F251-275 Flashcards

1
Q
  1. Erläutern Sie das sog Schadenersatzprinzip im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Kündigung!
A

Schadenersatzprinzip bedeutet, dass jede Kündigung das Arbeitsverhältnis grundsätzlich zu dem im Kündigungsausspruch enthaltenen Zeitpunkt beendet. Dabei ist vorab unwesentlich, ob dieser gesetzlich oder vertraglich gedeckt ist.

Sinn: Schutzgedanke des Arbeitsrecht

(Risiko einer falschen Lösungserklärung soll nicht dem Erklärungsempfänger treffen, insbesondere nicht den wirtschaftlich schwächeren Arbeitnehmer.)

Das Schadenersatzprinzip knüpft an die Regeln über die vorzeitige Beendigung des

Arbeitsverhältnisses an und gewährt die im Falle ungerechtfertigter Lösung gebührenden

Ersatzansprüche analog.

(Diese Analogie wird teilweise mit dem Argument abgelehnt, dass der massive Vorwurf einer rechtswidrigen Entlassung mit einer zeitwidrigen Kündigung nicht vergleichbar sei.
In beiden Fällen handelt es sich aber um Vertragsauflösung unter Verletzung der entsprechenden Rechtsvorschriften.)

In der Zeit zwischen dem verfehlten und dem ordnungsgemäßen Kündigungstermin besteht für den Arbeitnehmer keine Arbeitspflicht mehr, da das Arbeitsverhältnis beendet ist.

Bei zeitwidriger Arbeitgeberkündigung kann der Arbeitnehmer wie im Falle unbegründeter Entlassung (analog) Schadenersatz (= „Kündigungsentschädigung“) verlangen.

Die Präklusivfristen zur ungerechtfertigten Entlassung (6 Monate ab Ausspruch der zeitwidrigen Kündigung) kommen ebenfalls analog zu Anwendung.

Auch wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis zeitwidrig aufkündigt, steht dem

Arbeitgeber analog zum unberechtigten Austritt ein Anspruch auf Schadenersatz zu.
Dieser Anspruch wird aber nur selten geltend gemacht.

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2
Q
  1. Erläutern Sie das sog Konversionsprinzip im Zusammenhang mit einer rechtswidrigen Kündigung!
A

Das Konversationsprinzip steht im Gegensatz zum herrschenden Schadenersatzprinzip.

Das herkömmliche Konversionsverständnis besteht darin, dass das zunächst angestrebte, jedoch mit Nichtigkeit bedrohte Rechtsgeschäft in einen anderen – erlaubten – Geschäftstyp umgedeutet wird.

(Bei der Umdeutung einer zeitwidrigen in eine ordentliche Kündigung liegt keine Konversion in diesem Sinne vor, da keine Umdeutung in ein anderes Rechtsgeschäft angestrebt ist.)

Die Befürworter des Konversionsprinzips argumentieren damit, dass aus Sicht des

Erklärenden von einem Versehen auszugehen ist, also die Absicht einer ordnungsgemäßen

Kündigung bestehe.

Damit berücksichtigt das Konversionsprinzip die Interessen des Erklärungsempfängers aber zu wenig.
Dies widerspricht aber dem Schutzgedanken des Arbeitsrechts, weshalb das Konversionsprinzip abzulehnen ist.

OGH: Die Nennung eines unrichtigen Termins ist nur dann irrelevant, wenn unter

Berücksichtigung aller Umstände der Gekündigte zweifelsfrei erkennen musste, dass der

Kündigende ordnungsgemäß kündigen wollte.

Dementsprechend bleibt es bei dem Schadenersatzprinzip, dem Kündigenden ist nur unter restriktiver Anwendung der Irrtumsregeln die Möglichkeit zu bieten, die fehlerhafte Kündigung ohne unnötigen Verzug zu korrigieren.

Die Ansicht der Wissenserklärungstheorie, dernach die Kündigung in einen rechtswirksamen Teil mit der Willenserklärung zu kündigen und einen rechtsfolgenlosen Teil mit einer Wissenserklärung, wann der Beendigungszeitpunkt sei, zu trennen sei, ist nicht zu folgen.

Die Zerlegung eines Rechtsgeschäfts in konstitutive und deklaratorische Elemente würde einen unerträglichen Grad der Rechtsunsicherheit schaffen.

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3
Q
  1. Kann während des Erholungsurlaubes gekündigt werden?
A

Das Recht zu kündigen bleibt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch während des Erholungsurlaubs des AN aufrecht.

Ältere Rechtsprechung war, dass im Falle einer kurzen Kündigungsfrist (z.B.: 14 Tage) diese erst mit dem Ende des Urlaubs zu laufen beginnt.

Aktuelle Rechtsprechung:

Eine den Erholungszweck zufolge kurzer Kündigungsfrist vereitelnde Kündigung wird als zeitwidrig betrachtet.

Sie löst zwar das Dienstverhältnis zum vorgesehenen Termin, dem Dienstnehmer gebührt jedoch Kündigungsentschädigung bis zum Ende der Kündigungsfrist einer den Erholungszweck nicht beeinträchtigenden Kündigung.

Voraussetzung: Ordnungsgemäßer Zugang der Kündigung.

Bei längeren Kündigungsfristen wurde eine Kündigung während des Urlaubs als zugegangen anerkannt, wenn sie an die Wohnadresse des Arbeitnehmers postordnungsgemäß zugestellt wurde.

Dem ist nicht zu folgen, vielmehr trifft den Arbeitgeber das erhöhte Risiko eines Nichtzuganges der Kündigung während des Urlaubs.

Ausnahmen:

  • Wenn der AN auf Grund einer besonderen Pflicht verhalten ist, auch im Urlaub erreichbar zu sein (z.B. wegen einer besonders wichtigen Position).
  • Wenn eine Entlassung mit dem Grund des unerlaubten Urlaubsantritts des AN erfolgt, trägt der AN, der unerlaubt urlaubt, das Risiko der Nichtzustellung der Kündigung.
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4
Q
  1. Was versteht man unter Teilkündigung? Sind solcheim Arbeitsverhältnis zulässig?
A

Teilkündigung: Teilkündigung meint eine Kündigung, die nur Teile des Arbeitsvertrags betreffen soll.

Teilkündigungen sind nach österreichischer Rechtslage unzulässig.

Sie sind selbst dann in Frage zu stellen, wenn sie der Arbeitsvertrag ausdrücklich vorsieht.

Beispiel:

Hat sich beispielsweise der Dienstgeber verpflichtet, neben dem Entgelt in Geld eine Dienstwohnung zur Verfügung zu stellen, und sich vorbehalten, diese im Falle des Eigenbedarfs aufzukündigen, so muss trotzdem davon ausgegangen werden, dass diese Wohnung für den Arbeitnehmer eine vom Arbeitsplatz nicht trennbare Arbeitsbedingung darstellt.

Der Dienstgeber kann nur das gesamte Arbeitsverhältnis aufkündigen.

Zulässig: Eine Teilkündigung wird dann zulässig sein, wenn eine Zusatzvereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien als weitere, selbstständige Vereinbarung zu qualifizieren ist.

Diese kann dann natürlich gekündigt werden.

Es ist im Einzelfall nach der redlichen Verkehrsauffassung zu prüfen, ob es sich um zwei Tätigkeitsbereiche handelt, die nach redlicher Verkehrsauffassung so unabhängig sind, dass sie unschwer auch den Gegenstand zweier selbstständiger Arbeitsverträge bilden könnten.

Indiz: Gesonderte Entlohnung des zweiten Tätigkeitsbereichs spricht für Selbstständigkeit

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5
Q
  1. Sind Kündigungen bedingungsfeindlich? Gilt dies auch für Potestativbedingungen?
A

Ja, grundsätzlich sind einseitige empfangsbedürftigen Willenserklärungen (wie die Kündigung) bedingungsfeindlich.

Grund: Rechtsklarheit für den Empfänger!

Ungewissheiten sollen bei einer so schwer wiegenden Handlung, wie sie eine Kündigung darstellt, vermieden werden.

Ausnahme: Potestativbedingungen!

Potestativbedingungen: Bedingungen, deren Erfüllung ausschließlich vom Willen des Erklärungsempfängers abhängt.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer beleidigt seinen Arbeitgeber, dieser spricht die Kündigung unter der auflösenden Bedingung aus, dass der AN sich entschuldigt.

Auch im Falle der Änderungskündigung handelt es sich um eine mit einer Potestativbedingung verknüpfte Kündigung, wobei die Bedingung auf eine Änderung des Arbeitsvertrags gerichtet ist.

Sie ist im Gegensatz zur Teilkündigung im Allgemeinen zulässig und unterliegt auch den Regeln des Kündigungsschutzes

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6
Q
  1. Wann wird in Lehre und Rechtspraxis von einer Änderungskündigung gesprochen?
A

Die Änderungskündigung bezweckt eine Änderung eines Teils des Vertrags (wie bei der Teilkündigung), bei sonstiger Kündigung des gesamten Arbeitsverhältnisses.

Die Änderungskündigung ist (anders als die Teilkündigung) zulässig.

  • Auflösend bedingte Änderungskündigung:

Die Kündigung wird ausgesprochen, verfällt aber der Rechtsunwirksamkeit, falls der Dienstnehmer der Vertragsänderung zustimmt.

(Kündigung sofort mit Ausspruch „schwebend rechtswirksam“.)

  • Aufschiebend bedingte Änderungskündigung:

Es wird eine Kündigung ausgesprochen, die erst wirksam werden soll, wenn der Dienstnehmer einer Veränderung des Arbeitsvertrags nicht zustimmt.

(Kündigung mit Ausspruch „schwebend rechtsunwirksam“.) Hier ist es für den AG unbedingt ratsam, eine Frist zu setzten.

  • In der Praxis gibt es auch die „Änderungskündigung im weiteren Sinn“, eine unbedingte Kündigung mit bedingtem Rücknahmeangebot.

Unbedingte Kündigung, gleichzeitig wird aber dem Dienstnehmer angeboten, die Kündigung zurückzunehmen, falls dieser mit einer Änderung des Arbeitsvertrags einverstanden ist.

Vielfach wird auch bloß eine Kündigung angedroht, wenn der AN der Vertragsänderung nicht zustimmt, eine Kündigung erfolgt also (bis zu diesem Zeitpunkt) gar nicht.

Die Änderungskündigung unterliegt den Regeln des Kündigungsschutzes, auch das Vorverfahren nach §105 ArbVG ist einzuhalten.

Zu beachten ist, das bei einer Änderung der Arbeitsbedingungen der Versetzungsschutz greifen kann, der durch Zustimmung des AN zur Versetzung nicht entfällt.

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7
Q
  1. Erläutern Sie das Vorverfahren beim allgemeinen Kündigungsschutz!
A

Will der Inhaber eines Betriebs mit Betriebsrat einen Arbeitnehmer kündigen, muss er das Vorverfahren des § 105 ArbVG einhalten.

Der Betriebsinhaber muss vor der Kündigung den zuständigen Betriebsrat verständigen. (Das Risiko einer unrichtigen Verständigung trägt der Betriebsinhaber.)

Vom Zeitpunkt der Verständigung an kann der Betriebsrat innerhalb einer Woche zur beabsichtigten Kündigung Stellung nehmen.

Während dieser Frist kann er auch verlangen, dass der Betriebsinhaber mit ihm über die Kündigung berät.

Wenn der Betriebsinhaber

  • ohne Verständigung des zuständigen BR oder
  • vor Ablauf der einwöchigen Frist (außer BR-Stellungnahme bereits erfolgt)

kündigt, ist diese Kündigung rechtsunwirksam gemäß § 105 Abs. 2 ArbVG.

Die Rechtsunwirksamkeit ist ohne Aufschub mit Feststellungsklage geltend zu machen.

Zuständig für die Entgegennahme der Verständigung ist der Betriebsratsvorsitzende (bzw.

Stellvertreter).

Zuständig für eine Stellungnahme jedoch der gesamte Betriebsrat. Ein Widerspruch kann mit einfacher Mehrheit erfolgen, Zustimmung bedarf einer Zweidrittel-Mehrheit.
Gibt der BR keine Stellungnahme ab, bedeutet dies einen sogenannten „schlichten Widerspruch“.

Die einwöchige Frist zur Stellungnahme beginnt am Tag der Verständigung zu laufen und endet in der nächsten Woche mit Ablauf des Tages, der den gleichen Namen hat wie der Tag, an dem die Frist zu laufen begonnen hat.

Fällt der letzte Tag auf einen SA, SO oder Feiertag, endet die Frist erst am nächsten Tag.

Der Ausspruch der Kündigung hat in unmittelbarem Anschluss an die Stellungnahme des Betriebsrats oder das Ende der Frist zu erfolgen. Damit wird der zeitliche Zusammenhang zwischen Vorverfahren und Kündigung gewahrt.

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8
Q
  1. Beschreiben Sie die Kündigungsanfechtung wegen verpönter Motive!
A

Unter der Voraussetzung, dass eine rechtswirksame Kündigung vorliegt (Einhaltung des Vorverfahrens), kann eine Kündigung angefochten werden, wenn sie auf Grund eines verpönten Motivs iSd. § 105 Abs. 3 erfolgte.

Solche verpönten Motive sind beispielsweise:

  • Gewerkschaftsbeitritt
  • Bewerbung um Mitgliedschaft im Betriebsrat
  • Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft
  • Anstehender Präsenz- oder Zivildienst
  • Geltendmachung von berechtigten Ansprüchen durch den AN

Vor § 105 Abs. 3 wäre eine Vorgehen gegen eine derartige Kündigung unter Berufung auf

Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit (§ 879 ABGB) möglich gewesen, was aber, wenn § 105

Abs. 3 anwendbar ist, nun ausgeschlossen ist.
Dies ist aber wegen der Aktivlegitimation des Betriebsrats und der günstigeren Beweislage keine Schlechterstellung!

Problematik: Beweisbarkeit

Erleichterung für den AN: Er muss das Vorliegen des verpönten Motives nur glaubhaft machen, gelingt dies, muss der Betriebsinhaber beweisen, dass ein anderes Motiv ausschlaggebend für die Kündigung war.

Für die Anfechtung genügt, dass das verpönte Motiv wesentlich ist, es muss nicht der ausschließliche Beweggrund sein.

Eine Mindestbeschäftigungsdauer ist für diese Anfechtung nicht notwendig.

Wenn in einem BR-pflichtigen Unternehmen kein BR besteht, kann der AN selbst gemäß § 107 anfechten.

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9
Q
  1. Wann ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt? Setzt eine derartige Anfechtung ein bestimmtes Lebensalter, ein bestimmtes Ausmaß der Beschäftigung oder eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit voraus?
A

§ 105 Abs. 3 Z 2 ArbVG

Eine Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, wenn sie wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt, es sei denn, der Betriebsinhaber erbringt den Nachweis, dass die Kündigung

  • durch persönliche Gründe des AN begründet ist.
  • durch betriebliche Erfordernisse begründet ist.
    1. Grundvoraussetzung für die Anfechtung einer sozial ungerechtfertigten Kündigung ist eine Mindestbeschäftigungsdauer von 6 Monaten

& keine ausdrückliche Zustimmung des BR zur Kündigung (Sperrrecht)

  1. Dann ist die Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des AN zu prüfen.

Eine solche liegt bei wesentlicher, finanzieller Schlechterstellung vor, wobei die gesamte wirtschaftliche Lage des AN zu prüfen ist. (Einkommen, Vermögen, familiäre Pflichten, nicht aber Luxuskosten wie Immo-Investment)

Eine finanzielle Schlechterstellung um mehr als 10% wird eine wesentliche, finanzielle Schlechterstellung sein.

  1. Bei älteren AN sind sowohl die langjährige Beschäftigung im Betrieb als auch die zu erwartenden Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt zu berücksichtigen.
  2. Gerechtfertigt kann eine Kündigung, die zur Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des AN führt, dann sein, wenn der Betriebsinhaber nachweist, dass Umstände in der Person des AN zur Kündigung geführt haben (persönlich bedingte Kündigung).

Diese müssen so gewichtig sein, dass sie die Leistungsfähigkeit oder Ordnung des Betriebs berühren.

Es muss sich wohl um Pflichtverletzungen handeln, wenn auch nicht so gravierende, wie ein Entlassungsgrund.

  1. Gerechtfertigt sein kann eine Kündigung auch aus betrieblichen Erfordernisse

(betriebsbedingte Kündigung).

(Schlechtere Auftragslage, Rationalisierung notwendig)

  1. Bei einer betriebsbedingten Kündigung besteht für den AN die Möglichkeit eines

Sozialvergleichs.

Demnach ist eine Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn die Kündigung einen anderen AN, dessen Tätigkeit der gekündigte AN fähig und bereit wäre anzunehmen, weniger hart treffen würde.

Unmöglich ist ein Sozialvergleich, wenn der BR der Kündigung nicht ausdrücklich widersprochen hat (schlichter Widerspruch) und der AN selbst anficht.

Antwort zweiter Teil der Frage:

Eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit ist vorausgesetzt, nämlich 6 Monate im Betrieb oder Unternehmen.

Ein bestimmtes Lebensalter ist nicht vorausgesetzt, hohes Lebensalter ist aber zusätzlich zu berücksichtigen.

Ein bestimmtes Ausmaß der Beschäftigung ist nicht vorausgesetzt, kann aber mittelbar einfließen, da eine wesentliche finanzielle Schlechterstellung Voraussetzung für die Anfechtung ist.

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10
Q
  1. Wann kann ein sog Sozialvergleich im Rahmen des allgemeinen Kündigungsschutzes beantragt werden?
A
  1. Voraussetzungen für Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit gegeben
    - 6 Monate Beschäftigungsdauer
    - BR stimmte nicht zu
    - wesentliche Beeinträchtigung der Interessen des AN
  2. AG rechtfertigt Kündigung mit betrieblichen Erfordernissen (betriebsbedingte Kündigung) und Betriebsrat widerspricht der Kündigung ausdrücklich.
  3. Der AG kann dann einen Sozialvergleich beantragen.

Hiezu muss ein AN namhaft gemacht werden, dessen Tätigkeit der zu kündigende Arbeitnehmer sowohl objektiv zu erledigen in der Lage ist als auch subjektiv anzunehmen gewillt ist.
Dann muss nachgewiesen werden, dass diesen eine Kündigung sozial weniger har treffen würde (Finanziell, Arbeitsmarktreintegration, …)

  1. Kein Sozialvergleich ist ausdrücklich dann durchzuführen, wenn der Betriebsrat keine Stellungnahme abgegeben hat (schlichter Widerspruch) und der Arbeitnehmer selbst die Kündigung anficht.

Hat der Betriebsrat gegen die Kündigung zwar Widerspruch erhoben, die Anfechtung jedoch dem Arbeitnehmer überlassen, so besteht trotzdem die Möglichkeit des Sozialvergleichs.

(Bisher muss der BR oder der klagende AN in seinem Antrag den Vergleichs-AN namhaft machen und die Umstände konkretisieren.

Diese „Denunzierungsnotwendigkeit“ erschwert aber, dass ein Arbeitnehmer, der den Anfechtungsprozess gewinnt, auch eine soziale Reintegration innerhalb der Belegschaft erwarten darf.

Ein schlichter Antrag ohne Nennung einer Vergleichsperson wäre daher sachgerechter.)

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11
Q
  1. Nennen Sie zwei Fälle eines sog individuellen Kündigungsschutzes von ArbeitnehmerInnen!
A

In bestimmten Fällen sehen das AVRAG und das Gleichbehandlungsgesetz eine von der

Betriebsverfassung losgelöste Individualanfechtung von Kündigungen durch den
Arbeitnehmer vor.

  • AN verließ Gefahrenbereich wegen ernster und unmittelbarer Gefahr und wurde gekündigt (Individualanfechtung binnen einer Woche)
  • Sicherheitsvertrauenspersonen, Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner werden im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Tätigkeit gekündigt.
    (Individualanfechtung binnen einer Woche)
  • Kündigung wegen beabsichtigter oder tatsächlich in Anspruch genommener Karenz oder Teilzeitarbeit iSd. AVRAG
  • Eine Kündigung wegen des Geschlechts, wegen der Geltendmachung von Ansprüchen nach dem GlBG,

sowie wegen der ethnische Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung

kann nach dem Gleichbehandlungsgesetz angefochten werden.

Die Anfechtung einer Kündigung in diesen Fällen ist als Individualrecht des Arbeitnehmers ausgestaltet, es ist also nur der Arbeitnehmer und nicht auch der Betriebsrat anfechtungsberechtigt.

Fraglich ist, ob es den Gleichheitssatz entspricht, dass manche Motive zu einer Mitwirkungsbefugnis des BR führen, andere ausschließlich zur Individualanfechtung berechtigen.

Unabhängig vom individuellen Kündigungsschutz hat der AG jedenfalls das Vorverfahren des § 105 Abs. 1 ArbVG einzuhalten.
Bei ordnungsgemäß eingehaltenem Vorverfahren nach § 105 ArbVG ist hingegen eine Anfechtung der Kündigung nach § 105 ArbVG parallel zu jener nach dem AVRAG oder dem GlBG zulässig, wenn die Anfechtungsgründe vorliegen.

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12
Q
  1. Welche Personengruppen genießen einen besonderen Kündigungsschutz? Worin liegt das Wesen des besonderen Kündigungsschutzes?
A

Für bestimmte Arbeitnehmergruppen gibt es gesonderte Kündigungsschutzregeln.

Gemeinsam haben alle diese Normen des „besonderen Kündigungsschutzes“, dass die

Sanktion im Falle der Nichteinhaltung der Vorschriften die Rechtsunwirksamkeit der

Kündigung darstellt.

Eine Anfechtung ist also weder nötig noch möglich, viel mehr kann das Aufrechtsein des AV mittel Feststellungsklage festgestellt werden oder das Entgelt weiter eingeklagt werden.

Diese besonders geschützten Gruppen sind:

-Belegschaftsvertreter
->Kündigung erfordert vorherige Zustimmung des Gerichts.
->Gerichtliche Zustimmung nur aus taxativ aufgezählten Gründen möglich (Weiterbeschäftigung wegen Stilllegung eines Betriebsteils unmöglich,
Dienstunfähigkeit, beharrliche Pflichtverletzung)

-Mutter- und Vaterschutz

  • > Kündigung erfordert vorherige Zustimmung des Gerichts
  • > Zeitraum: Schwangerschaftsbeginn bis 4 Monate nach Entbindung (Mutter), Karenz/Elternteilzeitzeit (Vater und Mutter)
  • Präsenz- und Zivildiener
  • Behinderte
  • Vertragsbedienstete
  • Hausbesorger
  • Lehrlinge
  • Familienhospiz (Sterbebegleitung naher Angehöriger & schwerst erkrankter Kinder)
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13
Q
  1. Erläutern Sie – ohne auf einzelne Kündigungsgründe einzugehen – das Prinzip des besonderen Kündigungsschutzes von Betriebsratsmitgliedern!
A

Die Mitglieder des Betriebsrats dürfen bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit nur nach vorheriger Zustimmung des Gerichts gekündigt werden. (§ 120 Abs. 1 ArbVG)

Wurde die Zustimmung nicht eingeholt oder verweigert das Gericht diese, so ist eine trotzdem ausgesprochene Kündigung des Betriebsratsmitglieds absolut nichtig.
Voraussetzung ist also die Zustimmung, nicht ausreichend ist das Vorliegen eines Zustimmungsgrundes.

Die Gründe, aus denen das Gericht der Kündigung eines BR Mitglieds zustimmen darf, sind:

  • Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung wegen Stilllegung eines Betriebsteils
  • dauernde Dienstunfähigkeit
  • beharrliche Pflichtverletzung

Der besondere Kündigungsschutz schafft einen besonderen Bestandschutz für

Belegschaftsvertreter, der wesentlich über den allgemeinen Kündigungsschutz nach § 105

ArbVG hinausreicht.
Für eine zusätzliche Anwendung des § 105 ArbVG auf Belegschaftsvertreter bleibt daher kein Raum.

Der besondere Kündigungsschutz beginnt mit dem Zeitpunkt der Annahme der Wahl zum BR und endet drei Monate nach Erlöschen der Mitgliedschaft.

Erfasste Personen:

  • BR - Mitglieder
  • Ersatzmitglieder
  • Mitglieder von Wahlvorständen und Wahlwerber
  • Jugendvertrauensrats
  • Behindertenvertrauenspersonen
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14
Q
  1. Gilt im Probemonat der besondere Kündigungsschutz für werdende Mütter?
A

Nein, bei Probedienstverhältnissen besteht grundsätzlich nach der Rechtsprechung kein besonderer Kündigungsschutz.

Ist dem Dienstgeber die Schwangerschaft aber bekannt und macht er von seinem besonderen Lösungsrecht im Probemonat Gebrauch, dann wird die Beendigung begründungspflichtig.

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15
Q
  1. Erläutern Sie das sog Kündigungsfrühwarnsystem! Sind hiebei auch Entlassungen und einvernehmliche Auflösungen zu berücksichtigen?
A

Das Kündigungsfrühwarnsystem basiert auf § 45a Arbeitsmarktförderungsgesetz.

Das europarechtliche Pendant ist die RL 98/59/EG (Schutz vor Massenentlassungen).

Ein Arbeitgeber muss die regional zuständige Stelle des AMS durch schriftliche Anzeige verständigen, wenn er innerhalb von 30 Tagen eine gewisse Anzahl von Arbeitsverhältnisse auflösen will.

5 AN von weniger als 100 Beschäftigten
5% von 100 – 600 Beschäftigten
30 von mindestens 600 Beschäftigten
5 AN über 50

Die Anzeige ist mindestens 30 Tage vor der ersten Auflösung eines Arbeitsverhältnisses zu erklären.

Eine Durchschrift ist vom AG gleichzeitig dem BR zu übermitteln.

Wird die 30 Tage Frist nicht eingehalten oder das AMS gar nicht verständigt, sind die Kündigungen rechtsunwirksam.

§ 45a AMFG spricht grundsätzlich nur von Kündigungen! Zusätzlich muss auch jede eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses, die vom AG ausgeht und zu einer Umgehung der Zielsetzung des § 45a AMFG führen würde, der Rechtsunwirksamkeit anheimfallen. Somit gilt dies auch für ungerechtfertigte Entlassungen und einvernehmliche Auflösungen, die vom AG ausgingen.

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16
Q
  1. Kann eine frist-­‐ oder terminwidrige Kündigung immer auch nach §105 ArbVG angefochten werden?
A

Eine zeitwidrige Kündigung macht den Erklärenden grundsätzlich schadenersatzpflichtig, der zeitwidrig Gekündigte erhält Anspruch auf die sogenannte Kündigungsentschädigung.

Der unter allgemeinem Kündigungsschutz stehende AN wird jedoch die Kündigungsentschädigung nur dann bei Gericht einklagen, wenn er das Arbeitsverhältnis nicht mehr fortsetzen will.

Möchte er das Arbeitsverhältnis nicht beenden, so steht im zusätzlich natürlich auch die

Möglichkeit einer Anfechtung der Kündigung gemäß § 105 ArbVG unter den allgemeinen

Voraussetzungen offen.

Der zeitwidrig gekündigte Arbeitnehmer besitzt somit eine echte Wahlmöglichkeit, sich von vornherein mit der Kündigungsentschädigung zu begnügen oder die Kündigung anzufechten.

Auch falls die Anfechtung der Kündigung misslingt, bleibt ihm noch immer die Geltendmachung der Kündigungsentschädigung.

Im Hinblick auf die dafür vorgesehene Verfallsfrist von 6 Monaten (§ 1162d ABGB, § 34 AngG) wird es sinnvoll sein, die Anfechtungsklage mit dem Eventualbegehren auf Zuspruch der Kündigungsentschädigung zu verbinden.

17
Q
  1. Worin liegt der Unterschied zwischen Entlassung und Kündigung?
A

Die Entlassung ist ebenso wie die Kündigung eine empfangsbedürftige Willenserklärung.

Die Entlassung als Vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund durch den Arbeitgeber besteht – schon begrifflich – aus zwei Elementen:

  • Vorzeitige Auflösung
  • wichtiger Grund

Entscheidend ist nicht das tatsächliche Vorliegen eines wichtigen Grundes, sondern der Wille zur (vorzeitigen) Beendigung aus wichtigem Grund.

Es liegt etwa auch dann eine Entlassung vor, wenn dem Arbeitgeber bewusst ist, dass kein wichtiger Grund gegeben ist, er das Arbeitsverhältnis aber mit sofortiger Wirkung beenden will.

Der Unterschied zur Kündigung liegt also nicht im Fehlen der Einhaltung einer Frist, sondern darin, dass der Erklärende den Willen, aus wichtigem Grund zu lösen, kundtut.

Auch eine Kündigung mit rechtswidrig verkürzter Kündigungsfrist bleibt eine Kündigung.

Nicht unstrittig ist, ob bei einer Entlassung auch eine Beendigungsfrist eingeräumt werden kann. Dagegen spricht, dass eine Entlassung eigentlich mit der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu begründen ist.

Es ist also generell davon auszugehen, dass Entlassungen nur fristlos möglich sind, außer in besonderen Ausnahmefällen.

18
Q
  1. Beschreiben Sie das Wesen des wichtigen Grundes im vorzeitigen Lösungsrecht! Welcher legistische Unterschied besteht zwischen Angestellten-­‐ und Arbeiterrecht bei der Aufzählung der Entlassungs-­‐ und Austrittsgründe?
A

Im Österreichischen Arbeitsrecht gibt es keine einheitliche Definition des wichtigen Grundes zur Auflösung eines Arbeitsverhältnisses.
Stattdessen gibt es drei unterschiedliche legistische Varianten, denen sich der österreichische

Gesetzgeber bedient:

  • Demonstrative Aufzählung im Angestelltengesetz
  • Taxative Aufzählung in der GewO 1859
  • Bloß allgemeine Generealklausel im ABGB

Generell muss ein wichtiger Grund, der zur vorzeitigen Auflösung berechtigt, von derart schwerwiegender Natur sein, dass die weitere Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses nicht einmal für die Dauer der Kündigungsfrist zumutbar ist.

Die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ist somit immanentes Merkmal jedes Entlassungsgrundes.

Bei der Prüfung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung kann eine umfassende Betrachtung des Einzelfalles vorgenommen werden.

Eine solche Prüfung ist wichtig, wenn der Gesetzgeber nicht konkrete Verhaltensweisen als wichtigen Grund aufzählt, sondern nur mit einer Generalklausel arbeitet.

19
Q
  1. Handelt es sich bei der Verwirkung des Entlassungsrechts um ein eigenes Rechtsinstitut?
A

Verwirkung des Entlassungsrechts bedeutet, dass durch die Nichtgeltendmachung des vorliegenden wichtigen Grundes über einen längeren Zeitraum hindurch der von der Entlassung bedrohte Dienstnehmer nach Treu und Glauben nicht mehr mit einer Entlassung rechnen muss und die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung wegfällt.

Der typische Fall liegt immer dann vor, wenn zwar ein Entlassungsgrund gesetzt wurde und der Dienstgeber auch eine Entlassung aussprechen möchte (also kein Verzicht!), aber so lange zögert, dass der Zeitablauf die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach den Umständen des Einzelfalls nicht mehr rechtfertigt.

Im Gegensatz zum deutschen Recht wird die Verwirkung als eigenes Rechtsinstitut in unserer Rechtsordnung nicht anerkannt.

Nur ausnahmsweise findet eine ähnliche Rechtsfolge Anerkennung, nämlich wenn der Zeitablauf an sich nach Treu und Glauben eine Auflösungserklärung nicht zu rechtfertigen vermag.

Der Grundsatz, dass man Entlassungs- und Austrittsgründe „nicht aufs Eis legen kann“, gehört in diesen Bereich.

20
Q
  1. Wodurch unterscheiden sich die Entlassungsgründe der Untreue und der Vertrauensunwürdigkeit nach Angestelltenrecht?
A

§ 27 Angestelltengesetz, der die Entlassungsgründe demonstrativ aufzählt, normiert als solche:

„ Wenn der Angestellte im Dienste untreu ist (…) oder wenn er sich einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lässt.“

Während die Untreue ein bewusstes (vorsätzliches) Handeln voraussetzt, genügt für den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit bereits fahrlässiges Handeln

(welches allerdings an den Kriterien der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu messen ist).

Die Untreue muss zwar nicht während der Dienstausübung gesetzt werden, es bedarf aber eines unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis.

Beispiele für Untreue:

Preisgabe von Betriebsgeheimnissen, das Vortäuschen von Krankheiten, die Verfälschung einer Lohnbestätigung,

Bei der Vertrauensunwürdigkeit hingegen kommt es darauf an, ob durch das Verhalten des Arbeitnehmers nach vernünftigem, objektiven Ermessen für den Arbeitgeber die gerechtfertigte Befürchtung besteht, dass seine Interessen durch den Arbeitnehmer gefährdet sind.

Im Gegensatz zur Untreue kann die Vertrauensverwirkung auch auf Umstände zurückzuführen sein, die mit dem Arbeitsverhältnis in keinem direkten Zusammenhang stehen.

Beispiele für Vertrauensunwürdigkeit:

Besondere Verantwortungslosigkeit, Verbrechen aus Gewinnsucht, Ehebruch, wenn Ehegatte gleichzeitig Arbeitgeber ist, Erhebliche Missachtung der Anordnung des Arztes durch kranken AN, wenn dies geeignet ist den Krankheitsverlauf negativ zu beeinflussen.

21
Q
  1. Erläutern Sie die Kündigungsentschädigung im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Entlassung!
A

Für das Problem einer rechtswidrigen Entlassung bieten sich grundsätzlich 3 rechtliche

Lösungsmöglichkeiten:

  • Unwirksamkeitsprinzip (Arbeitsverhältnis bleibt durch Erklärung unberührt)
  • Konversionsprinzip (Umdeutung in eine Kündigung zum erstmöglichen Termin)
  • Schadenersatzprinzip (AV endet sofort, vertragstreuer Teil hat SE – Anspruch)

Der Großteil der Lehre und die Rechtsprechung stehen auf dem Boden des Schadenersatzprinzips und damit der Rechtssicherheit.

Demnach endet das Arbeitsverhältnis auch mit der rechtswidrigen Entlassung sofort, der Arbeitgeber wird jedoch schadenersatzpflichtig.

Dieser Schadenersatz wird vergröbernd als „Kündigungsentschädigung“ bezeichnet.

Kündigungsentschädigung:

  • Anspruch auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur rechtskonformen Beendigung verstreichen hätte müssen.
  • Schadenersatzanspruch, kein Erfüllungsanspruch!
  • umfasst alle Ansprüche, die dem Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis zukommen (Provision, Remunerationen aliquot, Risikoprämien, Reiseentgelt sofern nicht Aufwandsentschädigung, die nicht als Auslagenersatz gedacht sind, auch Weiternutzung der Dienstwohnung im Wege der Naturalrestitution)

Die Kündigungsentschädigung pauschaliert den Schadenersatz nur nach unten.

Einen darüber hinausgehenden Schadenersatzanspruch kann der Dienstnehmer ebenfalls geltend machen.

Eine Abdingung der Kündigungsentschädigung durch die Vereinbarung einer niedrigeren Konventionalstrafe widerspricht zwingendem Recht und ist daher unzulässig.
Soweit der Zeitraum, für den die Entschädigungsansprüche gebühren, drei Monate nicht übersteigt, kann der Dienstnehmer den gesamten Betrag sofort und ohne Einrechnungsverpflichtung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fordern.

Der Rest kann – unter Einrechnung – am eigentlichen Fälligkeitsdatum verlangt werden.

22
Q
  1. Wann kommt es zur sog Culpa-­‐Kompensation bei der vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen?
A

Culpa-Kompensation (=Verschuldensausgleich) bedeutet, dass beide Vertragsparteien ein Verschulden an der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses trifft.

Dabei muss das Mitverschulden einer Partei nicht die Intensität eines eigenen wichtigen Grundes aufweisen.

Culpa-Kompensation führt zur Minderung bzw. zum Ausgleich der Ansprüche aus einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Trifft nämlich beide Teile ein Verschulden an der vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses, so hat der Richter nach freiem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebührt.

Voraussetzungen: schuldhaftes Verhalten beider Parteien

Kausalzusammenhang

Beispiel:

Bei einer gerechtfertigten Entlassung durch den Arbeitgeber trifft diesen ein Mitverschulden daran, dass der AN später den Entlassungsgrund setzte.
Das Mitverschulden des AG führt zu einer Minderung der negativen Folgen für den AN (wie Verlust der Abfertigung) und kann Schadenersatzanspruch für den AN zur Folge haben.
(= anspruchsbegründende Wirkung der Culpa-Kompensation)

Strittig ist die Frage, ob ein Verschuldensausgleich auch dann Platz greift, wenn die Entlassung ungerechtfertigt war.

Ältere Rechtsprechung des OGH schloss dies aus.

Neuerer Rechtsprechung und der wohl richtigen Ansicht nach ist auch im Fall einer ungerechtfertigten Entlassung ein Verschuldensausgleich (Culpa-Kompensation) durch den Richter vorzunehmen.

Demnach stehen im Falle einer ungerechtfertigten Entlassung bei Mitverschulden des Arbeitnehmers diesem Ansprüche (insbesondere die Kündigungsentschädigung) nur teilweise zu.
(= anspruchsmindernde Wirkung der Culpa-Kompensation).

23
Q
  1. Wodurch unterscheidet sich der allgemeine Entlassungsschutz vom allgemeinen Kündigungsschutz?
A

Der erste wichtige Unterschied zwischen allgemeinem Kündigungsschutz und allgemeinem Entlassungsschutz besteht darin, dass beim allg. KS nach § 105 ArbVG der Betriebsrat vor der Kündigung zu verständigen ist, und die Kündigung auch erst nach Ablauf der einwöchigen Frist rechtswirksam erfolgen kann.

Auf Grund der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bei der Entlassung hingegen ist diese nicht durch ein langwieriges Vorverfahren belastet.

Die Entlassung kann sofort ausgesprochen werden, der BR ist nur unverzüglich zu verständigen.

Zweiter wichtiger Unterschied ist, dass eine Entlassung nur angefochten werden kann, wenn sie unbegründet ausgesprochen wurde.

Eine begründete Entlassung kann also nicht beispielsweise auf Grund der sozialen Härte der Entlassung angefochten werden.

24
Q
  1. Beurteilen Sie folgenden Fall: Ein Arbeitnehmer wird entlassen. Unmittelbar im Anschluss an die Entlassung stellt sich heraus, dass die Entlassung ungerechtfertigt war. Eine Rücknahme der Entlassung kommt für den Arbeitgeber nicht in Frage. Wird der Arbeitnehmer jedenfalls obsiegen, wenn er die Entlassung nach § 106 ArbVG anfechtet?
A

Hier ist im ersten Schritt die Haltung des BR innerhalb der 3 Tage Frist entscheidend. Der Betriebsrat könnte die Entlassungsanfechtung mit seiner Zustimmung zur Entlassung sperren („Sperrrecht des Betriebsrats“), außer ein verpöntes Motiv würde vorliegen. Davon ist aber, mangels Hinweis im Sachverhalt, nicht auszugehen.

Wenn der BR der Entlassung ausdrücklich widerspricht oder sich nicht äußert (schlichter Widerspruch), dann kann die Entlassung grundsätzlich angefochten werden.

Notwendig ist aber ein Kündigungsanfechtungsgrund iSd. § 105 Abs. 3, also entweder ein verpöntes Motiv für die Kündigung oder die Beeinträchtigung eines wesentlichen Interesses des AN.
Notwendig ist also eine wesentliche finanzielle Schlechterstellung des AN (10% oder mehr). Diese wird beim Verlust seinen Arbeitsplatzes in der Regel gegeben sein, weshalb der AN die Entlassung gemäß § 106 ArbVG anfechten kann.

25
Q

274a. Können Kündigungen und Entlassungen auch angefochten werden, wenn kein Betriebsrat eingerichtet wurde?

A

Kein BR in BR-pflichtigem Betrieb:

In Betrieben, in denen Betriebsräte zu errichten sind (Betriebe mit mindestens fünf

Arbeitnehmern), solche aber nicht bestehen, kann der betroffene Arbeitnehmer eine
Kündigung oder Entlassung binnen zweier Wochen nach deren Zugang selbst anfechten.

(§ 107 ArbVG)

Betrieb nicht BR-pflichtig:

Der allgemeine Kündigungs- und Entlassungsschutz ist als Mitwirkungsrecht der Belegschaft konstruiert, daher kommt er nur in betriebsratspflichtigen Betrieben (mindestens 5 Arbeiter, §40 ArbVG) zum Tragen.

In nicht-betriebsratspflichtigen Betrieben bietet sich die Möglichkeit der Entlassungs- oder Kündigungsanfechtung nur in Form des individuellen Kündigungsschutzes.

26
Q
  1. Beschreiben Sie den besonderen Entlassungsschutz von Betriebsratsmitgliedern! Wann kommt es in diesem Zusammenhang zu einer schwebend rechtswirksamen Entlassung?
A

Die Mitglieder des Betriebsrats dürfen bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit nur mit Zustimmung des Gerichts entlassen werden.

Wurde die Zustimmung nicht eingeholt oder vom Gericht verweigert, so ist eine dennoch ausgesprochene Entlassung des Betriebsratsmitglieds von Anfang an absolut nichtig.

Feststellungsklage

Nur nach vorheriger Zustimmung des Gerichts darf ein Betriebsratsmitglied entlassen werden wenn es:

  • den Betriebsinhaber absichtlich über Umstände, die für den Vollzug des Arbeitsverhältnisses wesentlich sind, in Irrtum versetzt hat
  • im Dienst untreu ist (…)
  • Betriebsgeheimnisse verrät oder ein der Verwendung im Betrieb abträgliches Nebengeschäft betreibt

Die Zustimmung des Gerichts darf auch im Nachhinein erfolgen, wenn das BR Mitglied:

  • vorsätzlich eine strafbare Handlung mit Strafdrohung größer als ein Jahr begeht
  • sich Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen gegen den Betriebsinhaber zu schulden kommen lässt

Das Gericht darf einer Entlassung nur zustimmen, wenn nach den besonderen Umständen des Falles dem Betriebsinhaber die Weiterbeschäftigung nicht zumutbar ist
Die Zustimmung des Gerichts ist vom Dienstgeber unverzüglich nach Eintritt eines Entlassungsgrundes zu beantragen.
In den Fällen, in denen eine nachträgliche Zustimmung des Gerichts zur Entlassung möglich ist, wirkt eine Entlassung schwebend rechtswirksam.

Wird die Zustimmung durch das Gericht abgelehnt, ist die Entlassung von Anfang an rechtsunwirksam.

In Anbetracht der schwerwiegenden Verfehlungen, die eine nachträgliche Zustimmung zur Entlassung des Arbeitnehmers rechtfertigen, ist das Arbeitsverhältnis bis zur Entscheidung des Gerichts als beendet zu betrachten.