dem Dienstverschaffenden und den zur Verfügung gestellten
Arbeitskräften (trotz Bezahlung des Entgelts und der Sozialversicherungsbeiträge durch den
Arbeitsempfänger!).
Die Vereinbarung zwischen dem Dienstgeber und der Mittelsperson wird als
Dienstverschaffungsvertrag bezeichnet.
Erfolgt die Bereitstellung von Arbeitskräften durch einen Unternehmer gewerbsmäßig, wird von
Arbeitnehmerüberlassung gesprochen.
Dienstgeber ist der die Arbeitnehmer zur Verfügung stellende Unternehmer.

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11
Q
  1. Wenn bei einem Gruppenarbeitsverhältnis ein AN einen Entlassungsgrund
    setzt, kann dann der AG die gesamte Gruppe entlassen?
A

Das Gruppenarbeitsverhältnis ist ein Dienstverhältnis einer Gruppe von Arbeitnehmern, die
fachlich (oft künstlerisch) zusammen tätig sind, wobei die Bedeutung für den Dienstgeber nicht in
den einzelnen Arbeitsleistungen liegt, sondern in der Gesamtaktivität der Gruppe.
Der Leiter der Gruppe tritt vielfach als Mittelsperson auf, die dem Dienstgeber die
Gruppenmitglieder verschafft.
Charakteristisch: Gruppenmitglieder sind Mitkontrahenten.
Ausgestaltung: - Arbeitsvertrag mit jedem Mitglied der Gruppe
- Arbeitsvertrag mit der Gruppe im eigenen Namen und im Namen der Mitglieder
- Bevollmächtigter schließt Arbeitsvertrag für sich und die Gruppenmitglieder ab
Beispiele:
- Musikkapelle,
- Direktor einer Theatergruppe mit seinen Schauspielern verpflichtet sich einem Unternehmer
- Musiker eines Trios
Arbeitsverhältnisse stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis.
OGH: Vorzeitige Auflösung des Gruppenarbeitsverhältnisses gegen alle Gruppenmitglieder,
wenn die vereinbarte Leistung wegen eines Mitglieds nicht erbracht werden kann.
Hat auch nur ein Gruppenmitglied einen Entlassungsgrund gesetzt, kann die ganze Gruppe
entlassen werden.
-> Als zu allgemein abzulehnen!
Es ist zu prüfen, ob im Einzelfall die geschlossene Beschäftigung der ganzen Gruppe den
Vertragsinhalt darstellt.
Bei einer Kapelle mit hohem, künstlerischem Rang wohl ja.
Bei anderen Gruppen ist oft auch Ausführung ohne ein Mitglied möglich.
(Persönliche Leistung durch jede Person müsste ausdrücklich vereinbart sein)
Voraussetzung ist, dass nach Vertrags- und Interessenslage immer noch von Erfüllung
gesprochen werden kann.
Löschnigg:
„Es liegen immer bloß zweipersonale Rechtsverhältnisse vor.
Wenn die Leistung der Gruppe unmöglich wird, weil eine Person entlassen ist, handelt es sich
um eine Dienstverhinderung in der Sphäre des Dienstgebers und um die Verwirklichung eines
Arbeitgeberrisikos.“

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12
Q
  1. Wann kommt es zu einem Feststellungsverfahren und wann zu einem
    Gleichstellungsverfahren im Zusammenhang mit einem Betrieb nach ArbVG?
A

Betrieb: Jede Arbeitsstätte, die eine organisatorische Einheit bildet.
- Einheit des Betriebsinhabers
- Einheit des Betriebszwecks
- Einheit der Organisation
(VwGH)
Eine Arbeitsstätte, in der dauernd mehr als 50 Arbeitnehmer beschäftigt werden, die aber die
Merkmale eines Betriebs nicht aller erfüllt, kann mittels Klage an das Arbeits- und Sozialgericht
einem Betrieb gleichgestellt werden (Gleichstellungsverfahren).
Aktivlegitimation:
- Betriebsrat
- Freiwillige Berufsvereinigung (Gewerkschaft)
- Gesetzlichen Interessensvertretung der Arbeitnehmer (Arbeiterkammer)
- So viele Arbeitnehmer wie Betriebsräte zu wählen wären
Voraussetzungen: - 50 Arbeitnehmer
- räumlich vom Hauptbetrieb weit entfernt
- Eigenständigkeit in der Organisation & Aufgabe, die Betrieb nahe kommt
Fallen die Voraussetzungen weg, kann der Betrieb mittels Klage zum ASG wieder zur
unselbstständigen Arbeitsstätte erklärt werden.
Die Betriebseigenschaft bildet eine wesentliche Voraussetzung für die Betriebsratswahl und
allgemein für die Geltung der Betriebsverfassung.
Daher sieht das ArbVG vor, dass in Zweifelsfällen das Gericht auf Grund einer Klage festzustellen
hat, ob ein Betrieb vorliegt oder nicht (§ 34 ArbVG)(Feststellungsverfahren).
Aktivlegitimation:
- Betriebsinhaber
- Betriebsrat
- So viele AN wie Betriebsratsmitglieder zu wählen wären
- Freiwillige Berufsvereinigung (Gewerkschaft)
- Gesetzliche Interessensvertretung (Arbeiterkammer)
Das Urteil hat so lange bindende Wirkung, bis das Wegfallen der Voraussetzungen in einem
neuerlichen Urteil festgestellt wird.

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13
Q
  1. Wodurch unterscheidet sich der Betriebs- vom Unternehmensbegriff?
A

Betrieb:
Jede Arbeitsstätte, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb der eine physische oder
juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mittel die
Erzielung bestimmter Arbeitserfolge verfolgen.
Unternehmen:
Wirtschaftliche und rechtliche Einheit, in welche die Betriebe eingebettet sind.
„Vereinigung von persönlichen, sachlichen oder immateriellen Mitteln, durch die das Ziel ein
bestimmtes Bedürfnis zu befriedigen, ermöglicht wird.“ (Jacobi)
Scharfe Trennung nicht allgemeingültig möglich.
Primär Systematisierungsproblem der Betriebsverfassung.
Das Unternehmen ist ein Sondervermögen, dessen Kern ein Tätigkeitsbereich ist, dem aber auch
Sachen und Rechte eingegliedert sind und zu dem auch immaterielle Werte wie Kundenstock, innere
Ordnung, und Geschäftserfahrung zählen.
Generell ist der Betriebsbegriff im Arbeitsrecht weitaus wichtiger als der Unternehmensbegriff.
Der Unternehmensbegriff tritt nur in Erscheinung, wenn in einem Unternehmen mit mehreren
Betrieben ein Zentralbetriebsrat zu bilden ist und bei der Mitbestimmung der Arbeitnehmer im
Aufsichtsrat.

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14
Q
  1. Wodurch unterscheidet sich der gesellschaftsrechtliche Konzernbegriff vom
    Konzernbegriff nach § 110 ArbVG?
A

Der Begriff des Konzerns kommt grundsätzlich aus dem Gesellschaftsrecht.
Konzern:
Rechtlich selbstständige Unternehmen, die zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung
zusammengefasst sind oder auf Grund von Beteiligungen oder sonst mittelbar oder unmittelbar unter
dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens stehen. (§ 15 Aktiengesetz = §115
GmbHG)
Unmittelbar an den Konzernbegriff des Gesellschaftsrecht knüpfen an:
- Errichtung von Konzernvertretungen
- Freistellung eines (Zentral-)Betriebsrat in Konzernen
- Arbeitskräfteüberlassung zwischen Konzernunternehmen
- Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten von Bauarbeitern in Konzernunternehmen für
Abfertigungsanspruch (BUAG)
Eine Abweichende Definition beinhaltet §110 Absatz 6 ArbVG:
Konzern: Wenn eine AG/GmbH/Genossenschaft andere AG/Gmbh/Genossenschaften einheitlich
leitet oder auf Grund einer unmittelbaren Beteiligung von mindestens 50% beherrscht und das
herrschende Unternehmen (Konzernmutter) höchstens halb so viele AN beschäftigt, wie alle
beherrschten Unternehmen zusammen.
Dem folgend dürfen höchstens ein Drittel der Konzernarbeitnehmer in der Konzernmutter beschäftigt
sein.
Konzernbegriff des § 110 ist enger als Konzernbegriffs des Gesellschaftsrechts.
Einschränkung:
- §110: Im wesentlichen nur Kapitalgesellschaften
- §110: Beteiligung muss mehr als 50% ausmachen
- Wichtigste Einschränkung: Im herrschenden Unternehmen max. halb so viel AN wie in allen
beherrschten Unternehmen zusammen.
Besonderheit: Von eigenständigen Unternehmen werden BR in ein anderes Unternehmen entsandt,
damals absolutes Novum.

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15
Q
  1. Wer darf in Österreich unentgeltlich Arbeitsvermittlung durchführen?
    Ist auch eine entgeltliche private Arbeitsvermittlung in Österreich zulässig?
A

Arbeitsvermittlung: Jede Tätigkeit mit dem Ziel, Arbeitssuchende und Arbeitgeber zur
Begründung von Arbeitsverhältnissen zusammenzuführen.
(Auch ins Ausland, inklusive Au-pair-Kräfte)
Arbeitsvermittlung unentgeltlich:
- In erster Linie Arbeitsmarktservice (AMS) + regionale Geschäftsstellen
- gesetzliche Interessensvertretungen
- kollektivvertragsfähige Berufsvereinigungen
- gemeinnützige Einrichtungen (unter Kontrolle des BM für ASK – Untersagung z.B. wenn
entgeltlich)
Arbeitsvermittlung entgeltlich:
- Gewerbeberichtigung für das Gewerbe der Arbeitsvermittlung notwendig:
-> Nat. Person: Staatsangehörigkeit und Wohnsitz in EWR Staat
-> Jur. Person: Hauptsitz in EWR Staat
-> Befähigungsnachweis (reglementiertes Gewerbe nach GewO 1994)
-> Provisionsvereinbarungen sind nur zwischen AG und Arbeitsvermittler zulässig!
Für die AN (außer Sportler und Künstler!) ist sie unentgeltlich durchzuführen.
- Nur zur Vermittlung von Führungskräften sind auch Unternehmensberater und
Unternehmensorganisatoren berechtigt („Headhunting“)

Grundsätze der Arbeitsvermittlung: Freiwilligkeit, Unparteiisch, nicht in Betrieb, der von Arbeitskampf betroffen ist,

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16
Q
  1. Wo liegen die Grenzen des Fragerechts für den Arbeitgeber im
    Zusammenhang mit der Bewerbung des AN?
A

Befragung in einem Bewerbungsgespräch darf die Intimsphäre und die Persönlichkeitsrechte des
Arbeitnehmers nicht verletzen.
1. Schwangerschaft:
Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist weder ein Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund noch
ein Entlassungsgrund gegeben, wenn eine Schwangerschaft verschwiegen wird.
2. Vorstrafen:
Wohl eine Ausnahme dann anzuerkennen, wenn zwischen Straftat und Tätigkeitsbereich des AN
ein besonderer Zusammenhang besteht und eine Beschäftigung auf Grund des Vertrauensmangels
unzumutbar ist.
Fragen nach getilgten Vorstrafen sind jedenfalls unzulässig.
3. Vermögensverhältnisse:
Ein berechtigtes Interesse an den Vermögensverhältnissen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber
nur, wenn er durch die Rechtsordnung von diesen unmittelbar betroffen wird.
(Beispiel: Im Fall einer Lohnpfändung muss der AG selbst den pfändbaren Teil des Lohns an den
Gläubiger überweisen)
4. Gesundheit:
- kein detailliertes Fragerecht
- kein Recht auf Vorlage ärztlicher Befunde
- Interessenabwägung nötig!
Auf jeden Fall Fragerecht bei Gefahr für Gesundheit der anderen AN im Betrieb.
- Auf jeden Fall verboten: Analyse von Genen/Körpersubstanze
5. Sicherheit:
- Sicherheitserklärung nach SPG (Sicherheitsprüfung durch die Polizeibehörde mit Zustimmung
des AN)
- Nur bei Tätigkeit mit Zugang zu vertraulichen Informationen, deren Verwendung im Ausland
die Schädigung des Unternehmens bewirken würde („Industriespionage“)
Verfassungsrechtlich garantiert (§ 1 DSG 2000):
- Geheimhaltung personenbezogener Daten
- Auskunft über ihre personenbezogenen Daten
- Richtigstellung unrichtiger Daten
- Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten

17
Q
  1. Erklären Sie den Begriff „Einstellungsdiskriminierung“? Welche
    arbeitsrechtlichen Normen sind diesbezüglich von Relevanz?
A

Einstellungsdiskriminierung:
Diskriminierung einer Person bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen, insbesondere
durch die Nichtbegründung eines Arbeitsverhältnisses mit dieser Person.
Verbote: - Culpa in contrahendo (Zivilrecht)
- Behinderten-Einstellungs-Gesetz (BEinstG) (Behinderung)
- §3 Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) (Geschlecht, Familienstand-Kinder)
- §17 Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) (Ethnie, Religion, Alter, …)
- Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung (§9 GlBG)
- Gebot der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung (§ 23 GlBG)
OGH:
Anbahnungsphase ist besonders anfällig für sexuelle Belästigung, da der Belästiger denkt,
leichtes Spiel zu haben, wenn er das Zustandekommen eines AV von „einem gewissen
Entgegenkommen“ abhängig macht.
EuGH:
Ein Anspruch auf Auskunft eines abgelehnten Stellenwerbers darüber, ob ein anderer
Bewerber eingestellt wurde, besteht nicht.
Unter gewissen Umständen kann das Verweigern der Information jedoch das Vorliegen einer
Diskriminierung vermuten lassen

18
Q
  1. Muss ein AN die Vorstellungskosten selbst bezahlen, wenn er vom AG zu
    einem Bewerbungsgespräch eingeladen wird?
A

Die Frage der Bewerbungs- bzw. Vorstellungskosten ist im geltenden Recht nicht ausdrücklich
geregelt.
Der OGH geht unter bestimmten Voraussetzungen von einem Ersatzanspruch aus.
Als Anspruchsgrundlagen kommen in Frage:
(0. Ausdrückliche Vereinbarung zwischen AG und Arbeitssuchendem)
1. Konkludente Vereinbarung (§ 863 ABGB)
2. Ersatzanspruch eines Beauftragten (§ 1014 ABGB)
3. Culpa in Contrahendo
Zu § 863:
Wenn der AG den AN ausdrücklich zur persönlichen Vorstellung aufgefordert hat besteht Grund zur
Annahme, dass sich der AG konkludent zum Kostenersatz verpflichtet hat.
Keine Anspruch besteht:
- Wenn der AG diesen von Anfang an ausschließt
- Wenn ein Ausschluss aus den Umständen anzunehmen ist (z.B. Branchenüblichkeit)
Zu § 1014:
Nach Ansicht des OGH kann die Aufforderung durch den AG zur Vorstellung des Bewerbers auch
als Anbot eines Auftrags gesehen werden, dass vom Bewerber angenommen wird.
Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Beauftragten allen notwendigen oder nützlich gemachten
Aufwand (sowie mit dem Auftrag verbundenen Schaden) zu ersetzen.
Zu Culpa in Contrahendo:
Schadenersatzanspruch, wenn der AG schuldhaft vorvertragliche Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten
verletzt.
So haftet der AG wenn er nach konkreten, weit gediehenen Vertragsverhandlungen über den
Abschluss eines Arbeitsvertrages beim Stellenwerber den berechtigten Eindruck erweckt, es werde
zum Abschluss des Arbeitsvertrages kommen, ihn im Hinblick darauf zu weiteren Auslagen
veranlasst und in weiterer Folge aber ohne gerechtfertigten Grund vom Vertragsabschluss Abstand
nimmt.

19
Q
  1. Besteht in Österreich eine Einstellungspflicht für bestimmte
    Arbeitnehmergruppen? Gibt es Alternativen für den Dienstgeber im
    Zusammenhang mit dieser Einstellungspflicht?
A

Grundsätzlich entzieht sich die Einstellung von Arbeitskräften der arbeitsrechtlichen Normierung.
Auch die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats erschöpfen sich in Informations-, Interventions- und
Beratungsrechten.
Eine Verpflichtung zur Einstellung kennt nur das Behinderteneinstellungsgesetz.
Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung stellt die „Behaltepflicht“ nach
Berufsausbildungsgesetz (BAG) dar.
Behinderteneinstellungsgesetz:
§ 1 BEinstG:
Alle Dienstgeber, die mehr als 25 Dienstnehmer beschäftigen, sind verpflichtet, auf je 25
Dienstnehmer mindestens einen „begünstigten Behinderten“ (mindestens 50%
Behinderungsgrad) zu beschäftigen.
(Laut Abs. 2 kann der BMASK per Verordnung diese Zahl für bestimmte Branchen auch auf bis zu 40
erhöhen oder umgekehrt besonders-geeignete Arbeitsplätze begünstigten Behinderten vorbehalten.)
Berechnungsgrundlage sind alle Arbeitnehmer eines Arbeitgebers im Bundesgebiet.
Es ergibt sich dann eine Pflichtzahl, von der die bereits beschäftigten Behinderten abzuziehen sind.
Gewisse Behinderte zählen dabei doppelt (Blinde, u19, ü55)
Kommt ein Arbeitnehmer seiner Einstellungspflicht nicht nach, muss er für jeden aufzunehmenden
Behinderten eine monatliche Ausgleichstaxe zahlen.
Diese steigt mit der Höhe seiner Arbeitnehmerzahl.
Die Taxe fließt in den Ausgleichstaxfonds des BMASK.
Umgekehrt erhält eine Prämie aus diesem Fonds, wer in Ausbildung stehende begünstigte Behinderte
beschäftigt.
Laut VfGH ist diese Konstruktion kein Verstoß gegen das Grundrecht auf Eigentum.
Berufsausbildungsgesetz:
Der Lehrberechtigte ist verpflichtet, ausgelernte Lehrlinge weitere 3 Monate im erlernten
Beruf zu verwenden. (§ 18 BAG)
Umgekehrt kennt das BAG mit den Verhältniszahlen eine auch eine Einstellungsbeschränkung:
Für eine fachlich einschlägig ausgebildete Person dürfen 2 Lehrlinge beschäftigt werden, für jede
weitere 1 weiterer Lehrling.
(1 zu 2); (2 zu 3); (3 zu 4); (…)
Die Nichtbeachtung dieser Verhältniszahlen führt niemals zur Rechtsunwirksamkeit von
Lehrverträgen, sie stellt bloß eine Verwaltungsübertretung dar.

20
Q
  1. Worin besteht der Unterschied zwischen dem Arbeitsvertrag und dem
    Dienstzettel?
A

Der Arbeitsvertrag gemäß § 1151 ABGB begründet das Arbeitsverhältnis (konstitutiv).
Als privatrechtliches Rechtsgeschäft basiert er auf den übereinstimmenden Willenserklärungen von
Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Konsens)
Formvorschriften bestehen bei einem Arbeitsvertrag nicht, er kann grundsätzlich mündlich,
schriftlich oder schlüssig erfolgen.
Ausnahmen: - Lehrvertrag (erfordert Schriftlichkeit)
- Bestimmte Klauseln müssen schriftlich sein
(Kaution für spätere SE Ansprüche, Abtretung späterer Erfindungen)
————————————————————————————————————————-
Nicht mit dem Arbeitsvertrag zu verwechseln ist der Dienstzettel (bzw. Dienstschein).
Der Dienstzettel ist eine schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten
aus dem Arbeitsvertrag.
Er ist dem Arbeitnehmer bzw. freien Dienstnehmer unverzüglich nach Beginn des
Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.
Aber: Wenn Arbeitsvertrag den gesamten Mindestinhalt des Dienstzettels umfasst, ist kein
Dienstzettel nötig.
Im Gegensatz zum konstitutiv wirkenden Arbeitsvertrag wirkt der Dienstzettel bloß deklarativ.
Rechtsgrundlagen: In Österreich AVRAG, im Unionsrecht Nachweis-Richtlinie.
(stammt aber aus Angestelltenrecht, für freie DN im ABGB)
Angaben im Dienstzettel (§ 2 AVRAG):
- Name & Anschrift AN
- Name & Anschrift AG
- Beginn des Arbeitsverhältnis
- Ende des Arbeitsverhältnis (wenn befristet)
- Kündigungsfrist, Kündigungstermin
- gewöhnlicher Arbeitsort
- Schema-Einstufung
- vorgesehene Verwendung
- Anfangsbezug, Entgeltsfälligkeit
- Erholungsurlaub
- vereinbarte Normalarbeitszeit
- Bezeichnung der anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung und wie diese aufliegen
- Betriebliche Vorsorgekasse
- allfällige Informationen zu einer Auslandsentsendung
Anstatt bestimmter Angaben können auch Verweise auf die anzuwendenden Gesetze oder KVs
erfolgen.
Der Dienstzettel bringt dem AN auch Risiko:
Durch die Konkretisierung der Arbeitsbedingungen besteht die Gefahr einer erheblichen Abweichung
vom Arbeitsvertrag. Wenn sich der AN nicht auf einen schriftlichen, anders-lautenden Arbeitsvertrag
berufen kann, gerät er in Beweisnot.
Dem begegnet der OGH damit, dass er den Dienstzettel nur als Wissenserklärung deutet.
Demnach ist das lesen und unterschreiben eines abweichenden Dienstzettels durch einen AN keine
auf die Abänderung des Vertrages gerichtete Willenserklärung.
Dienstzettel und Arbeitsvertrag sind beide gebührenfrei.
War früher anders, deswegen werden noch immer oft als Dienstzettel titulierte Dokumente
ausgestellt.
Unterschiede: Arbeitsvertrag Dienstzettel
formlos Schriftlichkeitserfordernis
ABGB AVRAG, Nachweis-RL
konstitutiv deklarativ
Konsens zweier Willenserklärungen bloß Wissenserklärung (OGH)

21
Q
  1. Bedarf die Beschäftigung von Ausländern einer Genehmigung?
A

Zum Schutz des inländischen Arbeitsmarktes wurde die Beschäftigung von Ausländern durch
das Ausländerbeschäftigungsgesetz Beschränkungen unterworfen.
Grundsatz: Einheitliche Vorgangsweise im Aufenthalts und Arbeitsmarktrecht.
- Einheitliche Antragsverfahren
- kombinierte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis
Gemäß AuslBG darf ein Ausländer nur beschäftigt werden, wenn dem Arbeitgeber für diesen:
- eine Beschäftigungsbewilligung (vom AMS)
- Entsendebewilligung erteilt
- eine Anzeigebestätigung
ausgestellt wurde.
oder wenn der Ausländer eine:
- Rot-Weiß-Rot Karte
- Blaue EU Karte
- Künstler – Aufenthaltsbewilligung
- Rot-Weiß-Rot Karte plus
- Aufenthaltsberechtigung plus
- einen Befreiungsschein nach AuslBG
- einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt-EU“
besitzt.
Ob eine Beschäftigung iSd. Ausländerbeschäftigungsgesetz vorliegt, ist nach dem wirtschaftlichen
Gehalt des Sachverhalts zu werten.
Beispiel: Arbeiter-Gesellschafter einer Personengesellschaft kann Beschäftigung iSd. AuslBG sein.
Die wesentlichsten Ausnahmen bestehen im Zusammenhang mit der EU, so ist die
Arbeitnehmerfreizügigkeit im AEUV ausdrücklich garantiert

22
Q
  1. Wodurch unterscheidet sich eine Beschäftigungsbewilligung nach dem
    AuslBG von der „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“?
A

Die Beschäftigungsbewilligung wird von der regionalen Geschäftsstelle des AMS auf Antrag des
Arbeitgebers für einen bestimmten Arbeitsplatz ausgestellt und gilt für das gesamte Bundesgebiet.
Der Arbeitsplatz ist nicht bloß örtlich zu verstehen, sondern bezieht auch die Tätigkeit des AN mit
ein.
Wenn der AN auf einem neuen Arbeitsplatz beschäftigt ist, wenn dies länger als eine Woche dauert,
eine neue Beschäftigungsbewilligung nötig.
Die Beschäftigungsbewilligung ist zu befristen und darf jeweils längstens für die Dauer eines Jahres
erteilt werden.
(Ausnahme: Bei Lehrlingen für die gesamte Lehrzeit + Behaltezeit zu erteilen)
Wenn die Voraussetzungen (Arbeitsmarktprüfung, keine Verletzungen des AuslBG durch den AG,
keine altersbedingten Kündigungen durch den AG …) für die Erteilung einer
Beschäftigungsbewilligung vorliegen, besteht eine Rechtsanspruch darauf.
Beschäftigungsbewilligungen können beliebig oft verlängert werden.
Wird eine Beschäftigungsbewilligung nicht verlängert, tritt die Wirkung der Nichtverlängerung erst
mit Ablauf von Kündigungsfrist und Kündigungstermin ein.
Der AN kann also noch solange beschäftigt werden, wie er im Falle einer Kündigung noch zu
beschäftigen wäre.
Rot-Weiß-Rot Karte plus:
Die Rot-Weiß-Rot Karte plus sieht aus wie eine Scheckkarte und berechtigt zur Niederlassung in
Österreich und zum unbeschränkten Arbeitsmarktzugang.
Inhaber einer Rot-Weiß-Rot Karte plus können jederzeit den Arbeitgeber wechseln, ohne eine
neue Bewilligung beantragen zu müssen.
Inhaber einer Rot-Weiß-Rot Karte können eine Rot-Weiß-Rot Karte plus beantragen, wenn sie
innerhalb der letzten zwölf Monate zumindest zehn Monate entsprechend ihrer Qualifikation
beschäftigt waren.
Familienangehörige von Inhabern einer Rot-Weiß-Rot Karte und von Inhabern einer Blauen-Karte-
EU können gleich eine Rot-Weiß-Rot – Karte plus beantragen.
Die Rot-Weiß-Rot – Karte plus wird für ein Jahr ausgestellt.
Personen, die bereits zwei Jahre rechtmäßig in Österreich niedergelassen waren und das Modul 1 der
Integrationsvereinbarung erfüllen, können eine Rot-Weiß-Rot – Karte plus mit einer Gültigkeitsdauer
von drei Jahren erhalten.

23
Q
  1. Können eine kalendermäßige und eine objektiv bestimmbare Befristung
    miteinander kombiniert werden?
A

Die Dauer einer Befristung kann grundsätzlich kalendermäßig fixiert sein oder an ein bestimmtes
Ereignis anknüpfen, dessen Eintritt feststeht.
Nach der Rechtsprechung genügt es, wenn der Endzeitpunkt objektiv feststellbar ist und nicht
willkürlich durch die Vertragsparteien beeinflusst werden kann.
Eine Absehbarkeit muss jedoch gegeben sein, da sich sonst die objektiv bestimmbare Befristung an
eine auflösende Bedingung annähert.
Laut Rechtsprechung muss der befristete Arbeitsvertrag auch Anhaltspunkte über den möglichen
Endigungszeitpunkt enthalten.
Für die Universität gibt es sondergesetzliche Bestimmungen zur Befristung, welche die
Beschäftigung von Ersatzkräften als zulässigen Grund für eine Befristung ausdrücklich anerkennen.
Hier genügt es für die Bestimmbarkeit, wenn aus dem Vertrag deutlich wird, für wen die Ersatzkraft
eingestellt ist.
Die Kombination von kalendermäßigen und objektiv bestimmbaren Befristungen ist möglich
(„doppelte Befristung“).
Beispiel: Befristung für die Dauer der krankheitsbedingten Abwesenheit eines anderen AN, längstens
bis zum Ende des Kalenderjahres.
Zu beachten ist aber, dass einige Kollektivverträge befristete Arbeitsverhältnisse nur zulassen, wenn
Beginn- und Beendigungstag kalendermäßig festgestellt sind.
Befristungen nach dem Vertragsbedienstetengesetz (VBG) müssen von vornherein auf eine zeitlich
begrenzte Arbeit oder auf eine kalendermäßig bestimmte Zeit lauten.
Wird nach Ablauf der Frist weitergearbeitet und auch keine weitere zeitliche Begrenzung vereinbart,
ist die Befristung hinfällig und ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als konkludent vereinbart
anzunehmen.

24
Q
  1. Wann spricht man von einem Kettendienstvertrag? Sind

Kettenarbeitsverträge – zumindest für gewisse Arbeitnehmergruppen – zulässig?

A

Von einem Kettendienstvertrag spricht man bei der Aneinanderreihung von mehreren befristeten
Arbeitsverhältnissen.
Dies ist problematisch, da befristete Arbeitsverhältnisse mit Ablauf der Frist automatisch enden, und
somit kein Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer besteht.
Auch weitere Nachteile auf Grund der nur kurzen Dienstverhältnisse entstehen den Arbeitnehmern,
zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit nach dem
AngG.
Die Frage nach der sachlichen Rechtfertigung stellt sich bereits bei einmaliger Aneinanderreihung,
bei zweimaliger ist ein umso strengerer Maßstab anzulegen.
Die Rechtsprechung lässt eine Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverhältnissen nur in
Ausnahmefällen zu, wenn es wirtschaftlich und sozial begründet ist.
Eine nicht gerechtfertigte Befristung ist nichtig (Teilnichtigkeit des Arbeitsvertrags).
Auch die EU Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge verpflichtet die Mitgliedsstaaten
Missbrauch durch befristete Arbeitsverträge zu verhindern.
Keine berechtigte Ausnahme wären zum Beispiel ausländische Beschäftigte mit
Beschäftigungsbewilligung.
Da die Wirkungen einer Nichtverlängerung der Beschäftigungsbewilligung erst mit dem Zeitpunkt
eintreten, der sich aus den die Rechte des ausländischen Arbeitnehmers sichernden gesetzlichen und
kollektiven Normen ergibt (Kündigungsfrist und Kündigungstermine), ist eine solche Befristung
nicht sachlich gerechtfertigt.
Berechtigte Ausnahmen bestehen für:
- journalistische Mitarbeiter des ORF
- parlamentarische Mitarbeiter von Nationalratsabgeordneten
- Universitätsbedienstete
- Beschäftigung mit DL-Scheck
Die Judikatur wendet die Überlegung zum Kettendienstvertrag auch auf befristete Ansprüche aus
dem Arbeitsvertrag an.

25
Q
  1. Kann aus dem Mutterschutzgesetz ein Verbot befristeter Arbeitsverträge
    abgeleitet werden?
A

Die sachliche Rechtfertigung von Befristungen besitzt auch im Bereich des Mutterschutzgesetzes
wesentliche Bedeutung.
Um die Benachteiligung werdender Mütter durch befristete Arbeitsverhältnisse zu verhindern, sieht
das Mutterschutzgesetz eine Ablaufhemmung vor.
Demnach ist der Ablauf der Frist eines befristet geschlossenen Dienstvertrags von der Meldung der
Schwangerschaft bis zum Beginn des Beschäftigungsverbots (8 Wochen vor Entbindung) gehemmt
(§ 10a MSchG).
Außer: Befristung sachlich gerechtfertigt oder im Gesetz vorgesehen.
(z.B.: Vertretung, zur Ausbildung oder Erprobung, für die Saison)
Die Beweislast für die sachliche Rechtfertigung trägt der Arbeitgeber.