F176-200 Flashcards
- Wie hoch ist die allgemeine Grenze für Überstunden pro Kalenderjahr
in Österreich?
Das AZG erlaubt Überstundenarbeit in erster Linie bei Vorliegen eines erhöhten
Arbeitsbedarfs.
Das Höchstmaß an Überstunden ergibt sich aus § 7 AZG
Grundsätzlich darf die Arbeitszeit wöchentlich um 5 Überstunden und darüber
hinaus um höchstens 60 Überstunden innerhalb eines Kalenderjahres verlängert
werden (=> 320 Überstunden pro Jahr).
Grenzen:
Höchstens 10 Überstunden pro Woche, höchstens 10 Arbeitsstunden pro Tag.
Der Kollektivvertrag kann darüber hinaus 5 weitere Überstunden pro Woche
zulassen.
Für bestimmte Branchen (z.B.: Gastgewerbe) kann der KV 10 weitere Überstunden
wöchentlich zulassen.
Die Tagesarbeitszeit darf höchstens zehn Stunden betragen.
Besondere Grenzen:
- Arbeitsbereitschaft (bis zu 13 Tagesarbeitsstunden und 60 Wochenarbeitsstunden)
- Besonderer Arbeitsbedarf zur Verhinderung eines wirtschaftlichen Nachteils
(bis zu 60 Wochenarbeitsstunden in bis zu 24 Kalenderwochen)
- Vor- und Abschlussarbeiten (nur halbe Stunde täglich)
- Vertretung eines AN, wenn andere AN als Vertretung unmöglich ist
- Drohender Gefahr für Menschen oder Güter (z.B. drohendes Verderben)
- Wann ist ein Arbeitnehmer verpflichtet, Überstunden zu erbringen?
Die Überstunden-Höchstgrenzen des AZG regeln nur die Rahmenbedingungen für die
Zulässigkeit von Überstunden, bedeuten aber keine Verpflichtung des AN.
Mögliche Rechtsgrundlagen für einer Verpflichtung des Arbeitnehmers:
- Gesetz
- Arbeitsvertrag
- Kollektivvertrag
- Betriebsvereinbarung
- Treuepflicht (bei Betriebsnotstand)
(Gefahr einer Pönalzahlung wegen er verspäteten Auftragserledigung begründet
jedoch keinen Betriebsnotstand.)
Ein Arbeitnehmer kann sogar bei vertraglicher Verpflichtung und rechtlicher
Zulässigkeit Überstunden ablehnen, wenn seine berücksichtigungswürdigen Interessen
entgegenstehen.
Generell gilt:
Je triftiger die Gründe des Arbeitgebers, Überstunden zu fordern, sind, desto
gravierender haben die vom Arbeitnehmer angeführten Gründe zu sein.
Fraglich ist, ob schwer rückgängig zu machende Freizeitgestaltung des AN ein
berücksichtigungswürdiger Grund ist.
Die unbegründete Nichtbefolgung einer objektiv gerechtfertigten
Überstundenanordnung kann sogar einen Entlassungsgrund darstellen!
Die Verweigerung von nach dem AZG unzulässiger Überstundenarbeit kann aber
niemals einen Entlassungsgrund bilden.
Bei bewusster, systematischer Verletzung des Arbeitszeitrechts kannt allein die
Anordnung gesetzwidriger Überstunden bereits einen Austrittsgrund für den
Arbeitnehmer darstellen.
à
Ein AN kann zur Erbringung von Überstunden gezwungen sein, wenn:
1. Ein Rechtsgrund (Arbeitsvertrag, Gesetz, KV, BV) für eine solche Pflicht
vorliegt
2. Die Überstunden die Grenzen des AZG nicht verletzen
3. Keine berücksichtigungswürdigen Interessen des AN dem entgegenstehen
- Kann der Arbeitgeber verlangen, dass anstelle eines
Überstundenzuschlags der Arbeitnehmer Zeitausgleich nimmt? Können
Normen der kollektiven Rechtsgestaltung auf die Konsumation von
Zeitausgleich einwirken?
Generelle Voraussetzung für die Vergütung von Überstunden ist, dass sich der
Arbeitgeber mit deren Leistung einverstanden erklärt, entweder weil diese auf seine
Anordnung hin geleistet wurden oder weil er sie duldet und die Leistung
entgegennimmt.
Für Überstunden gebührt ein Zuschlag von 50% oder eine Abgeltung durch
Zeitausgleich im Verhältnis 1:1,5.
(§ 10 AZG)
Ob Überstundenzuschlag oder Zeitausgleich überlässt das AZG der
Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Fehlt es an einer Vereinbarung, dann gebührt eine Abgeltung in Geld.
Der Kollektivvertrag kann aber festgelegen, dass mangels Vereinbarung eine
Abgeltung in Geld oder durch Zeitausgleich zu erfolgen hat.
Die Betriebsvereinbarung kann eine solche Regelung nur dann treffen, wenn der KV
keine entsprechende Bestimmung enthält oder wenn kein KV zur Anwendung
gelangt.
- Kann ein Arbeitnehmer Zeitausgleich für angefallene Überstunden
einseitig in Anspruch nehmen?
Der Zeitpunkt für den Verbrauch von Zeitguthaben bedarf grundsätzlich einer
Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Eine einseitige Inanspruchnahme von Zeitausgleich kann nur nach Maßgabe des
§ 19f Abs. 2 und 3 AZG erfolgen.
(Außer Sondergesetz, KV oder BV sehen etwas anderes vor)
Besteht zwar dem Grunde nach eine Vereinbarung über Zeitausgleich (z.B. im
Arbeitsvertrag), wurde aber anlässlich eines konkreten Überstundenanfalls keine
Regelung über den Zeitpunkt des Zeitausgleichs getroffen, dann sieht das AZG eine
Sechs-Monate-Frist vor, in der Zeitausgleich zu gewähren ist.
___Diese Sechs-Monate-Frist beginnt bei Gleitzeit mit dem Ende der Gleitzeitperiode,
ansonsten (besonders bei fixer Arbeitszeit) beginnt sie am Ende des Kalendermonats. ___
Falls der Zeitausgleich der angefallenen Überstunden nicht innerhalb der Sechs-
Monate-Frist gewährt wird, kann der Arbeitnehmer den Zeitpunkt des
Zeitausgleichs einseitig bestimmen.
Voraussetzungen: Ankündigung vier Wochen vorher,
keine zwingenden betrieblichen Erfordernisse stehen dem entgegen___
Kommt es zu keiner (einseitigen) Inanspruchnahme des Zeitausgleichs tritt an dessen
Stelle der Geldanspruch auf Überstundenvergütung.
Dies gilt ___auch im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn der KV nichts
anderes vorsieht.
- Kann anstelle der Einzelabgeltung von Überstunden eine
Überstundenpauschale vereinbart werden? Welche Vor- und Nachteile
hätte eine Überstundenpauschale für den Arbeitgeber bzw. für den
Arbeitnehmer?
Die Vergütung der geleisteten Überstunden kann grundsätzlich auch durch eine
Überstundenpauschale erfolgen.
Rechtsprechung: Überstundenpauschale jedenfalls zulässig, wenn es für den
Arbeitnehmer (einfach) ermittelbar ist, in welcher Höhe das Entgelt für die
Normalarbeitszeit und in welcher Höhe die Überzahlung für die Überstundenleistung
gewährt wird.
Die ältere Rechtsprechung leitete besonders aus dem Schutzzweck des § 10 AZG zur
Überstundenabgeltung ab, dass sowohl die Zahl der durchschnittlich zu leistenden
Normalstunden und die Zeit der zu leistenden Überstunden ersichtlich sein muss.
Eine Pauschale darf nicht unter jene Vergütung sinken, die sich durch eine
durchschnittliche Berechnung der tatsächlich erbrachten Überstunden zuzüglich
der Zuschläge ergeben würde.
Der Arbeitnehmer kann über die Pauschale hinausgehende Ansprüche jederzeit
geltend machen!
Alleine aus der überkollektivvertraglichen Entlohnung eines AN kann aber nicht
geschlossen werden, dass die Überbezahlung als Pauschale für Überstunden vereinbart
ist.
Mangels Vereinbarung sind die Überstunden dann einzeln zu vergüten.
Wurde eine Pauschalentlohnung der Überstunden ohne Widerrufs-Vorbehalt
vereinbart, so kann auch im Falle einer Verringerung der Überstundenleistung die
Vereinbarung nicht mehr einseitig widerrufen werden. (Vorteil für den AN!)
Zwischen entgeltrechtlicher Zulässigkeit und Arbeitszeit-Höchstgrenzen ist zu
unterscheiden, beides ist zu prüfen.
Sonderfall: Leitende Angestellte:
Vom AZG ausgenommen, deshalb nicht vom Schutzzweck des §10 AZG erfasst.
-> AG & AN sind bei der Vereinbarung von Überstundenpauschalen und All-in-
Klauseln weitgehend frei.
Mit Hilfe der Überstundenpauschale darf ein kollektivvertraglicher Mindestlohn nicht unterwandert werden! (…also KV-Mindestlohn bezahlt und darin schon Überstundenpauschale integriert)
- Was versteht man unter Wochenruhe, Wochenendruhe und
Ersatzruhe?
Wochenruhe, Wochenendruhe und Ersatzruhe sind im §2 Arbeitsruhegesetz
definiert.
Wochenendruhe:
§3 ARG
Die 36-stündige Ruhezeit in der Kalenderwoche, in die auch der Sonntag fällt.
Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Wochenendruhe, sofern nicht eine Ausnahme
wie Brandschutz, gesundheitliche Betreuung oder Reinigung vorliegt.
(Ausnahmen: §10 ARG)
Wochenruhe:
§4 ARG
Wochenruhe bedeutet ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden.
Auf diese hat jeder Anspruch, der am Wochenende beschäftigt wird.
(Ersatz für Wochenendruhe)
Ersatzruhe:
§6 ARG
Wer in seiner wöchentlichen Ruhezeit (=Wochenendruhe und Wochenruhe)
beschäftigt wird, hat in der nächsten Kalenderwoche Anspruch auf Ersatzruhe, wenn
er innerhalb von 36 Stunden vor Beginn seiner nächsten Arbeitswoche beschäftigt
wurde.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer ist im Rahmen der Fünf-Tage-Woche beschäftigt, wobei die
Arbeitszeit auf die Werktage Montag bis Freitag verteilt ist. Arbeitsbeginn ist jeweils
um 8 Uhr. Arbeitet nun der Arbeitnehmer ausnahmsweise am Samstag von 8 bis 12
Uhr, so entsteht kein Anspruch auf Ersatzruhe, da der Arbeitnehmer nicht innerhalb
der letzten 36 Stunden vor Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche (somit
innerhalb des Zeitraums von Samstag, 20 Uhr bis Montag, 8 Uhr) beschäftigt wurde.
Erbringt der Arbeitnehmer hingegen Arbeitsleistungen am Sonntag von 8 bis 12 Uhr,
so hat er Anspruch auf eine vierstündige Ersatzruhe in der nächsten Arbeitswoche.
- Gebührt für Feiertagsarbeit Ersatzruhe oder Entgelt?
An gesetzlichen Feiertagen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ununterbrochene
Ruhezeit von 24 Stunden.
Diese muss frühestens um 0 Uhr und spätestens um 6 Uhr des Feiertags beginnen.
Jeder AN behält seinen Entgeltanspruch auch für freie Feiertage zur Gänze.
Wird aber am Feiertag gearbeitet, so ist diese Arbeit zusätzlich zu entlohnen.
Häufig sehen Kollektivverträge zudem einen Sonn- und Feiertagszuschlag von
100 % vor.
An Stelle der finanziellen Abgeltung kann auch Zeitausgleich vereinbart werden, der
mindestens einen Kalendertag oder 36 Stunden umfassen muss. ___
Beispiel: An einem Feiertag wird gearbeitet, wobei Überstunden geleistet werden.
Es gebühren das regelmäßige Entgelt, der Lohn für die tatsächlich geleistete Arbeit, der
Überstundenzuschlag, der für Feiertagsarbeit häufig durch Kollektivvertrag mit 100 %
festgesetzt wird, und – soweit vorgesehen – der Zuschlag für die Feiertagsarbeit. ___
Der Unterschied zwischen Arbeiten während der wöchentlichen Ruhezeit und der
Arbeit an Feiertagen besteht also darin, dass aus Arbeit an Feiertagen kein
Ersatzruheanspruch, sondern nur ein Entgeltanspruch erwächst. ___
___
Und für Sonntagsarbeit???
Sonderregelung: 8. Dezember (Mariä Empfängnis)
(Beschäftigung von Arbeitnehmern in Verkaufsstellen zulässig, der AN kann dies aber
ablehnen und darf dafür nicht benachteiligt werden.)
- Erläutern Sie die Begriffe Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst!
Differenziert das AZG zwischen diesen beiden Begriffen?
Arbeitsbereitschaft
- Alte Definition (deutscher Arbeitsrechtler Walter Kaskel):
„wache Achtsamkeit im Zustand der Entspannung“
- Materialien zum AZG:
„Jene Zeit, während der sich der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber an einer von diesem
bestimmten Stelle zur jederzeitigen Verfügung zu halten hat, auch wenn der
Arbeitnehmer während dieser Zeit keine Arbeit verrichtet“
Bereitschaftsdienst:
- „Dienstzeit, in der der Arbeitnehmer am Arbeitsort einsatzbereit sein muss, sich aber
durchaus ausruhen und schlafen darf.
Entscheidend zur Arbeitsbereitschaft ist nach Ansicht des OGH ausschließlich, dass
sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufzuhalten hat, um
im Bedarfsfall jederzeit die Arbeitsleistung aufnehmen zu können.
Das Erfordernis der „wachen Achtsamkeit“ wird nicht mehr als notwendig erachtet.
Damit umfasst die Arbeitsbereitschaft aber auch jene Fälle, die bisher unter dem
Begriff des Bereitschaftsdienstes subsumiert wurden.
Der Bereitschaftsdienst ist eben dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer am
Arbeitsort einsatzbereit sein muss, sich aber während der Dauer des
Bereitschaftsdienstes durchaus ausruhen und schlafen darf.
Das AZG nennt nur den Begriff der Arbeitsbereitschaft, es differenziert also nicht
zwischen Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst.
- Erläutern Sie den Begriff der Rufbereitschaft! Handelt es sich hiebei
um Arbeitszeit im Sinn des AZG?
Im Fall von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst ist der Arbeitnehmer
verpflichtet, sich am Arbeitsort aufzuhalten, damit er die Tätigkeit jederzeit
aufnehmen kann.
Dieses örtliche Naheverhältnis zum Betrieb ist bei der Rufbereitschaft nicht
gegeben. Die Rufbereitschaft ist vielmehr dadurch charakterisiert, dass der
Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort selbst wählen kann, dort aber jederzeit
erreichbar sein muss, damit er in kurzer Zeit seine dienstlichen Tätigkeiten
aufnehmen kann.
Der Arbeitnehmer kann über die Verwendung dieser Zeit weitgehend selbst
bestimmen.
Die Rufbereitschaft nähert sich aber dem Bereitschaftsdienst, wenn der Arbeitnehmer
zwar den Aufenthaltsort selbst bestimmen kann, er jedoch hinsichtlich der
Verwendung seiner Zeit in besonderer Weise eingeschränkt ist.
Dies kann sich etwa aus der großen Wahrscheinlichkeit seines Arbeitseinsatzes, aus
der Dringlichkeit und Bedeutung seines Einsatzes und den persönlichen
Einschränkungen während der Rufbereitschaft (keinerlei Alkoholgenuss; keine
Anstrengungen, die zu einer übermäßigen Ermüdung führen) ergeben.
Die Rufbereitschaft ist nicht als Arbeitszeit im engeren Sinn zu qualifizieren.
Dennoch wurde sie in das AZG und in das ARG aufgenommen (Arbeitszeit im
weiteren Sinn).
Rufbereitschaft darf außerhalb der Arbeitszeit nur an zehn Tagen pro Monat vereinbart
werden.
Der KV kann hierfür aber einen Durchrechnungszeitraum von 30 Tagen festlegen.
Rufbereitschaft ist außerdem nur während zwei wöchentlichen Ruhezeiten pro Monat
zulässig.
Beschränkungen hinsichtlich der Vereinbarung von Rufbereitschaft finden sich sowohl
im AZG als auch im ARG. Gem § 20a AZG. Der Kollektivvertrag kann allerdings zulassen,
dass Rufbereitschaft innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten an 30 Tagen
ver- einbart werden kann (zB im ersten Monat 20 Tage, im zweiten 5 Tage und im
dritten Monat ebenfalls 5 Tage). Außerdem ist gem § 6a ARG. ___
Leistet der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft Arbeiten, dann kann die
Tagesarbeitszeit bis auf zwölf Stunden ausgedehnt werden, wenn innerhalb von zwei
Wochen ein entsprechender Ausgleich erfolgt.
- Wann spricht man von Wohnungsbereitschaft?
Wohnungsbereitschaft bildet eine Zwischenstufe zwischen Arbeitsbereitschaft und
Rufbereitschaf.
Sie liegt vor, wenn der Mitarbeiter sich in seiner Wohnung aufhalten und von
sich aus bei Eintritt von von ihm zu beobachtenden Umständen seine dienstliche
Tätigkeit aufnehmen muss.
Ob die Wohnungsbereitschaft der Arbeitsbereitschaft oder der Rufbereitschaft
zuzuordnen ist, kann nur mittels Einzelfallbetrachtung geklärt werden.
Die Gebundenheit an die Wohnstätte in Kombination mit kontrollierender,
beobachtender oder sonst überwachender Tätigkeit wird eher für das Vorliegen von
Arbeitsbereitschaft sprechen.
Reduziert sich die beobachtende Tätigkeit hingegen darauf, ob das Telefon läutet, wird
von bloßer Rufbereitschaft im Sinne des AZG und des ARG auszugehen sein.
- Beurteilen Sie das Phänomen der Reisezeiten aus arbeitszeitrechtlicher
und entgeltrechtlicher Sicht!
Reisezeit liegt vor, wenn der AN vorübergehend seinen Dienstort verlässt, um
anderswo seine Arbeitsleistung zu erbringen, aber während der Reise keine
Arbeitsleistung zu erbringen hat.
Sowohl die Intensität der Inanspruchnahme des AN (Lenken eines KFZ) als auch die
Verrichtung von Arbeit während der Reise (z.B. im Zug) kann dazu führen, dass die
Zeit von A nach B als vollwertige Arbeitszeit im Sinne des AZG anzusehen ist!
Beispiel 1:
Seminar in Wien für Angestellten aus Graz.
Für die Hin- und Rückreise verwendet er seinen privaten Pkw.
Das Lenken des Pkw führt auf Grund der starken Inanspruchnahme des Dienstnehmers
jedenfalls dazu, dass die Dienstreise als vollwertige Arbeitszeit anzusehen ist.
Beispiel 2:
Ein Angestellter fertigt während der Zugfahrt seinen Reisebericht über die besuchte
Fortbildungsveranstaltung an und arbeitet gleichzeitig Verbesserungsvorschläge für das
Unternehmen aus.
Die Zeit während der Zugfahrt ist als vollwertige Arbeitszeit zu werten.
Beispiel 3:
Ein Arbeitnehmer wird im Anschluss an eine auswärtige Fachtagung zu einem Empfang mit
den Ehrengästen geladen.
Derartige Veranstaltungen (Rahmenprogramm) sind regelmäßig nicht als Arbeitszeit im Sinne
des AZG zu qualifizieren.
Handelt es sich um Reisezeiten, können zwar die Höchstgrenzen der Arbeitszeit
überschritten werden, das AZG kommt aber grundsätzlich zur Anwendung.
Damit sind auch die Regelungen zum Überstundenzuschlag beachtlich.
Bestehen während der Reisezeit ausreichende Erholungsmöglichkeiten, kann die
tägliche Ruhezeit verkürzt werden.
Durch Kollektivvertrag kann festgelegt werden, in welchen Fällen ausreichende
Erholungsmöglichkeiten gegeben sind.
Bestehen während der Reisezeit keine ausreichenden Erholungsmöglichkeiten, kann
die tägliche Ruhezeit durch Kollektivvertrag höchstens auf acht Stunden verkürzt
werden.
Während der Wochenend- und Feiertagsruhe dürfen Dienstreisen nur
vorgenommen werden, wenn dies zur Erreichung des Reiseziels notwendig (z.B.
Seminar beginnt Montag um 8:00) oder im Interesse des Arbeitnehmers gelegen ist
(z.B. rasche Heimreise).
Der Anspruch auf Bezahlung der Reisezeiten ist abhängig von der
arbeitszeitrechtlichen Beurteilung.
Ist die Dienstreise auf Grund einer entsprechenden Inanspruchnahme des
Dienstnehmers Arbeitszeit, dann ist auch zwingend ein Überstundenzuschlag zu
bezahlen.
Liegt aber (mangels Intensität der Inanspruchnahme) keine Arbeitszeit vor, ist von
einem geringeren Entgelt auszugehen.
Mangels Vereinbarung von dem angemessenen Entgelt (§1152 ABGB).
Wurde jedoch für die Dienstleistungen des Arbeitnehmers im Dienstvertrag ein
Entgelt vereinbart, so gebührt dem AN für die zu diesen Dienstleistungen gehörenden
Reisezeiten mangels anderer Vereinbarung das volle Entgelt.
Löschnigg: Aktive / Passive Reisezeit
- Wann spricht man von gleitender Arbeitszeit? Kann der Arbeitgeber
Gleitzeitregelungen durch Weisung einführen?
Gleitende Arbeitszeit liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines
vereinbarten Rahmens Beginn und Ende seiner täglichen Normalarbeitszeit
selbst bestimmen kann.
(Legaldefinition §4b AZG)
Gleitzeit kann ausschließlich durch Betriebsvereinbarung eingeführt werden, oder
wenn kein Betriebsrat existiert, durch schriftlichen Vereinbarung mit jedem
einzelnen Arbeitnehmer.
Um welchen Typus der BV handelt es sich?
Das AZG geht grundsätzlich von der Notwendigkeit der Zustimmung des
Betriebsrates aus.
Das würde einer notwendigen BV (§ 96 ArbVG) entsprechen.
Vor Inkrafttreten des § 4b AZG konnten sich Betriebsvereinbarungen über
Gleitzeitregelungen auf § 97 Abs. 1 Z 2 ArbVG stützen.
Das bedeutete eine erzwingbare BV.
Da nicht anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit der Erzwingbarkeit
ausschließen wollte, ist dies insofern zu kombinieren, dass von einem Fall der
notwendigen Mitbestimmung mit Zwangsschlichtung auszugehen ist.
Eine Gleitzeitvereinbarung hat einen gewissen Mindestinhalt zu enthalten, zum
Beispiel die Dauer des täglichen Gleitzeitrahmens und die Dauer der Gleitzeitperiode
(=Durchrechnungsraum, z.B. ein Monat).
…warum dann nicht in §96a?
Nach Löschnigg dennoch notwendige BV mit Zwangss. anwendbar.
Noch keine Judikatur
- Zu den Mindestinhalten für Gleitzeitvereinbarungen zählt dem AZG
zufolge auch die Regelung der fiktiven Normalarbeitszeit. Was ist darunter
zu verstehen? Worin liegt die Bedeutung der Festlegung der fiktiven
Normalarbeitszeit?
Laut AZG hat die Gleitzeitvereinbarung auch Dauer und Lage der fiktiven
Normalarbeitszeit zu enthalten.
Fiktive Normalarbeitszeit: Beginn und Ende der täglichen und wöchentlichen
Arbeitszeit unter der Annahme, dass der Arbeitnehmer nicht gleiten kann.
Bedeutung:
- Dienstverhinderungen, die in diesen Zeitraum fallen, sind jedenfalls zu vergüten!
Es ist keine Prüfung vorzunehmen, ob der AN in diesem Zeitraum auch üblicherweise
gearbeitet hätte.
- Die fiktive Normalarbeitszeit dient auch zur Berechnung der Urlaubsansprüche,
wenn das Ausmaß des Erholungsurlaubes in Stunden festgelegt ist.
Schließlich ist die fiktive Normalarbeitszeit zur Grenzziehung zwischen
Normalarbeitszeit und Überstunden heranzuziehen, wenn die Arbeitszeit nicht vom
Arbeitnehmer selbst bestimmt, sondern angeordnet wird.
Beispiel:
Fiktive Arbeitszeit eines Arbeitnehmers ist Montag bis Freitag, 8.30 bis 17.00 Uhr (einschließlich
einer halbstündigen Mittagspause). Beginnt der Arbeitnehmer am Dienstag um 8.00
Uhr zu arbeiten, muss aber von 16.30 bis 18.00 Uhr an einer Teambesprechung teilnehmen,
wäre (nur) der Zeitraum von 17.00 bis 18.00 Uhr als Überstunde zu werten. ___
- Diskutieren Sie aus der Sicht des Arbeitgebers, ob es sinnvoll ist, dass
ein großes oder kleines Zeitguthaben bei Gleitzeitvereinbarungen in die
nächste Gleitzeitperiode übertragen werden kann!
Der Mindestinhalt einer Gleitzeitvereinbarung beinhaltet unter anderem das
Höchstausmaß allfälliger Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben und
Zeitschulden in die nächste Gleitzeitperiode.
(§ 4b Abs. 3 Z. 3 AZG)
Zeitguthaben, dass am Ende der Gleitzeitperiode in die nächste übertragen werden
kann, gilt nicht als Überstundenarbeit.
Insofern ist es für den Arbeitgeber besser, wenn ein großes übertragbares Höchstausmaß
vereinbart wird, da er sonst einen allfälligen Überstundenzuschlag zu bezahlen hat.
Was passiert bei Minus-Stunden?
Im Gesetz nicht geregelt.
Können natürlich in gewissem Ausmaß auch in die nächste Periode übertragen werden.
Für weiterer Minus-Stunden kann Entgelt auch im Sinne einer DV in der Sphäre des
AN gekürzt werden.
- Um welchen Typus von Betriebsvereinbarung handelt es sich bei einer
Betriebsvereinbarung über die Regelung gleitender Arbeitszeit?
Das AZG geht grundsätzlich von der Notwendigkeit der Zustimmung des
Betriebsrates aus.
Das würde einer notwendigen BV (§ 96 ArbVG) entsprechen.
Vor Inkrafttreten des § 4b AZG konnten sich Betriebsvereinbarungen über
Gleitzeitregelungen auf § 97 Abs. 1 Z 2 ArbVG stützen.
Das bedeutete eine erzwingbare BV.
Da nicht anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit der Erzwingbarkeit
ausschließen wollte, ist dies insofern zu kombinieren, dass von einem Fall der
notwendigen Mitbestimmung mit Zwangsschlichtung auszugehen ist.
vgl. §4b -> notwendige BV wäre Ergebnis von Lex Specialis und Posterior
Trotzdem Notwendige BV mit Zwangsschlichtung (teleologische Interpretation)