F351-374 Flashcards

1
Q
  1. Erläutern Sie die Besonderheit der Mitwirkung im Aufsichtsrat im
    Konzern!
A

Wenn eine Aktiengesellschaft andere Kapitalgesellschaften
- einheitlich leitet oder
- auf Grund einer unmittelbaren Beteiligung von mehr als 50% beherrscht
UND
das herrschende Unternehmen weniger als halb so viele AN beschäftigt wie alle
beherrschten Unternehmen zusammen,
dann nimmt an der Entsendung von AN-Vertretern in den Aufsichtsrat des
herrschenden Unternehmens nicht nur dessen Betriebsrat teil, sondern auch die
Mitglieder aller in den beherrschten Unternehmen bestellten Betriebsräte.

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2
Q
  1. Worin liegt die Besonderheit der Mitwirkung im Aufsichtsrat bei der
    Konstruktion der GmbH und Co KG?
A

Die Besonderheit der Mitwirkung im Aufsichtsrat einer GmbH, die persönlich
haftender Gesellschafter einer KG ist (GmbH & Co. KG) und die einen Aufsichtsrat
zu errichten hat, besteht darin, dass in diesen Aufsichtsrat der GmbH neben
Arbeitnehmervertretern der GmbH auch solche der KG entsandt werden.
Im Gegensatz zum Konzern hängt in der GmbH & Co. KG die Zusammensetzung der
Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nicht vom Verhältnis der Beschäftigtenzahlen
in der GmbH bzw. in der KG ab.
Die Gesamtheit der BR-Mitglieder der GmbH und der Kommanditgesellschaft(en)
wählt die AN-Vertreter, die in den Aufsichtsrat entsandt werden.

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3
Q
  1. Erläutern Sie die Bedeutung der österreichischen Sozialpartnerschaft
    für das Arbeitsrecht!
A

Die Sozialpartnerschaft ist ein Spezifikum Österreichs, ein europäisches
Vorzeigemodell.
Besonderheit der Sozialpartnerschaft ist, dass die polaren Kräfte im Wirtschafts- und
Arbeitsleben zusammengefunden haben und große Aufgaben bewältigen.
Besondere Leistung der Interessensvertretung ist, dass die internen Auffassungen auf
einen Nenner gebracht werden, sodass auf dieser Basis formuliert werden kann, was
jede Gruppe anstrebt.
Die besondere arbeitsrechtliche Bedeutung der Sozialpartnerschaft liegt darin, dass
diese Verbände – soweit ihnen Kollektivvertragsfähigkeit zukommt –
Kollektivverträge abschließen und damit ein den Erfordernissen einer Branche
entsprechendes besonderes Arbeitsrecht ins Leben rufen.
Im § 120a B-VG hat diese Institution auch eine verfassungsrechtliche Absicherung
erhalten:
„Die Republik erkennt die Rolle der Sozialpartner ausdrücklich an.
Zudem achtet sie deren Autonomie und fördert den sozialpartnerschaftlichen Dialog.“

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4
Q
  1. In welcher Rechtsform ist der ÖGB organisiert und in welchem
    Verhältnis steht der ÖGB zu den einzelnen Fachgewerkschaften! Gehen Sie
    hiebei auch auf die mögliche Kollektivvertragsfähigkeit der
    Fachgewerkschaften ein!
A

Der ÖGB ist ein privatrechtlicher Verein, dem Rechtspersönlichkeit zukommt.
Der ÖGB ist in 7 Fachgewerkschaften aufgegliedert.
Die Fachgewerkschaften sind:
- Gewerkschaft der Privatangestellten – Druck, Journalismus, Papier
- Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD)
- Gewerkschaft der Gemeindebediensteten – Kunst, Medien, Sport, freie Berufe
- Gewerkschaft Bau-Holz
- Gewerkschaft Vida (Sozial- und Gesundheitsberufe, Bademeister, Friseure, Verkehr)
- Gewerkschaft Post & Fernmeldebedienstete
- Produktionsgewerkschaft (Pro-Ge) (Industrie, Arbeitskräfte-Überlassung)
Die Fachgewerkschaften im ÖGB sind statutenmäßig bloß Organe des Vereins.
Daher üben sie Kollektivvertragsfähigkeit im Namen des ÖGB aus.
Das höchste Gremium des ÖGB ist der Bundeskongress.
Die Delegierten legen alle fünf Jahre die politischen Ziele fest und wählen den
Präsidenten.
Das höchste Entscheidungsgremium zwischen den Bundeskongressen ist der
Bundesvorstand.
Er entscheidet unter anderem über Streik-Anträge.
Die Geschäfte des ÖGB führt der Vorstand (≠ Bundesvorstand).
Aktueller ÖGB Präsident ist Erich Foglar.

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5
Q
  1. Erörtern Sie die Rechtsgrundlagen für die gesetzlichen
    Interessenvertretungen im Arbeitsrecht! Erklären Sie in diesem
    Zusammenhang die Begriffe Selbstverwaltungskörper und eigener bzw.
    übertragener Wirkungsbereich!
A

Die gesetzlichen Interessensvertretungen im Arbeitsrecht sind die Arbeiterkammer, die
Wirtschaftskammern sowie die Berufskammern (RAK, Ärztekammer, KWT).
Es handelt sich um Selbstverwaltungskörper mit Pflichtmitgliedschaften.
Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieser Selbstverwaltungskörper ergibt sich aus
den Kompetenzartikeln der Bundesverfassung,
zur Klarstellung existiert seit 2008 auch eine ausdrückliche Ermächtigung zur
Errichtung dieser Selbstverwaltungskörper im §120a B-VG.
Das Recht der Arbeiterkammern ist im Arbeiterkammergesetz 1992 normiert,
das Recht der Wirtschaftskammern im Wirtschaftskammergesetz 1998.
- Begriff „Selbstverwaltungskörper“:
Selbstverwaltung liegt vor, wenn der Staat auf die Führung von
Verwaltungsgeschäften in einem bestimmten Sektor verzichtet und die Besorgung
dieser Aufgaben jenen Staatsbürgern (Gruppen) überlässt, die unmittelbar betroffen
sind.
(Auch häufig als Autonomie bezeichnet, aber unrichtig, weil Selbstverwaltung etwas
vom Staat übertragenes ist, während Autonomie originär besteht.)
Staat a Aufsichtsrecht
- Eigener Wirkungsbereich:
Im eigenen Wirkungsbereich handelt der Selbstverwaltungskörper autonom.
Der Staat fungiert nur als Aufsicht, insbesondere durch den zuständigen
Bundesminister.
(für Arbeit & Soziales: Rudolf Hundsdorfer)
(für Wirtschaft: Reinhold Mitterlehner)
- Übertragener Wirkungsbereich:
Im übertragenen Wirkungsbereich bedient sich der Staat der Organe des
Selbstverwaltungskörpers zur Besorgung der staatlichen Angelegenheiten, sodass ein
Instanzenzug an die Verwaltungsbehörden gegeben ist. ___

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6
Q
  1. Erläutern Sie den verfassungsrechtlichen und den arbeitsrechtlichen
    Ordnungsrahmen für Streiks in Österreich!
A

Verfassungsrechtliche Grundlage:
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (STGG, EMRK)
ABER: Koalitionsrecht ≠ Arbeitskampfrecht
Unionsrecht:
- EU-Grundrechtecharta:
AN- und AG Organisationen haben das Recht, Tarifverträge auszuhandeln und zu
schließen und bei Interessenskonflikten kollektive Maßnahmen inklusive Streiks zu
ergreifen.
- EuGH: Grundrecht auf kollektive Maßnahmen wie Streik, aber Grenzen
(Unionsrecht, nationales Recht, gute Sitten)
Problematisch, weil Friedenspflicht der Sozialpartner extensiv interpretiert.
Österreichisches Arbeitsrecht:
1870: Duldung des Arbeitskampfes durch Koalitionsgesetz 1870
Gleichzeitig nimmt das Koalitionsgesetz aber Arbeitskampfmaßnahmen die
Rechtswirksamkeit
a neutrale Haltung des Staates
(Die Erzwingung der Teilnahme am Arbeitskampf wäre inadäquat,
Arbeitskampfmaßnahmen basieren auf Solidarität.)
Arbeitsmarkförderungsgesetz: Vermittlung von AN in einen bestreikten Betrieb
sowie Vermittlung von streikenden AN ist
unzulässig.
Ratio: Verhinderung der Vereitelung des Kampfziels
des Gegners durch gezielte Vermittlung.
AÜG / AuslBG: Ebenso ist Arbeitskräfteüberlassung in einen bestreikten Betrieb
verboten.
Für einen solchen darf auch keine Beschäftigungsbewilligung
erteilt werden.
Arbeitslosengeld: Wenn Arbeitslosigkeit die Folge eines Streiks ist,
besteht mangels Arbeitswilligkeit kein Arbeitslosengeld-Anspruch.
Bei einer Offensivaussperrung ist ein solcher hingegen gegeben.

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7
Q
  1. Erläutern Sie die Begriffe gewerkschaftlicher Streik, wilder Streik und
    politischer Streik!
A

Streik: organisierter, planmäßiger Entzug der Arbeitskraft durch eine Mehrzahl von AN
Gewerkschaftlicher Streik: Von der Gewerkschaft organisierter und autorisierter Streik.
Wilder Streik: Von einer Ad-hoc-Koalition, die nur zu diesem Zweck besteht,
organisierter Streik.
Gewerkschaftlicher und wilder Streik unterscheiden sich durch den Organisator.
Gewerkschaftlicher und wilder Streik können beide rechtmäßig oder rechtswidrig sein,
darüber entscheidet nicht die Autorisierung durch die Gewerkschaft.
Politischer Streik: Der politische Streik unterscheidet sich vom arbeitsrechtlichen
Streik durch den Adressaten des Streiks.
Beim politischen Streik soll auf den Staat eingewirkt werden.
Der politische Streik wird als rechtswidrig einzustufen sein, da Arbeitskampf zwischen
den Parteien des Arbeitslebens erlaubt ist.
Beim politischen Streik wird aber der Arbeitgeber bestreikt, um den Staat zu einer
Maßnahme zu zwingen.

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8
Q
  1. Besteht in Österreich ein Kampfverbot/Streikverbot im öffentlichen
    Dienst? Erläutern Sie hiezu auch die Rechtsprechung des Europäischen
    Gerichtshofs für Menschenrechte!
A

1914 erging im Ersten Weltkrieg mit dem „Streikpatent“ ein Streikverbot für
öffentlich Bedienstete, dass nicht nur die Staatsverwaltung betraf, sondern auch die
Bediensteten von Staatsbetrieben.
Bereits die Geltung dieses Gesetzes war sehr umstritten (eventuell nur Geltung in
Kriegszeiten).
Inzwischen ist das überholte Streikpatent durch das Bereinigungsgesetz 1999
formell aufgehoben.
Von den Strafbedingungen in diesem Gesetz wurde nie gebrauch gemacht.
In diesem Sektor ist jede Generalisierung falsch.
Es ist nicht generell an die Qualifikation als öffentlich Bedienstete anzuknüpfen,
sondern daran, ob:
1. eine erhöhte Treuepflicht des Beamten besteht
2. die Staatstätigkeit inadäquat beeinträchtigt wird
Soweit die soziale Adäquanz gewahrt bleibt, sind Arbeitskampfmaßnahmen auch
im öffentlichen Dienst zulässig.
Auch der EGMR geht auf Basis der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit der
EMRK von einem Recht auf Kollektivverhandlungen und Arbeitskampfmaßnahmen
aus.
In einer Leitentscheidung lehnte der EGMR 2009 mangels Rechtfertigung durch
dringende gesellschaftliche Bedürfnisse eine Streikverbot für öffentliche Bedienstete
(im türkischen Infrastrukturbereich) ab.

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9
Q
  1. Besteht für die Dauer der Geltung eines Kollektivvertrags ein
    Streikverbot?
A

Für die Dauer des aufrechten Bestandes eines Kollektivvertrags besteht ein
Kampfverbot.
Die Durchsetzung von Änderungen der KV-Regelungen mit Hilfe des Arbeitskampfes
wäre ein Widerspruch zur Vertragstreue.
Betroffen:
- Alle vom KV geregelten Arbeitsbedingungen
- Probleme, für die im KV eine überbetriebliche Schlichtungsstelle vorgesehen ist
a relative Friedenspflicht
Die relative Friedenspflicht der Kollektivvertragsparteien wird allgemein als der
obligatorischen Funktion des Kollektivvertrags immanent angesehen.
(Immanenztheorie)
Anderer Ansicht: Strasser geht von einer stillschweigenden Vereinbarung der
Vertragspartner aus, die durch gegenteilige Vereinbarung eingeschränkt oder ganz
ausgeschlossen werden kann.
(Konsenstheorie)

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10
Q
  1. Erläutern Sie das Begriffspaar Einheits- und Trennungstheorie im
    Zusammenhang mit dem Arbeitskampfrecht!
A

Angesprochen: Frage, ob Arbeitskampf kollektiv- und individualarbeitsrechtlich
als einheitliches Geschehen gleich zu werten ist, oder ob die
jeweilige Wertung getrennt vorzunehmen ist.
Die Einheitstheorie besagt, dass bei einem kollektivarbeitsrechtlich rechtmäßigen
Streik (Friedenspflicht nicht verletzt, Grenzen des Deliktsrechts nicht verletzt)
arbeitsvertragliche Konsequenzen ausgeschlossen sind.
Die Einheitstheorie hat sich in Deutschland durch die Judikatur des
Bundesarbeitsgerichts durchgesetzt.
Die Trennungstheorie geht davon aus, dass selbst bei einem kollektivarbeitsrechtlich
rechtmäßigen Streik arbeitsvertragliche Konsequenzen getrennt nach
Individualarbeitsrecht zu bewerten sind.
Die Österreichische herrschende Lehre steht noch auf dem Standpunkt der
Trennungstheorie.
Die Verankerung des Streikrechts in der EU-Grundrechte-Charta und die Judikatur
von EuGH und EGMR zum Grundrecht auf Streik müssen sich jedoch auf diese
Wertung auswirken und auch in die individualarbeitsrechtliche Betrachtung einfließen.
Besonders bei de Verschuldensfrage muss die Zulässigkeit des Arbeitskampfes
einfließen.

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11
Q
  1. Kann ein streikender Arbeitnehmer entlassen werden?
A

Nach der bisher in Österreich vorherrschenden Trennungstheorie verlässt der AN
auch bei einem rechtmäßigen Streik seinen Arbeitsplatz unbefugt und unterlässt somit
unrechtmäßig seine Arbeitsleistung.
Angesprochen: Der Entlassungsgrund „beharrliche Pflichtverletzung“
Aber: Anerkennung des Streikrechts als Grundrecht (EU-GRC, EuGH, EGMR)
a Generelles Recht zur vorzeitigen Lösung auf Grund eines Streiks oder generelle
Annahme einer beharrlichen Pflichtverletzung kann nicht mehr vertreten werden!
Die kollektivarbeitsrechtliche Frage der Verhältnismäßigkeit der Streikmaßnahme ist
auch hier zu berücksichtigen.
Eine Entlassung wird nur dann in Frage kommen, wenn ein besonderer
Unrechtsgehalt im Arbeitnehmerverhalten zur Streikmaßnahme hinzukommt.

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12
Q
  1. Besteht im Fall eines Teilstreiks ein Entgeltfortzahlungsanspruch für
    jene Arbeitnehmer, die nicht streiken?
A

Die streikenden Arbeitnehmer an sich haben mangels Leistungsbereitschaft keinen
Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts.
Arbeitnehmer, die auf Grund von anderen Streikenden („Teilstreik“) nicht
arbeiten können, haben aber laut OGH (Leitentscheidung OGH 1921) einen
Entgeltanspruch.
Zu hinterfragen ist aber, ob diese ernstlich arbeitsbereit sind (im Sinne des §869
ABGB).
Beweispflicht: Arbeitgeber
Generell ist davon auszugehen, dass dem AN der Plan der streikenden Gruppe und die
Rechtsfragen im Zusammenhang damit nicht bekannt sein werden oder müssen.
Andererseits ist nicht von echter Arbeitsbereitschaft auszugehen, wenn bei einem
wilden Streik die nun arbeitsbereiten AN am Streitbeschluss beteiligt waren.
(Der bloße Solidaritätsgedanke spricht nicht gegen einen Entgeltanspruch der
arbeitsbereiten AN.)

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13
Q
  1. Was versteht man unter „kollektiver betrieblicher Feststellungsklage“
    im Arbeitsrecht? Unter welchen Voraussetzungen kann geklagt werden.
    Wer kann klagen? Besteht eine erweiterte Rechtskraftwirkung?
A

Gedanke: Durch Einführung eines kollektiven Klagerechts soll das Prozessrisiko des
einzelnen AN gemildert werden.
§ 54 Abs.1 kollektive betriebliche Feststellungsklage
Abs. 2 überbetriebliche kollektive Klage
Kollektive betriebliche Feststellungsklage:
Parteifähigen Organe der AN (Betriebsrat, Zentralbetriebsrat), Personalvertretung im
öffentlichen Dienst und auch der Arbeitgeber können auf Feststellung des Bestehens
oder Nichtbestehens eines Rechts klagen oder geklagt werden.
Voraussetzungen: - Arbeitsrechtssachen iSd. § 50 (1) ASGG
- mindestens 3 AN betroffen (später weniger schadet nicht)
Das Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmer ist keine Voraussetzung für die
Feststellungsklage.
Die AN-Vertretungen können die Feststellungsklage nur für die von ihnen vertretenen
AN erheben
Das über die Feststellungsklage ergehende Urteil wirkt nur zwischen den
Prozessparteien, also zwischen der betreffenden Belegschaftsvertretung und dem
Arbeitgeber.
Erweiterte Rechtskraftwirkung zum Vorteil oder Nachteil der betroffenen
Arbeitnehmer besteht nicht.
Es besteht aber in der Regel faktische Wirkung:
Der Arbeitgeber wird das Urteil bezüglich der betroffenen Arbeitnehmer beachten.
Im Falle eines Obsiegens des Arbeitgebers werden sich die betroffenen AN
entsprechend ihrer schwächeren Position erst recht dem Urteil gemäß verhalten.

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14
Q
  1. Wann spricht man von „überbetrieblicher kollektiver Klage“ im
    Arbeitsrecht? Wer kann die Klage einbringen? Wo ist die Klage
    einzubringen? Unter welchen Voraussetzungen ist eine derartige Klage
    möglich?
A

Überbetriebliche kollektive Klage:
§ 54 Abs. 2 ASGG
Kollektivvertragsfähige AN- und AG-Körperschaften können gegeneinander beim
OGH einen Antrag auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten
einbringen.
Voraussetzungen: - von bestimmten Personen unabhängiger Sachverhalt
- Rechtsfrage des materielle Rechts (§ 50 Abs. 1 und 2 ASGG)
- von Bedeutung für mindestens 3 AN oder AG
- Rechtliches Interesse an der Feststellung
Entscheidung: Einfacher Senat des OGH
Beispiel:
- Frage, ob VBG im Arbeitsvertrag der Universitätsbediensteten dispositiv oder zwingend zur
Anwendung kommt (überbetriebliche Feststellungsklage der Gewerkschaft)

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15
Q
  1. Gibt es eine erweiterte Rechtskraftwirkung, wenn der Betriebsrat eine
    Klage einbringt? Beachten Sie hiebei die Unterscheidung zwischen
    individualarbeitsrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen
    Streitigkeiten!
A

Während das Urteil im Zuge einer betrieblichen Feststellungsklage des Betriebsrats
nach § 54 Abs. 1 ASGG keine erweiterte Rechtskraftwirkung hinsichtlich der
betroffenen Arbeitnehmer aufweist, sieht § 62 Abs. 1 ASGG diese bei
betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten sehr wohl vor.
Voraussetzung ist, dass von der betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeit namentlich
bestimmte Arbeitnehmer betroffen sind, die nicht Partei sind.
Ist diese Voraussetzung gegeben, dann erstreckt sich die Rechtskraft der Urteile nicht
nur auf den Betriebsrat und den Arbeitgeber als Parteien, sondern auch auf diese
namentlich bestimmten Arbeitnehmer.
Die Klage und die Ladung zur ersten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung
sind auch den Arbeitnehmern zuzustellen.
Die AN können dem Rechtsstreit als Nebenintervenienten auch durch bloße Erklärung
beitreten (§ 62 Abs. 1a ASGG).

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16
Q
  1. Ist es zulässig, in Arbeitsverträgen Schiedsgerichtsklauseln
    aufzunehmen?
A

Eine Vereinbarung der Parteien, wonach ein Rechtsstreit durch eine Schiedsgericht
entschieden werden soll, ist in betriebsverfassungsrechtlichen Streitfragen (nach § 50
Abs. 2 ASGG) und in Sozialrechtssachen rechtsunwirksam.
In sonstigen Arbeitsrechtssachen (§ 50 Abs. 1 ASGG) ist eine solche Vereinbarung
nur für bereits entstandene Streitigkeiten wirksam.
Für künftige Streitfälle kann keine wirksame Schiedsgerichtsvereinbarung geschlossen
werden.
Ausnahme: Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder einer Kapitalgesellschaft.
In allen Fällen sind allerdings die Schutzbestimmungen der ZPO zu beachten, welche
die eigenhändige Unterzeichnung der Schiedsvereinbarung durch den Arbeitnehmer
sowie eine gesonderte Urkunde erfordern.
Darüber hinaus unterliegen Schiedssprüche der gerichtlichen Kontrolle.
Bei schweren Mängeln kann der OGH den Schiedsspruch aufheben.

17
Q
  1. Kann ein Betriebsratsmitglied einen Arbeitnehmer oder eine
    Arbeitnehmerin beim Arbeits- und Sozialgericht vertreten, wenn der
    Arbeitnehmer unterkollektivvertraglich entlohnt wird?
A

Zur Vertretung vor dem Arbeits- und Sozialgericht ist zwischen den jeweiligen
Instanzen zu unterscheiden:
Erste Instanz: - Kein Vertretungszwang (AN kann Verfahren selbst führen)
- auch qualifizierte Person oder sonstige Person möglich
Zweite Instanz: - Vertretungszwang durch qualifizierte Person
(OLG)
OGH: - Vertretungszwang durch Anwalt
Qualifizierte Person:
- Rechtsanwalt
- Funktionär einer gesetzlichen Interessensvertretung oder einer
kollektivvertragsfähigen freiwilligen Berufsvertretung
Sonstige Personen:
- Betriebsratsmitglieder (auf AN Seite)
- AN, Prokuristen, Mitglieder eines Geschäftsführungsorgans (auf AG Seite)
- Ein Organmitglieder (auf Seiten eines parteifähigen AN-Organs)

18
Q
  1. Wann kommt eine vorzeitige Vollstreckbarkeit noch nicht
    rechtskräftiger Urteile in Arbeitsrechtssachen in Frage bzw. was ist
    darunter zu verstehen?
A

Die vorzeitige Vollstreckbarkeit erstgerichtlicher Urteile ist eine Besonderheit der
Arbeitsgerichtsbarkeit.
Nach dem Modell der ZPO hemmt die rechtzeitige Erhebung der Berufung den Eintritt
der Rechtskraft und der Wirkungen eines angefochtenen Urteils.
Gemäß § 61 ASGG hemmt die Berufung jedoch in gewissen arbeitsrechtlichen
Streitsachen nur den Eintritt der Rechtskraft, nicht die Vollstreckbarkeit des
Urteils.
Betroffen sind davon Rechtsstreitigkeit über die im § 61 ASGG aufgezählten Themen.
(Beispiel: Bestand des AV und Anspruch auf das laufende Entgelt)
a Folge: Das Ersturteil wird sofort Vollstreckbar und bleibt für die gesamte
Verfahrensdauer wirksam
Ausnahmen: - die Parteien können anderes vereinbaren
- das Gericht kann auch das Gegenteil anordnen
Ratio legis:
Der auf sein Entgelt angewiesene AN soll nicht das Ende eines langwierigen Prozesses
abwarten müssen, um zu seinem Geld zu gelangen.
Aber: Drohende Rückzahlung des Entgelts, wenn es in weiterer Folge zu einem
abweichenden rechtskräftigen Urteil kommt.
Der AN kann sich auch nicht auf gutgläubigen Verbrauch berufen, weil ein
Schwebezustand besteht, der nicht ignoriert werden kann.

19
Q
  1. Kann eine Belegschaftsversammlung vom Betriebsinhaber oder von
    einem einzelnen Arbeitnehmer geklagt werden?
A

Problem: Belegschaftsversammlung ist selbst nicht parteifähig.
Stellvertretend für die Belegschaft käme hier der Betriebsrat als klagslegitimierte
Partei in Betracht.
Besteht jedoch auch kein Betriebsrat, ist die Regelung anzuwenden,
dass eine Klage über betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten mangels
klagslegitimierter Person auch von einem AN gegen die zuständige kv-fähige
Körperschaft der AG und von einem AG gegen die zuständige kv-fähige Körperschaft
der AN erhoben werden kann.
(§ 53 Abs. 2 ASGG)
Betriebsinhaber gegen Belegschaftsversammlung:
a Die Belegschaftsversammlung kann nicht vom Betriebsinhaber geklagt werden,
jedoch stellvertretend die kv-fähige Körperschaft der Arbeitnehmer.
Noch problematischer:
Rechtsstreitigkeit zwischen AN und Belegschaftsversammlung
In diesem Fall entspräche eine Klage gegen die kv-fähige Körperschaft der AG
überhaupt nicht der gegebenen Interessenslagen.
a Lösung: - Entweder man bejaht ausnahmsweise die Klagsfähigkeit der kv-fähigen
Körperschaft der AN durch den AN
- oder man verneint die Anwendbarkeit des § 53 Abs. 2 in diesem Fall

20
Q
  1. Können in einem Arbeitsvertrag Schlichtungsklauseln Eingang finden?
A

Ja, Schlichtungsvereinbarungen können durchaus Eingang in den Arbeitsvertrag
finden.
Eine Schlichtungsvereinbarung im Arbeitsvertrag stellt sicher, dass eine
Schlichtungsinstanz mit einer Regelungsfrage befasst wird, bevor die ordentlichen
Gerichte angerufen werden.
Der Unterschied zu einer Schiedsklausel ist, dass durch eine Schlichtungsklausel nicht
die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte beseitigt werden soll, sondern nur eine
Schlichtungsinstanz vorgeschoben wird.
Wenn eine obligatorische Schlichtungsvereinbarung vorliegt, die Schlichtungsinstanz
aber nicht angerufen wird, sondern sofort die ordentlichen Gerichte, dann ist die Klage
mangels Klagbarkeit des Anspruchs abzuweisen.

21
Q
  1. Erläutern Sie die Schlichtungsfälle in der österreichischen
    Betriebsverfassung!
A
  • Betriebsvereinbarungen mit Zwangsschlichtung
    Abschluss, Änderung oder Aufhebung einer Betriebsvereinbarung bei der
    – Notwendigen Betriebsvereinbarung mit Zwangsschlichtung (§ 96a ArbVG)
    – Erzwingbaren Betriebsvereinbarung (§ 97 (1) Z. 1 – 6a)
    (a Schlichtungsstelle)
    (Wenn Schlichtung vorgesehen, sind Arbeitskampfmaßnahmen unzulässig!)
  • Einspruch gegen die Wirtschaftsführung durch den BR
    In Betrieben mit mehr als 200 AN kann der Betriebsrat im Falle von
    Betriebsänderungen oder anderen Maßnahmen mit wesentlichen Nachteilen für die
    AN Einspruch gegen die Wirtschaftsführung erheben.
    (§ 111 ArbVG)
    Dann kann eine von den kv-fähigen Körperschaften der AG- und AN besetzte
    Schlichtungskommission vermitteln und, im Falle von Unterwerfungserklärungen
    beider Seiten, einen Schiedsspruch fällen.
    Ein weiteres Schlichtungsverfahren wegen eines solchen Einspruchs gegen die
    Wirtschaftsführung ist das Verfahren vor der staatlichen Wirtschaftskommission.
    Diese stellt mittels Gutachten fest, ob der Einspruch des BR berechtigt ist.
  • Auswahl der BV Kasse:
    Wenn die Belegschaft nicht durch einen Betriebsrat vertreten ist, können 1/3 der
    AN verlangen, dass bei der Auswahl der BV-Kasse durch den AG die freiwillige ANInteressensvertretung
    beigezogen wird.
    Kommt keine Einigung zustande, entscheidet die Schlichtungsstelle. (§ 9 Abs. 2)
    (Ist die Belegschaft durch BR vertreten, hat die Auswahl durch eine Erzwingbare BV
    nach §97 (1) Z. 1b ArbVG zu erfolgen.)
22
Q
  1. Welche Hauptfunktionen hat das Bundeseinigungsamt? Welche
    Rechtsmittel können gegen eine Entscheidung des Bundeseinigungsamtes
    erhoben werden?
A

Das Bundeseinigungsamt ist eine beim BMASK eingerichtete Behörde.
Es besteht derzeit aus einer Vorsitzenden, einer Stellvertreterin sowie aus der
erforderlichen Anzahl von Mitgliedern, die vom Bundesminister aus den gesetzlichen
AG- und AN-Interessenvertretungen für fünf Jahre bestellt wurden.
Das Bundeseinigungsamt verhandelt und entscheidet in Senaten.
Hauptfunktionen des Bundeseinigungsamts:
- Mitwirkung bei Kollektivvertragsverhandlungen
- Vermittlung/ Einigungsverhandlungen bei Streitigkeiten über einen KV
- Fällung von Schiedssprüchen (wenn die Parteien Unterwerfungserklärungen abgaben)
- Zuerkennung und Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit
- Gutachten über die Auslegung eines KVs
- Erklärung von Kollektivverträgen zur Satzung
- Festsetzung von Mindestlohntarifen
- Festsetzung von Lehrlingsentschädigungen
- Führung eines Katasters über Satzungen, Mindestlohntarife, Lehrlingsentschädigungen
Rechtsmittel gegen Bundeseinigungsamt:
I. Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht
II. Die Entscheidung des B-Vw-Gerichts kann dann bei VwGH oder VfGH bekämpft
werden

23
Q
  1. Wo werden Schlichtungsstellen eingerichtet und wie setzen sie sich
    zusammen?
A

Die Errichtung und Zusammensetzung der Schlichtungsstelle ist im § 144 ArbVG
geregelt.
Eine Schlichtungsstelle ist auf Antrag eines der Streitteile zu errichten.
Wo: Am Sitz des mit Arbeits- und Sozialrechtssachen in erster Instanz befassten
Gerichtshofs, in dessen Sprengel der Betrieb liegt.
Erstreckt sich der Geltungsbereich einer BV auf Betriebe in mehreren Sprengeln ist
der Sitz des Unternehmens ausschlaggebend.
Durch Vereinbarung der Streitteile kann die Schlichtungsstelle am Sitz eines anderen
mit Arbeits- und Sozialrechtssachen in erster Instanz befassten Gerichtshofs errichtet
werden.
Der Antrag ist an den Gerichtspräsidenten zu richten.
Besetzung: Ein Vorsitzender, 4 Beisitzer
Vorsitzender ist auf einvernehmlichen Antrag der Streitparteien vom
Gerichtspräsidenten zu bestellen.
Mangels Einvernehmen auf Antrag eines der Streitteile.
Die Bestellung hat aus dem Kreis der Berufsrichter zu erfolgen, die bei dem
Gerichtshof mit Arbeits- und Sozialrechtssachen befasst sind.
Jeder der Streitteile hat 2 Beisitzer namhaft zu machen.
Einer davon muss einer vom BMASK zu erstellenden Beisitzerliste entnommen
werden, der andere sollte aus dem Kreis der im Betrieb beschäftigten sein.

24
Q
  1. Welche Kompetenzen haben die sog Schlichtungsstellen im
    Arbeitsrecht? Welche Rechtsmittel sind gegen eine Entscheidung der
    Schlichtungsstelle zulässig?
A

Die Schlichtungsstellen haben gemäß § 144 ArbVG die Kompetenz über den
Abschluss, die Abänderung oder die Aufhebung einer Betriebsvereinbarung zu
beschließen.
Dies passiert auf Antrag einer der Streitparteien in den gesetzlich vorgesehenen Fällen:
- § 96a ArbVG
- § 97 (1) Z. 1 – 6a
- § 9 (2) BMSVG
Die Entscheidung gilt als Betriebsvereinbarung.
Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Schlichtungsstelle?
I. Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht
II. Die Entscheidungen des B-Vw-Gerichts kann beim VwGH oder VfGH bekämpft
werden