F251-275 Flashcards
- Erläutern Sie das sog Schadenersatzprinzip im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Kündigung!
Schadenersatzprinzip bedeutet, dass jede Kündigung das Arbeitsverhältnis grundsätzlich zu dem im Kündigungsausspruch enthaltenen Zeitpunkt beendet. Dabei ist vorab unwesentlich, ob dieser gesetzlich oder vertraglich gedeckt ist.
Sinn: Schutzgedanke des Arbeitsrecht
(Risiko einer falschen Lösungserklärung soll nicht dem Erklärungsempfänger treffen, insbesondere nicht den wirtschaftlich schwächeren Arbeitnehmer.)
Das Schadenersatzprinzip knüpft an die Regeln über die vorzeitige Beendigung des
Arbeitsverhältnisses an und gewährt die im Falle ungerechtfertigter Lösung gebührenden
Ersatzansprüche analog.
(Diese Analogie wird teilweise mit dem Argument abgelehnt, dass der massive Vorwurf einer rechtswidrigen Entlassung mit einer zeitwidrigen Kündigung nicht vergleichbar sei.
In beiden Fällen handelt es sich aber um Vertragsauflösung unter Verletzung der entsprechenden Rechtsvorschriften.)
In der Zeit zwischen dem verfehlten und dem ordnungsgemäßen Kündigungstermin besteht für den Arbeitnehmer keine Arbeitspflicht mehr, da das Arbeitsverhältnis beendet ist.
Bei zeitwidriger Arbeitgeberkündigung kann der Arbeitnehmer wie im Falle unbegründeter Entlassung (analog) Schadenersatz (= „Kündigungsentschädigung“) verlangen.
Die Präklusivfristen zur ungerechtfertigten Entlassung (6 Monate ab Ausspruch der zeitwidrigen Kündigung) kommen ebenfalls analog zu Anwendung.
Auch wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis zeitwidrig aufkündigt, steht dem
Arbeitgeber analog zum unberechtigten Austritt ein Anspruch auf Schadenersatz zu.
Dieser Anspruch wird aber nur selten geltend gemacht.
- Erläutern Sie das sog Konversionsprinzip im Zusammenhang mit einer rechtswidrigen Kündigung!
Das Konversationsprinzip steht im Gegensatz zum herrschenden Schadenersatzprinzip.
Das herkömmliche Konversionsverständnis besteht darin, dass das zunächst angestrebte, jedoch mit Nichtigkeit bedrohte Rechtsgeschäft in einen anderen – erlaubten – Geschäftstyp umgedeutet wird.
(Bei der Umdeutung einer zeitwidrigen in eine ordentliche Kündigung liegt keine Konversion in diesem Sinne vor, da keine Umdeutung in ein anderes Rechtsgeschäft angestrebt ist.)
Die Befürworter des Konversionsprinzips argumentieren damit, dass aus Sicht des
Erklärenden von einem Versehen auszugehen ist, also die Absicht einer ordnungsgemäßen
Kündigung bestehe.
Damit berücksichtigt das Konversionsprinzip die Interessen des Erklärungsempfängers aber zu wenig.
Dies widerspricht aber dem Schutzgedanken des Arbeitsrechts, weshalb das Konversionsprinzip abzulehnen ist.
OGH: Die Nennung eines unrichtigen Termins ist nur dann irrelevant, wenn unter
Berücksichtigung aller Umstände der Gekündigte zweifelsfrei erkennen musste, dass der
Kündigende ordnungsgemäß kündigen wollte.
Dementsprechend bleibt es bei dem Schadenersatzprinzip, dem Kündigenden ist nur unter restriktiver Anwendung der Irrtumsregeln die Möglichkeit zu bieten, die fehlerhafte Kündigung ohne unnötigen Verzug zu korrigieren.
Die Ansicht der Wissenserklärungstheorie, dernach die Kündigung in einen rechtswirksamen Teil mit der Willenserklärung zu kündigen und einen rechtsfolgenlosen Teil mit einer Wissenserklärung, wann der Beendigungszeitpunkt sei, zu trennen sei, ist nicht zu folgen.
Die Zerlegung eines Rechtsgeschäfts in konstitutive und deklaratorische Elemente würde einen unerträglichen Grad der Rechtsunsicherheit schaffen.
- Kann während des Erholungsurlaubes gekündigt werden?
Das Recht zu kündigen bleibt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch während des Erholungsurlaubs des AN aufrecht.
Ältere Rechtsprechung war, dass im Falle einer kurzen Kündigungsfrist (z.B.: 14 Tage) diese erst mit dem Ende des Urlaubs zu laufen beginnt.
Aktuelle Rechtsprechung:
Eine den Erholungszweck zufolge kurzer Kündigungsfrist vereitelnde Kündigung wird als zeitwidrig betrachtet.
Sie löst zwar das Dienstverhältnis zum vorgesehenen Termin, dem Dienstnehmer gebührt jedoch Kündigungsentschädigung bis zum Ende der Kündigungsfrist einer den Erholungszweck nicht beeinträchtigenden Kündigung.
Voraussetzung: Ordnungsgemäßer Zugang der Kündigung.
Bei längeren Kündigungsfristen wurde eine Kündigung während des Urlaubs als zugegangen anerkannt, wenn sie an die Wohnadresse des Arbeitnehmers postordnungsgemäß zugestellt wurde.
Dem ist nicht zu folgen, vielmehr trifft den Arbeitgeber das erhöhte Risiko eines Nichtzuganges der Kündigung während des Urlaubs.
Ausnahmen:
- Wenn der AN auf Grund einer besonderen Pflicht verhalten ist, auch im Urlaub erreichbar zu sein (z.B. wegen einer besonders wichtigen Position).
- Wenn eine Entlassung mit dem Grund des unerlaubten Urlaubsantritts des AN erfolgt, trägt der AN, der unerlaubt urlaubt, das Risiko der Nichtzustellung der Kündigung.
- Was versteht man unter Teilkündigung? Sind solcheim Arbeitsverhältnis zulässig?
Teilkündigung: Teilkündigung meint eine Kündigung, die nur Teile des Arbeitsvertrags betreffen soll.
Teilkündigungen sind nach österreichischer Rechtslage unzulässig.
Sie sind selbst dann in Frage zu stellen, wenn sie der Arbeitsvertrag ausdrücklich vorsieht.
Beispiel:
Hat sich beispielsweise der Dienstgeber verpflichtet, neben dem Entgelt in Geld eine Dienstwohnung zur Verfügung zu stellen, und sich vorbehalten, diese im Falle des Eigenbedarfs aufzukündigen, so muss trotzdem davon ausgegangen werden, dass diese Wohnung für den Arbeitnehmer eine vom Arbeitsplatz nicht trennbare Arbeitsbedingung darstellt.
Der Dienstgeber kann nur das gesamte Arbeitsverhältnis aufkündigen.
Zulässig: Eine Teilkündigung wird dann zulässig sein, wenn eine Zusatzvereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien als weitere, selbstständige Vereinbarung zu qualifizieren ist.
Diese kann dann natürlich gekündigt werden.
Es ist im Einzelfall nach der redlichen Verkehrsauffassung zu prüfen, ob es sich um zwei Tätigkeitsbereiche handelt, die nach redlicher Verkehrsauffassung so unabhängig sind, dass sie unschwer auch den Gegenstand zweier selbstständiger Arbeitsverträge bilden könnten.
Indiz: Gesonderte Entlohnung des zweiten Tätigkeitsbereichs spricht für Selbstständigkeit
- Sind Kündigungen bedingungsfeindlich? Gilt dies auch für Potestativbedingungen?
Ja, grundsätzlich sind einseitige empfangsbedürftigen Willenserklärungen (wie die Kündigung) bedingungsfeindlich.
Grund: Rechtsklarheit für den Empfänger!
Ungewissheiten sollen bei einer so schwer wiegenden Handlung, wie sie eine Kündigung darstellt, vermieden werden.
Ausnahme: Potestativbedingungen!
Potestativbedingungen: Bedingungen, deren Erfüllung ausschließlich vom Willen des Erklärungsempfängers abhängt.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer beleidigt seinen Arbeitgeber, dieser spricht die Kündigung unter der auflösenden Bedingung aus, dass der AN sich entschuldigt.
Auch im Falle der Änderungskündigung handelt es sich um eine mit einer Potestativbedingung verknüpfte Kündigung, wobei die Bedingung auf eine Änderung des Arbeitsvertrags gerichtet ist.
Sie ist im Gegensatz zur Teilkündigung im Allgemeinen zulässig und unterliegt auch den Regeln des Kündigungsschutzes
- Wann wird in Lehre und Rechtspraxis von einer Änderungskündigung gesprochen?
Die Änderungskündigung bezweckt eine Änderung eines Teils des Vertrags (wie bei der Teilkündigung), bei sonstiger Kündigung des gesamten Arbeitsverhältnisses.
Die Änderungskündigung ist (anders als die Teilkündigung) zulässig.
- Auflösend bedingte Änderungskündigung:
Die Kündigung wird ausgesprochen, verfällt aber der Rechtsunwirksamkeit, falls der Dienstnehmer der Vertragsänderung zustimmt.
(Kündigung sofort mit Ausspruch „schwebend rechtswirksam“.)
- Aufschiebend bedingte Änderungskündigung:
Es wird eine Kündigung ausgesprochen, die erst wirksam werden soll, wenn der Dienstnehmer einer Veränderung des Arbeitsvertrags nicht zustimmt.
(Kündigung mit Ausspruch „schwebend rechtsunwirksam“.) Hier ist es für den AG unbedingt ratsam, eine Frist zu setzten.
- In der Praxis gibt es auch die „Änderungskündigung im weiteren Sinn“, eine unbedingte Kündigung mit bedingtem Rücknahmeangebot.
Unbedingte Kündigung, gleichzeitig wird aber dem Dienstnehmer angeboten, die Kündigung zurückzunehmen, falls dieser mit einer Änderung des Arbeitsvertrags einverstanden ist.
Vielfach wird auch bloß eine Kündigung angedroht, wenn der AN der Vertragsänderung nicht zustimmt, eine Kündigung erfolgt also (bis zu diesem Zeitpunkt) gar nicht.
Die Änderungskündigung unterliegt den Regeln des Kündigungsschutzes, auch das Vorverfahren nach §105 ArbVG ist einzuhalten.
Zu beachten ist, das bei einer Änderung der Arbeitsbedingungen der Versetzungsschutz greifen kann, der durch Zustimmung des AN zur Versetzung nicht entfällt.
- Erläutern Sie das Vorverfahren beim allgemeinen Kündigungsschutz!
Will der Inhaber eines Betriebs mit Betriebsrat einen Arbeitnehmer kündigen, muss er das Vorverfahren des § 105 ArbVG einhalten.
Der Betriebsinhaber muss vor der Kündigung den zuständigen Betriebsrat verständigen. (Das Risiko einer unrichtigen Verständigung trägt der Betriebsinhaber.)
Vom Zeitpunkt der Verständigung an kann der Betriebsrat innerhalb einer Woche zur beabsichtigten Kündigung Stellung nehmen.
Während dieser Frist kann er auch verlangen, dass der Betriebsinhaber mit ihm über die Kündigung berät.
Wenn der Betriebsinhaber
- ohne Verständigung des zuständigen BR oder
- vor Ablauf der einwöchigen Frist (außer BR-Stellungnahme bereits erfolgt)
kündigt, ist diese Kündigung rechtsunwirksam gemäß § 105 Abs. 2 ArbVG.
Die Rechtsunwirksamkeit ist ohne Aufschub mit Feststellungsklage geltend zu machen.
Zuständig für die Entgegennahme der Verständigung ist der Betriebsratsvorsitzende (bzw.
Stellvertreter).
Zuständig für eine Stellungnahme jedoch der gesamte Betriebsrat. Ein Widerspruch kann mit einfacher Mehrheit erfolgen, Zustimmung bedarf einer Zweidrittel-Mehrheit.
Gibt der BR keine Stellungnahme ab, bedeutet dies einen sogenannten „schlichten Widerspruch“.
Die einwöchige Frist zur Stellungnahme beginnt am Tag der Verständigung zu laufen und endet in der nächsten Woche mit Ablauf des Tages, der den gleichen Namen hat wie der Tag, an dem die Frist zu laufen begonnen hat.
Fällt der letzte Tag auf einen SA, SO oder Feiertag, endet die Frist erst am nächsten Tag.
Der Ausspruch der Kündigung hat in unmittelbarem Anschluss an die Stellungnahme des Betriebsrats oder das Ende der Frist zu erfolgen. Damit wird der zeitliche Zusammenhang zwischen Vorverfahren und Kündigung gewahrt.
- Beschreiben Sie die Kündigungsanfechtung wegen verpönter Motive!
Unter der Voraussetzung, dass eine rechtswirksame Kündigung vorliegt (Einhaltung des Vorverfahrens), kann eine Kündigung angefochten werden, wenn sie auf Grund eines verpönten Motivs iSd. § 105 Abs. 3 erfolgte.
Solche verpönten Motive sind beispielsweise:
- Gewerkschaftsbeitritt
- Bewerbung um Mitgliedschaft im Betriebsrat
- Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft
- Anstehender Präsenz- oder Zivildienst
- Geltendmachung von berechtigten Ansprüchen durch den AN
Vor § 105 Abs. 3 wäre eine Vorgehen gegen eine derartige Kündigung unter Berufung auf
Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit (§ 879 ABGB) möglich gewesen, was aber, wenn § 105
Abs. 3 anwendbar ist, nun ausgeschlossen ist.
Dies ist aber wegen der Aktivlegitimation des Betriebsrats und der günstigeren Beweislage keine Schlechterstellung!
Problematik: Beweisbarkeit
Erleichterung für den AN: Er muss das Vorliegen des verpönten Motives nur glaubhaft machen, gelingt dies, muss der Betriebsinhaber beweisen, dass ein anderes Motiv ausschlaggebend für die Kündigung war.
Für die Anfechtung genügt, dass das verpönte Motiv wesentlich ist, es muss nicht der ausschließliche Beweggrund sein.
Eine Mindestbeschäftigungsdauer ist für diese Anfechtung nicht notwendig.
Wenn in einem BR-pflichtigen Unternehmen kein BR besteht, kann der AN selbst gemäß § 107 anfechten.
- Wann ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt? Setzt eine derartige Anfechtung ein bestimmtes Lebensalter, ein bestimmtes Ausmaß der Beschäftigung oder eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit voraus?
§ 105 Abs. 3 Z 2 ArbVG
Eine Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, wenn sie wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt, es sei denn, der Betriebsinhaber erbringt den Nachweis, dass die Kündigung
- durch persönliche Gründe des AN begründet ist.
- durch betriebliche Erfordernisse begründet ist.
1. Grundvoraussetzung für die Anfechtung einer sozial ungerechtfertigten Kündigung ist eine Mindestbeschäftigungsdauer von 6 Monaten
& keine ausdrückliche Zustimmung des BR zur Kündigung (Sperrrecht)
- Dann ist die Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des AN zu prüfen.
Eine solche liegt bei wesentlicher, finanzieller Schlechterstellung vor, wobei die gesamte wirtschaftliche Lage des AN zu prüfen ist. (Einkommen, Vermögen, familiäre Pflichten, nicht aber Luxuskosten wie Immo-Investment)
Eine finanzielle Schlechterstellung um mehr als 10% wird eine wesentliche, finanzielle Schlechterstellung sein.
- Bei älteren AN sind sowohl die langjährige Beschäftigung im Betrieb als auch die zu erwartenden Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt zu berücksichtigen.
- Gerechtfertigt kann eine Kündigung, die zur Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des AN führt, dann sein, wenn der Betriebsinhaber nachweist, dass Umstände in der Person des AN zur Kündigung geführt haben (persönlich bedingte Kündigung).
Diese müssen so gewichtig sein, dass sie die Leistungsfähigkeit oder Ordnung des Betriebs berühren.
Es muss sich wohl um Pflichtverletzungen handeln, wenn auch nicht so gravierende, wie ein Entlassungsgrund.
- Gerechtfertigt sein kann eine Kündigung auch aus betrieblichen Erfordernisse
(betriebsbedingte Kündigung).
(Schlechtere Auftragslage, Rationalisierung notwendig)
- Bei einer betriebsbedingten Kündigung besteht für den AN die Möglichkeit eines
Sozialvergleichs.
Demnach ist eine Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn die Kündigung einen anderen AN, dessen Tätigkeit der gekündigte AN fähig und bereit wäre anzunehmen, weniger hart treffen würde.
Unmöglich ist ein Sozialvergleich, wenn der BR der Kündigung nicht ausdrücklich widersprochen hat (schlichter Widerspruch) und der AN selbst anficht.
Antwort zweiter Teil der Frage:
Eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit ist vorausgesetzt, nämlich 6 Monate im Betrieb oder Unternehmen.
Ein bestimmtes Lebensalter ist nicht vorausgesetzt, hohes Lebensalter ist aber zusätzlich zu berücksichtigen.
Ein bestimmtes Ausmaß der Beschäftigung ist nicht vorausgesetzt, kann aber mittelbar einfließen, da eine wesentliche finanzielle Schlechterstellung Voraussetzung für die Anfechtung ist.
- Wann kann ein sog Sozialvergleich im Rahmen des allgemeinen Kündigungsschutzes beantragt werden?
- Voraussetzungen für Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit gegeben
- 6 Monate Beschäftigungsdauer
- BR stimmte nicht zu
- wesentliche Beeinträchtigung der Interessen des AN - AG rechtfertigt Kündigung mit betrieblichen Erfordernissen (betriebsbedingte Kündigung) und Betriebsrat widerspricht der Kündigung ausdrücklich.
- Der AG kann dann einen Sozialvergleich beantragen.
Hiezu muss ein AN namhaft gemacht werden, dessen Tätigkeit der zu kündigende Arbeitnehmer sowohl objektiv zu erledigen in der Lage ist als auch subjektiv anzunehmen gewillt ist.
Dann muss nachgewiesen werden, dass diesen eine Kündigung sozial weniger har treffen würde (Finanziell, Arbeitsmarktreintegration, …)
- Kein Sozialvergleich ist ausdrücklich dann durchzuführen, wenn der Betriebsrat keine Stellungnahme abgegeben hat (schlichter Widerspruch) und der Arbeitnehmer selbst die Kündigung anficht.
Hat der Betriebsrat gegen die Kündigung zwar Widerspruch erhoben, die Anfechtung jedoch dem Arbeitnehmer überlassen, so besteht trotzdem die Möglichkeit des Sozialvergleichs.
(Bisher muss der BR oder der klagende AN in seinem Antrag den Vergleichs-AN namhaft machen und die Umstände konkretisieren.
Diese „Denunzierungsnotwendigkeit“ erschwert aber, dass ein Arbeitnehmer, der den Anfechtungsprozess gewinnt, auch eine soziale Reintegration innerhalb der Belegschaft erwarten darf.
Ein schlichter Antrag ohne Nennung einer Vergleichsperson wäre daher sachgerechter.)
- Nennen Sie zwei Fälle eines sog individuellen Kündigungsschutzes von ArbeitnehmerInnen!
In bestimmten Fällen sehen das AVRAG und das Gleichbehandlungsgesetz eine von der
Betriebsverfassung losgelöste Individualanfechtung von Kündigungen durch den
Arbeitnehmer vor.
- AN verließ Gefahrenbereich wegen ernster und unmittelbarer Gefahr und wurde gekündigt (Individualanfechtung binnen einer Woche)
- Sicherheitsvertrauenspersonen, Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner werden im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Tätigkeit gekündigt.
(Individualanfechtung binnen einer Woche) - Kündigung wegen beabsichtigter oder tatsächlich in Anspruch genommener Karenz oder Teilzeitarbeit iSd. AVRAG
- Eine Kündigung wegen des Geschlechts, wegen der Geltendmachung von Ansprüchen nach dem GlBG,
sowie wegen der ethnische Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung
kann nach dem Gleichbehandlungsgesetz angefochten werden.
Die Anfechtung einer Kündigung in diesen Fällen ist als Individualrecht des Arbeitnehmers ausgestaltet, es ist also nur der Arbeitnehmer und nicht auch der Betriebsrat anfechtungsberechtigt.
Fraglich ist, ob es den Gleichheitssatz entspricht, dass manche Motive zu einer Mitwirkungsbefugnis des BR führen, andere ausschließlich zur Individualanfechtung berechtigen.
Unabhängig vom individuellen Kündigungsschutz hat der AG jedenfalls das Vorverfahren des § 105 Abs. 1 ArbVG einzuhalten.
Bei ordnungsgemäß eingehaltenem Vorverfahren nach § 105 ArbVG ist hingegen eine Anfechtung der Kündigung nach § 105 ArbVG parallel zu jener nach dem AVRAG oder dem GlBG zulässig, wenn die Anfechtungsgründe vorliegen.
- Welche Personengruppen genießen einen besonderen Kündigungsschutz? Worin liegt das Wesen des besonderen Kündigungsschutzes?
Für bestimmte Arbeitnehmergruppen gibt es gesonderte Kündigungsschutzregeln.
Gemeinsam haben alle diese Normen des „besonderen Kündigungsschutzes“, dass die
Sanktion im Falle der Nichteinhaltung der Vorschriften die Rechtsunwirksamkeit der
Kündigung darstellt.
Eine Anfechtung ist also weder nötig noch möglich, viel mehr kann das Aufrechtsein des AV mittel Feststellungsklage festgestellt werden oder das Entgelt weiter eingeklagt werden.
Diese besonders geschützten Gruppen sind:
-Belegschaftsvertreter
->Kündigung erfordert vorherige Zustimmung des Gerichts.
->Gerichtliche Zustimmung nur aus taxativ aufgezählten Gründen möglich (Weiterbeschäftigung wegen Stilllegung eines Betriebsteils unmöglich,
Dienstunfähigkeit, beharrliche Pflichtverletzung)
-Mutter- und Vaterschutz
- > Kündigung erfordert vorherige Zustimmung des Gerichts
- > Zeitraum: Schwangerschaftsbeginn bis 4 Monate nach Entbindung (Mutter), Karenz/Elternteilzeitzeit (Vater und Mutter)
- Präsenz- und Zivildiener
- Behinderte
- Vertragsbedienstete
- Hausbesorger
- Lehrlinge
- Familienhospiz (Sterbebegleitung naher Angehöriger & schwerst erkrankter Kinder)
- Erläutern Sie – ohne auf einzelne Kündigungsgründe einzugehen – das Prinzip des besonderen Kündigungsschutzes von Betriebsratsmitgliedern!
Die Mitglieder des Betriebsrats dürfen bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit nur nach vorheriger Zustimmung des Gerichts gekündigt werden. (§ 120 Abs. 1 ArbVG)
Wurde die Zustimmung nicht eingeholt oder verweigert das Gericht diese, so ist eine trotzdem ausgesprochene Kündigung des Betriebsratsmitglieds absolut nichtig.
Voraussetzung ist also die Zustimmung, nicht ausreichend ist das Vorliegen eines Zustimmungsgrundes.
Die Gründe, aus denen das Gericht der Kündigung eines BR Mitglieds zustimmen darf, sind:
- Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung wegen Stilllegung eines Betriebsteils
- dauernde Dienstunfähigkeit
- beharrliche Pflichtverletzung
Der besondere Kündigungsschutz schafft einen besonderen Bestandschutz für
Belegschaftsvertreter, der wesentlich über den allgemeinen Kündigungsschutz nach § 105
ArbVG hinausreicht.
Für eine zusätzliche Anwendung des § 105 ArbVG auf Belegschaftsvertreter bleibt daher kein Raum.
Der besondere Kündigungsschutz beginnt mit dem Zeitpunkt der Annahme der Wahl zum BR und endet drei Monate nach Erlöschen der Mitgliedschaft.
Erfasste Personen:
- BR - Mitglieder
- Ersatzmitglieder
- Mitglieder von Wahlvorständen und Wahlwerber
- Jugendvertrauensrats
- Behindertenvertrauenspersonen
- Gilt im Probemonat der besondere Kündigungsschutz für werdende Mütter?
Nein, bei Probedienstverhältnissen besteht grundsätzlich nach der Rechtsprechung kein besonderer Kündigungsschutz.
Ist dem Dienstgeber die Schwangerschaft aber bekannt und macht er von seinem besonderen Lösungsrecht im Probemonat Gebrauch, dann wird die Beendigung begründungspflichtig.
- Erläutern Sie das sog Kündigungsfrühwarnsystem! Sind hiebei auch Entlassungen und einvernehmliche Auflösungen zu berücksichtigen?
Das Kündigungsfrühwarnsystem basiert auf § 45a Arbeitsmarktförderungsgesetz.
Das europarechtliche Pendant ist die RL 98/59/EG (Schutz vor Massenentlassungen).
Ein Arbeitgeber muss die regional zuständige Stelle des AMS durch schriftliche Anzeige verständigen, wenn er innerhalb von 30 Tagen eine gewisse Anzahl von Arbeitsverhältnisse auflösen will.
5 AN von weniger als 100 Beschäftigten
5% von 100 – 600 Beschäftigten
30 von mindestens 600 Beschäftigten
5 AN über 50
Die Anzeige ist mindestens 30 Tage vor der ersten Auflösung eines Arbeitsverhältnisses zu erklären.
Eine Durchschrift ist vom AG gleichzeitig dem BR zu übermitteln.
Wird die 30 Tage Frist nicht eingehalten oder das AMS gar nicht verständigt, sind die Kündigungen rechtsunwirksam.
§ 45a AMFG spricht grundsätzlich nur von Kündigungen! Zusätzlich muss auch jede eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses, die vom AG ausgeht und zu einer Umgehung der Zielsetzung des § 45a AMFG führen würde, der Rechtsunwirksamkeit anheimfallen. Somit gilt dies auch für ungerechtfertigte Entlassungen und einvernehmliche Auflösungen, die vom AG ausgingen.